Skript für den Grundkurs Schwimmen (13/2)
Skript für den Grundkurs Schwimmen (13/2)
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<strong>Grundkurs</strong> <strong>Schwimmen</strong><br />
Kollegstufe 2004/2006<br />
<strong>13</strong>/2<br />
1. Biomechanische Aspekte des <strong>Schwimmen</strong>s<br />
Wasserwiderstand<br />
• Der Wasserwiderstand ist die Reaktion auf die Antriebsbewegungen des<br />
Menschen im Wasser. Sie ist der Antriebskraft entgegengerichtet. Da sie <strong>den</strong><br />
Körper in seiner Vorwärtsbewegung hemmt, muss beim Sportschwimmen versucht<br />
wer<strong>den</strong>, bestimmte Faktoren dieses Widerstands <strong>für</strong> die Lösung der<br />
Bewegungsaufgabe zweckmäßig zu gestalten.<br />
• Der Widerstand ist abhängig von der Geschwindigkeit mit der sich der Körper im<br />
Wasser bewegt, dem sog. Formbeiwert des Körpers (c w -Wert), der Stirnfläche des<br />
Körpers und der Dichte des Wassers. Es gilt folgender Zusammenhang:<br />
• Wasserwiderstand = 1/2 Stirnfläche x Formbeiwert x Wasserdichte x<br />
(Geschwindigkeit) 2<br />
• Formen des Widerstands im Wasser: a) Stirnwiderstand; b) Reibungswiderstand<br />
(Wirbelbildung am Körper, verstärkt durch Unebenheiten); c) Wirbelwiderstand<br />
(hinter dem Körper, durch Stromlinienform entgegenzuwirken); d)<br />
Wellenwiderstand<br />
• Wichtig <strong>für</strong> eine effektive Schwimmbewegung ist die Erfahrung, dass der<br />
Widerstand zum Vortrieb genutzt wer<strong>den</strong> kann > relativer Stütz im Wasser<br />
• zu schnelle Extremitätenbewegungen vermei<strong>den</strong> (Widerstand steigt mit dem<br />
Quadrat der Geschwindigkeit), keine Schwankungen im Tempo der<br />
Bewegungsausführung<br />
• Stromlinienform um Vortrieb zu optimieren<br />
• Anstellwinkel zur Anströmrichtung möglichst gering halten (> angeströmte Fläche<br />
klein halten)<br />
• Eigenerzeugung von Wellen vermei<strong>den</strong> durch entsprechendes Körperverhalten<br />
und Meidung von Fremdwellen<br />
Auftrieb<br />
• Der Körper schwimmt erst, wenn die Körperdichter geringer ist als die<br />
Wasserdichte<br />
• relative Dichte des Menschen (Referenzwert Wasserdichte): 0,97 - 0,99<br />
(Einatmung) und 1,03 - 1,06 (Ausatmung)<br />
• Körperdichte und Volumenverteilung bestimmt Eignung eines Menschen <strong>für</strong> das<br />
<strong>Schwimmen</strong><br />
• Das Drehmoment durch die unterschiedlichen Dichten von Oberkörper und Beinen<br />
führt dazu, dass sich der Körper in Ruhe in eine stabile vertikale<br />
Gleichgewichtslage dreht; Schwimmbewegungen müssen dem entgegenwirken.<br />
• Dynamischer Auftrieb durch Anstellwinkel des Körpers im Wasser<br />
(unterschiedlicher Druck an Ober- und Unterseite des Körpers)<br />
• Auftriebskraft wächst mit Schwimmgeschwindigkeit<br />
1
Antrieb im Wasser<br />
• Hauptantrieb durch Extremitätenbewegungen<br />
• günstige Voraussetzungen durch Körperhaltung, die Widerstand minimiert<br />
• relativer Stütz im Wasser<br />
• Länge des Abdruckweges voll nutzen, um lange Wirkungszeit der Abdruckkraft zu<br />
nutzen<br />
• schnelles Fassen des Wasserwiderstandes<br />
• Veränderungen der Hebellänge durch Beugung und Streckung tragen bei <strong>den</strong><br />
Bewegungen der Arme dazu bei, <strong>den</strong> Extremitäten eine antriebswirksame<br />
Abdruckrichtung zu geben und das vorhan<strong>den</strong>e Kraftpotential effektiver<br />
umzusetzen<br />
• Den Einsatz großer Abdruckflächen muss der Schwimmer in <strong>den</strong><br />
Bewegungsabschnitten sichern, in <strong>den</strong>en diese vornehmlich entgegengesetzt zur<br />
Schwimmrichtung bewegt wer<strong>den</strong>.<br />
• In <strong>den</strong> Bewegungsabschnitten, in <strong>den</strong>en die Hände auch quer zur<br />
Schwimmrichtung bewegt und folglich auch seitlich angeströmt wer<strong>den</strong>, müssen<br />
optimale Bedingungen <strong>für</strong> eine antriebswirksame Gestaltung der entstehen<strong>den</strong><br />
Querkraft geschaffen wer<strong>den</strong> ('Liftprinzip')(> Handhaltung)<br />
• Antrieb der Füße durch Flossenwirkung (> optimale Abdruckfläche); Füße müssen<br />
'überstreckt' wer<strong>den</strong> (> Ristschlag)<br />
• Kontinuierliche Schwimmgeschwindigkeit durch optimale koordination der<br />
Teilimpulse.<br />
2. Schwimmtechniken<br />
Elemente moderner Schwimmtechnik<br />
Gleitbootlage<br />
• Lage im Wasser so gestalten, dass Frontalwiderstand möglichst gering wird<br />
(Stromlinienform)<br />
• Beinschlag sehr effektiv einsetzen, ohne Wasseroberfläche zu durchbrechen<br />
• Schultern höher als Hüfte u. Fußpunkt (> dynamischer Auftrieb)<br />
• Vermeidung von seitwärtigen Bewegungen<br />
Modifiziertes S-Zug-Muster<br />
• Armzug gestreckt - gebeugt - gestreckt<br />
• bei Kraul, Rückenkraul und Delphin<br />
• 'modifiziert', weil wir uns im 3-dimensionalen und nicht im 2-dimensionalen Raum<br />
bewegen (> relative Raumbahnen im Wasser)<br />
elliptisches Zugmuster<br />
• Voraussetzung <strong>für</strong> relativen Stütz im Wasser<br />
• Hand muss in ruhendes Wasser gelangen um Abdruck zu ermöglichen, da sie sich<br />
von nach hinten strömendem Wasser nicht abstoßen kann<br />
2
• elliptische Zugmuster der Hand kann mit einer Winkelstellung der Hand verbun<strong>den</strong><br />
wer<strong>den</strong>, die zu einer 'Liftkraft' beiträgt<br />
hoher Ellbogen<br />
• Bei Beginn des Zuges Beugung im Ellbogen, Einwärtsdrehen des Oberarms, Hand<br />
zieht nach hinten-unten-außen<br />
• Günstige Stellung der Hand um das Wasser nach hinten zu drücken<br />
• Vergrößerung der Abdruckfläche<br />
Kraulschwimmen<br />
Spezielle Aspekte<br />
• Körperlage: Rollen um die Körperlängsachse beschleunigt beim Eintauchen<br />
ins Wasser die Armbewegung auf der Zugseite; auf der Schwungseite ist es<br />
leichter <strong>den</strong> Arm nach vorne zu bringen; Rollbewegung ist auf der Atemseite<br />
meist größer, sollte aber nach bei<strong>den</strong> Seiten hin durchgeführt wer<strong>den</strong>.<br />
• Armzug: trägt beim Kraulschwimmen ca.70% zum Vortrieb bei; Phasen des<br />
Armzugs: 1) Wasserfassen 2) Zugphase 3) Druckphase 4) Herausnehmen der<br />
Hand aus dem Wasser 5) Recovery-Phase (Vorbringen des Arms) 6)<br />
Eintauchen der Hand ins Wasser<br />
• Atmung: durch Drehen des Kopfes und Rollen des Körpers ermöglicht;<br />
Rhythmus darf durch Atmung nicht gestört wer<strong>den</strong>; Einatmung sehr schnell,<br />
Ausatmung kontinuierlich zuerst durch Mund, zum Schluss durch Mund und<br />
Nase, über Wasser nicht mehr ausatmen; zum Einatmen befindet sich der<br />
Mund in der Bugwelle etwas unterhalb der Wasseroberfläche; Einatmung<br />
muss beendet sein, wenn der Arm auf der Einatemseite über die Schulter<br />
nach vorne zieht<br />
• Beinbewegung: stabilisiert die Körperlage und unterstützt damit die einzelnen<br />
Phasen des Armzuges; ordnet sich rationell und ökonomisch der<br />
Armbewegung unter; vortriebswirksam ist nur der Ristschlag; Beinschlag ist<br />
Schraubenförmig; Beuge- und Streckbewegung des Beinschlags ist passiv,<br />
Beugung im Kniegelenk durch <strong>den</strong> Wasserdruck; 6-er Koordination bei Sprint;<br />
2-er Koordination bei Langstrecke<br />
3
Brustschwimmen<br />
Spezielle Aspekte<br />
• Armbewegung: Beim modernen Brustschwimmen gleich großer Anteil am<br />
Antrieb von Arm- und Beinbewegung; Phasen des Armzuges: 1)<br />
Wasserfassen, 2) Zugphase (hoher Ellbogen, Blickrichtung schräg nach vorne<br />
unten), 3) Druckphase, 4) Recovery-Phase; mittlerer Zug Þ schulterbreit<br />
• Körperlage: mit flacher Wasserlage schwimmen; Kopf nicht anheben, Blick<br />
nach vorne unten<br />
• Atmung: am Ende (oder nach) der Druckphase, vorher akzentuiertes<br />
Ausatmen<br />
• Beinbewegung: Schwunggrätsche; kreisförmige Bewegung der<br />
Unterschenkel, davor Anfersen im Körperschatten, Fußsohlen parallel zur<br />
Wasseroberfläche, Abstoß mit Unterschenkeln und Füßen (peitschenartig)<br />
• Gesamtkoordination: a) aufeinanderfolgende Koordination: Arme und Beine<br />
lösen sich ohne Pause ab; b) Überlagern von Arm- und Beinbewegung: letztes<br />
Drittel der Beinstreckung fällt mit Beginn des Wasserfassens zusammen.<br />
• Tauchzug: nach Start und Wende; Armzugmuster des Delphinschwimmens;<br />
Hände gehen am Oberschenkel vorbei nach oben um <strong>den</strong> Schwimmer unter<br />
Wasser zu halten; 2 Gleitphasen Þ Armzug und Beinschlag deutlich getrennt;<br />
nach Eintauchen warten bis Schwimmgeschwindigkeit erreicht (Gleiten) - dann<br />
Armzug - wieder gleiten - Beinschlag - dann übergehen in koordinierte Arm-<br />
Bein-Bewegung.<br />
4
3. Die Kippwende<br />
Bei Wechselschlagschwimmarten mit<br />
einer Hand an der Wand anschlagen. Der<br />
Arm, der die Wand zu erst erreicht, wird<br />
Wendearm genannt. Er wird gestreckt an<br />
die Wand geführt.<br />
Der Wendearm wird dann erst leicht<br />
angewinkelt, weil der Körper näher an die<br />
Wand geführt wird. Auch die Beine<br />
wer<strong>den</strong> bereits leicht angewinkelt.<br />
Wenn man nah genug an der Wand ist,<br />
müssen Wendearm und Beine stark<br />
angewinkelt sein.<br />
Die Beine nun schnell an die Wand<br />
führen und die andere Hand als<br />
Unterstützung unter Wasser vor führen.<br />
Nun <strong>den</strong> Wendearm weit über <strong>den</strong> Kopf<br />
werfen, um Schwung zu erhalten. Und<br />
mit bei<strong>den</strong> Beinen kräftig von der Wand<br />
abstoßen.<br />
Was zu beachten ist:<br />
Der Körper ist dabei in der Seitenlage<br />
und erst nach dem Abstoß wird die<br />
Brustlage wieder eingenommen.<br />
• Der Wendearm bleibt während der Kippbewegung an der Wand<br />
• Man muss sich in Seitenlage befin<strong>den</strong> und kräftig mit bei<strong>den</strong> Beinen abstoßen<br />
• Beim Abstoß zusätzlich <strong>den</strong> Wendearm weit über <strong>den</strong> Kopf werfen um<br />
zusätzlichen Schwung zu holen<br />
• Erst nach dem Abstoß geht man wieder in die Bauchlage<br />
• Man darf maximal 15m unter Wasser bleiben! Und je nach Schwimmart ist<br />
einen oder mehr Armzüge unter Wasser erlaubt<br />
• Bei Gleichschlagschwimmarten müssen beide Hände gleichzeitig die Wand<br />
berühren, bei Wechselschlagschwimmarten reicht es, mit einem Körperteil zu<br />
berühren.<br />
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