PDF zum Download - Denkmalpflege Baden-Württemberg
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Vom Abrissfall <strong>zum</strong> Kulturtempel<br />
Gartenpalais im Eichelhofgarten<br />
von Wertheim<br />
Das bedrohte Bauwerk im Eichelhofgarten<br />
gehört zu den kulturhistorisch<br />
äußerst bedeutsamen Schlössern und<br />
Palästen der Maingegend. Ihre imposante<br />
Kette zieht sich von Aschaffenburg bis<br />
Bamberg hin.<br />
Ähnlich dem palastartigen früheren Benediktinerkloster<br />
im unterfränkischen<br />
Obertheres (1724-1743), gebaut vom<br />
Meister des fränkischen Barock Joseph<br />
Greising, liegt auch das Schlösschen im<br />
badisch-fränkischen Wertheim in einem<br />
<strong>zum</strong> Main abfallenden Park. 1777 entstanden,<br />
demonstriert es das Repräsentationsbedürfnis<br />
eines Duodezfürstentums,<br />
wie es für das „Ancien Regime", das<br />
Deutschland vor dem Reichsdeputationshauptschluss<br />
von 1803, typisch war. In<br />
diesem Fall ließ Graf Friedrich Ludwig zu<br />
Löwenstein-Wertheim-Virneburg (1706-<br />
1796) im vorgerückten Alter von über<br />
siebzig Jahren dies Rokoko-Objekt im Eichelhofgarten<br />
zwischen 1775 und 1777<br />
vom Maurermeister Dietrich Gottlieb<br />
Bepfler errichten. Das „Gartenpalais", wie<br />
es auch genannt wurde, barg anstelle des<br />
heutigen Festsaals eine ebenfalls über<br />
zwei Stockwerke reichende Orangerie und<br />
lag in einem umfriedeten, 0,7 Hektar<br />
großen Barockgarten mit vier gleich großen<br />
Beeten.<br />
Verfünffacht und romantisiert<br />
Aber 1816 ließ Fürst Georg zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg<br />
(1775-<br />
1855) die Anlage nach Maßgaben des<br />
Zeitgeists umgestalten und erweitern. Aus<br />
der bescheidenen Barockanlage wurde ein<br />
In traurigem Zustand, das einstmals prächtige<br />
Gartenpalais von Wertheim.<br />
englischer Landschaftsgarten von mehr<br />
als fünffacher Größe (3,6 ha). Die Orangerie<br />
mutierte <strong>zum</strong> klassizistischen Festsaal.<br />
Von nun an bildete das Schlösschen im<br />
Eichelhofgarten den Mittelpunkt von<br />
Wertheims Kulturleben. Erwähnenswert<br />
an diesem umbaufreudigen Fürsten Georg<br />
ist im Übrigen seine Nähe <strong>zum</strong> Bürgertum,<br />
wobei er - en miniature - den habsburgischen<br />
„Aufklärungskaiser" Joseph II.<br />
(1741-1790) nachzuahmen schien. So tat<br />
er sich als Förderer von Kunst und Wirtschaft<br />
hervor und öffnete für die Wertheimer<br />
auch seinen Englischen Garten -<br />
Joseph hatte es ihm 50 Jahre zuvor mit<br />
dem Wiener Prater vorgemacht. In einem<br />
kaiserlichen „Avertissement" vom 9. April<br />
1766 hieß es damals: dass künftighin<br />
und von nun an zu allen Zeiten des Tages<br />
ohne Unterschied jedermann (im) Bratter<br />
... zu gehen, zu reiten und zu fahren ..." erlaubt<br />
sein solle.