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Als Jurist in der Mongolei und in China - Bayerische ...

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<strong>Bayerische</strong>n Verwaltungsschule e.V.<br />

Fre<strong>und</strong>e <strong>der</strong> BVS LogoVektor.<strong>in</strong>dd 1 30.06.10 12:23<br />

Jürgen Harbich<br />

<strong>Als</strong> <strong>Jurist</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a


Schriften <strong>der</strong> Fre<strong>und</strong>e <strong>der</strong> <strong>Bayerische</strong>n Verwaltungsschule e.V.<br />

Bisher erschienen:<br />

Heft 1: Teach<strong>in</strong>g by Benedikt, Anselm Bilgri, 2004<br />

Heft 2: Wandel <strong>und</strong> Identität <strong>der</strong> <strong>Bayerische</strong>n Verwaltungsschule,<br />

Jürgen Harbich, 2005<br />

Heft 3: <strong>Als</strong> <strong>Jurist</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong> <strong>und</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a, Jürgen Harbich, 2011<br />

Impressum<br />

Jürgen Harbich<br />

<strong>Als</strong> <strong>Jurist</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a<br />

Heft 3 - <strong>Als</strong> <strong>Jurist</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong> <strong>und</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a, 2011<br />

Herausgeber:<br />

Vere<strong>in</strong> <strong>der</strong> Fre<strong>und</strong>e <strong>der</strong> <strong>Bayerische</strong>n Verwaltungsschule e.V.<br />

Meisenstraße 3, 82256 Fürstenfeldbruck<br />

Redaktion: Dr. Frank Höfer<br />

Konzept <strong>und</strong> Satz: Michael Bauer, m-images<br />

Bezug: www.bvs.de/vere<strong>in</strong><strong>der</strong>fre<strong>und</strong>e<br />

Abdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Herausgebers


Vortrag <strong>in</strong> Holzhausen am Ammersee am 5. November 2010*<br />

<strong>Als</strong> <strong>Jurist</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a<br />

schlimme Vorurteile zu erdulden – <strong>in</strong> früheren Zeiten ebenso<br />

wie heute. Immerh<strong>in</strong> bezeichnete vor kurzem die Süddeutsche<br />

Zeitung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em lichten Moment den <strong>Jurist</strong>en als e<strong>in</strong> nützliches<br />

Glied <strong>der</strong> Gesellschaft.<br />

Im Ausland jedenfalls genießt e<strong>in</strong> deutscher Vertreter <strong>der</strong> juristischen<br />

Zunft e<strong>in</strong> erfreulich gutes Ansehen. Das habe ich erlebt<br />

bei vielen „juristischen Aufenthalten“ <strong>in</strong> Afrika, <strong>in</strong> Südamerika,<br />

<strong>in</strong> den ehemals sozialistischen Län<strong>der</strong>n Mittel- <strong>und</strong> Osteuropas,<br />

also <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tschechischen Republik, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Slowakei, <strong>in</strong> Slowenien,<br />

Kroatien, <strong>in</strong> Ungarn, Polen, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ukra<strong>in</strong>e, auch <strong>in</strong> Rußland e<strong>in</strong>schließlich<br />

Sibirien, <strong>in</strong> Mittelasien, d. h. <strong>in</strong> Usbekistan <strong>und</strong> Kirgisien, <strong>und</strong><br />

beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong> <strong>und</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a.<br />

Der nun folgende Bericht ist ke<strong>in</strong> touristischer; er ist e<strong>in</strong> Arbeits<strong>und</strong><br />

Erlebnisbericht <strong>und</strong> me<strong>in</strong>en Aufgaben entsprechend juristisch<br />

e<strong>in</strong>gefärbt. Da kann es auch e<strong>in</strong>mal zu e<strong>in</strong>er politischen Aussage<br />

kommen. Ich bitte Sie jedoch, diese nicht parteipolitisch zu<br />

werten.<br />

Me<strong>in</strong>e sehr verehrten Damen <strong>und</strong> Herren!<br />

Der Referent für den heutigen Abend ist <strong>Jurist</strong>. Derselbe hat<br />

angesichts kritischer Zuhörer e<strong>in</strong>e diffizile Aufgabe, an die er furchtsam<br />

<strong>und</strong> schüchtern herangeht. Denn <strong>Jurist</strong>en haben hier zu Lande<br />

In die meisten Län<strong>der</strong> hat mich die Hanns-Seidel-Stiftung<br />

geschickt. Diese Stiftung erhält wie die an<strong>der</strong>en politischen Stiftungen<br />

auch die f<strong>in</strong>anziellen Mittel für die Auslandsarbeit aus dem B<strong>und</strong>eshaushalt;<br />

daher wird die Auslandsarbeit <strong>der</strong> Stiftungen mit dem<br />

B<strong>und</strong>esm<strong>in</strong>isterium für wirtschaftliche Zusammenarbeit <strong>und</strong><br />

Entwicklung (BMZ) abgestimmt.<br />

Ich berichte über me<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>drücke <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a (Teil 1) <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Mongolei</strong> (Teil 2).<br />

* Zum gleichen Thema sprach Jürgen Harbich auch <strong>in</strong> den Volkshochschulen Feldkirchen-Westerham<br />

<strong>und</strong> Bad Aibl<strong>in</strong>g


Teil I<br />

Ch<strong>in</strong>a<br />

Im Auftrag des bayerischen Kultusm<strong>in</strong>isteriums <strong>und</strong> <strong>der</strong> Hanns-<br />

Seidel-Stiftung war ich das erste Mal 1994 <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a, <strong>und</strong> zwar <strong>in</strong><br />

J<strong>in</strong>an, <strong>der</strong> Hauptstadt <strong>der</strong> Prov<strong>in</strong>z Shandong; die Prov<strong>in</strong>z Shandong<br />

ist Partner<strong>in</strong> des Freistaates Bayern, liegt an <strong>der</strong> Ostküste Ch<strong>in</strong>as<br />

<strong>und</strong> hat heute etwa 95 Mill. E<strong>in</strong>wohner; sie ist die Prov<strong>in</strong>z, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Konfuzius geboren (551 – 479 v. Chr.) ist, <strong>der</strong> <strong>in</strong> neuerer Zeit <strong>in</strong><br />

Ch<strong>in</strong>a wie<strong>der</strong> großes Ansehen genießt.<br />

Mir war damals die Aufgabe gestellt, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em 40-stündigen<br />

Wochensem<strong>in</strong>ar mit Professoren <strong>und</strong> Direktoren von Personalämtern<br />

<strong>der</strong> Prov<strong>in</strong>z über Pr<strong>in</strong>zipien des deutschen Verfassungs- <strong>und</strong><br />

Verwaltungsrechts zu referieren. Auf ausdrücklichen Vorschlag<br />

<strong>der</strong> Ch<strong>in</strong>esen hatte ich auch über Gr<strong>und</strong>rechte, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die<br />

Me<strong>in</strong>ungsfreiheit <strong>und</strong> das Demonstrationsrecht, das Mehrparteiensystem<br />

<strong>und</strong> die Aufgaben des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts zu<br />

sprechen. Alle Sem<strong>in</strong>arteilnehmer – übrigens sehr diszipl<strong>in</strong>iert,<br />

diskussionsfreudig <strong>und</strong> auch humorbegabt – waren Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Partei; doch e<strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>ese, den ich seit langem kenne, versicherte<br />

mir vor Beg<strong>in</strong>n des Sem<strong>in</strong>ars, daß ich absolute Redefreiheit habe;<br />

<strong>und</strong> das war dann auch so. Die Atmosphäre war herzlich <strong>und</strong> heiter.<br />

Aber me<strong>in</strong>er Bitte, auch mit Studenten zusammenzukommen, ist<br />

die Hochschule ausgewichen: Das sei organisatorisch nicht möglich;<br />

die Studenten unterzögen sich gerade verschiedenen Prüfungen<br />

usw. Mit an<strong>der</strong>en Worten: Man wollte nicht. Das konnte ich<br />

damals aus ch<strong>in</strong>esischer Sicht verstehen, weil die ch<strong>in</strong>esischen<br />

Studenten ihr Fragerecht recht frei auszuüben pflegen.<br />

E<strong>in</strong>ige Jahre später...<br />

E<strong>in</strong>ige Jahre später (2002, 2003, 2007, 2010) war die Situation <strong>in</strong><br />

J<strong>in</strong>an <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Städten e<strong>in</strong>e völlig an<strong>der</strong>e. Nun organisierten<br />

die ch<strong>in</strong>esischen Gastgeber, – kurzfristig auf me<strong>in</strong>e Bitte – Vorlesungen<br />

auch für Studenten – zu e<strong>in</strong>em Thema me<strong>in</strong>er Wahl.<br />

Professor Dr. Dr. h. c. He<strong>in</strong>rich Scholler, Universität München, <strong>und</strong><br />

ich sprachen vor e<strong>in</strong>igen Jahren <strong>in</strong> Q<strong>in</strong>gdao vor Studenten <strong>und</strong><br />

Professoren <strong>der</strong> juristischen <strong>und</strong> germanistischen Fakultät über den<br />

demokratischen Rechtsstaat <strong>und</strong> dabei natürlich auch über Gr<strong>und</strong>rechte.<br />

Die Studenten diskutierten lebhaft, frei, ohne jede Scheu <strong>und</strong><br />

stellten ihre Fragen z. T. <strong>in</strong> gutem Deutsch. E<strong>in</strong>e Student<strong>in</strong> konfrontierte<br />

uns zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Diskussion mit <strong>der</strong> Frage: „Was sollen wir<br />

Ch<strong>in</strong>esen zur Verbesserung unserer Menschenrechtssituation tun?“<br />

In e<strong>in</strong>em anschließenden Vier-Augen-Gespräch mit e<strong>in</strong>em uns<br />

wohlbekannten Germanistikprofessor me<strong>in</strong>te ich, daß wir Deutschen<br />

die freie Diskussion schon erstaunlich f<strong>in</strong>den. Der Germanist<br />

sagte, die Kommunistische Partei Ch<strong>in</strong>as habe <strong>in</strong> den letzten<br />

Jahren e<strong>in</strong>gesehen, daß sie das Geschehen an den Universitäten<br />

nicht mehr so wie früher kontrollieren könne. Das entspricht, wie<br />

ich da <strong>und</strong> dort - zuletzt vor wenigen Wochen – feststellen konnte,<br />

offensichtlich den Tatsachen.<br />

<strong>Als</strong> ich im Jahr 2007 an e<strong>in</strong>er ch<strong>in</strong>esischen Universität durch die<br />

Gänge g<strong>in</strong>g, entdeckte ich an den Wänden viele Tafeln, auf denen<br />

europäische Staats- <strong>und</strong> Rechtsphilosophen abgebildet s<strong>in</strong>d <strong>und</strong><br />

dazu e<strong>in</strong>ige Kernsätze ihrer philosophischen Ideen. Auf <strong>der</strong> Tafel<br />

für Charles de Montesquieu (1689 – 1755) war s<strong>in</strong>ngemäß zu<br />

lesen: „Wer Macht hat, neigt dazu, se<strong>in</strong>e Macht zu mißbrauchen. Die<br />

Gewaltenteilung ist Bed<strong>in</strong>gung für die Freiheit <strong>der</strong> Menschen.<br />

Daher darf die Macht im Staat nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Hand konzentriert se<strong>in</strong>.<br />

Wo das <strong>der</strong> Fall ist, leidet die Freiheit <strong>der</strong> Bürger.“


Im März 2010...<br />

Im März 2010 war e<strong>in</strong>e Delegation aus <strong>der</strong> Prov<strong>in</strong>z Guangdong <strong>in</strong><br />

München: E<strong>in</strong> ch<strong>in</strong>esischer Professor sprach davon, daß Ch<strong>in</strong>a e<strong>in</strong><br />

starker Staat sei, aber schwache Bürger habe. Und er fragte: Was<br />

sei zu tun, wenn man das än<strong>der</strong>n will?<br />

Nach me<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>druck ist die ch<strong>in</strong>esische Elite sensibilisiert<br />

genug, um das heutige Ch<strong>in</strong>a <strong>und</strong> dessen Probleme realistisch zu<br />

sehen. Das wurde auch deutlich bei e<strong>in</strong>er Veranstaltung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

kle<strong>in</strong>en Kreis mit e<strong>in</strong>em hochrangigen Vertreter <strong>der</strong> Parteihochschule<br />

Pek<strong>in</strong>g <strong>in</strong> München im Juli 2010. Überraschend war, daß<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Diskussion zwei ch<strong>in</strong>esische Stipendiaten den Pek<strong>in</strong>ger<br />

Professor wegen <strong>in</strong>konsequenter Korruptionsbekämpfung durch<br />

die Parteiführung hart angriffen. Der so Attackierte antwortete<br />

erstaunlich ruhig <strong>und</strong> höflich.<br />

Ch<strong>in</strong>esische Professoren scherzen, äußern<br />

sich frei <strong>und</strong> kritisch<br />

Ich er<strong>in</strong>nere mich an e<strong>in</strong> Gespräch an <strong>der</strong> Universität Pek<strong>in</strong>g, an<br />

dem fünf ch<strong>in</strong>esische Professoren <strong>und</strong> zwei deutsche <strong>Jurist</strong>en teilnahmen.<br />

Alle sprachen deutsch. E<strong>in</strong> ch<strong>in</strong>esischer Professor, <strong>der</strong><br />

mehrere Jahre <strong>in</strong> Deutschland studiert hatte <strong>und</strong> uns wohlbekannt<br />

ist, fragte uns, ob wir davon erfahren haben, daß die Satzung <strong>der</strong><br />

Partei Ch<strong>in</strong>as geän<strong>der</strong>t wurde, so daß jetzt auch Kapitalisten <strong>in</strong> die<br />

Partei aufgenommen werden können. „Natürlich wissen wir das“,<br />

sagten wir <strong>und</strong> fragten, ob nun <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat Kapitalisten <strong>in</strong> die Partei<br />

aufgenommen würden. „Wir glauben“, sagten unsere Gesprächspartner,<br />

„daß die Satzung wegen <strong>der</strong> Führungskräfte <strong>der</strong> Partei<br />

geän<strong>der</strong>t werden mußte“; <strong>und</strong> alle am Tisch lachten verständnisvoll.<br />

Und wenn man mit Professoren <strong>und</strong> Studenten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kant<strong>in</strong>e<br />

das Essen e<strong>in</strong>nimmt, kann man Zeuge se<strong>in</strong>, daß sich e<strong>in</strong> Professor<br />

ironisch über die Partei äußert. Alle lachen; weiter passiert nichts.<br />

Gerade auch <strong>in</strong> letzter Zeit äußern sich ch<strong>in</strong>esische Universitäts-<br />

Professoren <strong>in</strong> deutschen Tageszeitungen frei <strong>und</strong> kritisch über die<br />

Politik <strong>der</strong> Partei. <strong>Als</strong> Leser juristischer Bücher, die <strong>in</strong> Deutschland<br />

ersche<strong>in</strong>en, kann man feststellen, daß ch<strong>in</strong>esische Professoren<br />

Pr<strong>in</strong>zipien ihres Rechtssystems unter freiheitlichen Aspekten ganz<br />

offen kritisieren <strong>und</strong> ihrem Land, z. B. für die Freiheit <strong>der</strong> Lehre,<br />

e<strong>in</strong>e Übernahme deutscher Pr<strong>in</strong>zipien empfehlen. In München<br />

war ich Zeuge e<strong>in</strong>es Gesprächs, das stattfand zwischen hochrangigen<br />

bayerischen Politikern <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er ch<strong>in</strong>esischen Professoren-<br />

Delegation, die unter <strong>der</strong> Leitung des Vizepräsidenten <strong>der</strong> Parteihochschule<br />

Pek<strong>in</strong>gs Bayern bereiste, um sich mit Pr<strong>in</strong>zipien des<br />

Rechtsstaates, mit Fragen <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>rechte, <strong>der</strong> Marktwirtschaft<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Stellung <strong>der</strong> Frau <strong>in</strong> Staat <strong>und</strong> Gesellschaft vertraut zu<br />

machen. Immer wie<strong>der</strong> sprach <strong>der</strong> Vizepräsident davon, daß sich<br />

die Welt verän<strong>der</strong>e <strong>und</strong> daß Ch<strong>in</strong>a auf neue Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

neue Antworten f<strong>in</strong>den müsse; daher studieren sie die Verhältnisse<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> westlichen Welt. <strong>Als</strong> wir fragten, was man sich unter<br />

„neuen Antworten“ konkret vorstellen solle, me<strong>in</strong>te <strong>der</strong> Vizepräsident,<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Parteiführung werde z. B. darüber gesprochen, ob man<br />

die Me<strong>in</strong>ungsfreiheit <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Partei freigeben solle. - Und<br />

<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>em Kreis hört man immer wie<strong>der</strong>, Ch<strong>in</strong>a wolle nicht das<br />

erleben, was <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sowjetunion geschehen ist.<br />

Bei e<strong>in</strong>er Vortragsveranstaltung <strong>in</strong> München im Juli 2010 gab es<br />

Gelegenheit, e<strong>in</strong>en Professor <strong>der</strong> Parteihochschule zu fragen, wie<br />

es heute mit <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ungsfreiheit <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Partei stehe.<br />

Selbstverständlich gebe es diese, erklärte er, doch müsse je<strong>der</strong> für<br />

se<strong>in</strong>e Me<strong>in</strong>ungsäußerung auch die Verantwortung übernehmen.<br />

Ich persönlich b<strong>in</strong> überzeugt, daß die Ch<strong>in</strong>esen den mit <strong>der</strong> deutschen<br />

B<strong>und</strong>esregierung vere<strong>in</strong>barten „Dialog über Rechtsstaat <strong>und</strong> Demokratie“<br />

ernst nehmen - nicht, weil die Parteiführung Ch<strong>in</strong>as morgen<br />

e<strong>in</strong>en demokratischen Rechtsstaat <strong>in</strong>stallieren will, son<strong>der</strong>n weil die<br />

Ch<strong>in</strong>esen wissen wollen, wie e<strong>in</strong> demokratischer Rechtsstaat funk-


tioniert; sie wollen vorbereitet se<strong>in</strong>, was morgen kommen könne.<br />

Aber nach wie vor gilt: Das E<strong>in</strong>parteiensystem ist unantastbar!<br />

Und deswegen ist die öffentliche Me<strong>in</strong>ungsäußerung über mangelnde<br />

Redefreiheit für die ch<strong>in</strong>esische Führung so ärgerlich! Ich<br />

er<strong>in</strong>nere nur an die Reaktion <strong>der</strong> Partei auf die Verleihung des Friedensnobelpreises<br />

an den ch<strong>in</strong>esischen Dissidenten Liu Xiaobo.<br />

Wie auch immer: E<strong>in</strong>iges ist im Gange; doch für Euphorie besteht<br />

sicher noch ke<strong>in</strong> Anlaß. Denn politische Dissidenten werden – wie<br />

wir alle wissen – nach wie vor mit Macht unterdrückt.<br />

Die Menschenrechte<br />

Wenn deutsche Politiker nach Ch<strong>in</strong>a reisen, erwartet unsere Presse,<br />

daß die Deutschen nicht nur große Geschäfte abschließen,<br />

son<strong>der</strong>n auch die Menschenrechte ansprechen. Das haben viele<br />

Regierungsmitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> verschiedenen Koalitionen getan, was <strong>in</strong><br />

deutschen Medien als erfreulich <strong>und</strong> mutig gewürdigt wird. Doch<br />

wenn man als deutscher Zeitgenosse genau liest bzw. zuhört,<br />

stellt man fest, daß diese Äußerungen regelmäßig <strong>in</strong> Universitäten<br />

getan werden; darüber berichten die ch<strong>in</strong>esischen Medien nicht.<br />

Das s<strong>in</strong>d Veranstaltungen unter Ausschluß <strong>der</strong> Öffentlichkeit. Ich<br />

er<strong>in</strong>nere Sie daran, daß im November 2009 US-Präsident Barrack<br />

Obama Ch<strong>in</strong>a besucht hat. Über den Beg<strong>in</strong>n des Besuchs berichtet<br />

die Süddeutsche Zeitung <strong>in</strong> ihrer Ausgabe vom 17.11.2009 folgendes:<br />

„In e<strong>in</strong>er Rede vor ausgewählten Studenten <strong>in</strong> Shanghai warb<br />

<strong>der</strong> Präsident für universale Werte. Die Freiheiten <strong>der</strong> Rede, <strong>der</strong><br />

Religionsausübung, des Zugangs zu Informationen <strong>und</strong> <strong>der</strong> politischen<br />

Partizipation s<strong>in</strong>d universale Rechte, die für alle Menschen<br />

gelten sollten, ob sie nun <strong>in</strong> den USA, <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a o<strong>der</strong> irgende<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en<br />

Nation leben.... Obamas Rede wurde nicht im ch<strong>in</strong>esischen<br />

Fernsehen gezeigt, wie amerikanische Diplomaten gehofft hatten.“<br />

So läuft das üblicherweise ab. Und wenn man e<strong>in</strong>e solche Rede<br />

im westlichen Fernsehen sieht <strong>und</strong> hört, denkt man: „Respekt,<br />

Respekt“. Je nach Begleittext des Fernseh- o<strong>der</strong> Radioberichts<br />

weiß man nicht, ob <strong>und</strong> wie man getäuscht wird. Erfreulich fand<br />

ich, daß Präsident Obama den Dalai Lama am 18. Februar 2010 <strong>in</strong><br />

Wash<strong>in</strong>gton im Weißen Haus – trotz <strong>der</strong> zu erwartenden Proteste<br />

aus Pek<strong>in</strong>g – empfangen hat.<br />

Mit <strong>der</strong> Praxis, über Menschenrechte nur vor Studenten zu sprechen,<br />

hat unsere B<strong>und</strong>eskanzler<strong>in</strong> Angela Merkel gebrochen. Sie hat <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

ch<strong>in</strong>esischen Öffentlichkeit die Respektierung von Menschenrechten<br />

angemahnt. Das war im Jahr 2007; <strong>der</strong> ch<strong>in</strong>esischen Führung hat<br />

das sehr mißfallen. E<strong>in</strong> früherer B<strong>und</strong>eskanzler hat es kurz danach<br />

fertiggebracht, diese Politik Merkels <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a öffentlich zu kritisieren.<br />

Darüber habe ich mit Ch<strong>in</strong>esen im kle<strong>in</strong>en Kreis gesprochen; <strong>und</strong> es<br />

waren die Ch<strong>in</strong>esen, die mir gegenüber me<strong>in</strong>ten, dieses Verhalten<br />

des früheren B<strong>und</strong>eskanzlers sei wohl e<strong>in</strong>e Frage des Stils.<br />

Zuletzt war Angela Merkel im Juli 2010 auf Staatsbesuch <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a.<br />

Die Süddeutsche Zeitung schreibt dazu <strong>in</strong> ihrer Ausgabe vom<br />

17./18. Juli 2010: Die B<strong>und</strong>eskanzler<strong>in</strong> hat „<strong>in</strong> ihren bislang fünf<br />

Besuchen <strong>in</strong> Pek<strong>in</strong>g jeweils auch den Dialog mit dem Dalai Lama,<br />

die E<strong>in</strong>haltung <strong>der</strong> Menschenrechte <strong>und</strong> die Freilassung <strong>in</strong>haftierter<br />

Dissidenten angemahnt. Merkel tut das seit Jahren konsequent,<br />

nicht laut polternd, aber auch nicht verschämt <strong>und</strong> leise. Das hat ihr<br />

<strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a Respekt verschafft. Es gebe kaum e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en westlichen<br />

Premier, <strong>der</strong> Ch<strong>in</strong>a so gut verstehe, wie Merkel dies tue, ist<br />

nun aus hochrangigen ch<strong>in</strong>esischen Regierungskreisen zu vernehmen.“<br />

Weiter sagte Merkel <strong>in</strong> Pek<strong>in</strong>g: <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a gebe es nur e<strong>in</strong>e<br />

Partei – <strong>und</strong> deshalb stelle sich die Frage, ob es gel<strong>in</strong>gen könne,<br />

alle möglichen Strömungen, Ideen <strong>und</strong> Bedürfnisse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigen<br />

Partei auszugleichen..... „Kann das auf Dauer gut gehen?“ So


wörtlich Angela Merkel. Ich me<strong>in</strong>e, Ch<strong>in</strong>a muß sich <strong>und</strong> wird sich<br />

an solche Äußerungen westlicher Politiker gewöhnen. Konsequentes,<br />

ehrliches Auftreten haben die Ch<strong>in</strong>esen schon zu Zeiten von<br />

Franz Josef Strauß respektiert.<br />

Stilfragen<br />

In Stilfragen s<strong>in</strong>d die Ch<strong>in</strong>esen bewan<strong>der</strong>t. Nur e<strong>in</strong> Beispiel dazu:<br />

Nach e<strong>in</strong>em erfolgreichen Sem<strong>in</strong>ar <strong>in</strong> J<strong>in</strong>an erschien das Fernsehen<br />

<strong>und</strong> führte mit dem deutschen Gast e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Interview.<br />

Anschließend lud <strong>der</strong> Vize-Gouvernuer, also <strong>der</strong> stv. Regierungschef<br />

<strong>der</strong> Prov<strong>in</strong>z Shandong, zu e<strong>in</strong>em offiziellen Abschiedsessen<br />

mit etwa zehn Personen e<strong>in</strong>. <strong>Als</strong> Gast wurde ich gefragt, was ich<br />

zu tr<strong>in</strong>ken wünsche. Und wenn man sagt: „am liebsten Weißwe<strong>in</strong><br />

<strong>und</strong> Wasser“, bekommt man das natürlich; aber: Das gilt dann<br />

auch für alle an<strong>der</strong>en, die am Tisch sitzen, auch wenn sie, wie ich<br />

von e<strong>in</strong>igen Ch<strong>in</strong>esen wußte, lieber Bier <strong>und</strong> Wodka tr<strong>in</strong>ken. Das<br />

Essen wird sowieso für alle geme<strong>in</strong>sam serviert. Und aus Erfahrung<br />

weiß man, daß gleiches Essen <strong>und</strong> gleiche Getränke das<br />

Geme<strong>in</strong>schaftsgefühl verstärken. Derartiges habe ich <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a oft<br />

erfahren, nicht allerd<strong>in</strong>gs bei ähnlichen Gelegenheiten <strong>in</strong> Deutschland.<br />

Da tr<strong>in</strong>kt - zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> München - je<strong>der</strong>, was er mag.<br />

Die Studenten<br />

Bei Vorträgen an Universitäten, <strong>der</strong>en Teilnahme für die Studenten<br />

<strong>in</strong> aller Regel freiwillig ist, gew<strong>in</strong>nt man den E<strong>in</strong>druck, daß die<br />

ch<strong>in</strong>esischen Studenten jede Gelegenheit wahrnehmen, e<strong>in</strong>en<br />

Referenten aus dem Westen zu hören. Denn die Hörsäle s<strong>in</strong>d<br />

meistens übervoll, auch wenn sie Platz für 200 Zuhörer bieten. Die<br />

Diskussionen nehmen manches Mal ke<strong>in</strong> Ende <strong>und</strong> werden nach<br />

me<strong>in</strong>er Rückkehr nach Deutschland per E-Mail fortgesetzt.<br />

Die Diskussionen gehen immer weit über das im Referat behandelte<br />

Thema h<strong>in</strong>aus. So wurde ich <strong>in</strong> J<strong>in</strong>an gefragt, wie ich den<br />

Empfang des Dalai Lama durch B<strong>und</strong>eskanzler<strong>in</strong> Angela Merkel<br />

beurteile, <strong>und</strong> was ich davon halte, daß die ch<strong>in</strong>esische Regierung<br />

daraufh<strong>in</strong> das vere<strong>in</strong>barte Gespräche mit <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung<br />

abgesagt hat. Ausweichen kann man diesen Fragen nicht. Man<br />

spürt als Referent, was die Fragenden bewegt. Alle Gespräche –<br />

auch mit westlich orientierten Ch<strong>in</strong>esen – zeigen immer wie<strong>der</strong>,<br />

daß die Ch<strong>in</strong>esen aber <strong>in</strong> <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> territorialen E<strong>in</strong>heit Ch<strong>in</strong>as<br />

(man denke an Taiwan, an Tibet!) durch die Bank e<strong>in</strong>ig s<strong>in</strong>d. Daß <strong>der</strong><br />

– bereits erwähnte – Empfang des Dalai Lama durch US-Präsident<br />

Obama im Weißen Haus am 18. Februar 2010 von massiven Protesten<br />

Pek<strong>in</strong>gs begleitet wurde, durfte daher niemanden überraschen.<br />

Was die Menschenrechte betrifft, kann man <strong>in</strong> unseren Regionen<br />

noch hören, daß <strong>der</strong> Westen se<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>rechte an<strong>der</strong>en Völkern<br />

mit an<strong>der</strong>en kulturellen Traditionen nicht aufdrängen dürfe; <strong>in</strong> diesem<br />

Zusammenhang wurde <strong>und</strong> wird gar von Kulturimperialismus<br />

gesprochen. Solchen Ideen muß man m. E. heftig wi<strong>der</strong>sprechen:<br />

Natürlich geht es nicht darum, daß an<strong>der</strong>e Län<strong>der</strong> unseren Gr<strong>und</strong>rechtskatalog<br />

übernehmen. Aber: Lassen Sie mich e<strong>in</strong> paar Selbstverständlichkeiten<br />

aussprechen:<br />

• Kann Folter Bestandteil e<strong>in</strong>er Kultur se<strong>in</strong>?<br />

• Ist das Kultur, wenn man Menschen ohne Gerichtsverfahren<br />

jahrelang <strong>in</strong>s Gefängnis steckt? Und welche Kultur gebietet<br />

es, Strafgerichtsverfahren unter Ausschluß <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />

durchzuführen?<br />

• Und was für e<strong>in</strong>e Kultur soll das se<strong>in</strong>, wenn die politische<br />

Führung jede ihr wi<strong>der</strong>sprechende Me<strong>in</strong>ung brutal<br />

unterdrückt? Soll die Nie<strong>der</strong>walzung <strong>der</strong> studentischen<br />

Proteste <strong>in</strong> Pek<strong>in</strong>g im Juni 1989 Ausdruck von Kultur se<strong>in</strong>?


Schließlich werden die For<strong>der</strong>ungen nach menschenrechtlichen<br />

Freiheiten von den Angehörigen <strong>der</strong> unterdrückten Völker selbst<br />

erhoben. Erschütternde Beispiele – zuletzt das Beispiel des diesjährigen<br />

Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo – zeigen das immer<br />

wie<strong>der</strong>. Es gibt ke<strong>in</strong>e Alternative zur Globalisierung von Gerechtigkeit<br />

<strong>und</strong> Solidarität! Die Unterdrückten erwarten daher zu Recht,<br />

daß die Angehörigen <strong>der</strong> freien Län<strong>der</strong> nicht schweigen <strong>und</strong>, wo<br />

immer sie können, die Menschenrechte <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Respektierung<br />

zum Thema machen. Ich me<strong>in</strong>e: Der Westen hat die Pflicht, sich<br />

dieser Verantwortung zu stellen.<br />

Teil 2<br />

<strong>Mongolei</strong><br />

Zur Lage<br />

Die <strong>Mongolei</strong> ist e<strong>in</strong> Land mit riesigen Ausmaßen: Auf e<strong>in</strong>er Fläche<br />

von etwa 1,5 Mio km² leben ungefähr 2,9 Mio Menschen (1,9 E<strong>in</strong>wohner<br />

pro km²). Die <strong>Mongolei</strong> ist etwa viermal so groß wie das<br />

vere<strong>in</strong>igte Deutschland (357.000 km², 82 Mio Menschen, 230 E<strong>in</strong>wohner<br />

pro km²). Etwa 30% bis 40 % <strong>der</strong> Mongolen leben heute<br />

noch als Nomaden. Konkretes Beispiel: E<strong>in</strong> Aimag, also e<strong>in</strong>e <strong>der</strong><br />

21 mongolischen Prov<strong>in</strong>zen, hat die Fläche Bayerns; doch leben <strong>in</strong><br />

manchen Aimags nur 25.000 Menschen. Das Land hat nur zwei<br />

Nachbarn: Rußland im Norden <strong>und</strong> Ch<strong>in</strong>a im Süden. Das Land ist<br />

reich an Bodenschätzen: Erdöl, Erdgas, Gold, Kupfer, Z<strong>in</strong>k u. a.; e<strong>in</strong><br />

großer Teil <strong>der</strong> Bodenschätze ist noch nicht ausgebeutet; die Landwirtschaft<br />

produziert Fleisch, Wolle, Le<strong>der</strong>, Felle; die Cashmere-<br />

Produkte – made <strong>in</strong> Mongolia – s<strong>in</strong>d weltberühmt.<br />

Zur Geschichte<br />

• 1206 E<strong>in</strong>igung <strong>der</strong> mongolischen Stämme durch Dsch<strong>in</strong>gis Khan<br />

• 1260 – 1368 beherrschten die Mongolen Ch<strong>in</strong>a<br />

• 1628/35 – 1911 unter ch<strong>in</strong>esischer Herrschaft;<br />

danach russische Oberhoheit<br />

• 1921 selbständige Republik,<br />

• 1924 Mongolische Volksrepublik sozialistischen Typs<br />

• 1990 politische Wende - „friedliche Revolution“<br />

• 1992 neue Verfassung (Demokratie, Gewaltenteilung,<br />

Gr<strong>und</strong>rechte)


Das Lied des demokratischen Rechtsstaats<br />

Seit Jahren verfolgt die Politik <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung das Ziel, die<br />

<strong>Mongolei</strong> zwischen den beiden großen Nachbarn als freiheitlich<br />

demokratischen Rechtsstaat zu stabilisieren. Und <strong>in</strong> diesem Rahmen<br />

nehme ich me<strong>in</strong>e Aufgabe als <strong>Jurist</strong> wahr. Im April 1995 trat ich die<br />

erste Reise <strong>in</strong> die <strong>Mongolei</strong> an. Dabei hatte ich mir die bange Frage<br />

gestellt: Was wird mich <strong>in</strong> dem Land erwarten, aus dem e<strong>in</strong>st die<br />

wilden Horden Dsch<strong>in</strong>gis-Khans aufbrachen, um Asiens <strong>und</strong> Europas<br />

Völker zu unterwerfen? Doch bereits beim ersten Aufenthalt<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong> spürt <strong>der</strong> Neuankömml<strong>in</strong>g die Natürlichkeit, die<br />

Fre<strong>und</strong>lichkeit, ja die Herzlichkeit <strong>der</strong> Mongolen. Man erlebt e<strong>in</strong>e<br />

Liebe auf den ersten Blick, <strong>und</strong> diese Liebe wird bei allen weiteren<br />

Besuchen <strong>in</strong> diesem fasz<strong>in</strong>ierenden Land nicht enttäuscht, sie<br />

wird gefestigt <strong>und</strong> dauert an. Die Hanns-Seidel-Stiftung hat sich –<br />

im E<strong>in</strong>klang mit <strong>der</strong> B<strong>und</strong>espolitik – zum Ziel gesetzt, die <strong>Mongolei</strong><br />

auf dem Weg zu e<strong>in</strong>em mo<strong>der</strong>nen Verfassungsstaat zu begleiten<br />

<strong>und</strong> zu unterstützen. Und so s<strong>in</strong>ge ich <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong> seit 15 Jahren<br />

jahre<strong>in</strong>, jahraus das Lied des demokratischen Rechtsstaates.<br />

Vor <strong>und</strong> nach 1990<br />

Doch zunächst muß ich zurückblenden auf die Zeit vor 1990: Die<br />

<strong>Mongolei</strong> war zwar e<strong>in</strong> selbständiges Land, also nicht Bestandteil<br />

<strong>der</strong> Sowjetunion, jedoch e<strong>in</strong> treuer Vasall dieser Sowjetunion. Zu<br />

sozialistischen Zeiten erhielten sehr viele Mongolen Stipendien für<br />

e<strong>in</strong> Studium <strong>in</strong> <strong>der</strong> DDR. Das Ergebnis war <strong>und</strong> ist e<strong>in</strong> positives<br />

Erbe <strong>in</strong> zweifacher H<strong>in</strong>sicht:<br />

1. Fast 1 % <strong>der</strong> Mongolen, etwa 25.000 Mongolen, sprechen<br />

heute deutsch, z. T. e<strong>in</strong> ganz exzellentes Deutsch, auch wenn<br />

sie <strong>in</strong> Sachsen studiert haben; <strong>und</strong>:<br />

2. Viele mongolische Studenten haben im Herbst 1989 <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

DDR miterlebt, wie e<strong>in</strong>e sozialistische Diktatur mit friedlichen<br />

Demonstrationen <strong>in</strong> die Knie gezwungen wurde.<br />

Diese Erfahrungen nutzten auch mongolische Studenten im Frühjahr<br />

1990 <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong>: In <strong>der</strong> Hauptstadt Ulan Bator – auf<br />

e<strong>in</strong>em großen Platz vor dem Staatspalast – versammelten sich<br />

junge Mongolen <strong>und</strong> protestierten mit e<strong>in</strong>em Hungerstreik gegen<br />

die politische Führung. So kam es auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong> zu e<strong>in</strong>er<br />

Revolution, bei <strong>der</strong> – wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> DDR – ke<strong>in</strong> Blut floß, ke<strong>in</strong>e Fensterscheibe<br />

zu Bruch g<strong>in</strong>g.<br />

Der politische Umbruch führte zur Zulassung weiterer politischer<br />

Parteien <strong>und</strong> 1992 zu e<strong>in</strong>er Verfassung, die sich zu Demokratie,<br />

Gewaltenteilung <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>rechten bekennt. Damit hat sich die<br />

<strong>Mongolei</strong> <strong>in</strong> die Gruppe <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Verfassungsstaaten e<strong>in</strong>gereiht.<br />

1995 eröffnete die Hanns-Seidel-Stiftung <strong>in</strong> Ulan Bator e<strong>in</strong><br />

Büro, das bis heute von e<strong>in</strong>er mongolischen <strong>Jurist</strong><strong>in</strong> geleitet wird.<br />

Diese <strong>Jurist</strong><strong>in</strong>, <strong>in</strong>zwischen Professor<strong>in</strong> an <strong>der</strong> Mongolischen Staatsuniversität<br />

<strong>und</strong> Mitglied des Mongolischen Verfassungsgerichts, hat<br />

<strong>in</strong> Deutschland studiert <strong>und</strong> promoviert; sie spricht fließend deutsch.<br />

Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> Hanns-Seidel-Stiftung<br />

Im Vertrag zwischen <strong>der</strong> mongolischen Regierung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Hanns-<br />

Seidel-Stiftung wurden – glücklicherweise – die juristische Ausbildung,<br />

die Rechtsberatung <strong>und</strong> die Rechtsentwicklung zu Hauptarbeitsgebieten<br />

<strong>der</strong> Zusammenarbeit erklärt. Die mongolischen<br />

Partner s<strong>in</strong>d u. a.:<br />

• das Justiz- <strong>und</strong> Innenm<strong>in</strong>isterium,<br />

• das Verfassungsgericht,<br />

• das Oberste Gericht,<br />

• die Staatsuniversität.<br />

Für die deutsche Rechtswissenschaft war es immer e<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit,<br />

über die Grenzen des eigenen Landes zu blikken:<br />

So hat sich e<strong>in</strong> bayerischer Professor bereits zu Beg<strong>in</strong>n des


19. Jahrhun<strong>der</strong>ts mit dem mongolischen Recht befaßt (s. dazu<br />

He<strong>in</strong>rich Scholler, Gr<strong>und</strong>rechte <strong>und</strong> Rechtskultur auf dem Weg<br />

nach Europa, 2010, S. 127). Nach <strong>der</strong> politischen Wende von 1990<br />

fanden <strong>in</strong> den ersten Jahren <strong>der</strong> Zusammenarbeit <strong>in</strong> Ulan Bator<br />

zahlreiche <strong>in</strong>ternationale Symposien statt, auf <strong>der</strong> wir deutschen<br />

<strong>Jurist</strong>en Vorträge über Menschenrechte, den Verfassungsstaat <strong>und</strong><br />

die Verfassungsgerichtsbarkeit gehalten haben.<br />

Stellung <strong>und</strong> Aufgaben des Verfassungsgerichts<br />

In den <strong>in</strong>ternationalen Symposien g<strong>in</strong>g es ganz wesentlich darum,<br />

die Stellung des neuen Verfassungsgerichts zu stärken <strong>und</strong> dabei<br />

auch den politischen Kräften, den Abgeordneten <strong>und</strong> M<strong>in</strong>istern, zu<br />

verdeutlichen, welch wichtige Aufgabe e<strong>in</strong> Verfassungsgericht <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em demokratischen Rechtsstaat hat. Nun wissen wir alle, daß<br />

e<strong>in</strong> Verfassungsgericht, das Parlamentsentscheidungen, also auch<br />

Gesetze, für verfassungswidrig erklären kann, bei Politikern nicht<br />

immer beliebt ist. Zur Er<strong>in</strong>nerung: Konrad Adenauer kommentierte<br />

Entscheidungen unseres B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts, die ihm<br />

nicht ganz genehm waren, vor gut 50 Jahren mit den Worten: „Dat<br />

ham wir uns so nich vorjestellt!“<br />

Mongolische Parlamentarier drückten ihr Unbehagen e<strong>in</strong>mal so<br />

aus: „Das Verfassungsgericht solle die Verfassung nicht auslegen,<br />

son<strong>der</strong>n anwenden!“ In solchen Bemerkungen zeigen sich Ängste<br />

von Machthabern im Staate, die wir auch aus <strong>der</strong> europäischen<br />

Rechtsgeschichte kennen. Es ist die Furcht, daß <strong>Jurist</strong>en, daß Richter<br />

aus dem monarchisch o<strong>der</strong> auch demokratisch gesetzten Recht<br />

durch ihre Auslegung etwas an<strong>der</strong>es machen, als <strong>der</strong> Gesetzgeber<br />

gewollt hat. Im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t, z. T. noch im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t, war<br />

<strong>in</strong> Europa die Idee anzutreffen, daß die Richter bei <strong>der</strong> Anwendung<br />

<strong>der</strong> Gesetze ke<strong>in</strong>e Spielräume haben dürfen. Diese Vorstellung<br />

führte sogar zu Verboten <strong>der</strong> Kommentierung <strong>und</strong> Auslegung von<br />

Gesetzen: So verbot Napoleon, se<strong>in</strong>en Code Civil von 1084 zu kommentieren;<br />

doch dieses Verbot hielt nicht e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> Jahr (s. Ra<strong>in</strong>er<br />

Maria Kiesow, JZ 2010, S. 585, 586). Zum bayerischen Strafgesetzbuch<br />

von 1813 erließ <strong>der</strong> bayerische König Max I. den Befehl,<br />

wonach ke<strong>in</strong> Staatsdiener <strong>und</strong> ke<strong>in</strong> Privatgelehrter e<strong>in</strong>en Kommentar<br />

zum Strafgesetzbuch <strong>in</strong> Druck geben dürfe. Heute wissen wir,<br />

daß das dummes Zeug ist, ersche<strong>in</strong>en uns <strong>der</strong>artige Vorstellungen<br />

geradezu absurd. Daher mußten wir deutschen <strong>Jurist</strong>en uns auch<br />

<strong>in</strong> die mongolische Diskussion e<strong>in</strong>schalten <strong>und</strong> darlegen, daß e<strong>in</strong>e<br />

vernünftige Gesetzesanwendung ohne Gesetzesauslegung nicht<br />

möglich ist.<br />

E<strong>in</strong> e<strong>in</strong>faches Beispiel macht die mongolischen Parlamentarier<br />

nachdenklich: Die mongolische Verfassung sagt – wie unser Gr<strong>und</strong>gesetz:<br />

„Die Richter s<strong>in</strong>d unabhängig <strong>und</strong> nur dem Gesetz unterworfen.“<br />

Dieser e<strong>in</strong>fache Satz wirft, wie K<strong>und</strong>ige wissen, manche<br />

Fragen auf, z. B.: Was sollen wir unter „Gesetz“ verstehen? Nur die<br />

vom Parlament erlassenen <strong>und</strong> so bezeichneten „Gesetze“? Ist die<br />

„Verfassung“ nicht auch e<strong>in</strong> „Gesetz“ <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>n? Was ist mit<br />

<strong>der</strong> „Verordnung“, z. B. <strong>der</strong> Straßenverkehrsordnung? Was ist mit<br />

dem geme<strong>in</strong>dlichen „Bebauungsplan“? S<strong>in</strong>d das auch „Gesetze“,<br />

an die die Richter geb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d? Nun, das möchte man doch<br />

wohl me<strong>in</strong>en! Das heißt: Wenn die Verfassungen von „Gesetzen“<br />

sprechen, me<strong>in</strong>en sie das e<strong>in</strong>e Mal nur die „Parlamentsgesetze“<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Mal jede Rechtsvorschrift. Zu diesem Ergebnis<br />

kommt man aber nur durch e<strong>in</strong>e Auslegung, die nach dem S<strong>in</strong>n <strong>der</strong><br />

jeweiligen Vorschrift fragt. Vernunftbegabte Menschen – <strong>und</strong> damit<br />

auch die Mongolen – sehen das e<strong>in</strong>.<br />

Die Gastfre<strong>und</strong>schaft<br />

Wenn man sich als juristischer Entwicklungshelfer <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong><br />

aufhält – <strong>und</strong> das tue ich Jahr für Jahr –, dann ist man an den Werktagen<br />

8 St<strong>und</strong>en, manchmal auch 10 St<strong>und</strong>en e<strong>in</strong>gespannt mit<br />

Gesprächen, Vorträgen <strong>und</strong> Sem<strong>in</strong>aren; e<strong>in</strong> Regierungsmitglied,


e<strong>in</strong> Gerichtspräsident, lädt gelegentlich auch zum Abendessen e<strong>in</strong>.<br />

Doch am Wochenende führen die Mongolen den deutschen Gast<br />

aufs Land. Diese Ausflüge br<strong>in</strong>gen unvergeßliche E<strong>in</strong>drücke. Manches,<br />

was Bücher über die <strong>Mongolei</strong> schreiben, erlebt man auch<br />

heute als Wirklichkeit: E<strong>in</strong>e Legende, die aus dem 13. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

stammt, also aus e<strong>in</strong>er Zeit, die mit dem Begriff „Pax Mongolica“<br />

charakterisiert wird (die Zeit bis etwa 1260), berichtet folgendes:<br />

„E<strong>in</strong>e Jungfrau mit e<strong>in</strong>em Topf Gold auf dem Kopf kann den Weg<br />

von e<strong>in</strong>em Ende des Reiches bis zum an<strong>der</strong>en Ende zurücklegen,<br />

ohne daß ihr – <strong>und</strong> dem Gold – etwas geschieht.“ Auf dem Land<br />

ist dieser Mongolische Frieden auch heute zu erleben. Immer<br />

wie<strong>der</strong> haben wir – also me<strong>in</strong>e mongolischen Begleiter <strong>und</strong> ich<br />

– Nomaden aufgesucht, die ke<strong>in</strong>er von uns kannte. Und immer<br />

wurden wir aufgefor<strong>der</strong>t, <strong>in</strong> die Jurte, also <strong>in</strong>s Zelt, e<strong>in</strong>zutreten.<br />

Man bekommt zu tr<strong>in</strong>ken: Milchtee, Suppe, Kumys, die vergorene,<br />

d. h. alkoholhaltige Stutenmilch, etwas Wodka (wovon e<strong>in</strong> paar<br />

Tropfen den Göttern <strong>und</strong> Geistern zustehen); <strong>und</strong> gegessen wird<br />

Hammelfleisch, das zuweilen sehr fett se<strong>in</strong> kann, Brot u. a. Solche<br />

Überlandausflüge machen e<strong>in</strong>em bewußt, daß für die Autofahrten<br />

wegen <strong>der</strong> Straßen e<strong>in</strong>e solide Wirbelsäule nützlich ist, <strong>und</strong> für die<br />

Mahlzeiten schadet e<strong>in</strong> stabiler Magen nicht. Me<strong>in</strong> Magen übrigens<br />

wurde bisher bei me<strong>in</strong>en etwa 25 Asien-Reisen, wie auch bei<br />

allen an<strong>der</strong>en Reisen <strong>in</strong> den Osten, manches Mal strapaziert, aber<br />

nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fall auf e<strong>in</strong>e harte Probe gestellt. Vor e<strong>in</strong>em kultivierten<br />

Publikum lasse ich weitere Details beiseite.<br />

Während des Essens <strong>und</strong> Tr<strong>in</strong>kens <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jurte wird viel gesprochen:<br />

Die Nomaden wollen wissen, woher ihre Gäste kommen<br />

<strong>und</strong> was sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong> tun. Im Gegenzug erfahren wir, wie<br />

groß die Familie ist, wie viele Tiere, also Schafe, Ziegen, R<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

<strong>und</strong> Pferde, sie ihr eigen nennen. Mit 300 Pferden ist man noch<br />

nicht <strong>der</strong> reichste Nomade. Insgesamt gibt es <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong> 27<br />

Mio, vielleicht sogar mehr als 30 Mio Tiere <strong>der</strong> genannten Arten.<br />

Und dann kommt <strong>der</strong> Moment, da die Frau des Hauses (wenn man<br />

sie so nennen darf) das erste Lied anstimmt. Die mongolischen<br />

Volkslie<strong>der</strong> – Melodien mit lang gezogenen Tönen – bes<strong>in</strong>gen die<br />

Landschaft, die Liebe <strong>und</strong> die Mutter, gelegentlich auch den Vater.<br />

Und s<strong>in</strong>gen, wun<strong>der</strong>bar s<strong>in</strong>gen können die Mongolen. Man<br />

muß e<strong>in</strong> Banause se<strong>in</strong>, wenn man sich <strong>in</strong> die Frauenstimmen nicht<br />

verliebt. Schließlich wenden sich die Mongolen an ihre Gäste mit<br />

den Worten: „Jetzt seid Ihr dran zu s<strong>in</strong>gen!“ Das erste Mal, als<br />

uns das wi<strong>der</strong>fuhr, waren wir drei kräftige deutsche Männer mit<br />

schönen Baß-Stimmen. Wir e<strong>in</strong>igten uns schnell auf das Lied „Am<br />

Brunnen vor dem Tore ....“ Es war zur Sommerzeit, die E<strong>in</strong>gangstür<br />

<strong>der</strong> Jurte stand offen, wir legten unsere ganze Kraft <strong>in</strong> den<br />

Gesang. Kurzum, wir waren von unserer Darbietung ganz begeistert.<br />

E<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Junge, vielleicht vier Jahre alt, spielte vor dem<br />

Zelt <strong>und</strong> schaute – durch unseren Gesang neugierig geworden – <strong>in</strong><br />

die Jurte h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> <strong>und</strong> ... schüttelte ganz heftig den Kopf. Das Urteil<br />

dieses Knaben gab unserem musikalischen Selbstbewusstse<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en gewissen Dämpfer. Weitere gesangliche Aktivitäten haben<br />

wir an diesem Nachmittag nicht mehr entfaltet. Aber die Gastfre<strong>und</strong>schaft<br />

<strong>der</strong> Mongolen hat durch unseren Gesang nicht gelitten. Der<br />

Chef des Hauses führte uns aus <strong>der</strong> Jurte h<strong>in</strong>aus <strong>und</strong> zeigte uns<br />

e<strong>in</strong>ige se<strong>in</strong>er prachtvollen Pferde. Und wer reiten wollte, durfte sich<br />

aufs Pferd setzen <strong>und</strong> zeigen, was er kann. Bei unseren Überlandfahrten<br />

kamen wir auch zu Jurten, die offen standen; <strong>und</strong> <strong>der</strong>en<br />

Besitzer waren nicht <strong>in</strong> Sicht. Wir warteten, bis jemand von <strong>der</strong><br />

Nomadenfamilie kam. Natürlich wurden wir gebeten, e<strong>in</strong>zutreten;<br />

wir wurden bewirtet usw. <strong>Als</strong> wir uns wun<strong>der</strong>ten, daß die Jurte offen<br />

stand, obwohl von <strong>der</strong> Familie weit <strong>und</strong> breit niemand zu sehen<br />

war, <strong>und</strong> als wir me<strong>in</strong>ten, daß die Nomaden Diebe ansche<strong>in</strong>end<br />

nicht fürchten, wurden wir aufgeklärt: Die offene Tür <strong>der</strong> Jurte habe<br />

nichts mit <strong>der</strong> Furcht o<strong>der</strong> mangelnden Furcht vor Dieben zu tun.<br />

Ne<strong>in</strong>, <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong> sei e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er: Es könnte ja se<strong>in</strong>, daß jemand des<br />

Weges kommt <strong>und</strong>, z. B. wegen e<strong>in</strong>es Unwetters, Schutz braucht;


<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen Fall darf er e<strong>in</strong>treten <strong>und</strong> im Schutz <strong>der</strong> Jurte das<br />

Unwetter abwarten.<br />

waltungsbehörden gewähren muß – durch Richter, die dafür ausgebildet<br />

s<strong>in</strong>d. Das heißt: Die Bürger müssen das Recht haben, e<strong>in</strong>en<br />

Steuerbescheid, die Ablehnung e<strong>in</strong>er Baugenehmigung, die Schließung<br />

e<strong>in</strong>es Gewerbebetriebs, e<strong>in</strong>en Bescheid des Zollamtes usw.<br />

usw. von unabhängigen fachk<strong>und</strong>igen Richtern überprüfen zu lassen.<br />

Es leuchtete unseren Gesprächspartnern e<strong>in</strong>, daß solche Gerichte<br />

für die mongolischen Staatsbürger selbst, aber auch für ausländische<br />

Investoren rechtsstaatlich – <strong>und</strong> auch aus Gründen <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />

Entwicklung des Landes – notwendig s<strong>in</strong>d.<br />

Die Mongolische Staatsuniversität<br />

Die juristische Arbeit<br />

Zurück zur juristischen Mission <strong>der</strong> deutschen <strong>Jurist</strong>en: In Zusammenarbeit<br />

mit <strong>der</strong> <strong>Jurist</strong>ischen Fakultät <strong>der</strong> Staatsuniversität ist es<br />

gelungen, die juristische Ausbildung effektiver <strong>und</strong> praxisbezogen<br />

zu gestalten. Inzwischen haben die Mongolen auch das deutsche<br />

System von zwei juristischen Staatsexam<strong>in</strong>a übernommen.<br />

Doch das bisher größte Geme<strong>in</strong>schaftsprojekt – <strong>der</strong> Aufbau <strong>der</strong><br />

Verwaltungsgerichtsbarkeit – nahm Jahre <strong>in</strong> Anspruch, <strong>und</strong> die Folgemaßnahmen<br />

beanspruchen uns noch heute: Noch <strong>in</strong> den neunziger<br />

Jahren gelang es uns, die Mongolen zu überzeugen, daß e<strong>in</strong><br />

mo<strong>der</strong>ner Rechtsstaat Rechtsschutz gegen belastende Akte <strong>der</strong> Ver-<br />

Und dann begannen mehrjährige Beratungen: Gespräche mit<br />

Arbeitsgruppen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong> <strong>und</strong> auch <strong>in</strong> München. Auf deutscher<br />

Seite waren <strong>der</strong> Münchner Professor Dr. Dr. h. c. He<strong>in</strong>rich<br />

Scholler <strong>und</strong> me<strong>in</strong>e Wenigkeit fe<strong>der</strong>führend. Auf diese Weise s<strong>in</strong>d<br />

Pr<strong>in</strong>zipien des deutschen Verwaltungsprozeßrechts, die sich vom<br />

anglo-amerikanischen Recht gr<strong>und</strong>legend unterscheiden, <strong>in</strong> das<br />

mongolische Recht e<strong>in</strong>geflossen, so z. B. das sog. Offizialpr<strong>in</strong>zip.<br />

Dafür haben wir mit voller Kraft gekämpft.<br />

Dieses Pr<strong>in</strong>zip besagt, daß das Gericht den Sachverhalt von Amts<br />

wegen erforscht, das Gericht also von sich aus Zeugen vernehmen,<br />

Akten von Behörden beiziehen, e<strong>in</strong>en Ortsterm<strong>in</strong> ansetzen<br />

kann <strong>und</strong> auch muß, ohne daß e<strong>in</strong>e Prozeßpartei e<strong>in</strong>en entsprechenden<br />

Antrag stellt. Schließlich hat das Parlament <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong><br />

im Dezember 2002 die Verwaltungsgerichtsordnung beschlossen,<br />

die dann am 1. Juni 2004 <strong>in</strong> Kraft getreten ist. Seit dieser Zeit gewährt<br />

die <strong>Mongolei</strong> - erstmals <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geschichte des Landes -<br />

durch Verwaltungsgerichte Rechtsschutz gegen belastende Akte<br />

<strong>der</strong> Verwaltungsbehörden.<br />

Wir hatten Gelegenheit, bereits im Jahr 2003 Sem<strong>in</strong>are für die<br />

künftigen Verwaltungsrichter durchzuführen. Man muß wissen,<br />

daß die Verwaltungsgerichtsbarkeit – von <strong>der</strong> Verfassungsgerichts-


arkeit abgesehen – die politisch brisanteste Gerichtsbarkeit ist,<br />

weil <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel <strong>der</strong> Staat als Beklagter Prozesspartei ist <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Gerichtsentscheidung <strong>in</strong> massiver Weise <strong>in</strong> die Arbeit <strong>der</strong> Behörden<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>wirken kann. Ich habe den mongolischen Verwaltungsrichtern<br />

von Anfang an <strong>und</strong> immer wie<strong>der</strong> „e<strong>in</strong>geschärft“, daß sie<br />

ke<strong>in</strong>e Gefälligkeitsentscheidungen treffen dürfen. Wenn sie das<br />

täten, würden sie nichts als Ger<strong>in</strong>gschätzung <strong>und</strong> Verachtung ernten.<br />

Der Richter darf ke<strong>in</strong> Interesse an e<strong>in</strong>em bestimmten Ausgang<br />

des Prozesses haben. Er ist neutral <strong>und</strong> hat se<strong>in</strong>e Arbeit nur am<br />

Gesetz auszurichten. Das predige ich <strong>in</strong> Sem<strong>in</strong>aren <strong>und</strong> Konferenzen<br />

seit Jahren immer <strong>und</strong> immer wie<strong>der</strong>. Das heißt: Der Richter<br />

muß es <strong>in</strong> Kauf nehmen, sich beim Staat unbeliebt zu machen –<br />

auch wenn dieser Staat den Richter anstellt, beför<strong>der</strong>t <strong>und</strong> bezahlt.<br />

Wenn man weiß, daß <strong>in</strong> den ersten Jahren – also von 2004 bis heute<br />

– mehr als 50 % <strong>der</strong> zulässigen Klagen für den Bürger erfolgreich<br />

waren, dann weiß man, daß die Richter bei ihren Entscheidungen<br />

nicht nach dem Staat schielen. Das führt dazu, daß das Volk die<br />

neue Gerichtsbarkeit, die Verwaltungsgerichtsbarkeit, schätzt, daß<br />

an<strong>der</strong>erseits Spannungen zwischen <strong>der</strong> Richterschaft <strong>und</strong> den Verwaltungsbehörden<br />

e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> M<strong>in</strong>isterien nicht ausbleiben.<br />

Diese Spannungen s<strong>in</strong>d normal <strong>und</strong> müssen ausgehalten werden,<br />

was ich mit Beispielen aus dem Freistaat Bayern belege.<br />

Die Bildung e<strong>in</strong>er Multiplikatorengruppe<br />

Da die Mongolen bis vor wenigen Jahren ke<strong>in</strong>e Erfahrung mit<br />

<strong>der</strong> Verwaltungsgerichtsbarkeit hatten, während <strong>in</strong> Deutschland<br />

die ersten Verwaltungsgerichte <strong>in</strong> den 60 er Jahren des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts,<br />

also vor fast 150 Jahren, <strong>in</strong>stalliert wurden, legen die<br />

Mongolen im Rahmen <strong>der</strong> Zusammenarbeit sehr großen Wert auf<br />

die Schulung, auf die Fortbildung ihrer <strong>der</strong>zeit etwa 60 Verwaltungsrichter<br />

durch deutsche <strong>Jurist</strong>en. Auf diesem Gebiet liegt seit<br />

Jahren <strong>der</strong> Schwerpunkt me<strong>in</strong>er mongolischen Arbeit. Da we<strong>der</strong><br />

ich alle<strong>in</strong> – noch <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit deutschen Kollegen – 60<br />

Verwaltungsrichter fortbilden kann, haben sich die Mongolen entschlossen,<br />

e<strong>in</strong>e 10-köpfige Multiplikatorengruppe zu bilden, die<br />

nach <strong>der</strong> Schulung durch deutsche <strong>Jurist</strong>en die Fortbildung ihrer<br />

Kollegen übernimmt.<br />

Die Gruppe besteht aus acht Richtern <strong>der</strong> 1. Instanz, e<strong>in</strong>er Richter<strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Berufungs<strong>in</strong>stanz <strong>und</strong> dem obersten Verwaltungsrichter <strong>der</strong><br />

<strong>Mongolei</strong>. Mit diesen 10 Richtern (acht Frauen, zwei Männern) habe<br />

ich <strong>in</strong> den letzten Jahren manche Wochen <strong>in</strong>tensiv gearbeitet, im<br />

Jahr 2008 e<strong>in</strong>mal zwei Wochen lang als Alle<strong>in</strong>unterhalter – jeden<br />

Tag 8 St<strong>und</strong>en. Wenn die Verwaltungsrichter nach Bayern kommen,<br />

nehmen sie auch an mündlichen Verhandlungen <strong>der</strong> Verwaltungsgerichte<br />

teil. Die bayerischen Kollegen s<strong>in</strong>d sehr hilfsbereit,<br />

führen mit den mongolischen Gästen e<strong>in</strong>e Vorbesprechung durch<br />

<strong>und</strong> stehen den mongolischen Kollegen auch nach <strong>der</strong> Verhandlung<br />

für Erläuterungen zur Verfügung.<br />

Übrigens äußerten sich vor kurzem bei e<strong>in</strong>er Zusammenkunft (<strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Bayerische</strong>n Staatskanzlei im März 2010) 30 Stipendiaten, die<br />

aus Rußland, Ch<strong>in</strong>a <strong>und</strong> den USA kamen, äußerst positiv über die<br />

Kooperationsbereitschaft <strong>der</strong> deutschen Behörden, e<strong>in</strong>e Hilfsbereitschaft,<br />

die sie <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n so nicht erleben.<br />

Doch nochmals zu den mongolischen Richtern: Diese zehnköpfige<br />

Multiplikatorengruppe ist e<strong>in</strong>zigartig: sehr diszipl<strong>in</strong>iert, sehr <strong>in</strong>teressiert,<br />

sehr diskussionsfreudig <strong>und</strong> sehr humorvoll. Ich habe <strong>in</strong><br />

me<strong>in</strong>em ganzen Berufsleben ke<strong>in</strong>e solche Gruppe erlebt. Die Teilnehmer<br />

– im Alter zwischen 34 <strong>und</strong> 55 Jahren – s<strong>in</strong>d nach neuester<br />

westlicher Mode gekleidet, <strong>der</strong> oberste Richter stets <strong>in</strong> dunkelblauem<br />

Anzug mit weißem Hemd <strong>und</strong> erlesener Krawatte. (Im<br />

Gegensatz dazu kommt <strong>in</strong> Deutschland mancher Sem<strong>in</strong>arteilnehmer<br />

auch schon mal im Schlabberpullover daher!)


Von Anfang an habe ich für die Arbeit im Sem<strong>in</strong>ar mit den Verwaltungsrichtern<br />

die Parole ausgegeben: „In unserem Sem<strong>in</strong>ar<br />

kann je<strong>der</strong> jeden kritisieren.“ Und von dieser Regel wird lebhaft<br />

Gebrauch gemacht! Man muß sich das konkret vorstellen: Der<br />

oberste Verwaltungsrichter des Landes diskutiert ernsthaft mit e<strong>in</strong>er<br />

jungen Kolleg<strong>in</strong>, die erst seit e<strong>in</strong> paar Jahren im Amt ist <strong>und</strong><br />

läßt es selbstverständlich zu, daß sie ihm wi<strong>der</strong>spricht. Ich habe<br />

Ähnliches <strong>in</strong> Slowenien, aber sonst <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Land erlebt!<br />

Und wie sieht die Arbeit <strong>in</strong> den Sem<strong>in</strong>aren aus?<br />

Wir erörtern theoretisch <strong>und</strong> an praktischen Beispielsfällen das<br />

mongolische Verwaltungsprozeßrecht; denn das mongolische<br />

Gesetz wirft manche Zweifelsfrage auf. In e<strong>in</strong>er wichtigen Frage<br />

– es geht um die Frist für die Erhebung bestimmter Klagen – enthält<br />

das Gesetz e<strong>in</strong>e Lücke. Darf <strong>der</strong> Richter, <strong>der</strong> ja an das Gesetz<br />

geb<strong>und</strong>en ist, diese Lücke schließen <strong>und</strong> die E<strong>in</strong>haltung e<strong>in</strong>er<br />

Klagefrist verlangen? In den beiden letzten Sem<strong>in</strong>aren haben wir<br />

an konkreten Beispielen das Abfassen von Urteilsgründen geübt,<br />

haben wir doch <strong>in</strong> Deutschland – wie ich me<strong>in</strong>e – e<strong>in</strong>e gute „Begründungskultur“.<br />

Erst vor kurzem for<strong>der</strong>te <strong>der</strong> Präsident des<br />

Obersten Gerichts die Richter <strong>der</strong> ordentlichen Gerichtsbarkeit auf,<br />

die Urteile so gut zu begründen, wie das die Verwaltungsrichter tun!<br />

In e<strong>in</strong>em Sem<strong>in</strong>ar habe ich zehn Themen für Referate vorgestellt.<br />

Es ist selbstverständlich, daß je<strong>der</strong> Teilnehmer, auch <strong>der</strong> oberste<br />

Richter, e<strong>in</strong> Referat hält <strong>und</strong> sich e<strong>in</strong>er kritischen Diskussion stellt.<br />

Da ich bei den Beratungen über die mongolische VwGO mitgewirkt<br />

habe, da ich mit dem erwähnten Münchner Professor Scholler<br />

vor zwei Jahren e<strong>in</strong>en Kurzkommentar zur mongolischen VwGO<br />

geschrieben habe (<strong>der</strong> <strong>in</strong> deutscher <strong>und</strong> mongolischer Sprache<br />

erschienen ist), da ich <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong> seit 1995 viele öffentliche<br />

Vorträge gehalten habe <strong>und</strong> von mir manche juristischen Aufsätze<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong> (ebenfalls <strong>in</strong> mongolischer Übersetzung, z. T. auch<br />

<strong>in</strong> deutscher Sprache) veröffentlicht s<strong>in</strong>d, genieße ich – das ist mir<br />

pe<strong>in</strong>lich zu sagen, aber es ist so – genieße ich <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong> e<strong>in</strong><br />

gewisses juristisches Ansehen. Und so kommt es, daß mir immer<br />

wie<strong>der</strong> neue Aufgaben anvertraut werden.<br />

Bevor e<strong>in</strong> Sem<strong>in</strong>ar zu Ende geht, diskutieren wir über die Themen<br />

des nächsten Sem<strong>in</strong>ars. <strong>Als</strong> ich e<strong>in</strong>mal sagte, daß wegen <strong>der</strong><br />

gewünschten Thematik evtl. e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er <strong>Jurist</strong> aus Bayern anreisen<br />

werde, me<strong>in</strong>te e<strong>in</strong>e Richter<strong>in</strong>: „Das geht nicht; Sie müssen auf<br />

jeden Fall auch kommen, weil sich me<strong>in</strong>e Nachbar<strong>in</strong> <strong>in</strong> Sie verliebt<br />

hat!“ Man stelle sich vor, e<strong>in</strong>e solche Bemerkung wäre <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Sem<strong>in</strong>ar bei uns <strong>in</strong> Deutschland gefallen – nicht auszudenken!<br />

„Politically <strong>in</strong>correct“, würde man hören können! Doch die Mongolen<br />

– alle mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> – haben nur gelacht! Und ich natürlich auch!<br />

Doch rätsle ich immer noch, ob die Richter<strong>in</strong> ihre rechte o<strong>der</strong> ihre<br />

l<strong>in</strong>ke Nachbar<strong>in</strong> me<strong>in</strong>te.<br />

Abschiedszeremonien<br />

Am letzten Sem<strong>in</strong>artag haben wir üblicherweise <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Restaurant e<strong>in</strong> Abschiedsessen. Die Leiter<strong>in</strong> des Projektbüros<br />

<strong>der</strong> Hanns-Seidel-Stiftung, <strong>der</strong> oberste Richter <strong>und</strong> ich halten<br />

jeweils e<strong>in</strong>e kurze Rede; dann wird gegessen <strong>und</strong> getrunken. Und<br />

auf e<strong>in</strong>mal steht e<strong>in</strong>e Richter<strong>in</strong> auf <strong>und</strong> beg<strong>in</strong>nt e<strong>in</strong> Volkslied zu<br />

s<strong>in</strong>gen, die erste, die zweite, die dritte <strong>und</strong> manchmal auch noch<br />

die fünfte Strophe, <strong>und</strong> die ganze Gruppe s<strong>in</strong>gt mit. Man unterhält<br />

sich wie<strong>der</strong>. Dann steht die nächste Richter<strong>in</strong> auf <strong>und</strong> s<strong>in</strong>gt; das<br />

geht so fort; <strong>und</strong> auch <strong>der</strong> oberste Richter s<strong>in</strong>gt solo <strong>und</strong> im Chor.<br />

Das ist ganz wun<strong>der</strong>bar anzuhören, haben doch alle so schöne<br />

Stimmen. Schließlich – da habe ich ke<strong>in</strong>e Handlungsfreiheit – muß<br />

auch ich e<strong>in</strong>e Gesangsprobe abliefern.<br />

Zum Abschluß des letzten Sem<strong>in</strong>ars – das war im September 2010<br />

– luden mich die Richter e<strong>in</strong>: zu e<strong>in</strong>em Ausflug aufs Land, <strong>in</strong> die


Region <strong>der</strong> alten Hauptstadt Karakorum (350 km westlich von Ulan<br />

Bator). Der Weg führte über e<strong>in</strong>en Ausläufer <strong>der</strong> Wüste Gobi; <strong>und</strong><br />

ehe ich mich versah, saß ich auf e<strong>in</strong>em Kamel. Darüber h<strong>in</strong>aus:<br />

Es war fasz<strong>in</strong>ierend zu sehen, wie sich die Richter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Richter<br />

aufs Pferd schw<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> welch elegante Figur sie als Reiter<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Reiter machen. Alle können reiten: entwe<strong>der</strong> weil sie<br />

Nomadenk<strong>in</strong><strong>der</strong> s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> als Stadtk<strong>in</strong><strong>der</strong> die Sommerferien auf<br />

dem Land verbracht haben. Dieses <strong>und</strong> manch an<strong>der</strong>es mehr zeigt<br />

mir, wie naturverb<strong>und</strong>en die Mongolen s<strong>in</strong>d, auch wenn sie von<br />

Berufs wegen e<strong>in</strong> Richteramt, ja e<strong>in</strong> hohes Richteramt, ausüben.<br />

Doch nicht nur reiten können die Mongolen; auch <strong>der</strong> Umgang<br />

mit dem Gewehr ist ihnen wohlvertraut. Bei me<strong>in</strong>em Aufenthalt<br />

vor e<strong>in</strong> paar Jahren organisierte die Hanns-Seidel-Stiftung e<strong>in</strong>en<br />

Wochenendausflug, zu dem auch <strong>der</strong> frühere Justizm<strong>in</strong>ister (Prof.<br />

Dr. Chimid) <strong>und</strong> <strong>der</strong> damalige Präsident des Verfassungsgerichts<br />

(Prof. Dr. Jantsen) e<strong>in</strong>geladen waren. Herr Chimid kam mit e<strong>in</strong>em<br />

Gewehr <strong>und</strong> verkündete: „Heute wird geschossen!“ <strong>Als</strong> wir an<br />

e<strong>in</strong>em Bach <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em malerischen Gelände angekommen waren,<br />

nahm Herr Chimid e<strong>in</strong> herumliegendes Stück Blech, befestigte es<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Entfernung von etwa 100 m an e<strong>in</strong>em Baum <strong>und</strong> überreichte<br />

mir das Gewehr; ich sollte zeigen, wie gut ich schießen kann.<br />

Das war pe<strong>in</strong>lich für mich – <strong>in</strong> zweifacher H<strong>in</strong>sicht: Erstens war<br />

das Gewehr so schwer, daß ich es kaum halten konnte, <strong>und</strong> zum<br />

zweiten habe ich das Stück Blech gar nicht mehr gesehen, war<br />

es doch <strong>in</strong> weiter Ferne! „<strong>Als</strong>o“, sagte Herr Jantsen, <strong>der</strong> Präsident<br />

des Verfassungsgerichts, „also werde ich schießen müssen!“ Er<br />

legte an – kurze Konzentration –, dann e<strong>in</strong> Schuß, e<strong>in</strong> Knall, <strong>und</strong><br />

das Blech fiel vom Baum. Ich sagte nur: “Respekt, Respekt!“ <strong>und</strong><br />

voll <strong>der</strong> Bewun<strong>der</strong>ung gratulierte ich. Herr Jantsen me<strong>in</strong>te: „Da<br />

gibt es nicht viel zu bewun<strong>der</strong>n. Für uns Nomaden ist <strong>der</strong> Umgang<br />

mit dem Gewehr e<strong>in</strong>e Frage des Überlebens. Im W<strong>in</strong>ter, wenn<br />

die Wölfe im Wald nichts mehr zu fressen hatten <strong>und</strong> sich daher<br />

an unseren Schafen vergreifen wollten, hielt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nacht immer<br />

e<strong>in</strong> männliches Mitglied unserer Familie Wache vor dem Zelt. Und<br />

wenn <strong>der</strong> Wolf aus dem Wald herauskam <strong>und</strong> sich unserer Jurte<br />

näherte, dann mußten wir schießen – <strong>und</strong> natürlich auch treffen!“<br />

Goethe <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong><br />

Mit Herrn Jantsen verb<strong>in</strong>den uns viele juristische Veranstaltungen<br />

<strong>und</strong> Gespräche. Er ist als Nomadenk<strong>in</strong>d naturverb<strong>und</strong>en, sehr<br />

kommunikativ <strong>und</strong> bereitet se<strong>in</strong>em Gegenüber beim Schachspiel<br />

manche Kopfschmerzen. <strong>Als</strong> wir ihm e<strong>in</strong>mal als Gastgeschenk<br />

„Goethes Faust“ <strong>in</strong> russischer Sprache mitbrachten, f<strong>in</strong>g er an<br />

zu zitieren, bevor er das Buch aufschlagen konnte – <strong>in</strong> russischer<br />

Sprache:<br />

„Habe nun, ach! Philosophie,<br />

<strong>Jurist</strong>erei <strong>und</strong> Mediz<strong>in</strong>,<br />

Und lei<strong>der</strong> auch Theologie<br />

Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.<br />

Da steh’ ich nun, ich armer Tor!<br />

Und b<strong>in</strong> so klug als wie zuvor;<br />

…“<br />

<strong>Als</strong> wir uns vor Staunen nicht beruhigen wollten, me<strong>in</strong>te er:<br />

„Nun, das haben wir alle <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule gelernt.“<br />

Manches Mal haben uns die Mongolen mit ihren Kenntnissen über<br />

die deutsche Sprache, die deutsche Politik, die deutsche Fußballwelt<br />

<strong>und</strong> die deutsche Literatur überrascht. So er<strong>in</strong>nere ich mich an<br />

folgendes: Nach e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternationalen Konferenz gab <strong>der</strong> mongolische<br />

Justizm<strong>in</strong>ister für alle Teilnehmer <strong>und</strong> Ehrengäste e<strong>in</strong> großes<br />

Festessen. Gegen Ende des Abends wurde gesungen; <strong>der</strong> Conferencier<br />

gab dem Justizm<strong>in</strong>ister das Mikrophon; dieser eröffnete<br />

den Gesangsreigen. Das war e<strong>in</strong> gelungener Auftakt. Es folgte


<strong>der</strong> russische Bildungsm<strong>in</strong>ister, <strong>der</strong> wie e<strong>in</strong> Profi auftrat <strong>und</strong> bei<br />

se<strong>in</strong>er Darbietung das Mikrophon von e<strong>in</strong>er Hand <strong>in</strong> die an<strong>der</strong>e<br />

warf. Nach dem Gesang e<strong>in</strong>er Abgeordneten des mongolischen<br />

Parlaments, <strong>der</strong> man den ganzen Abend hätte zuhören können,<br />

veranlaßte <strong>der</strong> Justizm<strong>in</strong>ister (<strong>der</strong> mich bereits seit Jahren kennt<br />

<strong>und</strong> es im allgeme<strong>in</strong>en gut mit mir me<strong>in</strong>t), daß mir das Mikrophon<br />

gereicht wird: Da stand ich nun – mit dem Mikrophon <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

zitternden Hand, alle Augen auf mich gerichtet. E<strong>in</strong>en Rest Erkältung<br />

spürte ich noch <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Kehle. Hätte ich deswegen me<strong>in</strong>en<br />

Auftritt ablehnen können? Hätte das vielleicht zu diplomatischen<br />

Verwicklungen geführt? Das alles schoß mir durch den Kopf. Tollkühn<br />

entschloß ich mich anzukündigen: „Ich s<strong>in</strong>ge e<strong>in</strong> Liebeslied<br />

von Johann Wolfgang von Goethe.“ Und wenn die Mongolen<br />

<strong>und</strong> Russen den „Namen Goethe“ hören, bekommen sie e<strong>in</strong>en<br />

andächtig verklärten Gesichtsausdruck; denn Gedichte <strong>und</strong><br />

Dramen von Goethe kennt man. Und also sang ich per Mikrophon<br />

mit sonorer Stimme: „Sah e<strong>in</strong> Knab’ e<strong>in</strong> Rösle<strong>in</strong> stehn .....“ Ich<br />

erhielt lebhaften Beifall <strong>und</strong> war von mir sehr angetan. Ja, das hätte<br />

für mich <strong>der</strong> Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er neuen Karriere se<strong>in</strong> können.<br />

E<strong>in</strong> Blick <strong>in</strong> die mongolische Rechtsgeschichte<br />

Die Mongolen wollen weiterh<strong>in</strong> von uns lernen. Es ist aber auch<br />

<strong>in</strong>teressant, <strong>in</strong> die mongolische Rechtsgeschichte zu blicken. So<br />

wird überliefert, daß nach den Gesetzen von Dsch<strong>in</strong>gis-Khan die<br />

Rechtsstellung <strong>der</strong> Ehefrau <strong>und</strong> Mutter relativ stark war; daß <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Mongolei</strong> schon um das Jahr 1200 Religionsfreiheit herrschte –<br />

bereits damals lebten neben Buddhisten auch Christen im Lande.<br />

Für stabile Verhältnisse im Innern sorgte Dsch<strong>in</strong>gis-Khan mit e<strong>in</strong>er<br />

rigorosen Gesetzgebung: Diebstahl <strong>und</strong> Betrug wurden mit dem<br />

Tode bestraft, ebenso e<strong>in</strong>e vorsätzliche Lüge. Manchmal denke<br />

ich mir bezüglich unwahrer Aussagen: Wie praktisch wären solche<br />

Gesetze für unsere politische Gegenwart.<br />

Bemerkenswert ist auch, daß Dsch<strong>in</strong>gis-Khan se<strong>in</strong>e Heerführer<br />

nicht nach ihrer familiären Herkunft, also nach Zugehörigkeit zur<br />

Adelsklasse, auswählte, son<strong>der</strong>n se<strong>in</strong>e Soldaten nur nach Leistung<br />

beför<strong>der</strong>te. M. a. W.: Was seit 1949 <strong>in</strong> unserem Gr<strong>und</strong>gesetz steht,<br />

hat Dsch<strong>in</strong>gis-Khan schon im Jahr 1200 praktiziert. Über Dsch<strong>in</strong>gis-Khan<br />

wird auch sonst manch Erstaunliches berichtet: Nach e<strong>in</strong>er<br />

gewonnenen Schlacht, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Dsch<strong>in</strong>gis-Khan durch den Pfeil<br />

e<strong>in</strong>es Fe<strong>in</strong>des verletzt worden war, versammelte er die gefangen<br />

genommenen Soldaten um sich <strong>und</strong> fragte sie, wer es war, <strong>der</strong> ihn<br />

mit dem Pfeil getroffen habe. Mit dem Soldaten, <strong>der</strong> sich meldete,<br />

führte er e<strong>in</strong> weiteres Gespräch <strong>und</strong> machte ihn zu e<strong>in</strong>em se<strong>in</strong>er<br />

Heerführer, zu e<strong>in</strong>em General. Diese Entscheidung erläuterte er<br />

se<strong>in</strong>er Umgebung mit den schlichten Worten: „Wer als Gefangener<br />

so viel Mut aufbr<strong>in</strong>gt, um sich gegenüber se<strong>in</strong>em Fe<strong>in</strong>d zu se<strong>in</strong>er<br />

Tat zu bekennen, ist e<strong>in</strong> ehrenwerter Mann, auf den ich mich verlassen<br />

kann.“ So e<strong>in</strong>fach war Menschenkenntnis <strong>und</strong> Menschenführung<br />

vor 800 Jahren!<br />

Die Früchte <strong>der</strong> Arbeit<br />

Kann man – werde ich manchmal gefragt – Fortschritte feststellen<br />

nach 15-jähriger juristischer Arbeit?<br />

„Ja, durchaus“, muß man sagen.<br />

• Zum e<strong>in</strong>en: Die <strong>Jurist</strong>enausbildung ist e<strong>in</strong>deutig besser<br />

geworden. An <strong>der</strong> juristischen Fakultät arbeiten u. a. vier<br />

Dozent<strong>in</strong>nen, die <strong>in</strong> Deutschland mehrere Jahre studiert <strong>und</strong><br />

z. T. auch promoviert haben. E<strong>in</strong>e dieser <strong>Jurist</strong><strong>in</strong>nen ist bereits<br />

Lehrstuhlleiter<strong>in</strong>.<br />

• Zweitens: Seit Installierung <strong>der</strong> Verwaltungsgerichte im Jahr<br />

2004 - so hört man immer wie<strong>der</strong> - seien die Verwaltungsbehörden<br />

vorsichtiger geworden, wenn sie belastende Akte<br />

erlassen. Das kann man als großen Fortschritt betrachten.


• Drittens: Ich könnte über e<strong>in</strong>ige konkrete Beispiele berichten,<br />

die <strong>in</strong> <strong>der</strong> mongolischen Öffentlichkeit Aufsehen erregten <strong>und</strong><br />

uns positiv stimmen; hier nur e<strong>in</strong> Beispiel:<br />

E<strong>in</strong>e uns gut bekannte Professor<strong>in</strong> des Rechts wurde im Jahr<br />

2002 auf Vorschlag des Obersten Gerichts vom Parlament zur<br />

Verfassungsrichter<strong>in</strong> gewählt. Gegen Ende <strong>der</strong> 6-jährigen Amtszeit<br />

zeigte sie Interesse für e<strong>in</strong>e weitere 6-jährige Amtszeit. Doch<br />

e<strong>in</strong>ige Zeit, bevor das Parlament über die zweite Amtszeit zu entscheiden<br />

hatte, gab es e<strong>in</strong>en Verfassungsprozeß gegen den Parlamentspräsidenten,<br />

<strong>der</strong> e<strong>in</strong> mächtiger Mann <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Partei ist. Die<br />

Professor<strong>in</strong> war Berichterstatter<strong>in</strong> <strong>in</strong> diesem Verfassungsprozeß.<br />

Kurzum: Der Parlamentspräsident hat den Prozeß klipp <strong>und</strong> klar<br />

verloren – nicht ohne Zutun dieser Professor<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>ige Zeit danach<br />

sollte das Parlament über die zweite Amtsperiode dieser Professor<strong>in</strong><br />

entscheiden. Wenn man bedenkt, daß <strong>der</strong> Parlamentspräsident<br />

e<strong>in</strong>e mächtige Figur im Staate ist, kann man sich denken, was man<br />

<strong>in</strong> Fachkreisen vermutete. Viel wurde spekuliert. Schließlich kam<br />

es im Parlament zur Abstimmung; <strong>und</strong> siehe da: e<strong>in</strong>er weiteren<br />

Amtszeit wurde zugestimmt bei nur zwei Gegenstimmen.<br />

Das ist nicht <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige spektakuläre Fall, <strong>der</strong> ermutigend wirkt.<br />

Natürlich bedeutet das nicht, daß schon <strong>in</strong> alle Amtsstuben <strong>der</strong><br />

Rechtsstaat e<strong>in</strong>gezogen ist. Das ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Staat, <strong>der</strong> erst seit<br />

etwa 20 Jahren e<strong>in</strong> demokratischer Staat ist, auch nicht möglich.<br />

Auch Unerfreuliches könnte ich berichten. Wie auch immer: Der<br />

Kampf gegen alte Praktiken ist weiter zu führen.<br />

Das Ansehen <strong>der</strong> Älteren<br />

Man muß <strong>in</strong> diesem Zusammenhang daran er<strong>in</strong>nern, daß es nach<br />

1990 vor allem die Älteren waren, also die 55-, 60- <strong>und</strong> 70- Jährigen,<br />

die die rechtsstaatlichen Reformen vorangebracht haben. Sie<br />

sprechen offen von <strong>der</strong> E<strong>in</strong>seitigkeit <strong>der</strong> sozialistischen Ideologie,<br />

die sie nun h<strong>in</strong>ter sich gelassen hätten.<br />

Es ist überhaupt immer wie<strong>der</strong> erstaunlich, wie man <strong>in</strong> Asien auf<br />

die Älteren, auf die Alten hört, welches Ansehen die ältere Generation<br />

genießt. Im Westen, auch <strong>in</strong> Deutschland, ja sogar <strong>in</strong> Bayern,<br />

weiß man, daß die Älteren, daß die Alten nicht viel gelten. Man<br />

hört <strong>und</strong> liest, daß sich das Verhältnis <strong>der</strong> Jungen zu den Alten bei<br />

uns – zunächst zahlenmäßig – dramatisch verän<strong>der</strong>t. Vor kurzem<br />

schrieb die SZ, daß bald auf e<strong>in</strong>en Leistungsträger zwei Gebißträger<br />

kommen. Solche Gedanken s<strong>in</strong>d dem Osten, den Ch<strong>in</strong>esen<br />

<strong>und</strong> Mongolen, völlig fremd. Den Jugendwahn unserer westlichen<br />

Welt kennt man dort nicht – im Gegenteil! E<strong>in</strong> beliebtes Spiel <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Mongolei</strong> ist – wenn man sich etwas näher kennt – das Raten des<br />

Alters. Nicht nur e<strong>in</strong>mal war ich Opfer e<strong>in</strong>es solchen Ratespiels.<br />

Die mir angeborene Bescheidenheit verbietet es mir, darüber zu<br />

sprechen, welche Ergebnisse ich bei diesen Ratespielen erziele.<br />

Offenbare ich dann den Mongolen me<strong>in</strong> wahres Alter, so protestieren<br />

sie: „Ne<strong>in</strong>, ne<strong>in</strong>, Märchen dürfen Sie uns nicht erzählen.<br />

Wir wissen genau, wie e<strong>in</strong> Mann <strong>in</strong> dem von Ihnen genannten Alter<br />

aussieht; schließlich haben wir e<strong>in</strong>en Großvater <strong>in</strong> diesem Alter!“<br />

Man muß über das Verhältnis <strong>der</strong> Generationen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong><br />

wissen: Zum e<strong>in</strong>en duzt <strong>der</strong> ältere Mongole die Jüngeren, die<br />

damit ihre Jugend anerkannt sehen. In umgekehrter Richtung wird<br />

„per Sie“ gesprochen. Das heißt: Die ältere Schwester duzt ihre<br />

jüngere Schwester, während die Jüngere die um 3 Jahre ältere<br />

Schwester „mit Sie“ anspricht. Ganz allgeme<strong>in</strong> gilt: Je älter man<br />

ist, desto größer werden Achtung <strong>und</strong> Respekt, die e<strong>in</strong>em entgegengebracht<br />

werden. Und jetzt ganz abstrakt gesprochen: Wenn<br />

man noch Schwung <strong>und</strong> Power hat <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong> sagt, man<br />

sei über 70, gerät man <strong>in</strong> den Verdacht, Respekt e<strong>in</strong>zufor<strong>der</strong>n, <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>em altersmäßig nicht zusteht. Seit ich das weiß, b<strong>in</strong> ich <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Mongolei</strong> aus moralischen Gründen gezwungen, mich jünger zu<br />

machen als ich b<strong>in</strong>, um nicht als Schw<strong>in</strong>dler dazustehen.


Ausblick<br />

Zurzeit b<strong>in</strong> ich <strong>in</strong> die Ausarbeitung e<strong>in</strong>es neuen Gesetzes über das<br />

Recht <strong>der</strong> Ordnungswidrigkeiten e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en, nehme an Sitzungen<br />

des entsprechenden mongolischen Arbeitskreises teil, gebe<br />

mündlich <strong>und</strong> schriftlich Stellungnahmen ab.<br />

Wer noch nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong> war <strong>und</strong> noch besser verstehen<br />

will, warum dieses Land <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Menschen so sehr fasz<strong>in</strong>ieren,<br />

möge sich – am besten im K<strong>in</strong>o – den Film „Die Geschichte vom<br />

we<strong>in</strong>enden Kamel“ ansehen. Er ist von <strong>der</strong> Mongol<strong>in</strong> Byambasuren<br />

gedreht <strong>und</strong> zeigt vieles vom wirklichen Leben <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong>.<br />

In den ersten Jahren <strong>der</strong> Zusammenarbeit haben wir Deutschen<br />

die Mongolen manchmal gefragt, warum sie sich entschlossen<br />

haben, mit e<strong>in</strong>em mitteleuropäischen Land auf dem Gebiet des<br />

Rechts so eng zusammenzuarbeiten. Nicht nur e<strong>in</strong>mal hörten wir<br />

als Antwort, wir Europäer sollten davon ausgehen, daß sich die<br />

<strong>Mongolei</strong> als östlichstes Land Europas betrachtet. Die <strong>Mongolei</strong><br />

bekennt sich auch bewußt zum kont<strong>in</strong>ental-europäischen, zum<br />

germanisch-römischen Rechtssystem.<br />

Die <strong>Mongolei</strong> <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Län<strong>der</strong> Asiens, Mittel- <strong>und</strong> Osteuropas,<br />

auch Afrikas <strong>und</strong> Amerikas sehen <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong>en willkommenen<br />

Partner für e<strong>in</strong>e konstruktive Zusammenarbeit. Erstaunlich<br />

ist, daß <strong>in</strong> all diesen Län<strong>der</strong>n die deutsche Geschichte <strong>der</strong> 1. Hälfte<br />

des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts bei den Begegnungen mit den verschiedenen<br />

Altersgruppen nicht thematisiert wird. Vielmehr f<strong>in</strong>det <strong>der</strong><br />

deutsche <strong>Jurist</strong> überall, sei es <strong>in</strong> Universitäten, M<strong>in</strong>isterien o<strong>der</strong><br />

Gerichten, offene Türen <strong>und</strong> wird mit herzlicher Sympathie willkommen<br />

geheißen. Voller Hochachtung sprechen die Gastgeber<br />

über unser Land, das wirtschaftlich stark sei, das e<strong>in</strong>e attraktive<br />

Infrastruktur habe, das über e<strong>in</strong> verläßliches Rechtswesen verfüge.<br />

Und <strong>in</strong> vielen Län<strong>der</strong>n werden wir beneidet um unser Verfassungsgericht<br />

<strong>in</strong> Karlsruhe, dessen Rechtsprechung nicht nur auf<br />

die Mitgliedslän<strong>der</strong> <strong>der</strong> Europäische Union <strong>und</strong> den Europäischen<br />

Gerichtshof ausstrahlt, son<strong>der</strong>n auch auf Afrika, Amerika <strong>und</strong><br />

Asien. E<strong>in</strong> britischer Politik-Wissenschaftler aus Oxford äußerte im<br />

Februar 2009 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Süddeutschen Zeitung: Es gebe auf unserem<br />

Globus zwei goldene politische Texte: die Verfassung <strong>der</strong> USA von<br />

1787 <strong>und</strong> das deutsche Gr<strong>und</strong>gesetz von 1949! Das mag auch<br />

erklären, daß man im Ausland immer wie<strong>der</strong> die Bestätigung<br />

erhält: <strong>Als</strong> „Botschafter des deutschen Rechts“ ist man geschätzt<br />

<strong>und</strong> gefragt. Kurzum: Durch die Arbeit im Ausland wird <strong>der</strong> deutsche<br />

<strong>Jurist</strong> e<strong>in</strong> deutscher Patriot.<br />

Aus unserer Sicht ist die Zusammenarbeit mit den Mongolen fachlich<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong> menschlicher Sicht äußerst angenehm; denn es begegnen<br />

e<strong>in</strong>em selbstbewußte Menschen, die natürliche Fre<strong>und</strong>lichkeit<br />

<strong>und</strong> Herzenswärme ausstrahlen, Menschen, die zuhören, kritisch<br />

diskutieren, Menschen, die die Härte des Lebens kennen <strong>und</strong> doch<br />

auch lachen können, Menschen, die ihr Land lieben <strong>und</strong> daher für<br />

ihr Land arbeiten.


Anhang<br />

Vorschläge zur Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

mongolischen Verwaltungsgerichtsordnung<br />

–<br />

E<strong>in</strong> Beitrag aus deutscher Sicht<br />

Die zehnköpfige Multiplikatorengruppe. In <strong>der</strong> unteren Reihe 2. v. l.: Orosoo Zandraa,<br />

(Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Verwaltungskammer des Obersten Gerichts), 3. v. l.: Prof. Dr. Dr. h. c.<br />

He<strong>in</strong>rich Scholler (Universität München). In <strong>der</strong> oberen Reihe stehend 1. v. r.:<br />

Khukhiisuren Batsuren (seit Januar 2011 Präsident des Haupstadtgerichts <strong>in</strong> Ulan Bator)<br />

Richter, Richter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Richterassistent<strong>in</strong>nen des neuen Berufungsgerichts. Untere<br />

Reihe 1. v. l.: Richter M. Batsuur, 5. v. l.: Präsident Ts. Tsogt, 6. v. l.: N. Erdenetsogt<br />

(Exekutivdirektor <strong>der</strong> Akademie „Rechtsbildung“ <strong>und</strong> Dolmetscher, 1. v. r.: Richter<strong>in</strong> P.<br />

Soyol-Erdene, 2. v. r.: Richter<strong>in</strong> T. Enkhmaa; die an<strong>der</strong>en Damen s<strong>in</strong>d Richterassistent<strong>in</strong>nen<br />

Von Dr. Jürgen Harbich, Vorstand <strong>der</strong> <strong>Bayerische</strong>n Verwaltungsschule<br />

a. D., Ehrendoktor <strong>der</strong> Mongolischen Staatsuniversität<br />

Die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), vom Großen Staatskhural<br />

am 26. Dezember 2002 beschlossen, ist am 1. Juni 2004 <strong>in</strong><br />

Kraft getreten. Durch dieses Gesetz ist die Verwaltungsgerichtsbarkeit,<br />

e<strong>in</strong>e für die <strong>Mongolei</strong> absolut neue Gerichtsbarkeit, e<strong>in</strong><br />

für e<strong>in</strong>en Rechtsstaat notwendiger Bauste<strong>in</strong>. Verwaltungsrichter,<br />

Verwaltungsbehörden, Rechtsanwälte <strong>und</strong> Bürger, ja die gesamte<br />

Öffentlichkeit, blickt auf e<strong>in</strong>e bald sechsjährige Erfahrung mit <strong>der</strong><br />

VwGO. Es ist e<strong>in</strong>e normale Ersche<strong>in</strong>ung, dass sich e<strong>in</strong>e gr<strong>und</strong>legend<br />

neue Regelung unterschiedlich bewährt. Niemanden überrascht<br />

es daher, daß da <strong>und</strong> dort über Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> VwGO<br />

gesprochen wird, daß die zuständigen staatlichen Stellen entsprechende<br />

Gesetzentwürfe ausarbeiten, die im Staatskhural e<strong>in</strong>gebracht<br />

werden sollen.<br />

Der Autor dieses Beitrages hat die Entstehung <strong>der</strong> Verwaltungsgerichtsbarkeit<br />

aktiv mitverfolgen können <strong>und</strong> hatte im vergangenen<br />

Jahr Gelegenheit, mit zahlreichen mongolischen <strong>Jurist</strong>en über<br />

Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> VwGO zu sprechen. In diesen Gesprächen wurde<br />

er aufgefor<strong>der</strong>t, e<strong>in</strong>ige Gedanken zur Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> VwGO aus<br />

se<strong>in</strong>er Sicht schriftlich nie<strong>der</strong>zulegen. Ohne Frage gibt es Anlaß,


sich mit e<strong>in</strong>igen gr<strong>und</strong>sätzlichen Fragen zu befassen; das jedoch<br />

schließt nicht aus, auch an<strong>der</strong>e Fragen aufzuwerfen.<br />

I. Zur Struktur des Obersten Gerichts<br />

Das Oberste Gericht besteht <strong>der</strong>zeit aus 17 Richtern: dem Präsidenten,<br />

fünf Richtern <strong>der</strong> Zivilkammer, fünf Richtern <strong>der</strong> Strafkammer<br />

<strong>und</strong> sechs Richtern <strong>der</strong> Verwaltungskammer. Die Beson<strong>der</strong>heit<br />

<strong>der</strong> Verwaltungskammer ist, daß sie z. T. als Berufungs<strong>in</strong>stanz,<br />

z. T. als Revisions<strong>in</strong>stanz fungiert. Wird gegen e<strong>in</strong>e Entscheidung<br />

des Berufungsgerichts, das <strong>in</strong> <strong>der</strong> Besetzung von drei Richtern <strong>der</strong><br />

Verwaltungskammer entscheidet, Revision e<strong>in</strong>gelegt, so stehen<br />

für das revisionsgerichtliche Verfahren nur drei Richter <strong>der</strong> Verwaltungskammer<br />

zur Verfügung, weil es Richtern nicht gestattet ist, <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong>selben Sache <strong>in</strong> zwei Instanzen tätig zu werden. Da das Oberste<br />

Gericht als Revisionsgericht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Besetzung von fünf Richtern<br />

entscheidet, müssen zu den drei ständigen Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Verwaltungskammer<br />

zwei Richter aus den an<strong>der</strong>en beiden Kammern<br />

„zugezogen“ werden. Das bedeutet, daß bei verwaltungsrechtlichen<br />

Streitigkeiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Revisions<strong>in</strong>stanz zwei „sachfremde“<br />

Richter mitwirken, die zusammen mit e<strong>in</strong>em Richter <strong>der</strong> Verwaltungskammer<br />

die Mehrheit bilden. E<strong>in</strong>e solche Regelung wird <strong>der</strong><br />

Bedeutung revisionsgerichtlicher Entscheidungen nicht gerecht.<br />

Je nach Streitgegenstand kann die revisionsgerichtliche Entscheidung<br />

landesweite Auswirkungen haben; sie kann auch das künftige<br />

Handeln <strong>der</strong> Exekutive maßgeblich bee<strong>in</strong>flussen. Wenn man<br />

zudem bedenkt, daß die vom Revisionsgericht zu entscheidenden<br />

Rechtsfragen sehr diffizil <strong>und</strong> schwierig se<strong>in</strong> können, ersche<strong>in</strong>t es<br />

nicht angemessen, bei Entscheidungen von überragen<strong>der</strong> Bedeutung<br />

Richter mitwirken zu lassen, die sich nicht ständig, son<strong>der</strong>n<br />

nur gelegentlich mit verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten befassen.<br />

Dieses Dilemma, das sich aus <strong>der</strong> gegenwärtigen Struktur<br />

des Obersten Gerichts <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er Aufgabe ergibt, <strong>in</strong> Verwaltungsrechtsstreitigkeiten<br />

als Berufungs- <strong>und</strong> als Revisionsgericht zu<br />

fungieren, sollte im Zuge <strong>der</strong> anstehenden Gesetzesän<strong>der</strong>ungen<br />

gelöst werden.<br />

<strong>Als</strong> Lösung könnte man sich vorstellen, das Oberste Gericht von<br />

<strong>der</strong> Funktion als Berufungsgericht zu entlasten <strong>und</strong> e<strong>in</strong> eigenes<br />

Berufungsgericht – o<strong>der</strong> wegen <strong>der</strong> großen Ausdehnung des Landes<br />

zwei Berufungsgerichte – zu <strong>in</strong>stallieren.<br />

Soweit auch <strong>in</strong> erst<strong>in</strong>stanzlichen Verfahren bei verwaltungsrechtlichen<br />

Streitigkeiten Zivil- <strong>und</strong> Strafrichter mitwirken, z. B. <strong>der</strong><br />

Gerichtspräsident als Vorsitzen<strong>der</strong> bei e<strong>in</strong>er Besetzung mit drei<br />

Richtern, sollte auch hier e<strong>in</strong>e gesetzliche Regelung angestrebt<br />

werden, die die drei Gerichtszweige klar vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> trennt.<br />

Durch die aufgezeigte Struktur wäre künftig gewährleistet, daß<br />

verwaltungsrechtliche Streitigkeiten nur von Verwaltungsrichtern<br />

entschieden werden.<br />

II. Zur sachlichen Zuständigkeit <strong>der</strong><br />

Verwaltungsgerichte<br />

Der Gesetzgeber, <strong>der</strong> Große Staatskhural, hat sich im Jahr 2002<br />

bei Erlass <strong>der</strong> VwGO für das Enumerationspr<strong>in</strong>zip entschieden<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong> § 4.1. die Behörden aufgeführt, <strong>der</strong>en Verwaltungsakte (s.<br />

§ 4.2.) von den Verwaltungsgerichten überprüft werden können. In<br />

§ 4.1.1. <strong>und</strong> <strong>in</strong> § 4.1.6. waren auch die Regierung <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong> <strong>und</strong><br />

die Zentrale Wahlkommission als mögliche Beklagte e<strong>in</strong>es verwaltungsgerichtlichen<br />

Verfahrens genannt. Veranlaßt durch e<strong>in</strong> Gutachten<br />

des Verfassungsgerichts vom 31. März 2005 hat <strong>der</strong> Staatskhural<br />

die Regierung <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong> <strong>und</strong> die Zentrale Wahlkommission<br />

aus dem Katalog des § 4.1. VwGO herausgenommen, weil Streitigkeiten,<br />

an denen die Regierung <strong>und</strong> Zentrale Wahlkommission<br />

beteiligt s<strong>in</strong>d, Verfassungsstreitigkeiten seien. Diese Entscheidung<br />

hat <strong>in</strong> <strong>Jurist</strong>enkreisen <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> mongolischen Öffentlichkeit


großes Aufsehen erregt <strong>und</strong> sche<strong>in</strong>t – nach me<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>druck – bis<br />

heute umstritten zu se<strong>in</strong>. Die Konsequenz <strong>der</strong> Entscheidung ist<br />

e<strong>in</strong>e spürbare E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> sachlichen Zuständigkeit <strong>der</strong> Verwaltungsgerichte;<br />

<strong>und</strong> sollte die Regierung <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong> auch im<br />

Beschwerdeverfahren nach §§ 6 ff. VwGO als Beschwerdebehörde<br />

fungieren, wäre die Zurückdrängung <strong>der</strong> Verwaltungsgerichtsbarkeit<br />

noch größer, als man vermuten würde, wenn man nur § 4.1.1.<br />

<strong>und</strong> § 4.1.6. im Blick hätte.<br />

Nun kann es e<strong>in</strong>em deutschen <strong>Jurist</strong>en nicht darum gehen, Entscheidungen<br />

des mongolischen Verfassungsgerichts <strong>und</strong> des mongolischen<br />

Gesetzgebers zu kritisieren. Dem deutschen <strong>Jurist</strong>en<br />

möge erlaubt se<strong>in</strong> darzulegen, wie Fragen <strong>der</strong> angesprochenen Art<br />

nach deutschem bzw. bayerischem Recht gesehen werden:<br />

1) Die Regierung als Beklagte<br />

Nach deutschem <strong>und</strong> bayerischem Recht kommt es bei <strong>der</strong><br />

gerichtlichen – verfassungsgerichtlichen bzw. verwaltungsgerichtlichen<br />

– Überprüfung von Akten <strong>der</strong> Regierung darauf an, <strong>in</strong> welcher<br />

Funktion die Regierung gehandelt hat: ob als Verfassungsorgan<br />

o<strong>der</strong> als Verwaltungsorgan.<br />

Wenn z. B. die Regierung im Parlament Fragen <strong>der</strong> Opposition<br />

nach <strong>der</strong>en Me<strong>in</strong>ung nicht ausreichend beantwortet, kann sich die<br />

parlamentarische Opposition an das Verfassungsgericht wenden,<br />

um prüfen zu lassen, ob die Regierung bei <strong>der</strong> Beantwortung <strong>der</strong><br />

Fragen die verfassungsmäßigen Rechte <strong>der</strong> parlamentarischen<br />

M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit beachtet o<strong>der</strong> mißachtet hat. In diesem Fall handelt<br />

die Regierung als Verfassungsorgan <strong>und</strong> kann daher vor dem Verfassungsgericht<br />

„verklagt“ werden; denn es geht um e<strong>in</strong>en Streit<br />

zwischen Verfassungsorganen, e<strong>in</strong>en Streit zwischen Organen des<br />

Verfassungslebens.<br />

Die Regierung wird aber nicht ausschließlich als Verfassungsorgan<br />

tätig. So ernennt <strong>in</strong> Bayern die Staatsregierung die höheren<br />

M<strong>in</strong>isterialbeamten, den Regierungspräsidenten als Leiter <strong>der</strong><br />

staatlichen Mittelbehörde <strong>und</strong> z. B. auch den Präsidenten des<br />

Verwaltungsgerichtshofs. In diesen Fällen handelt die Regierung<br />

des Freistaates Bayern als Verwaltungsbehörde; die erwähnten<br />

Ernennungen von Beamten <strong>und</strong> des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs,<br />

also des höchsten Verwaltungsrichters Bayerns, s<strong>in</strong>d<br />

Verwaltungsakte. Wenn e<strong>in</strong> unterlegener Konkurrent (Mitbewerber)<br />

die Rechtmäßigkeit solcher Verwaltungsakte anzweifelt <strong>und</strong><br />

den Rechtsweg beschreiten will, wendet er sich selbstverständlich<br />

an das Verwaltungsgericht.<br />

Ergänzend sei angemerkt: Wenn <strong>in</strong> Deutschland <strong>der</strong> Gesetzgeber<br />

e<strong>in</strong>e Rechtsnorm, die das Verfassungsgericht als verfassungswidrig<br />

erklärt hat, erneut erlassen will, so ist <strong>der</strong> Gesetzgeber rechtlich<br />

daran nicht geh<strong>in</strong><strong>der</strong>t. Es besteht nach herrschen<strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung<br />

ke<strong>in</strong> „Normwie<strong>der</strong>holungsverbot“. Der Gesetzgeber wird aber e<strong>in</strong>e<br />

Rechtsnorm, die früher für verfassungswidrig erklärt wurde, nur<br />

dann erneut erlassen, wenn er die Regelung für wichtig hält <strong>und</strong><br />

glaubt, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em evtl. erneuten Verfassungsprozess gute Argumente<br />

vortragen zu können, die das Verfassungsgericht überzeugen,<br />

so daß das Verfassungsgericht an se<strong>in</strong>er Auffassung, die se<strong>in</strong>er<br />

früheren Entscheidung zugr<strong>und</strong>e liegt, nicht festhält. E<strong>in</strong>en Fall,<br />

<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er solchen Konstellation ähnlich ist, hat es <strong>in</strong> Bayern vor<br />

mehr als zehn Jahren gegeben.<br />

2) Gr<strong>und</strong>rechtsverletzungen durch Verwaltungsbehörden<br />

Wenn e<strong>in</strong>e Behörde – wie die Zentrale Wahlkommission – darüber<br />

entscheidet, daß e<strong>in</strong> Bürger bei <strong>der</strong> Parlamentswahl nicht wählen<br />

darf, so betrifft die Entscheidung die Gr<strong>und</strong>rechtssphäre des Bürgers;<br />

wenn die Entscheidung rechtswidrig ist, verletzt sie e<strong>in</strong> ele-


mentares Gr<strong>und</strong>recht. Nach deutschem Rechtsverständnis ist e<strong>in</strong>e<br />

solche Entscheidung e<strong>in</strong> Verwaltungsakt, dessen Überprüfung<br />

Aufgabe <strong>der</strong> Verwaltungsgerichte ist. Diese Streitigkeit zwischen<br />

Bürger <strong>und</strong> Behörde ist e<strong>in</strong>e verwaltungsrechtliche Streitigkeit;<br />

sie wird nicht dadurch, daß <strong>der</strong> Streit um e<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong>recht geht, zu<br />

e<strong>in</strong>er Verfassungsstreitigkeit, für die e<strong>in</strong> Verwaltungsgericht nicht<br />

zuständig wäre. Der Maßstab, an dem die Verwaltungsgerichte<br />

Verwaltungsakte überprüfen, ist die gesamte Rechtsordnung, also<br />

auch die Verfassung <strong>und</strong> damit auch die Gr<strong>und</strong>rechte. Über diese<br />

Frage gibt es <strong>in</strong> Deutschland ke<strong>in</strong>e Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheiten.<br />

Für das deutsche Recht könnte man – zugespitzt – formulieren: Es<br />

ist die vornehmste Aufgabe <strong>der</strong> Verwaltungsgerichte, die Bürger<br />

vor Verletzungen <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>rechte zu schützen.<br />

Wenn man die Frage – Überprüfung e<strong>in</strong>es Verwaltungsaktes am<br />

Maßstab <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>rechte – nach mongolischem Recht zu beantworten<br />

hat, wird man § 2.2. <strong>der</strong> mongolischen VwGO heranziehen<br />

müssen. Nach dieser Bestimmung stützt sich das Verwaltungsgericht<br />

bei se<strong>in</strong>en Entscheidungen u. a. auch auf die Normen <strong>der</strong> Verfassung,<br />

<strong>und</strong> das s<strong>in</strong>d bei verwaltungsgerichtlichen Klagen wohl <strong>in</strong><br />

erster L<strong>in</strong>ie die Gr<strong>und</strong>rechte.<br />

Vertritt man die gegenteilige Ansicht, d. h. wenn man den Verwaltungsgerichten<br />

nicht zugesteht, Verwaltungsentscheidungen am<br />

Maßstab <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>rechte zu überprüfen, dann führt das aus <strong>der</strong><br />

Sicht des Bürgers zu e<strong>in</strong>er erheblichen Verkürzung des Rechtsschutzes:<br />

Der Bürger könnte sich im verwaltungsgerichtlichen<br />

Verfahren nicht auf se<strong>in</strong>e wichtigsten Rechte, die Gr<strong>und</strong>rechte,<br />

berufen, weil das Verwaltungsgericht Gr<strong>und</strong>rechtsnormen nicht<br />

anwenden darf. Und <strong>der</strong> Weg zum Verfassungsgericht ist dem Bürger<br />

auch versperrt, weil das mongolische Recht die Verfassungsbeschwerde<br />

des Bürgers gegen E<strong>in</strong>zelakte <strong>der</strong> Exekutive nicht kennt.<br />

E<strong>in</strong> solches Ergebnis ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Verfassungsstaat, <strong>der</strong> sich zu<br />

Gr<strong>und</strong>rechten bekennt, sehr mißlich.<br />

E<strong>in</strong>e Klarstellung durch den Gesetzgeber, daß das Wort „Verfassung“<br />

<strong>in</strong> § 2.2. VwGO den Gr<strong>und</strong>rechtsteil <strong>der</strong> Verfassung auch<br />

umfasst, wäre zu begrüßen.<br />

III. Zum Beschwerdeverfahren (Vorverfahren)<br />

nach §§ 6 ff. VwGO<br />

1) Überprüfung des mit Beschwerde angefochtenen<br />

Verwaltungsakts<br />

Die zuständigen Verwaltungsorgane überprüfen im Vorverfahren<br />

die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts (§ 7.1.1. VwGO). E<strong>in</strong> Problem<br />

stellt die Überprüfung von Ermessensentscheidungen <strong>der</strong><br />

Verwaltungsbehörden dar. Es geht um die Fälle, <strong>in</strong> denen die<br />

Behörde durch e<strong>in</strong>e Rechtsnorm nicht zu e<strong>in</strong>er bestimmten Entscheidung<br />

verpflichtet ist, son<strong>der</strong>n zwischen zwei o<strong>der</strong> mehreren<br />

rechtmäßigen Entscheidungen wählen kann. Ist die „Wahl“ <strong>der</strong><br />

Behörde ermessensfehlerhaft, so ist die Verwaltungsentscheidung,<br />

also <strong>der</strong> angefochtene Verwaltungsakt, rechtlich fehlerhaft,<br />

also rechtswidrig, <strong>und</strong> wird, wenn er Rechte bzw. gesetzmäßige<br />

Interessen des Beschwerdeführers verletzt, von <strong>der</strong> Beschwerdebehörde<br />

aufgehoben (§ 8.1.2. VwGO; siehe auch die Ausführungen<br />

von He<strong>in</strong>rich Scholler <strong>in</strong>: Scholler/Harbich, Deutscher Kommentar<br />

zur Verwaltungsgerichtsordnung <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong>, § 6 „II. Das Wi<strong>der</strong>spruchsverfahren“,<br />

§ 7 „I. Allgeme<strong>in</strong>es“). Ob aber <strong>der</strong> Verwaltungsakt<br />

zweckmäßig ist, wird nach den Vorschriften des Vorverfahrens<br />

von <strong>der</strong> Beschwerdebehörde nicht überprüft. Das ist mißlich. Denn<br />

die Beschwerdebehörde hat als höhere Behörde auch die Aufgabe,<br />

<strong>in</strong> ihrem Amtssprengel – d. h. <strong>in</strong> ihrem räumlichen Zuständigkeitsbereich<br />

– dafür zu sorgen, daß die Gesetze rechtmäßig vollzogen<br />

<strong>und</strong> bei Ermessensentscheidungen gleichmäßig angewendet


werden. Die Zweckmäßigkeitskontrolle im Vorverfahren setzt aber<br />

voraus, daß <strong>der</strong> Beschwerdeführer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em subjektiven Recht betroffen<br />

ist. Denn die – z. B. im deutschen Recht (§ 68 deutsche<br />

VwGO) vorgesehene – Überprüfung <strong>der</strong> Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts<br />

eröffnet ke<strong>in</strong>en Popularwi<strong>der</strong>spruch.<br />

Zur Erläuterung: E<strong>in</strong> Popularrechtsbehelf ist e<strong>in</strong> Rechtsbehelf, <strong>der</strong><br />

von e<strong>in</strong>er Person erhoben werden kann, ohne dass die Person<br />

behaupten muß, <strong>in</strong> ihren Rechten verletzt bzw. betroffen zu se<strong>in</strong>.<br />

Bei e<strong>in</strong>er Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> mongolischen VwGO sollte erwogen werden,<br />

im Beschwerdeverfahren auch die Zweckmäßigkeitsüberprüfung<br />

vorzusehen. Dabei versteht es sich von selbst, daß diese<br />

Zweckmäßigkeitsüberprüfung nur bei Ermessensentscheidungen<br />

<strong>der</strong> Verwaltung <strong>in</strong> Betracht kommt; bei geb<strong>und</strong>enen Verwaltungsentscheidungen<br />

– wenn also die Behörde kraft e<strong>in</strong>er Rechtsnorm<br />

<strong>in</strong> bestimmter Weise entscheiden muss, z. B. wenn sie auf Gr<strong>und</strong><br />

des Gesetzes die Fahrerlaubnis „zu entziehen hat“ – dürfen we<strong>der</strong><br />

die Ausgangsbehörde noch die Beschwerdebehörde Zweckmäßigkeitserwägungen<br />

anstellen.<br />

2) Gewährung <strong>der</strong> Fristverlängerung gemäß § § 6.3. VwGO<br />

Wenn e<strong>in</strong>e Person die Beschwerdefrist von 30 Tagen (§ 6.1.VwGO)<br />

aus e<strong>in</strong>em zu entschuldigenden Gr<strong>und</strong> versäumt, so kann die zuständige<br />

Verwaltungsbehörde die Beschwerdefrist verlängern.<br />

Nach dem Wortlaut von § 6.3. Satz 1 VwGO besteht auf die<br />

Gewährung <strong>der</strong> Fristverlängerung ke<strong>in</strong> Anspruch, weil die Fristverlängerung<br />

e<strong>in</strong>e „Kann-Entscheidung“, also e<strong>in</strong>e Ermessensentscheidung,<br />

ist. Diese Regelung hat zur Folge, daß die Exekutive<br />

bei entschuldbarer Fristversäumnis darüber entscheiden kann, ob<br />

e<strong>in</strong> Verwaltungsakt mit Beschwerde <strong>und</strong> ggfs. mit e<strong>in</strong>er gerichtlichen<br />

Klage zulässigerweise angefochten werden kann. Das ist<br />

mit den Rechten des Bürgers <strong>und</strong> <strong>der</strong> Aufgabe <strong>der</strong> Verwaltungsgerichtsbarkeit<br />

nicht vere<strong>in</strong>bar: Denn es muß <strong>in</strong> <strong>der</strong> Entscheidungsfreiheit<br />

<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Person liegen, ob sie e<strong>in</strong>en Verwaltungsakt<br />

mit e<strong>in</strong>er Beschwerde <strong>und</strong> ggfs. mit e<strong>in</strong>er Klage anfechten will.<br />

Das kann – wenn die Frist entschuldbar, z. B. wegen Krankheit,<br />

versäumt wurde – nicht von e<strong>in</strong>er Ermessensentscheidung <strong>der</strong><br />

Exekutive abhängen.<br />

Bei e<strong>in</strong>er Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> VwGO sollte <strong>in</strong> § 6.3. Satz 1 das Wort<br />

„kann“ durch das Wort „muß“ ersetzt werden. Dabei sollte<br />

berücksichtigt werden, dass <strong>der</strong> H<strong>in</strong><strong>der</strong>ungsgr<strong>und</strong> für die E<strong>in</strong>legung<br />

<strong>der</strong> Beschwerde auch länger als drei Monate bestehen kann.<br />

Dem Adressaten des Verwaltungsaktes müßte durch Gesetz e<strong>in</strong>e<br />

bestimmte Frist gewährt werden, <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> er nach Wegfall<br />

des H<strong>in</strong><strong>der</strong>nisses (z. B. Entlassung aus dem Krankenhaus) die<br />

Fristverlängerung beantragen kann.<br />

IV. Zur Klagefrist<br />

Legt e<strong>in</strong>e Person gegen e<strong>in</strong>en belastenden Verwaltungsakt<br />

Beschwerde e<strong>in</strong>, so muß sie das nach § 6.1. <strong>in</strong>nerhalb von 30 Tagen<br />

nach Erhalt o<strong>der</strong> Kenntnisnahme vom Verwaltungsakt tun.<br />

Wird die Beschwerde zurückgewiesen, so sieht die VwGO für die<br />

nun mögliche Erhebung <strong>der</strong> verwaltungsgerichtlichen Klage ke<strong>in</strong>e<br />

Frist vor. Lediglich für den Son<strong>der</strong>fall des § 12.2. VwGO kennt das<br />

Gesetz e<strong>in</strong>e Klagefrist von 30 Tagen. Doch für die übrigen Fälle,<br />

d. h. für die meisten Fälle, enthält die VwGO ke<strong>in</strong>e Klagefrist. Welches<br />

Schicksal hat demnach e<strong>in</strong>e Klage, die z. B. nach 60 Tagen<br />

nach Erhalt <strong>der</strong> Beschwerdeentscheidung erhoben wird? Ist diese<br />

Klage fristgerecht o<strong>der</strong> verspätet erhoben?<br />

Die angesprochene Gesetzeslücke kann bei Personen, die Rechtsschutz<br />

suchen, <strong>und</strong> bei <strong>der</strong> Rechtsanwendung zu Unsicherheiten<br />

führen. Nun kann man rechtstechnisch mit e<strong>in</strong>er Analogie zu § 12.2.


VwGO <strong>und</strong> zu den Vorschriften, die die Zulässigkeit von Berufung<br />

<strong>und</strong> Revision von <strong>der</strong> E<strong>in</strong>haltung e<strong>in</strong>er Frist abhängig machen, zum<br />

Ergebnis kommen, daß die Klage nicht unbefristet, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong>nerhalb<br />

von 30 Tagen nach Erhalt <strong>der</strong> Beschwerdeentscheidung erhoben<br />

werden muß (siehe dazu die Ausführungen von Harbich <strong>in</strong>:<br />

Scholler/Harbich, Deutscher Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung<br />

<strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong>, Erläuterungen zu § 33.1.). In Deutschland<br />

würden wir sagen, es wäre „sauberer“, wenn <strong>der</strong> Gesetzgeber die<br />

Lücke schließt <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e bestimmte Klagefrist festsetzt.<br />

Bei e<strong>in</strong>er gesetzlichen Regelung müßte jedoch bedacht werden,<br />

daß nicht für alle verwaltungsgerichtlichen Klagen e<strong>in</strong>e Frist vorzusehen<br />

wäre. <strong>Als</strong> Klagen, die ohne E<strong>in</strong>haltung e<strong>in</strong>er Klagefrist erhoben<br />

werden können, kommen <strong>in</strong> Betracht alle Klagen, denen ke<strong>in</strong><br />

Beschwerdeverfahren nach §§ 6 ff. VwGO vorausgeht. Das ist die<br />

Klage auf Feststellung<br />

• <strong>der</strong> offensichtlichen Rechtswidrigkeit e<strong>in</strong>es Verwaltungsaktes<br />

(§ 32.5.2.); das ist die Klage auf Feststellung <strong>der</strong> Nichtigkeit<br />

e<strong>in</strong>es Verwaltungsakts (§ 70.2.3.); <strong>in</strong> diesem Fall sollte aus<br />

rechtsstaatlichen Gründen auf die E<strong>in</strong>haltung e<strong>in</strong>er Klagefrist<br />

verzichtet werden;<br />

• des Bestehens o<strong>der</strong> Nicht-Bestehens e<strong>in</strong>es<br />

Rechtsverhältnisses (§ 70.2.2.).<br />

Die zuletzt genannte Feststellungsklage ist zwar nicht <strong>in</strong> § 32<br />

VwGO genannt; nach allgeme<strong>in</strong>en Gr<strong>und</strong>sätzen muß <strong>der</strong> mögliche<br />

Inhalt e<strong>in</strong>er gerichtlichen Entscheidung auch durch e<strong>in</strong>e entsprechende<br />

Klage beantragt werden können.<br />

V. Zur Klageerhebung<br />

Gemäß § 32.1. VwGO ist die Klage beim Verwaltungsgericht schriftlich<br />

e<strong>in</strong>zureichen. Der Kläger hat dabei e<strong>in</strong>e Reihe gesetzlicher<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen zu beachten. Im H<strong>in</strong>blick darauf, daß die mongolische<br />

VwGO für die Klageerhebung <strong>und</strong> das gesamte gerichtliche<br />

Verfahren ke<strong>in</strong>en Anwaltszwang vorschreibt, könnte man daran<br />

denken, bei <strong>der</strong> anstehenden Gesetzesän<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>e Erleichterung<br />

für die Klageerhebung vorzusehen, <strong>in</strong>dem man dem rechtsunk<strong>und</strong>igen<br />

Kläger von Staats wegen entsprechende Hilfe gewährt.<br />

Nach deutschem Recht, das für das erst<strong>in</strong>stanzliche Verfahren ke<strong>in</strong>en<br />

Anwaltszwang kennt, kann die Klage beim Verwaltungsgericht<br />

zur Nie<strong>der</strong>schrift e<strong>in</strong>es entsprechend ausgebildeten Beamten (<strong>der</strong><br />

<strong>in</strong> je<strong>der</strong> Geschäftsstelle <strong>der</strong> Verwaltungsgerichte arbeitet), erhoben<br />

werden. Dieser Beamte ist dem rechtsunk<strong>und</strong>igen Bürger bei<br />

<strong>der</strong> Formulierung <strong>der</strong> Klageschrift behilflich. Auf diese Weise ist<br />

gewährleistet, daß Klagen, die mit Hilfe des zuständigen Beamten<br />

formuliert werden, nicht wegen formaler Fehler unzulässig s<strong>in</strong>d.<br />

VI. Zur Rechtsbehelfsbelehrung<br />

Die VwGO sieht nicht vor, daß den Verwaltungsakten, den Beschwerdeentscheidungen<br />

<strong>und</strong> Gerichtsentscheidungen e<strong>in</strong>e<br />

schriftliche Belehrung beigefügt wird, aus <strong>der</strong> <strong>der</strong> Adressat <strong>der</strong><br />

jeweiligen Entscheidungen entnehmen kann, welchen Rechtsbehelf<br />

(Beschwerde, Klage, Berufung, Revision) er <strong>in</strong>nerhalb welcher<br />

Frist bei welcher Behörde bzw. bei welchem Gericht e<strong>in</strong>legen kann.<br />

Zwar konnte ich bei mündlichen Verhandlungen des Hauptstadtgerichts<br />

<strong>und</strong> des Obersten Gerichts (als Berufungsgericht), an denen<br />

ich als Zuhörer teilgenommen habe, feststellen, daß die Richter<br />

am Ende <strong>der</strong> mündlichen Urteilsbegründung die unterlegene Partei<br />

belehren, welchen Rechtsbehelf sie <strong>in</strong> welcher Frist bei welchem<br />

Gericht e<strong>in</strong>legen kann. Die Richter geben diese Belehrung<br />

nicht auf Gr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er gesetzlichen Verpflichtung, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> Erfüllung<br />

e<strong>in</strong>es „nobile officium“, d. h. e<strong>in</strong>er „vornehmen, freiwilligen


Dienstpflicht“.<br />

Im Verfahren zur Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> VwGO wäre zu überlegen, ob –<br />

<strong>der</strong> deutschen Verwaltungsgerichtsordnung folgend – e<strong>in</strong>e Vorschrift<br />

<strong>in</strong> die VwGO aufgenommen wird, wonach die Frist für e<strong>in</strong>en<br />

Rechtsbehelf nur zu laufen beg<strong>in</strong>nt, wenn <strong>der</strong> Beteiligte über den<br />

Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde bzw. das Gericht, <strong>der</strong>en Adresse<br />

<strong>und</strong> die e<strong>in</strong>zuhaltende Frist belehrt worden ist. Für den Fall,<br />

daß die Belehrung unterblieben o<strong>der</strong> unrichtig erteilt ist, sollte <strong>der</strong><br />

Gesetzgeber anordnen, daß die E<strong>in</strong>legung des Rechtsbehelfs nur<br />

<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Jahres seit Bekanntgabe <strong>der</strong> Entscheidung zulässig<br />

ist. Auch sollte <strong>der</strong> Gesetzgeber e<strong>in</strong>e Regelung für den Fall<br />

vorsehen, daß e<strong>in</strong> Beteiligter e<strong>in</strong>en Rechtsbehelf <strong>in</strong>folge höherer<br />

Gewalt nicht e<strong>in</strong>legen kann. Die Vorschrift des § 6.3. – mit <strong>der</strong> Pflicht<br />

zur Fristverlängerung – könnte entsprechend angewandt werden.<br />

VII. Zur Rechtsposition e<strong>in</strong>er beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten Person<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> mündlichen Verhandlung<br />

Alle Personen, die an e<strong>in</strong>er gerichtlichen Verhandlung als Beteiligte<br />

o<strong>der</strong> Zuhörer teilnehmen, haben gegenüber dem Gericht<br />

Respekt zu zeigen (§ 63.1. VwGO); denn es geht um die Würde<br />

des Gerichts, das im Auftrag <strong>und</strong> im Namen des Staates die Aufgabe<br />

<strong>der</strong> Rechtsprechung wahrnimmt. § 63.2. schreibt vor, daß<br />

sich die Beteiligten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gerichtsverhandlung von den Plätzen<br />

erheben, wenn sie das Wort ergreifen. Ist jedoch e<strong>in</strong> Beteiligter<br />

aus e<strong>in</strong>em entschuldbaren Gr<strong>und</strong> nicht imstande, sich vom Platz<br />

zu erheben, so kann er sich gemäß § 63.3 VwGO mit Zustimmung<br />

des Vorsitzenden <strong>der</strong> Gerichtsverhandlung sitzend äußern.<br />

Der Wortlaut <strong>der</strong> genannten Bestimmung ist nicht e<strong>in</strong>deutig; er<br />

läßt die Interpretation zu, daß es im Ermessen des Vorsitzenden<br />

<strong>der</strong> Gerichtsverhandlung liegt, <strong>der</strong> – zeitweilig o<strong>der</strong> dauerhaft –<br />

beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten Person, z. B. e<strong>in</strong>em Rollstuhlfahrer, zu gestatten, sich<br />

sitzend zu äußern. E<strong>in</strong>e solche Ermessensregelung verträgt sich<br />

nicht mit dem Rechtsschutzgedanken <strong>der</strong> Verwaltungsgerichtsbarkeit.<br />

Da für den Bürger nach <strong>der</strong> VwGO ke<strong>in</strong> Zwang besteht,<br />

sich im Prozess durch e<strong>in</strong>en Rechtsanwalt vertreten zu lassen,<br />

muß dem – beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten – Bürger gestattet werden, se<strong>in</strong>e Ausführungen<br />

im Sitzen zu machen. Hier darf es für den Vorsitzenden<br />

<strong>der</strong> Gerichtsverhandlung ke<strong>in</strong> Ermessen geben. Man sollte daher<br />

erwägen, § 63.3. wie folgt zu fassen: „Ist e<strong>in</strong> Beteiligter aus e<strong>in</strong>em<br />

entschuldbaren Gr<strong>und</strong> nicht imstande, sich vom Platz zu erheben,<br />

gestattet ihm <strong>der</strong> Vorsitzende <strong>der</strong> Gerichtsverhandlung, sich im Sitzen<br />

zu äußern.“<br />

VIII. Zur Frage <strong>der</strong> Verweisung <strong>in</strong> <strong>der</strong> VwGO auf<br />

an<strong>der</strong>e Gesetze<br />

Die VwGO verweist <strong>in</strong> mehreren Paragraphen (z. B. § 6.2., § 13,<br />

§ 21.2., § 22.5., § 25, § 29.4., § 30, § 48, § 50, § 51.2., § 53, § 55.2.,<br />

§ 58.3., § 63.5., § 68.5., § 69.1., § 80, § 82.1., § 91, § 92, § 93) auf<br />

an<strong>der</strong>e Gesetze, <strong>in</strong> den meisten Fällen auf die Zivilprozeßordnung<br />

(ZPO).<br />

Bei <strong>der</strong> „Technik <strong>der</strong> Verweisung“ handelt es sich weitgehend um<br />

Fragen <strong>der</strong> Zweckmäßigkeit, über die man unterschiedlicher Me<strong>in</strong>ung<br />

se<strong>in</strong> kann. Befürworter <strong>der</strong> Verweisungstechnik sprechen<br />

davon, daß durch Verweisungen die Zahl <strong>der</strong> Vorschriften kle<strong>in</strong>er<br />

gehalten werden kann. Doch kann man Verweisungen nicht<br />

immer gutheißen. Problematisch ist z. B. die Verweisung durch<br />

§ 30 VwGO auf die Regelungen <strong>der</strong> Beweisaufnahme im Zivilprozeß,<br />

z. B. auf § 43.2. ZPO, wonach das Gericht Zeugen auf Gr<strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong>es Antrages e<strong>in</strong>es Beteiligten lädt. Zwar enthält § 30.1. VwGO<br />

die E<strong>in</strong>schränkung „soweit <strong>in</strong> diesem Gesetz nichts an<strong>der</strong>es<br />

bestimmt ist“, <strong>und</strong> § 31.1. VwGO verpflichtet das Verwaltungsgericht<br />

zur Sammlung <strong>und</strong> Aufnahme von Beweismitteln, d. h. zur<br />

Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen; dennoch kann die


Verweisung <strong>in</strong> § 30 VwGO auf Beweisregeln des Zivilprozesses,<br />

die sich vom Beweisrecht des Verwaltungsprozesses gr<strong>und</strong>legend<br />

unterscheiden, zu Mißverständnissen führen.<br />

Bei den anstehenden Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> VwGO sollte man erwägen,<br />

die VwGO so zu fassen, daß Verweisungen auf an<strong>der</strong>e Gesetze,<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auf die ZPO, gr<strong>und</strong>sätzlich unterbleiben. Das würde<br />

unterstreichen, daß die Verwaltungsgerichtsbarkeit e<strong>in</strong>e eigenständige<br />

Gerichtsbarkeit ist, die <strong>der</strong> Zivilgerichtsbarkeit <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Strafgerichtsbarkeit gleichwertig ist.<br />

IX. Abschließende Bemerkung<br />

Gesetzliche Än<strong>der</strong>ungen, die die Struktur <strong>der</strong> Verwaltungsgerichtsbarkeit<br />

betreffen (siehe die Ausführungen zu I.), führen zu Mehrausgaben<br />

des Staates, sollten aber deswegen nicht unterbleiben.<br />

Denn nach wie vor bewegen sich die f<strong>in</strong>anziellen Aufwendungen<br />

für die gesamte Justiz <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em gut vertretbaren<br />

Rahmen, vor allem wenn man die Ausgaben im Verhältnis zum<br />

gesamten Staatshaushalt betrachtet (z. Z. etwa 0,4 % des Staatshaushalts,<br />

wie ich erfahren habe). Schließlich darf man nicht vergessen,<br />

daß e<strong>in</strong>e gut funktionierende Justiz zu den wesentlichen<br />

Merkmalen e<strong>in</strong>es Rechtsstaates gehört. Und e<strong>in</strong> Rechtsstaat gewährt<br />

e<strong>in</strong>em Land <strong>und</strong> dessen Bürgern viele Wohltaten; er darf<br />

se<strong>in</strong>en Preis haben.<br />

Dieser Beitrag ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> mongolischen Fachzeitschrift „Staat <strong>und</strong> Recht“ 2010-<br />

Nr. 1, S. 7-14, <strong>in</strong> deutscher Sprache <strong>und</strong> mongolischer Übersetzung erschienen.<br />

Inzwischen hat das mongolische Parlament die Verwaltungsgerichtsordnung<br />

vom 26.Dezember 2002 mit Gesetz vom 29. Oktober 2010, <strong>in</strong> Kraft<br />

getreten am 1. Januar 2011, u.a. wie folgt geän<strong>der</strong>t:<br />

1. Für die verwaltungsgerichtliche Klage wurde e<strong>in</strong>e Frist von 30 Tagen<br />

e<strong>in</strong>geführt.<br />

2. Es wurde e<strong>in</strong> eigenes Berufungsgericht mit dem Sitz <strong>in</strong> Ulan Bator<br />

e<strong>in</strong>gerichtet, so daß das Oberste Gericht nunmehr auch für die<br />

Verwaltungsgerichtsbarkeit nur noch als Revisionsgericht fungiert.<br />

Zur Person von<br />

Jürgen Harbich<br />

Geboren 1936 <strong>in</strong> Teschen/<br />

(damalige)Tschechoslowakei<br />

<strong>Jurist</strong>ische Ausbildung <strong>in</strong> München<br />

1963 Promotion zum Dr. jur an <strong>der</strong> Universität<br />

München mit <strong>der</strong> Arbeit „Der B<strong>und</strong>esstaat <strong>und</strong><br />

se<strong>in</strong>e Unantastbarkeit“; 1965 erschienen im Verlag Duncker & Humblot,<br />

Berl<strong>in</strong>; unverän<strong>der</strong>ter Nachdruck 2000<br />

Berufliche Stationen:<br />

• Verwaltungsgericht München 1964/65<br />

• Landratsamt Bad Aibl<strong>in</strong>g 1965 - 1972<br />

• Nebenamtliche Leitung von Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaften für<br />

Rechtsreferendare 1971 - 1973<br />

• <strong>Bayerische</strong> Verwaltungsschule 1972 - 1999, von 1974 - 1999<br />

Vorstandsvorsitzen<strong>der</strong> bzw. Vorstand dieser Schule<br />

• Lehrauftrag für Staats- <strong>und</strong> Verfassungsrecht an <strong>der</strong> Universität <strong>der</strong><br />

B<strong>und</strong>eswehr München 1987 - 1989<br />

Mitherausgeber <strong>der</strong> apf – Zeitschrift für die staatliche <strong>und</strong> kommunale<br />

Verwaltung 1974 - 1999<br />

Ehrenamtlicher Richter <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgerichtsbarkeit erster <strong>und</strong><br />

zweiter Instanz 1982 - 2002<br />

Mitglied des begutachtenden Ausschusses für die Feststellung <strong>der</strong><br />

Befähigung von Beamten des gehobenen Dienstes für den höheren Dienst<br />

beim <strong>Bayerische</strong>n Landespersonalausschuss 1982 - 1999<br />

Ernennung zum Ehrenprofessor <strong>der</strong> Verwaltungshochschule<br />

Shandong/Ch<strong>in</strong>a 1994<br />

Verleihung des B<strong>und</strong>esverdienstkreuzes 2000<br />

Verleihung <strong>der</strong> Ehrendoktorwürde durch die <strong>Jurist</strong>ische Fakultät <strong>der</strong><br />

Mongolischen Staatsuniversität, Ulan Bator, 2005<br />

Zahlreiche (über 120) Beiträge <strong>in</strong> Fachzeitschriften, Büchern <strong>und</strong><br />

Festschriften des In- <strong>und</strong> Auslands<br />

Seit 1986 umfangreiche Vortrags- <strong>und</strong> Sem<strong>in</strong>artätigkeit <strong>in</strong> Afrika, Südamerika,<br />

Mittel- <strong>und</strong> Osteuropa, Mittelasien, Sibirien, <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong> <strong>und</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a<br />

Seit 2008 Mitglied des „International editorial board“ e<strong>in</strong>er slowenischen<br />

Fachzeitschrift, hrsg. von <strong>der</strong> Universität Ljubljana<br />

Verleihung des Ehrenzeichens des Obersten Gerichts <strong>der</strong> <strong>Mongolei</strong>, 2010<br />

Seit Januar 2011 Mitglied des „Scientific Council of Comparative Law“, hrsg.<br />

von <strong>der</strong> Universität Lubl<strong>in</strong>/Polen


<strong>Bayerische</strong>n Verwaltungsschule e.V.<br />

Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, die<br />

nebenamtliche Fre<strong>und</strong>e <strong>der</strong> BVS LogoVektor.<strong>in</strong>dd 1Mitarbeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Bayerische</strong>n<br />

30.06.10 12:23<br />

Verwaltungsschule zu stärken. Sie ist e<strong>in</strong><br />

wesentliches Element <strong>der</strong> <strong>Bayerische</strong>n Verwaltungsschule:<br />

Mit ihr steht <strong>und</strong> fällt die Qualität<br />

<strong>der</strong> Aus- <strong>und</strong> Fortbildung. Unser Ziel ist es, diese<br />

Qualität zu för<strong>der</strong>n. Wir wollen <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

die Beziehungen zwischen den nebenamtlichen<br />

Lehrbeauftragten, den Führungskräften <strong>der</strong> Verwaltung<br />

<strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Organisationen e<strong>in</strong>erseits<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Bayerische</strong>n Verwaltungsschule <strong>und</strong><br />

ihren Beschäftigten an<strong>der</strong>seits pflegen <strong>und</strong> vertiefen<br />

durch:<br />

• pädagogische Fortbildungsangebote,<br />

• För<strong>der</strong>ung praxisorientierter Lehrmethoden<br />

<strong>und</strong><br />

• Steigerung <strong>der</strong> regionalen Präsenz <strong>in</strong> Bayern.

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