Fortsetzung folgt - Der Fels
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<strong>Der</strong> Widerstand der katholischen Kirche gegen<br />
den Nationalsozialismus<br />
Von P. Anselm Reichhold<br />
Gegen Legenden wie Hochhuths<br />
„Stellvertreter“ und ähnliche Elaborate,<br />
die allenfalls künstlerische Freiheit,<br />
aber keinesfalls die Wahrheit für<br />
sich in Anspruch nehmen können, haben<br />
manchmal seriöse Zeitzeugen und<br />
einwandfreie Dokumente einen<br />
schweren Stand. Dies um so mehr,<br />
wenn diese Legenden von antikirchlichen<br />
Medien immer neu aufgewärmt<br />
und kolportiert werden. Um so verdienstvoller<br />
ist es , daß Pater Anselm<br />
Reichhold OSB von Kloster Scheyern<br />
die wichtigsten Belege für jeden, der<br />
im Widerstreit der Meinungen Wahrheit<br />
und Orientierung sucht, in diesem<br />
Beitrag zusammengestellt hat.<br />
Die umfassendere Dokumentation findet<br />
sich in seinem im EOS-Verlag, St<br />
Ottilien, erschienenen Werk mit gleichem<br />
Titel.<br />
Immer wieder, wenn über die Zeit<br />
des Nationalsozialismus diskutiert<br />
wird, taucht auch der Vorwurf auf, daß<br />
sich der Papst und die Bischöfe durch<br />
„Schweigen“ mitschuldig gemacht<br />
hätten. Großes Aufsehen erregte insbesondere<br />
das Schauspiel „<strong>Der</strong> Stellvertreter“,<br />
in dem der Verfasser<br />
Hochhuth Papst Pius XII. Mitschuld<br />
an der Ermordung der Juden zuschob,<br />
weil er „geschwiegen“ hätte. Kein geringerer<br />
als der jüdische Historiker<br />
Pinchas Lapide hat gegen diese Verdrehung<br />
der Wahrheit protestiert: „Die<br />
katholische Kirche ermöglichte unter<br />
dem Pontifikat von Pius XII. die Rettung<br />
von 700 000, wahrscheinlich sogar<br />
860 000 Juden vor dem gewissen<br />
Tod von den Händen der Nationalsozialisten...<br />
Diese Zahlen übersteigen<br />
bei weitem die der von allen anderen<br />
kirchlichen Gemeinschaften, religiösen<br />
Einrichtungen und Hilfsorganisationen<br />
zusammengenommen...“<br />
(Konrad Löw, Die kath. Kirche und<br />
das NS-Regime, 1991)<br />
Für die nachkommende Generation<br />
ist es begreiflicherweise schwierig,<br />
sich in die völlig anders geartete<br />
Lage der damaligen Zeit hineinzudenken.<br />
Gerade darum ist es wichtig,<br />
diejenigen Menschen, die alles hautnah<br />
miterlebt haben, selber zu Wort<br />
kommen zu lassen. - Ein solcher unverdächtiger<br />
Zeuge ist sicher der ehemalige<br />
Münchener Weihbischof Johannes<br />
Neuhäusler. Er war 3 1/2 Jahre<br />
im KZ Dachau inhaftiert. Neuhäusler<br />
darf schon deshalb als berufener<br />
Zeuge gelten, weil er maßgebend<br />
beteiligt war am Protest des Auslands<br />
gegen das Regime. 1940 erschien<br />
in London ein umfangreiches<br />
Buch mit dem Titel „The persecution<br />
of the Catholic Church in the Third<br />
Reich“, -“Die Verfolgung der Katholischen<br />
Kirche im Dritten Reich“. Das<br />
Material dazu hatte zum größten Teil<br />
Johannes Neuhäusler gesammelt und<br />
dem bayerischen Botschafter beim<br />
Vatikan, Josef Müller, auch „Ochsensepp“<br />
genannt, übergeben, der es nach<br />
England lieferte.<br />
Johannes Neuhäusler hat bereits<br />
1946 ein Buch von etwa 800 Seiten<br />
geschrieben „Kreuz und Hakenkreuz“.<br />
Im ersten Teil schildert er den<br />
„Kampf des Nationalsozialismus gegen<br />
die katholische Kirche“ und im<br />
zweiten Teil den „Widerstand der katholischen<br />
Kirche gegen den Nationalsozialismus“<br />
(abgek. Neuhäusler).- Er<br />
schreibt dazu:<br />
„Über alldem merkte ich nach Gesprächen<br />
mit Laien aller Kreise, daß<br />
die meisten keine Ahnung hatten von<br />
der Schwere, dem Umfang, der Hinterlist,<br />
der Systematik und Zielstrebigkeit<br />
des Kampfes vom Anfang bis zum<br />
Ende. - Man ging oder ist daran, gelegentliche,<br />
anerkennende Äusserungen,<br />
vereinzelte zeitnotwendige Zugeständnisse,<br />
Erfüllung bloßer Anstandspflichten<br />
zu sammeln und daraus<br />
kirchlichen Persönlichkeiten einen<br />
Strick zu drehen. Man übersieht<br />
aber dabei die feste grundsätzlich ablehnende<br />
Haltung, die in Hunderten<br />
von Dokumenten zum Ausdruck<br />
kommt.“ (Neuhäusler 1,9).<br />
An diesen Feststellungen des Widerstandskämpfers<br />
Neuhäusler hat<br />
sich heute, nach 50 Jahren, nicht viel<br />
geändert. Seine Darlegungen in seinem<br />
Buch „Kreuz und Hakenkreuz“<br />
haben auch heute noch Gültigkeit. Die<br />
Dokumente sind in der Zwischenzeit<br />
erheblich erweitert und bestätigt, vor<br />
allem durch die „Veröffentlichungen<br />
der Kommission für Zeitgeschichte“,<br />
die über hundert Bände enthält. Darunter<br />
sind unter anderen die Akten der<br />
deutschen Bischöfe; weiterhin die<br />
„Berichte des SD und der Gestapo“;<br />
und „Priester unter Hitlers Terror“.<br />
Sehr aufschlußreich ist auch die<br />
Sammlung „Ursachen und Folgen,<br />
Vom deutschen Zusammenbruch<br />
1918 und 1945 bis zur staatlichen<br />
Neuordnung Deutschlands in der Gegenwart“,<br />
25 Bände (Ursachen).<br />
Geschlossene Einheit im Episkopat,<br />
trotz Meinungsverschiedenheiten<br />
Sehr treffend heißt es in „Ursachen<br />
und Folgen“ (Ursachen, IX,186): „Die<br />
geschlossene Einheit der katholischen<br />
Kirche gegenüber dem nationalsozialistischen<br />
Regime blieb trotz Meinungsverschiedenheiten<br />
im Episkopat<br />
bewahrt ... Nach wie vor griff der Heilige<br />
Stuhl durch zahlreiche Noten in<br />
die Auseinandersetzungen ein. Er unterstützte<br />
offen die von den Bischöfen<br />
vorgebrachten Beschwerden und<br />
griff den erzieherischen Totalitätsanspruch<br />
der NSDAP an ... Die Enzyklika<br />
»Mit brennender Sorge« (21.<br />
März 1937) bedeutete den Ausbruch<br />
des offenen Kampfes. Sie kritisierte<br />
scharf die Praktiken des Nationalsozialismus<br />
und ermunterte die Gläubigen<br />
zum Widerstand gegen den Staat<br />
und seine neuheidnischen Irrlehren ...“<br />
Bezeichnend ist auch das Urteil des<br />
DER FELS 7-8/1997 217