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Fortsetzung folgt - Der Fels

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Kirche und Staat in der Slowakei<br />

Von Dr. Stefan Mordell<br />

Die Slowakei ist für viele Westeuropäer<br />

ein weithin unbekanntes<br />

Land. Auch seit der Wende von 1989<br />

ziehen die Touristenströme nach Ungarn,<br />

nach Tschechien und Polen an<br />

der Slowakei vorbei. Die Trennung<br />

aus dem tschechisch-slowakischen<br />

Staatsverband rief nur kurzfristig<br />

Schlagzeilen hervor. Danach verschwand<br />

das Land wieder in der<br />

Nichtbeachtung. Zuwenig ist bekannt,<br />

was sich hinter den Kulissen tut: <strong>Der</strong><br />

Umgang der Postkommunisten mit<br />

der Macht, zu dem auch das Niederhalten<br />

der demokratischen Opposition<br />

und die Verhinderung einer Volksabstimmung<br />

bei so wichtigen Fragen<br />

wie der Loslösung aus dem früheren<br />

Staatsverband gehört, das Anheizen<br />

eines nicht unbedenklichen Nationalismus,<br />

das Verhältnis des Episkopats<br />

zur Staatsführung. <strong>Der</strong> Verfasser<br />

Priester und Pfarrer in Dolny Smokovec<br />

ist ein angagierter Beobachter<br />

der Vorgänge in seinem Heimatland.<br />

Nach dem Zusammenbruch des<br />

kommunistischen Systems im November<br />

1989 sind sehr schnell neue<br />

Staaten entstanden. So taucht auch die<br />

Slowakei nach der Spaltung der<br />

Tschechoslowakei am ersten Januar<br />

1993 auf der europäischen Karte als<br />

selbständiger Staat auf. Für viele war<br />

dieses Ereignis ein großer Tag und der<br />

Neuanfang zur Realisierung der slowakischen<br />

Identität. Andererseits haben<br />

aber manche Leute diese Ereignisse<br />

mit innerer Unruhe ver<strong>folgt</strong>,<br />

weil sie damit nicht einverstanden<br />

waren. Für sie war die Teilung der<br />

CSFR mit der Gefahr der Destabilisierung<br />

verbunden. Vor den Wahlen<br />

hatte nur eine Partei in ihrem Wahlprogramm<br />

die Absicht, einen selbständigen<br />

slowakischen Staat zu gründen.<br />

Sie bekam aber nicht viel Stimmen.<br />

Die Regierungsparteien haben<br />

nach der Wahl 1992 sehr schnell die<br />

Schaffung der selbständigen Slowakei<br />

zum eigenen Programm gemacht.<br />

Diese Teilung ging zu schnell, und es<br />

gab keine Volksabstimmung über die<br />

Trennung. Das war ein großer Fehler.<br />

Die christlichen Demokraten haben<br />

sich gegen die Teilung der CSFR gestellt.<br />

Die Christlichdemokratische<br />

Bewegung/KDH unter der Führung<br />

von Dr. Carnogursky hat bei den Wahlen<br />

1992 nur eine geringe Unterstützung<br />

nämlich etwa 10 % von den<br />

Christen, die in der Slowakei rd. 70 %<br />

ausmachen, bekommen. Später bei<br />

der öffentlichen Abstimmung über die<br />

Teilung des Staates im Parlament, die<br />

vom Fernsehen übertragen wurde,<br />

haben sich die Abgeordneten der<br />

KDH gegen die Teilung des Staates<br />

geäußert. Nach dieser Abstimmung<br />

wurden diese Menschen durch die<br />

Propaganda als Feinde der Slowakei<br />

hingestellt. Man muß noch hinzufügen,<br />

daß bei den letzten Wahlen solche<br />

Parteien gewonnen haben, die von<br />

ehemaligen Kommunisten gegründet<br />

wurden. Mit ihrer mächtigen Propaganda<br />

beeinflussen sie viele Leute ,<br />

so daß sie von ihnen gewählt und unterstützt<br />

wurden.<br />

Zu dieser Zeit schauten manche<br />

Leute mit Nostalgie auf die Vergangenheit,<br />

nach der Sicherheit des Kommunismus,<br />

als zwar geringe, aber<br />

doch bestimmte Sicherheiten vorhanden<br />

waren: Arbeit, Brot, Wohnung.<br />

Diese Sicherheit ging nach der Wende<br />

verloren. Eine Vision von Freiheit<br />

und wirklicher Demokratie half den<br />

Menschen nicht zur Orientierung, da<br />

die Zukunft so unsicher erschien. Man<br />

muß auch sagen,daß ein ziemlich großer<br />

Unterschied zwischen der tschechischen<br />

und der slowakischen föderativen<br />

Republik bezüglich der Arbeitslosigkeit<br />

bestand. Die starke<br />

Waffenindustrie in der Slowakei wurde<br />

nach der Wende 1989 gestoppt, viele<br />

Menschen verloren ihre Arbeit.<br />

Dies führte zu negativen Emotionen<br />

bei der Bevölkerung, einerseits gegen<br />

die Tschechen und andererseits gegen<br />

die christlichen Demokraten, die bis<br />

1992 an der Regierung waren. Deswegen<br />

erhielten diese auch so geringe<br />

Unterstützung bei den Wahlen.<br />

Die andere Sache, die tief in die<br />

Gesellschaft eingegriffen hat, waren<br />

nationalistische Tendenzen. Besonders<br />

bei den älteren Menschen ist noch<br />

die Existenz des slowakischen Staates<br />

während des II. Weltkrieges unter<br />

dem Schutz des deutschen Nationalsozialismus<br />

und des Dritten Reiches<br />

in guter Erinnerung. An der Spitze des<br />

slowakischen Staates stand ein katholischer<br />

Priester Dr. Josef Tiso. Für viele<br />

Slowaken gilt dieser Staat als Ideal,<br />

und viele sind überzeugt, daß auch<br />

die Kirche diesen Staat unterstützt hat,<br />

da ein katholischer Priester Staatspräsident<br />

war. Die weiteren Vorkommnisse,<br />

z.B. daß die Juden ver<strong>folgt</strong> wurden<br />

oder daß dieser Staat totalitär war,<br />

daß Hitler auch die Kirche ver<strong>folgt</strong><br />

hat, das alles nahmen diese Menschen<br />

nicht wahr. Dieses Denken und diese<br />

Orientierung war aber ein fruchtbarer<br />

Boden für nationalistische Tendenzen<br />

und Ideen, die besonders die Kommunisten<br />

für ihre Zwecke gut ausgenutzt<br />

haben.<br />

Man muß bedauern, daß die Christen<br />

diese Geister nicht unterscheiden<br />

konnten. Aber viele von ihnen stimmten<br />

dem allem zu. Leider geht es in<br />

diesem Sinne nicht nur um einfache<br />

Gläubige, sondern auch um einige<br />

kirchliche Vorsteher. Es fällt mit sehr<br />

schwer, über die Einzelheiten zu<br />

schreiben. Vielleicht hat der Leser<br />

noch andere Möglichkeiten und Quellen,<br />

Nachrichten über die Slowakei zu<br />

lesen. Nur im Allgemeinen kann man<br />

sagen, daß die slowakische Bevölkerung<br />

immer mehr und immer tiefer<br />

und zwar auf allen Ebenen polarisiert<br />

wird.<br />

Manchmal stelle ich mir selbst die<br />

Frage, wie es möglich ist, daß wir<br />

heutige Christen nicht mehr - wie die<br />

DER FELS 7-8/1997 215

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