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Forum der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie 3 – 2006 2 Editorial: Verletzung und Tod durch Gewalt in Deutschland und Europa Jährlich sterben in Europa ca. 800.000 Menschen (8,3% aller Todesfälle) an den Folgen von Verletzungen, bei jedem dritten verletzungsbedingten Toten ist eine Gewalttat die Ursache. Das sind 257.000 Menschen. Hiervon töten sich etwa 164.000 selbst. Für jedes Alter gilt, dass männliche Personen sich viel häufiger das Leben nehmen als weibliche. Suizid ist 2.5mal häufiger in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen (low- and middle-income Countries = LMIC) als in Ländern mit hohem Einkommen (HIC). Alkoholmissbrauch spielt in einem Viertel der Suizide eine Rolle (WHO, 2006). Abb. 1: Alters- und geschlechtsbezogene Mortalität bei zwischenmenschlicher Gewalt (aus Krug et al., 2002)
Forum der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie 3 – 2006 3 Zwischenmenschliche Gewalt war 2002 für 73.000 Todesfälle (200 pro Tag bzw. 8 pro Stunde) verantwortlich und auf jeden Todesfall kamen 20 bis 40 Behandlungen im Krankenhaus (ca. ½ Million pro Jahr). Aufgrund der Dunkelziffer muss von noch größeren Ausmaßen des Problems ausgegangen werden. Für männliche Personen ist das Risiko gewaltsam zu sterben viel höher als für weibliche. Die Wahrscheinlichkeit eines gewaltsamen Todes ist in den Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen 14fach höher als in den Ländern mit hohem Einkommen. Alkoholmissbrauch spielt bei gewaltsamem Tod in bis zu 40% eine Rolle. Missbrauch und Mord bei Kindern unter 15 Jahren findet sich bei jährlich 1500 Todesfällen, Gewalt an Jugendlichen führt zu über 12.000 Opfern. Für diese Altersgruppe ist „beabsichtigte Gewalt“ die dritthäufigste Todesursache (Sethi et al., 2006a; WHO, 2006). Es gibt zahlreiche kosteneffektive Strategien zur Verhütung von Verletzungen, sowohl unbeabsichtigten (durch Verkehrsunfälle, Vergiftungen, Ertrinken, Stürze oder Brände) als auch beabsichtigten (Gewalt gegen die eigene Person oder andere Personen). Insgesamt sind Verletzungen bei Menschen unter 45 Jahren die führende Todesursache. So sterben jährlich 28 000 Kinder unter 15 Jahren (36% aller Todesfälle in dieser Altersgruppe) an den Folgen von Verletzungen. Nach einer Studie der WHO (Sethi et al., 2006b) würden jährlich ca. 500.000 Menschen weniger sterben, wenn alle Länder Europas eine so niedrige verletzungsbedingte Sterblichkeitsrate hätten wie die Länder mit den niedrigsten Raten. Die WHO fordert einen sektorübergreifenden Ansatz unter Federführung der Gesundheitspolitik. Die vorgelegte Publikation „Injuries and violence in Europe. Why they matter and what can be done“ gibt Aufschluss über das Ausmaß des Problems und über die wichtigsten Maßnahmen zu seiner Bekämpfung. Sie soll Politik, Gesundheitsfachkräfte und Bürgerorganisationen in ihren Bemühungen unterstützen, für Verletzungsprävention und mehr Sicherheit zu werben und zusammen mit anderen Sektoren an Präventionsplänen und - maßnahmen zu arbeiten. In der Europäischen Region gibt es hinsichtlich der verletzungsbedingten Sterblichkeitsraten größere Unterschiede zwischen den reicheren und den ärmeren Ländern als in jeder anderen Region der WHO. Die Menschen in den Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen sind einem beinahe viermal höheren Risiko tödlicher Verletzungen ausgesetzt als die Bevölkerung der Länder mit hohem Einkommen.
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