Fortsetzung folgt - Der Fels
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Fortsetzung folgt - Der Fels
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tar. Die Angst treibt sie zusammen -<br />
Angst vor den Schüssen und dem Feuer.<br />
Und die Frage, wer als nächster das<br />
Opfer wird oder wie man nun noch<br />
nach Hause kommen soll.<br />
Es ist 13 Uhr, als die Glocken der<br />
Kirche erneut die Gläubigen aufschrecken.<br />
Es sind die Serben, die läuten.<br />
Die Katholiken sollen sehen, was<br />
vor sich geht! Ein Mann betritt die<br />
Kirche. Auf dem Kopf trägt er eine<br />
glänzende Kappe. Er nimmt das<br />
Kreuz vom Altar, trägt es nach draußen<br />
und tanzt damit um das Gotteshaus<br />
- ein Teufelstanz, Ritual des Bösen.<br />
Dann gießt er Benzin auf die<br />
Mauern, zündet es an. „Sie brennen<br />
unsere Kirche ab“, weint eine Frau.<br />
Ihre Tochter hält ihr den Mund zu und<br />
zieht sie ins Haus. Die serbischen<br />
Nachbarn zur anderen Seite schauen<br />
hinunter und lachen. Es dauert lange,<br />
bis Frau Urbawac jemanden findet,<br />
der mit ihr zur Kirche läuft. Zusammen<br />
mit dem Pfarrer und ein paar anderen<br />
Leuten gelingt es, das Feuer zu<br />
löschen. Die kostbare Orgel bleibt<br />
verschont, Bilder und Meßgewänder<br />
werden in Sicherheit gebracht. Um<br />
Mitternacht aber leuchtet es in der<br />
Stadt blutrot. Die Kirche ragt als glühende<br />
Fackel in den Himmel ihres<br />
Gottes. Ihr Zinkdach knirscht und<br />
zischt, grausige Schreie nach Rettung.<br />
Doch niemand kommt zu Hilfe.<br />
Und das Leben von Frau Urbawac<br />
ändert sich am Tag danach, als ihr<br />
Sohn mißhandelt wird, diesmal ein<br />
bißchen schlimmer als zuvor. Ein Soldat<br />
hält ihm stundenlang ein Gewehr<br />
<strong>Der</strong> Tod darf nicht das letzte Wort<br />
gewesen sein<br />
an den Kopf - Sondermaßnahmen für<br />
Unerwünschte. Macht sie so verrückt,<br />
daß sie von alleine gehen, hatte man<br />
in der serbisch-demokratischen Partei<br />
SDS gesagt. Und der Schrecken<br />
steigert sich noch einmal am Tag, als<br />
ihr Mann verhaftet wird. Kurz zuvor<br />
gab es wieder keinen Strom. Ein<br />
schlechtes Zeichen, Vorbote von Verhaftungen.<br />
Es sollte ja niemand zu<br />
Hilfe gerufen werden können. Dann<br />
klopft es. Polizei! Ihr Haus ist umstellt!<br />
Kommen Sie mit! Und ihr<br />
Mann muß mitgehen und sie weiß<br />
nicht, ob sie ihn jemals wiedersehen<br />
wird. Sie sieht ihn fünf Monate lang<br />
nicht, weiß nicht, wo er ist, geht zu<br />
den Behörden. Niemand weiß etwas -<br />
angeblich. Dann endlich die Nachricht<br />
durch einen Serben: Er habe ihn im<br />
Lager Macnjaca gesehen, er sei am<br />
Leben. Er wird mißhandelt und geschlagen,<br />
hat nicht mehr die Kraft zu<br />
laufen. Dann kommt das Rote Kreuz,<br />
macht Listen der Gefangenen, bringt<br />
Konserven. Ein paar Wochen später<br />
werden alle Männer über fünfzig Jahren<br />
entlassen. Ihr Mann ist dabei.<br />
Doch am Tag, als er entlassen wird,<br />
holen sie seinen Sohn ... .<br />
Frau Urbawac geht zu ihrem Bischof<br />
und Bischof Komarica, der so<br />
oft vergeblich interveniert und die<br />
Welt so oft um Hilfe für die Menschen<br />
in Banja Luka angefleht hat, erreicht<br />
tatsächlich, daß der Junge freigelassen<br />
wird.<br />
Leise Worte, nüchtern, fast ohne<br />
Emotion. Zeugenaussagen in einer<br />
kleinen Küche in einem zerstörten<br />
Land. Pfarrer Visaticki spricht plötzlich<br />
von einem anderen Mann aus seiner<br />
Gemeinde. Auch er war in einem<br />
Lager, das der Pfarrer KZ nennt. Sein<br />
Gesicht wird nun von einem großen<br />
Pflaster beherrscht. Es klebt an der<br />
Stelle, wo früher das Auge war.<br />
Zeugen der Toten und des Lebens.<br />
Immer noch wollen die Katholiken die<br />
Hoffnung nicht begraben, daß sie eines<br />
Tages in Banja Luka und in Bosnien<br />
friedlich leben können. Fast alle<br />
ihre Kirchen sind zerstört oder schwer<br />
beschädigt. Und sie mußten mit ansehen,<br />
wie auch die Moscheen dem<br />
Erdboden gleichgemacht wurden. Erst<br />
wurden sie angezündet, dann kamen<br />
Bagger und ebneten die letzten Reste<br />
ein. Dann wurde Gras gesät. Denn<br />
wenn erst mal „Gras über die Sache<br />
gewachsen ist, stirbt die Erinnerung“<br />
- lebten einmal Moslems oder Katholiken<br />
hier? Wo sind denn ihre Kirchen?<br />
Doch es gibt sie noch, die Moslems<br />
und die Katholiken. Sie haben<br />
auch ein wenig mehr Bewegungsfreiheit.<br />
Sie wollen leben, sie wollen beten.<br />
<strong>Der</strong> Tod all der Unschuldigen darf<br />
nicht das letzte Wort gewesen sein.¨<br />
Wer spenden möchte, richte seine<br />
Gabe bitte unter dem Stichwort „Kirche<br />
in Bosnien“ an folgende Bankadresse:<br />
Empfänger: Hilfswerk e.V.<br />
57392 Schmallenberg, Kontonummer<br />
50003003, BLZ 460 528 55, bei der<br />
Stadtsparkasse Schmallenberg.<br />
Bei der Kirche gedenke ich nur der<br />
Anstalt zur Erlösung und<br />
Beseeligung der Menschen und das<br />
kirchliche Interesse ist die Freiheit der<br />
Kirche, um ihr die Mitteilung der ihr<br />
anvertrauten geistlichen Güter möglich<br />
zu machen. <strong>Der</strong> Mainzer Bischof<br />
Wilhelm Emmanuel von Ketteler war<br />
ein scharf politisch denkender Kopf<br />
mit einem pastoralen Engagement,<br />
das ihn zu einem der gefürchteten<br />
Gegner der Feinde der Kirche machte.<br />
Sein Anliegen war die Freiheit der<br />
Kirche, er wollte den Einfluß des Staates<br />
zurückdrängen. Am 13. Juli begeht<br />
die Bischofsstadt den hundertzwanzigsten<br />
Todestag ihres berühmten<br />
Sohnes. Als von Ketteler diese<br />
Sätze schrieb, taumelte Deutschland<br />
in den Streit mit den Deutschnationalen<br />
hinein, der schließlich im Kulturkampf<br />
gipfelte. <strong>Der</strong> „Sozialbischof“,<br />
der durch seine unerschrockenen Predigten<br />
und Schriften über die in seinem<br />
Jahrhundert aufgekommene und<br />
akut gewordene soziale Frage zum<br />
Vorreiter der katholischen Soziallehre<br />
wurde, konnte nicht ahnen, daß er mit<br />
diesem Satz einen Pol des Spannungsfeldes<br />
zwischen Staat und Kirche artikulierte,<br />
der in unseren Tagen an Anziehungskraft<br />
verloren hat und jetzt -<br />
im Zusammenhang mit der Beratung<br />
bei Konfliktschwangerschaften - wieder<br />
im Rampenlicht der Öffentlichkeit<br />
steht. Es geht um das Selbstverständnis<br />
der Kirche. Es läuft Gefahr, von<br />
der Politik in Deutschland zermalmt<br />
zu werden.<br />
Die Diskussion ist nicht neu. Seit<br />
Jahren wird in Deutschland in puncto<br />
Straffreigabe der Abtreibung durch<br />
Wer den Schein will, kann ihn<br />
jederzeit woanders bekommen<br />
den Staat auch über die Beteiligung der<br />
Kirche am Beratungssystem diskutiert.<br />
Die Diskussion ist allerdings<br />
gemessen am quantitativen Beitrag,<br />
den die katholischen Beratungsstellen<br />
leisten, ungewöhnlich heftig. Aus der<br />
Anfrage einer Abgeordneten im Hessischen<br />
Landtag zum Beispiel geht<br />
hervor, daß die katholischen Beratungsstellen<br />
nur einen Anteil von etwa<br />
5 Prozent aller Beratungen ausmachen.<br />
In anderen Bundesländern ist es<br />
ähnlich. Nach Zahlen der Caritas liegt<br />
der Anteil der Kirche an allen Beratungen<br />
in ganz Deutschland deutlich un-<br />
226 DER FELS 7-8/1997