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Fortsetzung folgt - Der Fels

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ersten Christen - imstande sind, „ein<br />

Herz und eine Gesinnung“ zu haben.<br />

Vielleicht deswegen, weil die ersten<br />

Christen durch eine große Hingabe zu<br />

Christus gebunden waren und alle<br />

anderen Dinge dieser Hingabe untergeordnet<br />

waren. Die slowakischen<br />

Christen sind jetzt geteilt, und eine<br />

Gruppierung wirft der anderen vor,<br />

daß sie keine guten Slowaken seien,<br />

oder daß sie den slowakischen Staat<br />

nicht genug liebten. Aber die Liebe<br />

zum eigenen Staat kann nicht alle vereinen,<br />

besonders dann, wenn es in diesem<br />

Staat auch um die Ideologisierung<br />

der Gesellschaft, um Ungerechtigkeit<br />

oder sogar um Missetaten geht.<br />

Man hat den Eindruck, daß solche<br />

nationalistische Tendenzen in der<br />

Gesellschaft alle anderen Fragen,<br />

auch im Bereich der Religion, dominieren.<br />

Wie kann man verstehen,<br />

wenn ein hochgestellter Mann in der<br />

Kirche öffentlich im Fernsehen sagt,<br />

daß Demokratie darin bestehe, daß<br />

die, die Wahlen gewonnen hätten, regieren<br />

sollten, und die anderen gehorchen<br />

sollten, aber kein Wort über Gerechtigkeit,<br />

Wahrheit oder Verantwortlichkeit<br />

gesagt wird. Im Gegenteil,<br />

wahr und gerecht ist das, was die sagen,<br />

die die Macht besitzen. Man kann<br />

sich dann nicht wundern, wenn die<br />

Kluft zwischen den Parteien und den<br />

Leuten immer breiter wird. Die Propaganda<br />

ist so mächtig, daß viele<br />

Menschen tief desorientiert sind. Eine<br />

große Rolle spielt auch die Tatsache,<br />

daß viele nach der Wende im Jahr<br />

1989 ihre Mäntelchen sehr geschickt<br />

gewendet haben.<br />

Sehr oft hört man, die Kirche solle<br />

sich nicht in die Politik einmischen.<br />

Das betont man dann, wenn Kritik<br />

geübt wird. Wenn aber zu den Machthabern<br />

ein Jawort gesagt wird, dann<br />

ist es in Ordnung. Auch auf dieser<br />

Ebene spürt man, wie die, welche jetzt<br />

die Macht haben, die Kirche teilen<br />

wollen im Sinne des altrömischen<br />

„divide et impera“ (teile und herrsche).<br />

„Einige kirchliche Würdenträger<br />

sind die Guten, sind die Unsrigen“.<br />

Sie werden gelobt. Die anderen<br />

sind die Feinde und werden verspottet.<br />

Ein Beispiel: Als der Vorsitzende<br />

der Bischofskonferenz R. Balaz eine<br />

Erklärung veröffentlichte, daß die Bischöfe<br />

Vertrauen zum Staatspräsidenten<br />

haben, und, daß die Angriffe gegen<br />

ihn aufhören und die Regierung<br />

mit ihm zusammenarbeiten sollte,<br />

wurde der Bischof sofort als schlecht<br />

bezeichnet. Gleich danach wurde ein<br />

großer Artikel in der Regierungszeitung<br />

veröffentlicht, daß dieser Bischof<br />

ein Freimaurer sei. Es gibt eine<br />

erbarmungslose Diffamierung solcher<br />

Persönlichkeiten, die gegenüber der<br />

Regierung kritisch sind. Solche Tendenzen<br />

teilen die ganze Gesellschaft<br />

immer weiter und tiefer.<br />

Es ist eine Frage, wie weit Christen,<br />

die in der Kirche mitarbeiten, schweigen<br />

dürfen, damit sie nicht ihr eigenes<br />

Gesicht verlieren. Wie weit geht<br />

ihre Pflicht, Gewissen der Gesellschaft<br />

zu sein? Müssen die Christen<br />

in der modernen Gesellschaft die Aufgabe<br />

des Gewissens übernehmen? Im<br />

Sinne der Konstitution des II. Vatikanums<br />

„Gaudium et spes“ und päpstlicher<br />

Dokumente wie z.B. Christifideles<br />

laici muß man auf diese Fragen<br />

einfach mit „ja“ antworten. Die<br />

Christen sind im Grunde verpflichtet,<br />

die Gerechtigkeit und Wahrheit, die<br />

Freiheit und Solidarität zu schützen.<br />

Wie sehe ich die Zukunft? Die Slowakei<br />

muß in erster Linie einen<br />

Rechtsstaat aufbauen. Sie muß zuerst<br />

eine wirkliche Demokratie erlernen,<br />

das heißt, genaue und strenge Teilung<br />

der Macht. Diese Macht muß geteilt<br />

werden, wie es in der Demokratie<br />

üblich ist. Die Slowakei mit einem<br />

totalitären Regime hat keine Zukunft,<br />

weil sie nicht imstande ist. In diesem<br />

Fall eigene Unabhängigkeit und Freiheit<br />

zu bewahren. Wenn ein potentieller<br />

Diktator die Gesellschaft beherrschen<br />

und die Macht nur für sich<br />

selbst behalten wollte, ist es nur dann<br />

möglich, wenn er sich unter die Flügel<br />

eines noch größeren Diktators<br />

stellt. Darum ist es zu dieser Zeit so<br />

mühevoll für die Slowakei, sich in europäische<br />

Strukturen einzugliedern.<br />

Bin ich Optimist oder Pessimist?<br />

Welche Seite der Slowakei wird siegen?<br />

Einerseits bin ich sicher, daß ein<br />

idealer Staat eine Utopie ist. Andererseits<br />

muß man sich belehren lassen,<br />

weil „die Geschichte Lehrmeisterin<br />

des Lebens ist“. Deswegen dürfen die<br />

Humanität, Gerechtigkeit, Freiheit,<br />

welche die menschliche Würde respektieren,<br />

Solidarität und alles, was<br />

das Leben menschlich und würdig<br />

macht, nicht nur eine Utopie sein.<br />

Darum, wenn auch die Demokratie<br />

nicht das Idealste ist, ist es gegenwärtig<br />

das Beste, was wir kennen. Deswegen<br />

kein Totalitarismus, keine Diktatur,<br />

wenn sie auch schöne Parolen<br />

proklamieren können. Zwei schreckliche<br />

totalitäre Ideologien, Faschismus<br />

und Kommunismus, und nachträglich<br />

auch rücksichtslose Regime,<br />

die in diesem Jahrhundert so viel Bosheit<br />

auf die Welt brachten, sind genügend<br />

Beispiele, daß niemand solche<br />

Fragen gleichgültig sein dürfen. ¨<br />

Das Zipser Kapitel, die Kathedrale vom Heiligen Martin,<br />

An diesem historisch bedeutsamen Ort der Slowakei werden Theologiestudenten<br />

von drei Diözesen auf das Priestertum vorbereitet.<br />

216 DER FELS 7-8/1997

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