PDF zum Download - Denkmalpflege Baden-Württemberg
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und an den daneben errichteten Glashäusern. Insbesondere seenahe Häuser wurden für den Fremdenverkehr um- oder neugebaut. Daraus ergab sich in den letzten Jahrzehnten auf Teilen der Insel, besonders in Mittelzell, eine dichtere Bebauung. Weite Teile der Reichenau sind aber durch Natur- und Landschaftsschutzmaßnahmen bis heute bewusst von Bebauung freigehalten worden. Sie dienen dem Gemüse- und dem Weinbau, werden als Streuobstwiesen genutzt oder sind, insbesondere im Uferbereich, als naturnahe Flächen mit Weiden, Pappeln, Riedgras und Schilf bewachsen. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Insel mit rund 25 Kirchen und Kapellen bebaut. Die meisten davon wurden nach der Säkularisation abgebrochen und sind nurmehr als archäologische Denkmale erhalten. Geschichte der Insel bis zur Säkularisation Von der Klostergründung im frühen Mittelalter, um das Jahr 724, bis zur Säkularisation und der endgültigen Aufhebung des Klosters zu Beginn des 19. Jahrhunderts ist die Geschichte der Insel im Wesentlichen identisch mit der Geschichte des Klosters. Gegründet wurde die Benediktinerabtei nach der Klostertradition im Jahr 724 durch den später heilig gesprochenen, irofränkischen Wanderbischof Pirmin. Vermutlich haben grosszügige Schenkungen seitens alamannischer Fürsten die Klostergründung ermöglicht. Erst in späterer Zeit erschien es opportun, die eigene Geschichte auf die Karolinger zurückzuführen; Urkunden wurden in diesem Sinne gefälscht. Nach bescheidenen Anfängen erblühte die Reichenau zu Beginn des 9. Jahrhunderts. Die Reichenauer Äbte des Früh- und Hochmittelalters waren als Vertraute von Kaisern und Königen, als Prinzenerzieher, als Gesandte und als Verwalter großer kirchlicher Besitzungen Persönlichkeiten mit bedeutenden politischen Ämtern und weitreichendem Einfluss. Das Kloster erlangte umfangreichen Grundbesitz im heutigen Thurgau, im Hegau, in Württemberg, aber auch an weiter entfernten Orten. Der Abt von Reichenau konnte nach Rom reisen, ohne auf fremdem Gebiet übernachten zu müssen. Gleichzeitig wurde die Abtei zu einem Hort von Wissenschaft und Kunst von europäischem Rang. Bedeutendes leisteten die Mönche in der Buchmalerei, in der Wandmalerei, in Architektur, Gregorianik, Botanik und Geschichtsschreibung. Aus der Reichenauer Buchmalereischule des späten 10. und frühen 11. Jahrhunderts sind an die vierzig Codices in den wichtigsten Bibliotheken, Museen und Schatzkammern Europas erhalten. Sie sind eine wesentliche Quelle der europäischen Kunstgeschichte des Mittelalters. Die Wirkung der Reichenauer Buchmalereischule erstreckte sich über ganz Eu- 3 Münster St. Maria und Markus, Ölbild, datiert 1624. Diese Darstellung der Ankunft des hl. Pirmin auf der Insel Reichenau ist eine Illustration der Gründungslegende, wie sie der Reichenauer Mönch Hermann der Lahme (t 1054) in seiner Chronik zum Jahr 724 berichtet: „Der heilige Pirmin, Abt und Bischof, wird von den Fürsten Berthold und Nebi zu Karl geführt und von ihm der Reichenau vorgesetzt. Er vertrieb dort die Schlangen und richtete während seines dreijährigen Aufenthaltes das klösterliche Leben ein." 66
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und an den daneben errichteten Glashäusern.<br />
Insbesondere seenahe Häuser wurden für den<br />
Fremdenverkehr um- oder neugebaut. Daraus<br />
ergab sich in den letzten Jahrzehnten auf Teilen<br />
der Insel, besonders in Mittelzell, eine dichtere<br />
Bebauung. Weite Teile der Reichenau sind aber<br />
durch Natur- und Landschaftsschutzmaßnahmen<br />
bis heute bewusst von Bebauung freigehalten<br />
worden. Sie dienen dem Gemüse- und dem Weinbau,<br />
werden als Streuobstwiesen genutzt oder<br />
sind, insbesondere im Uferbereich, als naturnahe<br />
Flächen mit Weiden, Pappeln, Riedgras und Schilf<br />
bewachsen.<br />
Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Insel mit<br />
rund 25 Kirchen und Kapellen bebaut. Die meisten<br />
davon wurden nach der Säkularisation abgebrochen<br />
und sind nurmehr als archäologische<br />
Denkmale erhalten.<br />
Geschichte der Insel bis zur Säkularisation<br />
Von der Klostergründung im frühen Mittelalter,<br />
um das Jahr 724, bis zur Säkularisation und der<br />
endgültigen Aufhebung des Klosters zu Beginn<br />
des 19. Jahrhunderts ist die Geschichte der Insel<br />
im Wesentlichen identisch mit der Geschichte des<br />
Klosters.<br />
Gegründet wurde die Benediktinerabtei nach der<br />
Klostertradition im Jahr 724 durch den später heilig<br />
gesprochenen, irofränkischen Wanderbischof<br />
Pirmin. Vermutlich haben grosszügige Schenkungen<br />
seitens alamannischer Fürsten die Klostergründung<br />
ermöglicht. Erst in späterer Zeit erschien<br />
es opportun, die eigene Geschichte auf die<br />
Karolinger zurückzuführen; Urkunden wurden in<br />
diesem Sinne gefälscht.<br />
Nach bescheidenen Anfängen erblühte die Reichenau<br />
zu Beginn des 9. Jahrhunderts. Die Reichenauer<br />
Äbte des Früh- und Hochmittelalters<br />
waren als Vertraute von Kaisern und Königen, als<br />
Prinzenerzieher, als Gesandte und als Verwalter<br />
großer kirchlicher Besitzungen Persönlichkeiten<br />
mit bedeutenden politischen Ämtern und weitreichendem<br />
Einfluss. Das Kloster erlangte umfangreichen<br />
Grundbesitz im heutigen Thurgau,<br />
im Hegau, in <strong>Württemberg</strong>, aber auch an weiter<br />
entfernten Orten. Der Abt von Reichenau konnte<br />
nach Rom reisen, ohne auf fremdem Gebiet übernachten<br />
zu müssen. Gleichzeitig wurde die Abtei<br />
zu einem Hort von Wissenschaft und Kunst<br />
von europäischem Rang. Bedeutendes leisteten<br />
die Mönche in der Buchmalerei, in der Wandmalerei,<br />
in Architektur, Gregorianik, Botanik und Geschichtsschreibung.<br />
Aus der Reichenauer Buchmalereischule<br />
des späten 10. und frühen 11. Jahrhunderts<br />
sind an die vierzig Codices in den<br />
wichtigsten Bibliotheken, Museen und Schatzkammern<br />
Europas erhalten. Sie sind eine wesentliche<br />
Quelle der europäischen Kunstgeschichte<br />
des Mittelalters. Die Wirkung der Reichenauer<br />
Buchmalereischule erstreckte sich über ganz Eu-<br />
3 Münster St. Maria und<br />
Markus, Ölbild, datiert<br />
1624. Diese Darstellung<br />
der Ankunft des hl. Pirmin<br />
auf der Insel Reichenau ist<br />
eine Illustration der Gründungslegende,<br />
wie sie der<br />
Reichenauer Mönch Hermann<br />
der Lahme (t 1054)<br />
in seiner Chronik <strong>zum</strong><br />
Jahr 724 berichtet:<br />
„Der heilige Pirmin, Abt<br />
und Bischof, wird von den<br />
Fürsten Berthold und Nebi<br />
zu Karl geführt und von<br />
ihm der Reichenau vorgesetzt.<br />
Er vertrieb dort<br />
die Schlangen und richtete<br />
während seines dreijährigen<br />
Aufenthaltes das<br />
klösterliche Leben ein."<br />
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