PDF zum Download - Denkmalpflege Baden-Württemberg
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AKTIV<br />
11M DER DENKMALPFLEGE<br />
Astrid-Sibylle Tober, Schlossbesitzerin in Dettingen bei Horb und Trägerin des Denkmalschutzpreises<br />
2000 für Kulturdenkmale in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>.<br />
Siehe auch unseren Beitrag in der Ausgabe 4/2000.<br />
Was überwiegt bei ihrem Dettinger<br />
Schlossetagen-Besitz, Lust oder<br />
Last?<br />
Lust! In diesem historischen Ambiente<br />
zu leben, in diesen Räumen<br />
überhaupt sich zu bewegen, das<br />
kann man mit einem Neubau überhaupt<br />
nicht vergleichen. Die Raumhöhen,<br />
die Materialien, dies ganze<br />
Ambiente, dieses „Nicht-so-Geradlinige".<br />
Ich empfinde das als eine<br />
sehr, sehr kreative Atmosphäre.<br />
Gab es Phasen, in denen Sie Angst<br />
bekamen vor der eigenen Courage,<br />
wo Sie sich sagen mussten, das<br />
schaffe ich nie, weder inhaltlich<br />
noch finanziell?<br />
Nein, keine einzige Sekunde. Es gab wirklich sehr, sehr<br />
schwere Zeiten. Aber es hätte jederzeit die Möglichkeit bestanden,<br />
an manchen Stellen aufzuhören und zu sagen, das<br />
ist eine Maßnahme, die stecke ich zurück, die kann ich in<br />
fünf Jahren vielleicht noch realisieren. Aber dank der Unterstützung<br />
durch die Denkmalstiftungen und das Landesdenkmalamt<br />
mit seinen Beratungen, die ja eine ungeheure<br />
Hilfe waren, ist man nicht allein.<br />
Noch immer soll es Leute geben, die beim Wort Denkmalschutz<br />
zusammenzucken. Welche Erfahrungen haben Sie<br />
mit dieser Institution gemacht?<br />
Nur die besten. Eine ungeheure Hilfe. Ich habe den größten<br />
Respekt vor diesen Fachleuten und empfand die ganzen<br />
Termine mit ihnen eigentlich nur als Bereicherung. In vielem<br />
wusste ich überhaupt nicht, was Denkmalschutz bedeutet.<br />
Es hat mich ja keiner gezwungen, die Stuckdecken<br />
hier freizulegen. Ich hätte diese Etage für mich auch ohne<br />
diese Unterstützung bewohnbar machen können. Dann<br />
aber wäre eine Restaurierung in dieser Form nicht möglich<br />
gewesen. Also nur durch diese Zuschüsse war es möglich,<br />
überhaupt eine solche Leistung zu erbringen.<br />
Als Sie dieses Objekt erworben haben, hatten Sie da schon<br />
Kontakt <strong>zum</strong> Denkmalamt?<br />
Ich habe beim Landesdenkmalamt angerufen, ob ein erhaltenswertes<br />
Objekt bekannt sei. Es hätte ja auch ein Bauernhaus<br />
sein können, eine alte Mühle ... Darauf bekam ich<br />
den Tipp, den Oberbürgermeister von Horb anzurufen. Und<br />
gleich der erste Termin mit ihm galt diesem Objekt. Das war<br />
Ende Oktober 1998 und Ende Dezember war ich Eigentümerin.<br />
Es gab dann einen Tag der Offenen Tür, damit sich<br />
die Dettinger vom desolaten Zustand der Schlossetage<br />
überzeugen konnten. Und nach der Restaurierung habe ich<br />
wieder eine solche Aktion gemacht.<br />
Heißt das, ein Denkmal verlangt nach einem denkmalwürdigen<br />
Besitzer?<br />
Wer den Perfektionsanspruch hat und meint, alles müsse<br />
immer im rechten Winkel sein, der wird nie glücklich darin.<br />
Nach all diesen erfolgreichen Schlossarbelten und den Erfahrungen<br />
dabei - gibt es am Ende einen Tipp fürs Denkmalamt<br />
oder auch die Denkmalstiftung?<br />
Bei der Denkmalstiftung fällt mir nichts ein, was man besser<br />
machen könnte. Aber die schwierigen Phasen hier<br />
wären etwas leichter durchzustehen gewesen, wenn man<br />
die Möglichkeit gehabt hätte, öfter auf den Rat des Denkmalamts<br />
zurückgreifen zu können. Doch die Konservatoren<br />
dort betreuen so riesig große Gebiete, dass sie hoffnungslos<br />
überlastet sind. Wenn der Experte für Stuck eben in<br />
ganz <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> zu tun hat und man oft viele<br />
Wochen auf einen Termin warten muss, geschieht in dieser<br />
Zeit halt nichts. Und diese zeitlichen Verzögerungen und<br />
Verschiebungen beim Bauablauf stellen ein großes Problem<br />
dar. Was ich Denkmaleigentümern wünschen würde: Dass<br />
das Landesdenkmalamt mehr Konservatoren hätte und deshalb<br />
mehr Zeit einbringen könnte.<br />
| Fortsetzung v. S. 6<br />
antrag auf dem Tisch lag, ging Stefan Gläser<br />
aus der Deckung und lehnte mitsamt<br />
dem Gemeinderat und dem Denkmalamt<br />
im Rücken das Abrissgesuch ab."<br />
Rettungskauf der Stadt<br />
Allerdings; Das an der stark befahrenen<br />
Maintalstraße gelegene, verwilderte<br />
Anwesen mit seinem desolaten Schloss<br />
wäre an einen privaten Nutzer allein wegen<br />
der hohen Sanierungskosten nicht zu<br />
vermitteln gewesen. So entschloss sich<br />
die Stadt <strong>zum</strong> Rettungskauf. Kosten: 1,4<br />
Millionen Mark. Initiator: Landeskonservator<br />
Meckes, der mit seinem Vortrag vor<br />
dem Gemeinderat die Rettungstat einge-<br />
leitet hatte, denn, so wiederum die<br />
„Stuttgarter Zeitung" vom 17. Mai 2000,<br />
„in den 30 Jahren meiner Tätigkeit in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
ist noch kein Schloss<br />
abgerissen worden."<br />
Nun kann erst einmal die Grundsubstanz<br />
mit einem Aufwand von etwa zwei Millionen<br />
Mark über den Grunderwerb hinaus<br />
gesichert werden. Landesdenkmalamt,<br />
Deutsche Stiftung Denkmalschutz und<br />
natürlich die Denkmalstiftung <strong>Baden</strong>-<br />
<strong>Württemberg</strong> werden sich an der Rettungstat<br />
beteiligen - die Denkmalstiftung<br />
allein mit 300.000 Mark.<br />
Für eine grundlegende Revitalisierung<br />
sind aber noch gut acht Millionen Mark<br />
zu leisten. Indes, die Wertheimer Vorstel-<br />
lungen sind gut konturiert: „Das Schlösschen<br />
wird ... für eine museale Nutzung<br />
saniert und zu einem ,Haus der Kunst' gestaltet"<br />
heißt es im Pressedienst der Stadt.<br />
Ein Konzept <strong>zum</strong> baldigen Anpacken,<br />
denn man hat hier genügend Reichtümer,<br />
die gut ins Schloss passen. Etwa die<br />
Gemäldesammlungen „Deutsche Maler in<br />
Berlin" sowie „Romantiker und ihre Nachfolger".<br />
Dazu noch einen umfangreichen<br />
Bestand an Porzellanpreziosen. Aus dem<br />
Abrissfall könnte also bald ein Kunsttempel<br />
mit einer Ausstellungs-Grundfläche<br />
von etwa 600 Quadratmetern, aus dem<br />
ehemaligen „Unland" bald wieder ein begehbarer<br />
Bürgerpark werden - wie Eduard<br />
Mörike ihn beschrieben hat!<br />
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