Welche Angebote und Hilfen stehen dem Jugendamt bei ... - Bkjpp
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Forum der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie <strong>und</strong> Psychotherapie 3 – 2006 6<br />
walttätigen Aktivitäten wie z. B. Boxen werden gesellschaftlich toleriert.<br />
Auch in sexueller Hinsicht sind die Verhältnisse teils widersprüchlich, z.<br />
B. bzgl. „Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism &<br />
Masochism“ (BDSM), einer Gruppe sexueller Verhaltensweisen, die mit<br />
Dominanz <strong>und</strong> Unterwerfung, spielerischer Bestrafung <strong>und</strong> Lustschmerz<br />
oder Fesselungsspielen verb<strong>und</strong>en sind. Andererseits ist die Anwendung<br />
von Gewalt <strong>bei</strong> der Erziehung in Deutschland erst seit 2000 durch eine Gesetzesänderung<br />
das elterliche Züchtigungsrechts verboten: In Deutschland<br />
bestand seit 1896 ein gesetzlich verankertes Züchtigungsrecht des Vaters<br />
über seine Kinder. § 1631 Abs. 2 BGB alter Fassung lautete: „Kraft Erziehungsrechts<br />
darf der Vater angemessene Zuchtmittel gegen das Kind anwenden“.<br />
Das väterliche Züchtigungsrecht bestand in Westdeutschland bis<br />
zum 1. Juli 1958, als das Gleichberechtigungsgesetz in Kraft trat, da das allein<br />
väterliche Züchtigungsrecht einen Verstoß gegen den Gleichberechtigungsgr<strong>und</strong>satz<br />
von Mann <strong>und</strong> Frau in Artikel 3 GG darstellte. Seit 1958<br />
bestand das elterliche Züchtigungsrecht als Gewohnheitsrecht weiter <strong>und</strong><br />
schloss damit <strong>bei</strong>de Elternteile (bzw. die Erziehungsberechtigten des Kindes)<br />
ein. Die von Deutschland 1992 ratifizierte UN-<br />
Kinderrechtskonvention verpflichtet die Vertragsstaaten, alle geeigneten<br />
Gesetzgebungsmaßnahmen zu treffen, um das Kind vor jeder Form körperlicher<br />
oder geistiger Gewaltanwendung zu schützen (Artikel 19). Im Rahmen<br />
der Reform des Kindschaftsrechts von 1998 wurde § 1631 Abs. 2<br />
BGB umformuliert: „Entwürdigende Erziehungsmaßnahmen, insbesondere<br />
körperliche <strong>und</strong> seelische Misshandlungen, sind unzulässig.“ Diese Formulierung<br />
stellte noch kein generelles Züchtigungsverbot dar, sondern richtete<br />
sich nur gegen „entwürdigende“ Erziehungsmaßnahmen <strong>und</strong> grenzte zulässige,<br />
nicht entwürdigende Erziehungsmaßnahmen gegen Misshandlungen<br />
ab. Im November 2000 wurde § 1631 Abs. 2 Satz 1 geändert: „Kinder haben<br />
ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische<br />
Verletzungen <strong>und</strong> andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“<br />
§ 1631 Abs. 2 Satz 2 stellt nun ein Verbot an die Eltern dar. Sie dürfen<br />
<strong>bei</strong> der Ausübung der Personensorge körperliche Bestrafungen, seelische<br />
Verletzungen <strong>und</strong> andere entwürdigende Maßnahmen nicht mehr<br />
verwenden.<br />
In der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland bestand bis 1973 ein Züchtigungsrecht<br />
für Lehrkräfte an Schulen gegenüber den ihnen zur Erziehung anvertrauten<br />
Schülern. Zu den verbreitetsten Körperstrafen gehörten Ohrfeigen,<br />
„Kopfnüsse“ sowie die so genannten „Tatzen“ (Schläge mit einem Lineal<br />
oder Rohrstock auf die Handflächen des Schülers). Körperstrafen auf das<br />
Gesäß, die noch zu Beginn des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts eine Hauptrolle gespielt