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Welche Angebote und Hilfen stehen dem Jugendamt bei ... - Bkjpp

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Forum der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie <strong>und</strong> Psychotherapie 3 – 2006 53<br />

führt („Schlitzen“). Auch sei er „größenwahnsinnig“ gewesen <strong>und</strong> habe alles<br />

aushalten wollen. In dieser Phase hat er gemeinsam mit zwei weiteren Tätern<br />

aus <strong>dem</strong> Umfeld der Gothic-/ satanischen Szene das spätere Opfer, das angeblich<br />

eine Bekannte von D. vergewaltigt haben sollte, per verbaler Kommunikation<br />

<strong>und</strong> per SMS Nachrichten aus einer Disko weggelockt. Die drei Täter<br />

wollten sein Verhalten bestrafen. In der Hauptverhandlung ergaben sich jedoch<br />

widersprüchliche Ergebnisse zur Täterschaft des späteren Opfers, die<br />

nicht abschließend geklärt werden konnten. Zu viert (D., die zwei Mittäter <strong>und</strong><br />

das Opfer) fuhren sie mit D.s Auto in ein unbewohntes Waldgebiet. Dort stachen<br />

D. <strong>und</strong> seine <strong>bei</strong>den Mittäter auf das Opfer mit einem Messer ein (Brust-<br />

<strong>und</strong> Bauchbereich), wo<strong>bei</strong> D. nach <strong>dem</strong> rechtsmedizinischen Gutachten die<br />

tödliche Verletzung zufügt haben soll. Anschließend luden die drei die Leiche<br />

in den Kofferraum <strong>und</strong> gerieten wenig später in eine Routine-Polizeikontrolle<br />

durch Blutspuren am Auto. D. berichtete, er habe sich während der Tat wie<br />

Gott gefühlt.<br />

5. Diskussion<br />

Aus den dargestellten Fall<strong>bei</strong>spielen ist ersichtlich, dass es sich <strong>bei</strong> der<br />

Fantasietätigkeit, <strong>dem</strong> Realitätsbezug <strong>und</strong> Identitätserleben junger Tötungsdelinquenten<br />

zwar um empirisch <strong>und</strong> methodisch schwer zugängliche,<br />

jedoch forensisch relevante psychische Phänomene handelt, die inhaltlich<br />

einige wichtige konzeptuelle Unterschiede aufweisen.<br />

Allgemeine Fantasien gewalttätigen Inhalts sind ubiquitär <strong>und</strong> werden forensisch<br />

erst unter obzessivem Charakter interessant. Dann kann sich eine<br />

Haltung von Misstrauen <strong>und</strong> Feindseligkeit mit hohem Aktualisierungsdruck<br />

ausbilden – hierfür stand die erste Kasuistik. Andererseits müssen<br />

wir davon ausgehen, dass Gewaltfantasien per se ein normales psychologisches<br />

Phänomen darstellen <strong>und</strong> einen kathartischen bzw. protektiven Effekt<br />

aufweisen können. Wenn diese Kompensationsmöglichkeit fehlt, können<br />

psychische Konflikte eskalieren, es besteht die Gefahr von Affektdurchbrüchen<br />

– dies wurde mutatis mutandis in den letzten drei Fall<strong>bei</strong>spielen<br />

deutlich. Eine gr<strong>und</strong>sätzliche (diagnostische) Frage ist die des Bezugs:<br />

Richten sich Fantasien auf die eigene Person, auf Fremdpersonen oder<br />

Beziehungsinhalte?<br />

Fantasien haben Auswirkungen auf den Realitätsbezug, hier begegnet uns<br />

der Lempp’sche Begriff der Nebenrealität. Dieser lässt sich <strong>bei</strong> genauerer<br />

Betrachtung auf alle vier Fall<strong>bei</strong>spiele anwenden, scheint damit keinen hohen<br />

Unterscheidungswert zu besitzen. Außer<strong>dem</strong> können damit recht unterschiedliche<br />

Phänomene gemeint sein, etwa eine besondere gedankliche<br />

Fixierung oder gar das Ausleben einer verdeckten Identität. Zu<strong>dem</strong> ist die

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