30.12.2013 Aufrufe

Rückstellungen für Sanierungsgeld als bilanzpolitisches Instrument ...

Rückstellungen für Sanierungsgeld als bilanzpolitisches Instrument ...

Rückstellungen für Sanierungsgeld als bilanzpolitisches Instrument ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

FACHBEITRÄGE<br />

FACHBEITRÄGE<br />

<strong>Rückstellungen</strong> <strong>für</strong> <strong>Sanierungsgeld</strong> <strong>als</strong> <strong>bilanzpolitisches</strong><br />

<strong>Instrument</strong> am Beispiel der KZVK Dortmund<br />

Im September 2008 hat der Verwaltungsrat der KZVK Dortmund (Kirchliche Zusatzversorgungskasse) beschlossen,<br />

<strong>für</strong> den Abrechnungsverband S ein sogenanntes <strong>Sanierungsgeld</strong> zu erheben. Das <strong>Sanierungsgeld</strong> wird von der Kasse<br />

nach Abschluss der Jahresabrechnung <strong>für</strong> das vorangegangene Kalenderjahr, erstmalig im Jahr 2010 auf Basis der<br />

Berechnungsgrundlage 2009, erhoben. Fraglich war <strong>für</strong> viele betroffene Unternehmen, inwieweit dieser Sachverhalt<br />

im Rahmen der Rückstellungsbildung in den Jahresabschlüssen zum 31. Dezember 2010 und der nachfolgenden<br />

Jahre zu berücksichtigen ist.<br />

SANIERUNGSGELD · BILANZPOLITIK · PENSIONSRÜCKSTELLUNG · SUBSIDIÄRHAFTUNG<br />

Ansatz der Rückstellung <strong>für</strong> <strong>Sanierungsgeld</strong>er der<br />

KZVK<br />

Bei den nachfolgenden Überlegungen ist zwischen der konkreten<br />

Zahlung des <strong>Sanierungsgeld</strong>es <strong>für</strong> das laufende Jahr, welches<br />

auf Basis der Datengrundlage des aktuellen Jahres im<br />

Folgejahr erhoben wird (Fall a), und einer Inanspruchnahme<br />

<strong>für</strong> Unterdeckungen aus mittelbaren Pensionsverpflichtungen,<br />

d. h. der möglichen Summe aller künftigen <strong>Sanierungsgeld</strong>zahlungen<br />

(Fall b), zu unterscheiden.<br />

Fall a) Rückstellung <strong>für</strong> ungewisse Verbindlichkeiten nach<br />

§ 249 Abs. 1 HGB<br />

<strong>Rückstellungen</strong> sind nach § 249 Abs. 1 HGB <strong>für</strong> ungewisse<br />

Verbindlichkeiten und <strong>für</strong> drohende Verluste aus schwebenden<br />

Geschäften zu bilden. Eine Rückstellung <strong>für</strong> ungewisse Verbindlichkeiten<br />

ist zu bilden, wenn eine sicher be- oder entstehende<br />

Verpflichtung gegenüber einem anderen am Bilanzstichtag<br />

rechtlich oder wirtschaftlich verursacht war und mit einer Inanspruchnahme<br />

ernsthaft zu rechnen ist.<br />

Prüft man diese o. a. Kriterien <strong>für</strong> den Fall der Erhebung des<br />

<strong>Sanierungsgeld</strong>es der KZVK im Einzelnen ab, kommt man zu<br />

folgenden Ergebnissen:<br />

· „<strong>für</strong> sicher oder wahrscheinlich be- oder entstehende Verpflichtung<br />

gegenüber einem Dritten (Außenverpflichtung)“:<br />

Für das <strong>Sanierungsgeld</strong> des Jahres 2011, das auf Basis der<br />

beitragspflichtigen Löhne und Gehälter 2010 berechnet wird,<br />

besteht zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2010 eine sichere<br />

Verpflichtung gegenüber einem Dritten (der KZVK).<br />

· „die rechtlich oder wirtschaftlich verursacht sind“: Fallen diese<br />

Zeitpunkte auseinander, ist bilanzrechtlich der frühere entscheidend.<br />

Die rechtliche Verursachung bzw. die rechtliche<br />

Grundlage liegt im Fall der Rückstellung <strong>für</strong> <strong>Sanierungsgeld</strong> in<br />

der Satzung der KZVK. Dort wird in § 63 die Erhebung eines<br />

<strong>Sanierungsgeld</strong>es rechtlich geregelt. Da die rechtliche Verursachung<br />

bereits bejaht werden kann, ist die wirtschaftliche<br />

Verursachung nur sekundär zu betrachten.<br />

· „sofern mit der tatsächlichen Inanspruchnahme ernsthaft zu<br />

rechnen ist“: Bedingung <strong>für</strong> den Ansatz einer Rückstellung ist,<br />

dass der Kaufmann mit der Inanspruchnahme aus der Verpflichtung<br />

ernsthaft zu rechnen hat. Dies ist im vorliegenden<br />

Fall durch die Mitteilungen der KZVK im Jahr 2010 <strong>für</strong> die Erhebung<br />

des <strong>Sanierungsgeld</strong>es im Jahr 2011 unmissverständlich<br />

zum Ausdruck gebracht worden.<br />

Zwischenfazit: <strong>Sanierungsgeld</strong>er der KZVK, die im Jahr 2011<br />

auf Grund der Berechnungsgrundlage 2010 erhoben werden,<br />

sind <strong>als</strong> Rückstellung <strong>für</strong> ungewisse Verbindlichkeiten in der Bilanz<br />

zum 31. Dezember 2010 anzusetzen. Gleiches gilt <strong>für</strong><br />

nachfolgende Jahre.<br />

Fall b) Ausübung des Passivierungswahlrechts <strong>für</strong> Unterdeckungen<br />

aus mittelbaren Pensionsverpflichtungen<br />

nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 EGHGB<br />

Ein Passivierungswahlrecht besteht <strong>für</strong> Unterdeckungen aus mittelbaren<br />

Pensionsverpflichtungen. Sofern das Vermögen der<br />

Versorgungseinrichtung zur Erfüllung der Pensionsverpflichtungen<br />

nicht ausreicht, hat der begünstigte Arbeitnehmer einen<br />

unmittelbaren Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber, der die<br />

Zusage erteilt hat (Subsidiärhaftung nach § 1 Abs. 1 Satz 3<br />

BetrAVG – Betriebsrentengesetz). Für diese gesetzliche Eintrittspflicht<br />

kann das Unternehmen gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 2<br />

EGHGB (Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch) eine<br />

Rückstellung bilden, muss dies aber nicht. Das <strong>Sanierungsgeld</strong><br />

bei der KZVK wird gezahlt, um die vorhandene Deckungslücke<br />

zu schließen. Es stellt <strong>als</strong>o eine Inanspruchnahme aus der Subsidiärhaftung<br />

<strong>für</strong> die Beteiligten dar.<br />

Mit dem durch das BilMoG eingeführten Grundsatz der Ansatzstetigkeit<br />

(§ 246 Abs. 3 Satz 1 HGB) wird u. a. die Ausübung<br />

der Ansatzwahlrechte nach Art. 28 Abs. 1 EGHGB eingeschränkt.<br />

Dies bedeutet, dass Verpflichtungen aus derartigen<br />

Zusagen <strong>für</strong> alle vergleichbaren Einzelfälle (gleichartige Versorgungszusagen<br />

innerhalb einer Periode und im Zeitablauf<br />

hinsichtlich des Ansatzes) gleich zu behandeln sind (sachliche<br />

und zeitliche Ansatzstetigkeit).<br />

Hat der Bilanzierende in vorhergehenden Geschäftsjahren keine<br />

mittelbaren Zusagen passiviert, darf er an dieser Handhabung<br />

festhalten. Entscheidet er sich indes <strong>für</strong> eine Passivierung,<br />

so ist diese Durchbrechung des Grundsatzes der Ansatzstetigkeit<br />

gemäß § 246 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 252 Abs. 2 HGB<br />

zulässig, da sie zu einer verbesserten Vermittlung eines den<br />

tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermö-<br />

6<br />

02<br />

12


FACHBEITRÄGE<br />

FACHBEITRÄGE<br />

gens- und Ertragslage des Bilanzierenden beiträgt. Der Bilanzierende<br />

ist allerdings an die Entscheidung <strong>für</strong> die folgenden<br />

Jahre gebunden. Der Bilanzierende kann bei der Passivierung<br />

von <strong>Rückstellungen</strong> <strong>für</strong> Verpflichtungen aus verschiedenartigen<br />

Altzusagen bzw. mit telbaren Altersversorgungszusagen unterschiedlich<br />

vor gehen. Beispielsweise ist eine Differenzierung zulässig<br />

hinsichtlich<br />

· des Status der Versorgungsberechtigten zwischen Rentnern<br />

und Anwärtern/Aktiven;<br />

· der Finanzierung zwischen arbeitgeber- und arbeitnehmerfinanzierten<br />

Zusagen;<br />

· des lokalen Tätigkeitsschwerpunkts der Versorgungsberechtigten<br />

zwischen in- und ausländischen Betriebsstätten hinsichtlich<br />

des inhaltlichen Tätigkeitsfeldes (z. B. nur Verwaltungsmitarbeiter<br />

oder nur Mitarbeiter des Pflegedienstes) oder nach der<br />

Art des Durchführungswegs mittelbarer Zusagen.<br />

Ein Verstoß gegen den Grundsatz der sachlichen Ansatzstetigkeit<br />

ist insoweit nicht gegeben.<br />

Wird im Jahr der Erstanwendung des BilMoG oder in späteren<br />

Jahren in Ausübung der Wahlrechte nach Art. 28 Abs. 1<br />

EGHGB eine Verpflichtung passiviert, muss auch <strong>für</strong> alle anderen<br />

gleichartigen Versorgungszusagen eine entsprechende<br />

Risikovor sorge getroffen werden.<br />

Bewertung der Rückstellung <strong>für</strong> <strong>Sanierungsgeld</strong>er<br />

der KZVK Dortmund<br />

Fall a) Rückstellung <strong>für</strong> ungewisse Verbindlichkeiten nach<br />

§ 249 Abs. 1 HGB<br />

Das <strong>Sanierungsgeld</strong> <strong>für</strong> das Jahr 2011, das auf Basis der Berechnungsgrundlage<br />

2010 erhoben wird, ist <strong>als</strong> Rückstellung <strong>für</strong><br />

ungewisse Verbindlichkeiten nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB in<br />

der Bilanz anzusetzen. Die konkrete Erhebung und die Höhe<br />

des <strong>Sanierungsgeld</strong>es im Jahr 2011 wurden den Mitgliedern im<br />

Rundschreiben 01/2010 angekündigt. Der Sachverhalt ist so<br />

weit konkretisiert, dass es sich um eine Rückstellung <strong>für</strong> ausstehende<br />

Rechnungen handelt. Die Bewertung erfolgt in Höhe des<br />

nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrags<br />

(§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB). Hierbei handelt es<br />

sich um einen Betrag in Höhe von 2 % der beitragspflichtigen<br />

Löhne und Gehälter. Dieser Betrag kann anhand dieser Anhaltspunkte<br />

der Höhe nach exakt bewertet werden.<br />

Fall b) Ausübung des Passivierungswahlrechts <strong>für</strong> Unter<br />

deckungen aus mittelbaren Pensionsverpflichtungen<br />

nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 EGHGB<br />

Auf Grund von Umlageverfahren oder wegen der begrenzten<br />

steuerwirksamen Dotierungsmöglichkeiten sind die Versorgungsverpflichtungen<br />

bei Versorgungseinrichtungen vielfach nicht<br />

durch deren Vermögen vollständig gedeckt. Ein solcher Fehlbetrag<br />

nach Art. 28 Abs. 2 bzw. Art. 48 Abs. 6 EGHGB ergibt<br />

sich aus der Differenz zwischen dem Erfüllungsbetrag der Versorgungsverpflichtungen<br />

beim Bilanzierenden und dem beizulegenden<br />

Zeitwert des Vermögens der Versorgungseinrichtung.<br />

Bei der Ermittlung des Erfüllungsbetrags gemäß § 253 Abs. 1<br />

Satz 2 Abs. 2 HGB darf auch das von der Versorgungseinrichtung<br />

angewandte versicherungsmathematische Berechnungsverfahren<br />

verwendet werden.<br />

Die Bewertung der Rückstellung <strong>für</strong> mittelbare Pensionsverpflichtungen<br />

erfolgt in Höhe des Betrags der Unterdeckung der<br />

KZVK, der auf das Unternehmen entfällt. Dieser stellt den potenziellen<br />

Betrag dar, auf den die Subsidiärhaftung des Unternehmens<br />

beschränkt ist. Dieser Betrag kann gegebenenfalls im<br />

Einzelfall durch Nachfragen der beteiligten Unternehmen bei<br />

der KZVK bestimmt werden. Sollte die genaue Bestimmung des<br />

Betrags der Unterdeckung im Einzelfall nicht möglich sein, kann<br />

die Unterdeckung unter Heranziehung der Argumentation der<br />

KZVK aus dem Rundschreiben 01/2010 hilfsweise ermittelt<br />

werden. In diesem Rundschreiben wurde angekündigt, dass<br />

das <strong>Sanierungsgeld</strong>, welches erhoben wird, um den versicherungstechnischen<br />

Fehlbetrag im Abrechnungsverband S auszugleichen,<br />

ab dem Jahr 2011 2 % der Bemessungsgrundlage<br />

beträgt und es voraussichtlich über einen Zeitraum von 15 bis<br />

20 Jahren erhoben werden wird. Diese Berechnung stellt dann<br />

hilfsweise den notwendigen Erfüllungsbetrag der mittelbaren<br />

Pensionsverpflichtung dar.<br />

Nach § 253 Abs. 2 Satz 1 HGB muss diese langfristige Rückstellung<br />

zusätzlich zur Bewertung mit dem notwendigen Erfüllungsbetrag<br />

auch mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden<br />

durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen sieben Jahre<br />

abgezinst werden. Da es sich um eine Altersversorgungsverpflichtung<br />

oder vergleichbare langfristig fällige Verpflichtung<br />

handelt, darf diese nach § 253 Abs. 2 Satz 2 HGB pauschal<br />

mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz abgezinst werden,<br />

der sich bei einer angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren<br />

ergibt.<br />

Die Zahlung von <strong>Sanierungsgeld</strong> stellt in diesem Fall der KZVK<br />

eine Inanspruchnahme aus der Subsidiärhaftung dar und ist<br />

aus diesem Grund dann <strong>als</strong> Verbrauch der mittelbaren Pensionsrückstellung<br />

zu buchen.<br />

FAZIT<br />

<strong>Sanierungsgeld</strong>er der KZVK, die im Folgejahr auf Grund<br />

der Berechnungsgrundlage des aktuellen Jahres erhoben<br />

werden, sind <strong>als</strong> Rückstellung <strong>für</strong> ungewisse Verbindlichkeiten<br />

in der Bilanz des aktuellen Jahres anzusetzen. Ein<br />

Betrag, der auf <strong>Sanierungsgeld</strong>zahlungen künftiger Jahre<br />

voraussichtlich entfallen wird, kann nach bestimmten Kriterien<br />

in Ausübung des Passivierungswahlrechts <strong>für</strong> Unterdeckungen<br />

aus mittelbaren Pensionsverpflichtungen nach<br />

Art. 28 Abs. 1 Satz 2 EGHGB ebenfalls <strong>als</strong> Rückstellung<br />

in der Bilanz angesetzt werden. Inwieweit die Beurteilung<br />

dieses Sachverhalts auch auf Beteiligte anderer Zusatzversorgungskassen<br />

<strong>als</strong> der KZVK zutrifft, ist im Einzelfall<br />

zu prüfen.<br />

Alexandra Gabriel<br />

Wirtschaftsprüferin/<br />

Steuerberaterin<br />

CURACON GmbH<br />

Leiterin Grundsatzabteilung<br />

Tel. 02 11/68 87 59-39<br />

alexandra.gabriel@curacon.de<br />

Christian Dreyer<br />

Wirtschaftsprüfer/<br />

Steuerberater<br />

CURACON GmbH<br />

Geschäftsführender Partner<br />

Tel. 0 43 31/12 94-16<br />

christian.dreyer@curacon.de<br />

02<br />

12<br />

7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!