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Welche Angebote und Hilfen stehen dem Jugendamt bei ... - Bkjpp

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Forum der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie <strong>und</strong> Psychotherapie 3 – 2006 45<br />

Fantasien“ einhergehen. Dies erscheint jedoch keine notwendige Bedingung<br />

zu sein.<br />

Auch wenn Lempp (1990) dies nicht explizit formuliert hat, muss man<br />

wohl davon ausgehen, dass sich eine Nebenrealität erst ausbilden kann,<br />

wenn ein bestimmtes Ich-Bewusstsein sowie ein entsprechendes kognitives<br />

Niveau in der Entwicklung erreicht sind. Spezielle Risiko-Faktoren (Widersprüche,<br />

affektive Belastungen, sog. „Double-Bind“-Konstellationen)<br />

begünstigen die Ausbildung einer Nebenrealität. Ob diese sich auch primär<br />

durch Besonderheiten der Fantasietätigkeit entwickeln kann, muss derzeit<br />

noch offen bleiben. Sowohl <strong>bei</strong> der Nebenrealität als auch <strong>bei</strong> Fantasien<br />

sind deren Auswirkungen auf das Identitätserleben zu berücksichtigen.<br />

Der Zusammenhang von Delinquenz <strong>und</strong> Fragen der Identität ist zunächst<br />

von der Psychoanalyse aufgenommen worden, später wurde er auch innerhalb<br />

der Entwicklungspsychologie in breitem Umfang thematisiert (Hinrichs,<br />

2002). Als primär heuristische Konzepte sind hier die Identitätskrise,<br />

die Identitätsdiffusion (Zersplitterung des Selbstbildes, Verlust der eigenen<br />

Mitte) sowie die sog. Negative Identität (Rückgriff auf Rollen <strong>und</strong> Identifikationen,<br />

die früher als höchst unerwünscht <strong>und</strong> gefährlich, aber dennoch<br />

als bedrohlich nahe liegend kennen gelernt wurden, daraus resultiere dann<br />

die Tat) zu nennen (Erikson, 1973). Diese Begriffe reflektieren Selbstbildaspekte,<br />

<strong>bei</strong> breiter Anwendung unterliegen sie der Gefahr einer terminologischen<br />

Unschärfe unter Plausibilitätsannahmen, können jedoch unter<br />

entwicklungspsychopathologischer Perspektive zur Abklärung von delinquenten<br />

Verhalten in Forensik <strong>und</strong> speziell Therapie einen hohen Aufklärungswert<br />

haben (Hinrichs, 2002).<br />

Hinsichtlich der Ätiologie <strong>und</strong> möglicher differentieller Entwicklungspfade<br />

der diskutierten Phänomene von Nebenrealität <strong>und</strong> Fantasien liegen fast<br />

ausschließlich Beiträge für die Ausformung von sexuellen Gewaltfantasien<br />

<strong>bei</strong> sadistisch motivierten Tötungsdelinquenten vor (vgl. z.B. Holmes &<br />

Holmes, 1994; Giannangelo, 1996; auch Fiedler, 2004). Harbort (2002)<br />

postuliert <strong>bei</strong>spielsweise eine so genannte „Prägung“ in der Kindheit, <strong>bei</strong><br />

der sexuelle Gewaltfantasien mit aggressiven Verhaltensweisen gekoppelt<br />

werden sollen. Weiter referiert Saimeh (2005) in ihrem Beitrag zur Entstehung<br />

von Sadismus/ Kannibalismus primär psychoanalytischpsychodynamische<br />

Aspekte, wie z.B. die Modelle von Schorsch <strong>und</strong> Becker<br />

(1977) oder Kernberg (1998). Diese Ansätze sind sicherlich von großem<br />

heuristischem Wert <strong>und</strong> können zur psychodynamischen Erhellung<br />

<strong>bei</strong>tragen, jedoch fehlen die entsprechenden empirischen Belege. Differenzielle<br />

Hinweise zur Entstehung <strong>und</strong> Aufrechterhaltung <strong>stehen</strong> also aus, aber<br />

möglicherweise könnten die emotionspsychologischen Überlegungen

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