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Die Umsatzsteuer steht vor der Kirchenpforte! - CURACON GmbH ...

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KVI IM DIALOG | Finanzen<br />

Ein Beitrag von Christoph Beine<br />

und Uwe Lezius<br />

<strong>Die</strong> verfasste Kirche nimmt in den<br />

Steuergesetzen eine beson<strong>der</strong>e<br />

Rolle ein. Als Körperschaft des<br />

öffentlichen Rechts unterliegt die<br />

Kirche nur in eng umgrenzten Bereichen<br />

<strong>der</strong> Besteuerung. <strong>Die</strong>ser<br />

beson<strong>der</strong>e Umstand wird jedoch<br />

durch die Rechtsprechung und europarechtliche<br />

Einflüsse in Teilen<br />

gefährdet. Gerade die <strong>Umsatzsteuer</strong><br />

– mit ihrem nicht unerheblichen<br />

Steuersatz von 19% auf die Einnahme<br />

–geht als Vorreiter für eine<br />

neue Sicht <strong>der</strong> Dinge <strong>vor</strong>an.<br />

<strong>Die</strong> verfasste Kirche unterliegt nach<br />

den Steuergesetzen nur insoweit<br />

den weltlichen Besteuerungsregelungen,<br />

wie ein sogenannter „Betrieb<br />

gewerblicher Art“ (BgA) unterhalten<br />

wird. An das Vorliegen eines<br />

BgA knüpft sich unmittelbar auch<br />

die umsatzsteuerliche Relevanz von<br />

Leistungen und Leistungsentgelten.<br />

Nach bisherigem Verständnis<br />

bedeutete dies, dass sowohl Tätigkeiten<br />

im Hoheitsbetrieb (Verkündigungsauftrag<br />

<strong>der</strong> Kirche) als auch<br />

in <strong>der</strong> Vermögensverwaltung in<br />

<strong>der</strong> <strong>Umsatzsteuer</strong> irrelevant sind.<br />

Dementgegen vertritt <strong>der</strong> Bundesfinanzhof<br />

(BFH) seit einiger Zeit die<br />

Ansicht, dass auch in diesen beiden<br />

Bereichen ein umsatzsteuerlicher<br />

Leistungsaustausch entstehen kann.<br />

<strong>Die</strong> folgenden beiden Urteile – die<br />

jedoch noch nicht im amtlichen Bundessteuerblatt<br />

veröffentlicht wurden<br />

– verdeutlichen diese Tendenz.<br />

Begriff <strong>der</strong> „Vermögensverwaltung“<br />

spielt im <strong>Umsatzsteuer</strong>recht<br />

keine Rolle<br />

Der BFH stellt in seinem Urteil<br />

vom 15.04.2010 fest, dass dem Begriff<br />

<strong>der</strong> „Vermögensverwaltung”<br />

für die Besteuerung von Körperschaften<br />

des öffentlichen Rechts<br />

umsatzsteuerrechtlich keine Bedeutung<br />

zukommen soll.<br />

Zukünftig könnten diverse Leistungen <strong>der</strong> verfassten Kirche umsatzsteuerpflichtig<br />

werden<br />

<strong>Die</strong>sbezüglich ging es in dem Urteilsfall<br />

unter an<strong>der</strong>em um die Erlöse<br />

einer staatlichen Hochschule<br />

aus <strong>der</strong> Überlassung von Stellflächen<br />

für Automaten Dritter auf dem<br />

Hochschulgelände. Im Ergebnis<br />

sah <strong>der</strong> BFH diese Erlöse aus <strong>der</strong><br />

– unstrittigen – Vermögensverwaltung<br />

als umsatzsteuerpflichtiges<br />

Entgelt <strong>der</strong> Hochschule an. <strong>Die</strong> Begründung<br />

führt dabei direkt über<br />

die Auslegung <strong>der</strong> europäischen<br />

Mehrwertsteuersystemrichtlinie.<br />

Zwar sieht das geltende <strong>Umsatzsteuer</strong>recht<br />

ausdrücklich keine<br />

Steuerpflicht für Körperschaften<br />

des öffentlichen Rechts <strong>vor</strong>, wenn<br />

<strong>der</strong>en Tätigkeit überwiegend <strong>der</strong><br />

Ausübung öffentlicher Gewalt<br />

dient. <strong>Die</strong>s gilt jedoch nicht, sofern<br />

die Behandlung als Nicht-<br />

Steuerpflichtiger zu größeren<br />

Wettbewerbsverzerrungen führen<br />

würde. <strong>Die</strong>sem Grundsatz folgend<br />

erläutert <strong>der</strong> BFH, dass <strong>der</strong><br />

Begriff des „Betriebes gewerblicher<br />

Art“ umsatzsteuerrechtlich<br />

einer eigenen Auslegung<br />

bedarf, nämlich im Lichte <strong>der</strong><br />

europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie<br />

unter dem Duktus<br />

des „Wettbewerbs“. In <strong>der</strong> Konsequenz<br />

bedeutet dieses, dass<br />

die Vermögensverwaltung dem<br />

Grunde nach <strong>der</strong> <strong>Umsatzsteuer</strong><br />

unterliegt, denn hier be<strong>steht</strong><br />

eine tatsächliche bzw. potentielle<br />

Wettbewerbssituation. Eine betragsmäßige<br />

Grenze – ab <strong>der</strong> die<br />

Umsatzbesteuerung eingreift –<br />

ist hierbei nicht anzuwenden.<br />

Nun mag man feststellen, dass diese<br />

Sichtweise nicht neu ist. Auch<br />

diese <strong>vor</strong> dem Urteil konnte sich<br />

diese Kirche auf den Wettbewerb<br />

berufen und von sich aus (einseitig)<br />

eine Umsatzversteuerung wählen.<br />

<strong>Die</strong>ses – nur dem Steuerpflichtigen<br />

zustehende – „Wahlrecht“ ist jedoch<br />

durch die Urteilsbegründung zugunsten<br />

einer originär aus dem nationalen<br />

Gesetz abgeleiteten Steuerbarkeit<br />

entfallen.<br />

UMSATZSTEUER<br />

<strong>Die</strong> <strong>Umsatzsteuer</strong> <strong>steht</strong> <strong>vor</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchenpforte</strong>!<br />

Damit hat <strong>der</strong> BFH den Weg für die<br />

Finanzverwaltung frei gemacht, die<br />

umsatzsteuerlichen Konsequenzen<br />

in <strong>der</strong> Vermögensverwaltung frei<br />

von Willen <strong>der</strong> Körperschaft zu<br />

ziehen. Damit stellt die Rechtsprechung<br />

Körperschaften des öffentlichen<br />

Rechts an<strong>der</strong>en Steuerpflichtigen<br />

gleich, die ebenfalls nicht<br />

berechtigt sind zu wählen, ob ihre<br />

Tätigkeit umsatzsteuerpflichtig ist<br />

o<strong>der</strong> nicht.<br />

Abb.: colourbox<br />

24 www.kviid.de


<strong>Die</strong> Finanzverwaltung hat das<br />

Urteil zur Kenntnis genommen.<br />

Sie macht jedoch von ihren dadurch<br />

neu gewonnen Möglichkeiten<br />

<strong>der</strong>zeit keine Anwendung,<br />

in dem sie eine Nichtanwendung<br />

verfügt. <strong>Die</strong>se gilt bis zu einer<br />

Klärung innerhalb <strong>der</strong> Finanzverwaltung.<br />

Körperschaften, die<br />

die Urteilsgrundsätze freiwillig<br />

gegen sich gelten lassen möchten<br />

– z. B. um Vorsteuererstattungen<br />

aus bezogenen Leistungen in<br />

Anspruch zu nehmen –, können<br />

dieses jedoch machen. Aus<br />

verständlichen Gründen führt<br />

ein <strong>der</strong>artiges Verlangen aber<br />

aus Sicht <strong>der</strong> Finanzverwaltung<br />

dazu, dass nicht nur eine einzelne<br />

Tätigkeit <strong>der</strong> Vermögensverwaltung<br />

nach den Urteilsgrundsätzen<br />

zu behandeln ist, son<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> gesamte Bereich <strong>der</strong> Vermögensverwaltung.<br />

Her<strong>vor</strong>zuheben ist, dass nur dann<br />

auch eine <strong>Umsatzsteuer</strong> ent<strong>steht</strong>,<br />

wenn für die Leistung <strong>der</strong> Vermögensverwaltung<br />

keine Befreiungs<strong>vor</strong>schrift<br />

angewendet werden<br />

kann. Gerade in <strong>der</strong> Vermögensverwaltung<br />

sind jedoch weitreichende<br />

– aber keine vollständigen<br />

– Befreiungen in <strong>der</strong> <strong>Umsatzsteuer</strong><br />

geregelt, so dass sich hierüber an<br />

dem Ergebnis nichts än<strong>der</strong>t, es<br />

bleibt sodann dabei, dass „keine<br />

<strong>Umsatzsteuer</strong>“ anfällt.<br />

Dass nur die rechtstheoretische<br />

Begründung für das Ergebnis eine<br />

an<strong>der</strong>e ist, dürfte den praktischen<br />

Anwen<strong>der</strong> kaum interessieren,<br />

umso mehr sind jedoch die Lücken<br />

<strong>der</strong> Steuerbefreiung <strong>der</strong> Vermögensverwaltung<br />

in den Fokus<br />

zu nehmen. Zu nennen sei hier<br />

beispielsweise die entgeltliche<br />

Überlassung von Veranstaltungsräumen<br />

mitsamt Einrichtung bzw.<br />

Ausstattung bzw. die kurzfristige<br />

Beherbergung o<strong>der</strong> die Überlassung<br />

von Parkraum. Derartige<br />

Leistungen unterliegen keiner <strong>Umsatzsteuer</strong>befreiung.<br />

KVI ID | 02-2013<br />

Beistandsleistungen<br />

können umsatzsteuerpflichtig<br />

sein<br />

<strong>Die</strong> Kirche hat ein<br />

grundgesetzlich geschütztes<br />

Recht sich<br />

selbst frei zu organisieren.<br />

Im Rahmen dieses<br />

Rechtes sind auch Verbände<br />

gegründet worden,<br />

in denen sich mehrere<br />

Körperschaften<br />

zusammengeschlossen<br />

haben, auf <strong>der</strong>en Ebene<br />

übergeordnete Arbeiten<br />

für die einzelnen Körperschaften<br />

wirtschaftlicher<br />

erledigt werden<br />

(Dekanate, Propsteien,<br />

Kirchenkreise mit integriertem<br />

o<strong>der</strong> ggf.<br />

verselbständigtem Verwaltungsamt<br />

bzw. Rendantur).<br />

Es herrscht bei <strong>der</strong> Finanzverwaltung<br />

hierzu<br />

die Auffassung,<br />

dass die innerhalb <strong>der</strong><br />

verfassten Kirche erbrachten<br />

Leistungen<br />

grundsätzlich als sog.<br />

Amtshilfeleistungen<br />

(im Steuerrecht „Beistandsleistung“<br />

genannt)<br />

nicht <strong>der</strong> Besteuerung<br />

unterliegen.<br />

<strong>Die</strong>se Meinung gilt<br />

nur dann, wenn auch<br />

Amtshilfe dem Grunde<br />

nach <strong>vor</strong>liegt, also ein<br />

Amtsträger einem an<strong>der</strong>en<br />

Amtsträger Hilfeleistungen<br />

andient.<br />

Nicht davon umfasst<br />

sind mithin Leistungen<br />

<strong>der</strong> verfassten Kirche<br />

an natürliche Personen<br />

o<strong>der</strong> Körperschaften in<br />

privatrechtlicher Verfassung<br />

(z. B. Verein,<br />

Stiftung des privaten<br />

Rechts, <strong>GmbH</strong>). Das<br />

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KVI IM DIALOG | Finanzen<br />

KIRCHENPFORTE<br />

Welche Leistungen <strong>der</strong> verfassten<br />

Kirche könnten hier betroffen sein?<br />

Zu nennen wären hier insbeson<strong>der</strong>e<br />

die Leistungen von zentralen Gehalts-<br />

und Abrechnungsstellen sowie<br />

Buchführungsleistungen bzw.<br />

Verwaltungsleistungen im weiteren<br />

Sinn. <strong>Die</strong>se Leistungen stehen<br />

in einer Wettbewerbssituation,<br />

womit nach den Urteilsgrundsätzen<br />

eine <strong>Umsatzsteuer</strong>pflicht ein<strong>der</strong><br />

Frage, ob diese Körperschaften<br />

gemeinnützigen, mildtätigen und/<br />

o<strong>der</strong> kirchlichen Zwecken dienen.<br />

Erbringt also eine Körperschaft des<br />

öffentlichen Rechts eine Leistung<br />

an eine an<strong>der</strong>e Körperschaft des<br />

öffentlichen Rechts, so liegt nach<br />

Auffassung <strong>der</strong> Finanzverwaltung<br />

eine steuerlich nicht relevante Beistandsleistung<br />

bei <strong>der</strong> leistenden<br />

Körperschaft <strong>vor</strong>, wenn die die Leistung<br />

beziehende Körperschaft diese<br />

bezogene Leistung in ihrem Hoheitsbereich<br />

verwendet. Wird die<br />

empfangende Leistung jedoch in<br />

einem BgA verwendet, so ist auch<br />

die Beistandsleistung <strong>der</strong> leistenden<br />

Körperschaft als Leistung eines<br />

BgA anzusehen. Letzteres zieht<br />

sodann regelmäßig eine umsatzsteuerliche<br />

Mehrbelastung nach<br />

sich, da viele <strong>der</strong> in den Verbänden<br />

erbrachten Leistungen keiner <strong>Umsatzsteuer</strong>befreiung<br />

zugeordnet<br />

werden können bzw. es greift nicht<br />

das Instrument <strong>der</strong> „umsatzsteuerlichen<br />

Organschaft“ ein.<br />

<strong>Die</strong> <strong>vor</strong>stehende Regelung schränkt<br />

die verfasste Kirche bisher nicht<br />

wesentlich ein, da eine Vielzahl von<br />

Beistandsleistungen bei den beziehenden<br />

Körperschaften im Hoheitsbetrieb<br />

verwendet und mithin<br />

selbst hoheitlich werden. In seinem<br />

Urteil vom 10.11.2011 entschied <strong>der</strong><br />

BFH jedoch, dass auch hoheitliche<br />

Tätigkeiten umsatzsteuerlich relevant<br />

sind, wenn die erbrachte<br />

Leistung von ihrem Inhalt her in<br />

einem potenziellen Wettbewerbsverhältnis<br />

<strong>steht</strong> bzw. stehen kann.<br />

<strong>Die</strong>s betrifft ausdrücklich auch die<br />

sog. Beistandsleistungen, wie <strong>der</strong><br />

BFH in dem Urteil ausgeführt hat.<br />

Das Gericht beschäftigte sich in<br />

diesem und einen weiteren Urteil<br />

eingehend mit <strong>der</strong> „größeren Wettbewerbsverzerrung“.<br />

Hierzu wird<br />

ausgeführt, dass größere Wettbewerbsverzerrungen<br />

nur dann nicht<br />

<strong>vor</strong>liegen, wenn die Behandlung<br />

<strong>der</strong> Körperschaft des öffentlichen<br />

Rechts als Nicht-Steuerpflichtiger<br />

lediglich zu unbedeutenden Wettbewerbsverzerrungen<br />

führen<br />

würde. Demnach sei es nicht erfor<strong>der</strong>lich,<br />

dass „erhebliche“ o<strong>der</strong><br />

„außergewöhnliche“ Wettbewerbsverzerrungen<br />

festgestellt werden.<br />

Außerdem seien Gewinn- und Umsatzgrenzen<br />

in diesem Kontext unbeachtlich.<br />

Auch spielte es für die<br />

umsatzsteuerliche Würdigung keine<br />

Rolle, dass die Leistung tatsächlich<br />

zum gleichen Preis wie steuerpflichtige<br />

private Wettbewerber<br />

angeboten wird. Ein potenzieller<br />

Wettbewerb reiche demnach für die<br />

umsatzsteuerliche Qualifikation als<br />

unternehmerische Tätigkeit aus.<br />

In aller Deutlichkeit kritisiert <strong>der</strong><br />

BFH die oben näher beschriebenen<br />

Regelungen <strong>der</strong> Finanzverwaltung<br />

zu den Beistandsleistungen. Nach<br />

Auffassung des obersten Finanzgerichts<br />

liegen steuerlich relevante<br />

Beistandsleistungen immer dann<br />

<strong>vor</strong>, wenn <strong>der</strong> Gegenstand <strong>der</strong><br />

Amtshilfeleistung auch von privatrechtlichen<br />

Personen erbracht<br />

werden kann bzw. erbracht werden<br />

könnte. Im Urteilsfall ging es um die<br />

Errichtung und Vermietung einer<br />

Sporthalle, zum Teil zur Überlassung<br />

an eine an<strong>der</strong>e Körperschaft<br />

des öffentlichen Rechts für <strong>der</strong>en<br />

hoheitliche Zwecke. Hierbei sei – so<br />

<strong>der</strong> BFH – nicht auf die Verwendung<br />

durch die nutzende Körperschaft<br />

abzustellen, son<strong>der</strong>n auf den Gegenstand<br />

<strong>der</strong> Leistung direkt, nämlich<br />

die Vermietungstätigkeit. <strong>Die</strong>se<br />

könne auch von privatrechtlichen<br />

Personen erbracht werden.<br />

hergeht. Es ist jedoch festzustellen,<br />

dass die Finanzverwaltung auch<br />

diese Urteile – bis zum Abschluss<br />

<strong>der</strong> internen Klärung – nicht amtlich<br />

veröffentlicht. Faktisch werden<br />

die Fälle daher erst einmal weiterhin<br />

wie bisher beurteilt.<br />

Folgen für die Praxis?<br />

<strong>Die</strong> <strong>Umsatzsteuer</strong> <strong>steht</strong> <strong>vor</strong> <strong>der</strong><br />

verschlossenen <strong>Kirchenpforte</strong>. Ob<br />

die Finanzverwaltung – hier wohl<br />

in <strong>der</strong> Funktion des Küsters – die<br />

Pforte öffnen wird, ist noch nicht<br />

klar. Zumal die beschriebenen<br />

Urteile nicht nur für den Bereich<br />

<strong>der</strong> Kirche anzuwenden wären,<br />

son<strong>der</strong>n auch auf alle staatlichen<br />

Institutionen von Bund, Län<strong>der</strong>n,<br />

Städten und Gemeinden. Mithin<br />

richten sich die Urteile auch gegen<br />

die (Finanz-)Verwaltung selbst.<br />

Derartige Kritik an <strong>der</strong> Rechtsauffassung<br />

<strong>der</strong> Finanzverwaltung (sei<br />

es vom Bundesrechnungshof o<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Judikative) prallte in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

stets an <strong>der</strong> Finanzverwaltung<br />

ab. Sie wurde von Seiten<br />

<strong>der</strong> Finanzverwaltung zwar auf<br />

gesetzlichen Anpassungsbedarf<br />

überprüft, führte jedoch nie zu einer<br />

konkreten Handlung. Ob dieses<br />

deutsche Modell jedoch dauerhaft<br />

so weitergeführt werden kann ist<br />

zumindest heute mehr denn je<br />

fraglich, da Europa sich diesem<br />

Thema angenommen hat.<br />

Eine Expertengruppe hat mehrere<br />

Besteuerungsmodelle für die<br />

Umsatzbesteuerung von Körperschaften<br />

des öffentlichen Rechts<br />

entwickelt, die nun weiter diskutiert<br />

werden. Das Ergebnis soll<br />

mittelfristig in eine Än<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie<br />

münden, die<br />

dann auch Deutschland in nationales<br />

Recht umzusetzen hätte.<br />

Im Hinblick auf die in einzelnen<br />

Mitgliedsstaaten stark verbreitete<br />

Säkularisation sollte nicht davon<br />

ausgegangen werden, dass ein<br />

26 www.kviid.de


Vorschlag durchsetzungsfähig<br />

sein kann, <strong>der</strong> kirchlichen Einrichtungen<br />

gegenüber privaten<br />

Steuerpflichtigen Vorzugsrechte<br />

einräumt. Ein entsprechen<strong>der</strong> Vorschlag<br />

wird spätestens im Jahr 2015<br />

erwartet. Es zeigt sich in <strong>der</strong> Diskussion<br />

eine Tendenz dahin, dass<br />

Körperschaften des öffentlichen<br />

Rechts vollständig als umsatzsteuerliche<br />

Unternehmer erfasst werden<br />

könnten und (nur) über den<br />

Katalog <strong>der</strong> Steuerbefreiungen eine<br />

differenzierte Freistellung von <strong>der</strong><br />

<strong>Umsatzsteuer</strong> erfolgt.<br />

<strong>Umsatzsteuer</strong>befreiungen sind<br />

aktuell nur zulässig, wenn sie entwe<strong>der</strong><br />

in <strong>der</strong> EU Richtlinie benannt<br />

sind o<strong>der</strong> bereits <strong>vor</strong> <strong>der</strong>en Erlass<br />

in dem jeweiligen Mitgliedstaat<br />

galten. Beides ist für kirchliche<br />

Körperschaften nicht einschlägig.<br />

Es kann auch hier nicht davon<br />

ausgegangen werden, dass über<br />

einen neuen Befreiungstatbestand<br />

eine umsatzsteuerliche „Erleichterung“<br />

für die verfasste Kirche auf<br />

europäischer Ebene beschlussreife<br />

erlangt.<br />

Konsequenz: Kopf in den Sand<br />

o<strong>der</strong> <strong>vor</strong>ausschauend Fahrt aufnehmen?<br />

Deutsche Steuerpflichtige – unabhängig<br />

ob <strong>vor</strong> kirchlichem o<strong>der</strong><br />

privatem Hintergrund – zeichnen<br />

sich häufig durch eine beinahe allergische<br />

Reaktion auf das Thema<br />

Steuern aus. Dabei übersehen sie<br />

geflissentlich, dass durch eine gute<br />

rechtskonforme Einstellung zur<br />

<strong>Umsatzsteuer</strong> Kosten minimiert<br />

und – insbeson<strong>der</strong>e bei Investitionen<br />

– Liquidität geschont und<br />

Finanzierungs<strong>vor</strong>teile erreichbar<br />

sind, denn die Erhebung <strong>der</strong> <strong>Umsatzsteuer</strong><br />

geht mit <strong>der</strong> Gewährung<br />

des Vorsteuerabzuges für die dem<br />

Leistenden in Rechnung gestellte<br />

<strong>Umsatzsteuer</strong> einher.<br />

<strong>Die</strong> nunmehr schon als ständig zu<br />

bezeichnende Rechtsprechung des<br />

höchsten deutschen Finanzgerichts<br />

und seiner eindeutigen Auslegung<br />

<strong>der</strong> europäischen Mehrwertsteuer-<br />

richtlinie sollten keine panischen<br />

Reaktionen verursachen. Ebenso<br />

wenig ist ein bloßes Abwarten auf<br />

das mögliche Beibehalten des vermeintlich<br />

bequemen status quo<br />

angezeigt. Im Rahmen einer <strong>vor</strong>ausschauenden<br />

Positionierung sollten<br />

die bestehenden Aktivitäten auf<br />

umsatzsteuerlichen Relevanz hin<br />

überprüft werden. Mitunter können<br />

bereits organisatorischen Än<strong>der</strong>ungen<br />

zur Vermeidung <strong>der</strong> <strong>Umsatzsteuer</strong>belastung<br />

genügen. Teils<br />

kann <strong>der</strong> Vorsteuerabzug zu einer<br />

Verbesserung <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />

Situation führen – Chancen die bisher<br />

nicht genutzt wurden, nun aber<br />

greifbar sind und fast aufgezwungen<br />

werden. Unabhängig davon,<br />

aus welcher Richtung <strong>der</strong> umsatzsteuerliche<br />

Wind in den nächsten<br />

Jahren wehen wird: Wer sich frühzeitig<br />

darauf einrichtet und die internen<br />

Prozesse passend einstellt<br />

wird gut gerüstet dorthin segeln, wo<br />

er hin möchte und nicht dort landen,<br />

wohin ihn <strong>der</strong> Sturm getrieben hat.<br />

FINANZEN<br />

<strong>Die</strong> Vorteile aus <strong>der</strong> bisherigen<br />

nach <strong>der</strong> höchstrichterlichen Rechtsprechung<br />

schon dem Grunde nach<br />

europarechtswidrigen „globalen“<br />

Ausnahme von <strong>der</strong> Besteuerung –<br />

nämlich eben nicht im Einzelfall<br />

prüfen zu müssen, ob die erbrachte<br />

Leistung einer Befreiungsnorm<br />

zugeordnet werden kann – wären<br />

damit hinfällig.<br />

Durch diese Systematik würde<br />

mehr Raum für Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />

mit <strong>der</strong> Finanzverwaltung<br />

entstehen, insbeson<strong>der</strong>e <strong>vor</strong> dem<br />

Hintergrund, dass die Finanzverwaltung<br />

im Bereich <strong>der</strong> Steuerbefreiungen<br />

<strong>der</strong> Doktrin folgt, dass<br />

diese grundsätzlich „eng auszulegen“<br />

seien. Damit würde ein nicht<br />

unerheblicher Mehraufwand für<br />

die Kirche eintreten und das auch<br />

in einem Bereich, <strong>der</strong> bislang nur<br />

wenig Relevanz hatte.<br />

Uwe Lezius ist Wirtschaftsprüfer, Steuerberater,<br />

Rechtsanwalt <strong>der</strong> <strong>CURACON</strong><br />

<strong>GmbH</strong> Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.<br />

Als Leiter des Ressorts öffentliche<br />

Unternehmen und Verwaltungen<br />

hat er umfangreiche Erfahrung in<br />

<strong>der</strong> Umstellung von kameralen Rechnungslegungen<br />

auf die doppelte Buchführung<br />

bei Kommunen, Kammern<br />

und Organisationen<br />

Christoph Beine ist Steuerberater und<br />

Partner <strong>der</strong> <strong>CURACON</strong> <strong>GmbH</strong> Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.<br />

Aus seiner<br />

Gesamtverantwortung für die Steuerberatung<br />

Öffentlicher Unternehmen,<br />

Verwaltungen und Kirchen verfügt er<br />

über ein breites Spektrum an ganzheitlicher<br />

Beratungspraxis.<br />

KVI ID | 02-2013<br />

27

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