Fortsetzung folgt - Der Fels
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tung einbezieht. Deshalb hat er ihnen<br />
den Ratschluß seines Heilswillens mitgeteilt<br />
und sie aufgefordert, das Heilswerk,<br />
das Christus vollbracht hat, sich<br />
im Glauben und in einem aus dem<br />
Glauben stammenden Lebenswandel<br />
zu eigen zu machen.<br />
<strong>Der</strong> christliche Glaube besteht in einem<br />
ganz bestimmten Bekenntnis: im<br />
Bekenntnis der Heilstaten Gottes und<br />
der Lehranweisungen, die im Evangelium<br />
ihren endgültigen, normativen<br />
Ausdruck gefunden haben. Deswegen<br />
wurden von Anfang an die Christen die<br />
„Männer und Frauen des (neuen) Weges“<br />
(Apg 9,2) genannt , sowie die<br />
Religion, in deren Mittelpunkt Jesus<br />
von Nazareth steht, einfach als „der<br />
(neue) Weg“ bezeichnet wurde (Apg<br />
19,9.23; 22,4; 24,14.22). Ein solcher<br />
Weg galt genau in seiner Verschiedenheit<br />
vom Weg der Juden und vom Weg<br />
der Heiden als Inbegriff und Kennzeichen<br />
des Christentums. Das gläubige<br />
Bekenntnis dieses Weges, der Jesus<br />
selbst ist (vgl. Joh 14,6), ist Teil jener<br />
Antwort, durch die der Mensch zum<br />
Heil gelangt, so wie die Ablehnung<br />
oder Verfälschung dieses Weges in die<br />
Irre der ewigen Verdammnis führt.<br />
Mehr noch, wie die Mitteilung des<br />
Heilswillens Gottes an den Menschen<br />
als Wesen der Sprache durch die Worte<br />
Christi, des vollendeten Wortes des<br />
Vaters, geschehen ist, so geschieht die<br />
Annahme und Aneignung desselben<br />
Heilswillens durch menschliche Worte:<br />
zuerst und grundlegend durch das<br />
innere Wort, in dem wir unser Verständnis<br />
und unsere Bejahung des Inhalts<br />
des Glaubens vollziehen, dann<br />
aber auch durch das äußere Wort, das<br />
dieses Verständnis und diese Bejahung<br />
in der sinnlichen Gestalt der Sprache<br />
objektiviert und äußert.<br />
Die Sprache in ihrer Gestalt als einer<br />
Reihe von artikulierten Lauten ist<br />
zwar ein Mittel, das seinen Sinngehalt<br />
vom inneren Wort unserer intelligenten<br />
und rationalen geistigen Handlungen<br />
erhält, macht aber keine bloß beliebige<br />
Zugabe aus, die das innere Wort<br />
begleiten oder auch nicht begleiten<br />
kann. Im Gegenteil, irgend ein Ausdruck<br />
unserer mentalen Erkenntnisakte<br />
ist für uns Menschen, die wir<br />
keine reinen Geister sind, unentbehrlich.<br />
Erst in der Sprachgestalt werden<br />
die mentalen Akte zu einer eigentlichen<br />
und wirksamen Erkenntnis, und<br />
wird jene Kumulation des Erkenntnisbestandes<br />
möglich, in dem der<br />
kognitive Fortschritt eines Individuums,<br />
einer Gemeinschaft, einer Kultur<br />
besteht.<br />
Sprache und Glaubensgemeinschaft<br />
Ein zweiter Grund, warum der Glaube<br />
die Sprache benötigt, ist, daß es Gott<br />
gefallen hat, die Menschen nicht als<br />
isolierte Individuen, sondern als Gemeinschaft<br />
zu retten. Für eine Gemeinschaft<br />
aber ist die Sprache konstitutiv;<br />
denn eine Gemeinschaft ist nicht bloß<br />
eine Anzahl von Menschen innerhalb<br />
bestimmter geographischer Grenzen,<br />
sondern das Ergebnis gemeinsamer<br />
Sinngehalte, gemeinsamer Wahrheiten,<br />
gemeinsamer Werte, gemeinsamer<br />
Entscheidungen. Nun aber wirkt<br />
als einer der Hauptfaktoren zur Entstehung<br />
und Verbreitung der genannten<br />
Sinngehalte, Wahrheiten und<br />
Wertvorstellungen die Sprache. Konsequenz<br />
davon ist, daß dort, wo bestimmte<br />
Bedeutungen, Wahrheiten<br />
und Werte in der Schule, in den Medien,<br />
in der Literatur, im Alltag unter der<br />
Gestalt der Sprache nicht mehr vorkommen,<br />
die gemeinten Sachen selbst<br />
über kurz oder lang verschwinden.<br />
Dieser Gemeinschaft, der Kirche,<br />
hat Gott sein Wort des Heiles anvertraut,<br />
so daß das geoffenbarte Wort<br />
zum Einzelnen durch die authentische<br />
Verkündigung der Kirche gelangt:<br />
Fides ex auditu (Röm 10,17). Nur in<br />
der Kirche und mit der Kirche können<br />
wir den Glauben empfangen und bekennen,<br />
der uns rettet. Wenn wir in der<br />
hl. Messe das Glaubensbekenntnis mit<br />
den Worten: „Ich glaube an Gott“ usw.<br />
beten, ist dieses Ich des Credo zuerst<br />
und grundlegend die Kirche selbst. <strong>Der</strong><br />
Einzelne glaubt nicht aus Eigenem und<br />
schon gar nicht aufgrund einer eigenen<br />
Auswahl, wie der gegenwärtige Trend<br />
zur sog. partiellen Identifikation mit<br />
der Kirche nahelegt. Jeder Christ<br />
glaubt mit der ganzen Kirche mit, aus<br />
der er in der Taufe das mit den Worten<br />
der Kirche festgelegte Credo erhalten<br />
hat. Wenn nun die Kirche eine Gemeinschaft<br />
des Glaubens ist, dann ist<br />
sie auch eine Gemeinschaft in der<br />
Sprache des Bekenntnisses.<br />
Die Wortwerdung des Glaubens in<br />
der Offenbarung und in der Lehre<br />
der Kirche<br />
Wie drückt sich dieser Glaube der Kirche<br />
aus? Welcher ist sein Inhalt? Auf<br />
diese Frage antwortet die Konstitution<br />
des II. Vatikanischen Konzils über<br />
die göttliche Offenbarung folgendermaßen:<br />
„Die Heilige Überlieferung<br />
und die Heilige Schrift bilden den einen<br />
der Kirche überlassenen heiligen<br />
Schatz des Wortes Gottes“, wobei „die<br />
Aufgabe, das geschriebene oder überlieferte<br />
Wort Gottes verbindlich zu<br />
erklären, nur dem lebendigen Lehramt<br />
der Kirche anvertraut ist“ (DV 10).<br />
<strong>Der</strong> Auftrag, das Wort Gottes an alle<br />
Menschen bis zum Ende der Zeit zu<br />
verkünden, bringt mit sich, daß nicht<br />
selten die Kirche dieses Wort neu aussagen<br />
muß, nämlich mit neuen Begriffen<br />
und Worten, die ein richtiges Verständnis<br />
und eine reale Aneignung der<br />
geoffenbarten Heilswahrheit in den<br />
unterschiedlichen und im Laufe der<br />
Zeit sich ändernden Kulturen ermöglichen.<br />
An dieser Umsetzung der<br />
Offenbarung ist die ganze Kirche unter<br />
dem Beistand des Hl. Geistes beteiligt:<br />
Alle Gläubigen durch jene „innere<br />
Einsicht, die aus geistlicher Erfahrung<br />
stammt“, sowie durch das<br />
Nachsinnen und das Studium der überlieferten<br />
Dinge und Worte; die Theologen<br />
durch ihre systematische Reflexion;<br />
die Nachfolger der Apostel im<br />
Bischofsamt, die zusammen mit dem<br />
ihnen eigenen Auftrag, das Evangelium<br />
zu verkünden, „das sichere Charisma<br />
der Wahrheit empfangen haben“<br />
(VD 8).<br />
Die Geschichte der Kirche zeugt<br />
von dieser Wortwerdung der einst ergangenen<br />
Offenbarung: oft als einer<br />
allmählichen und fast unbemerkten<br />
Übernahme von Vorstellungsmitteln<br />
und Redewendungen der jeweiligen<br />
Kultur; manchmal aber auch als ein<br />
langes und verwickeltes Ringen in einem<br />
dialektischen Klärungsprozeß,<br />
bis die Suche nach einem Verständnis<br />
des im Glauben angenommenen Wortes<br />
zu einem bestimmten „Angebot“ 2<br />
gereift ist, über das das Lehramt in dem<br />
von Gott gefügten „kairos“ eine verbindliche<br />
Lehrentscheidung treffen<br />
kann.<br />
So war es bei der Lehrentscheidung<br />
auf dem ersten ökumenischen Konzil<br />
zu Nizäa. Mit der Definition, daß Jesus<br />
Christus „eines Wesens (homoousios)<br />
mit dem Vater“ ist, wurde unfehlbar<br />
auf eine Frage geantwortet, die<br />
die Gläubigen von Anfang an gestellt<br />
hatten: „Wer ist Jesus von Nazareth?“<br />
und um die die Kirche während anderthalb<br />
Jahrhunderte gerungen hatte. <strong>Der</strong><br />
196 DER FELS 7-8/1997