Welche Angebote und Hilfen stehen dem Jugendamt bei ... - Bkjpp
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Forum der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie <strong>und</strong> Psychotherapie 3 – 2006 44<br />
ziativen Amnesie (F44.0), der Trance <strong>und</strong> Besessenheitszustände (F44.3)<br />
<strong>und</strong> der vorübergehenden dissoziativen Störung in der Kindheit <strong>und</strong> Jugend<br />
(F44.82) am ehesten <strong>bei</strong> jungen Tötungsdelinquenten zu finden.<br />
Nebenrealität, dissoziative Zustände <strong>und</strong> Fantasien „überlappen“ sich hinsichtlich<br />
bestimmter Bewusstseinszustände <strong>und</strong> Denkinhalte. Bei ihnen<br />
liegt allerdings im Unterschied zur Psychose noch eine gewisse Verankerung<br />
der Person in der (Haupt-)Realität vor.<br />
Bei Fantasien imaginiert eine Person bestimmte Situationen <strong>und</strong> schreibt<br />
sich da<strong>bei</strong> eine gewisse – zumeist narzisstische – Größe zu. Werden diese<br />
Fantasien immer öfter wiederholt, z.B. in Tagträumen, <strong>und</strong> nehmen ansteigend<br />
mehr Zeit in Anspruch, spricht man von den so genannten „Rehearsal-Fantasien“<br />
(vgl. Köhler & Kursawe, 2003). Diese können in der extremsten<br />
Form „bewusstseins-dominant“ werden <strong>und</strong> <strong>bei</strong>spielsweise als<br />
„zwanghafte“ oder „obsessive“ Gr<strong>und</strong>lage für serielle Tötungsdelikte dienen<br />
(Giannangelo, 2001; Harbort, 2002). Während <strong>bei</strong> <strong>bei</strong>den Fantasie-<br />
Zuständen eine Wiederholung von zumeist aggressiven Inhalten vorliegt,<br />
unterscheidet sich die „bewusstseins-dominante“ Fantasie von den „Rehearsal-Fanstasien“<br />
durch den fast als zwanghaft zu bezeichnenden Kreislauf<br />
von Vorstellung <strong>und</strong> Ausführung der Fantasien in der Realität, <strong>dem</strong> seriellen<br />
„acting out“ bzw. Aktualisierungsdruck. Damit werden ältere Vorstellungen,<br />
z.B. von Schorsch <strong>und</strong> Becker (1977), einer suchtartigen Entgleisung<br />
sowie der Abwehr des drohenden Ich-Verlusts weitergeführt. Bei<br />
<strong>bei</strong>den Fantasieformen (mit unterschiedlichem Ausprägungsgrad) finden<br />
also „drehbuchartige“ kognitive Ausformungen von Straftaten statt, die unter<br />
bestimmten zusätzlichen Bedingungen in der Umwelt <strong>und</strong> der Person<br />
zum realen Durchführen („acting-out“) <strong>bei</strong>tragen können (Paulus, 2003;<br />
Köhler & Kursawe, 2003). Allerdings wissen wir derzeit noch sehr wenig<br />
darüber, wann, unter welchen Umständen, wo, <strong>und</strong> <strong>bei</strong> wem das wie geschieht.<br />
Insbesondere die „Rehearsal-Fantasien“ (Köhler & Kursawe, 2003), die<br />
„bewusstseins-dominanten“ Fantasien (Harbort, 2002) <strong>und</strong> das Konzept<br />
der Nebenrealität (Lempp, 1990) zeigen deutliche Überschneidungsbereiche<br />
auf (Abb. 1). Sie unterscheiden sich jedoch nach Ansicht der Autoren<br />
vor allem darin, dass <strong>bei</strong> der Nebenrealität zumeist eine „geheime“, „unbewusste“<br />
oder „doppelte“ Identität besteht. Zum Beispiel werden „Lügengebäude“<br />
errichtet, ein Schulbesuch vorgetäuscht oder andere zeitintensive<br />
Tätigkeiten vorgenommen, von denen die soziale Umwelt nichts mitbekommt.<br />
Möglicherweise kann eine Nebenrealität auch parallel mit den<br />
Fantasien, den „Rehearsal-Fantasien“ oder den „bewusstseins-dominanten