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<strong>Blankenese</strong>r Frauen<br />

Lust auf Geschichte(n)<br />

Folgende Bibelworte bestimmten die Rollenverteilung – auch <strong>in</strong> <strong>Blankenese</strong> – so lange der Mann an Land war.<br />

Die Frauen seien untertan ihren Männern als dem Herrn. Denn der Mann ist des Weibes Haupt …Eph. 5, 22<br />

Fuhr der Mann jedoch <strong><strong>zu</strong>r</strong> See, war die Frau auf sich gestellt, musste selbständig handeln und entscheiden.<br />

Das Leben der Frauen bis 1826<br />

<strong>Blankenese</strong>r mussten über Jahrhunderte darben.<br />

Ihr e<strong>in</strong>ziger Broterwerb war der Fischfang mit kle<strong>in</strong>en Booten.<br />

Abhängig von Jahreszeiten, Wetter und Absatzmöglichkeiten.<br />

Schrecklich gefährlich! Viele kehrten nicht <strong><strong>zu</strong>r</strong>ück.<br />

Frauen mussten den Familienvater ersetzen.<br />

<strong>Sie</strong> hatten Sorge <strong>zu</strong> tragen für:<br />

Haus und Hof, Erziehung der K<strong>in</strong>der, Versorgung der Alten,<br />

Bestellung des Kohlhofs (Nutzgartens), Unterhalt des Kle<strong>in</strong>viehs,<br />

Beschaffung des Heizmaterials (Treibholz) aus der Elbe,<br />

Sp<strong>in</strong>nen von Garnen für Wollsachen, Netze, Taue und Le<strong>in</strong>wand,<br />

Weben von Segeln, Stricken und Flicken der Netze…<br />

Zusätzliche emotionale Belastung der Frauen:<br />

Bangen <strong>um</strong> die Heimkehr des Familienvaters, Bruder, Sohnes,<br />

<strong>um</strong> e<strong>in</strong>en guten Fang und günstige Absatzmöglichkeiten.<br />

Sorge <strong>um</strong> die K<strong>in</strong>der.<br />

Angst vor kriegerischen Heerscharen, die immer wieder mordend,<br />

plündernd und vergewaltigend durch den Fährort <strong>Blankenese</strong> zogen.<br />

Da<strong>zu</strong> die Belastung, Entscheidungen alle<strong>in</strong> treffen <strong>zu</strong> müssen.<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen: Es blieb den <strong>Blankenese</strong>r<br />

Fischerfrauen gar nichts anderes übrig, als stark <strong>zu</strong> se<strong>in</strong>. Was sollte<br />

aus ihren K<strong>in</strong>dern und den Alten werden, wenn sie nicht durchhielten,<br />

wenn sie nicht den Ernährer, den Erzieher und Beschützer ersetzten?<br />

Förderkreis Historisches <strong>Blankenese</strong>


<strong>Blankenese</strong>r Frauen<br />

Lust auf Geschichte(n)<br />

Besonders während der napoleonischen Kriege zwischen 1806 und 1815 g<strong>in</strong>g es vielen Familien so katastrophal,<br />

dass ihre K<strong>in</strong>der betteln mussten, wie Zeitgenossen erschüttert berichteten. In dieser Zeit zog e<strong>in</strong>e bemerkenswerte<br />

Frau nach <strong>Blankenese</strong>:<br />

Wohltäter<strong>in</strong> und Mäzen<strong>in</strong><br />

Frederike Klünder<br />

1776 bis 1848<br />

Ehefrau von Rütger Klünder, der den Hesse-Park anlegen und<br />

das Hesse-Haus bauen ließ.<br />

• „Die schöne Frau vom Berge“ g<strong>in</strong>g <strong>in</strong> die Hütten, sah das Elend und sann auf Abhilfe.<br />

• Eigenhändig impfte sie zwischen 1805 und 1832 mehr als 2.000 K<strong>in</strong>der aus<br />

<strong>Blankenese</strong> und Umgebung gegen Pocken.<br />

• <strong>Sie</strong> verstand es, arbeitslosen und hungernden <strong>Blankenese</strong>rn Hilfe <strong><strong>zu</strong>r</strong> Selbsthilfe <strong>zu</strong><br />

geben, <strong>in</strong>dem sie sie z<strong>um</strong> Sp<strong>in</strong>nen und Weben von Le<strong>in</strong>wand anregte und diese<br />

vermarktete.<br />

• Ihr Mann und sie errichteten für die arbeitslosen Fischer e<strong>in</strong>e Oelmühle im Kahlkamp, die Lohn und Brot gab.<br />

• Nach der Feuersbrunst von 1826/27 half sie den Obdachlosen unmittelbar. Da<strong>zu</strong> sammelte sie <strong>in</strong> ihrem großen Freundeskreis<br />

Hilfsgelder für die Bedürftigen.<br />

• <strong>Sie</strong> scherte sich nicht <strong>um</strong> Standesunterschiede und Geschlecht. Für sie stand immer nur der Mensch als Gottes Geschöpf<br />

im Vordergrund.<br />

Zeit der Frachtfahrer 1826-1870<br />

– 1870<br />

• Nach 1848 war politischen Vere<strong>in</strong>en die Aufnahme von<br />

Frauenspersonen, Schülern und Lehrl<strong>in</strong>gen verboten. Auch<br />

durften diese Personen nicht an Veranstaltungen und Sit<strong>zu</strong>ngen<br />

teilnehmen, bei denen politische Themen behandelt wurden.<br />

• 1865 gründeten e<strong>in</strong>ige Damen den „Allgeme<strong>in</strong>en Deutschen<br />

Frauenvere<strong>in</strong>“. <strong>Sie</strong> forderten die Erschließung von Bildungsmöglichkeiten<br />

für Frauen, Recht und Anspruch auf Arbeit und das<br />

Recht der freien Berufswahl.<br />

• Die Mehrzahl der Hochseefischer wurde Frachtfahrer<br />

• Man fuhr <strong>zu</strong> immer entfernteren Fahrzielen (Late<strong>in</strong>amerika, Ch<strong>in</strong>a), die Fahrzeiten wurden immer länger (bis <strong>zu</strong> 7 Jahren).<br />

• Während der langen Fahrenszeit der Männer erhielten die Frauen ke<strong>in</strong>e Heuer, ke<strong>in</strong>erlei f<strong>in</strong>anzielle Unterstüt<strong>zu</strong>ng.<br />

• Trotzdem mussten sie die Familie ernähren, Alte pflegen, K<strong>in</strong>der aufziehen.<br />

• Blieben die Männer auf See – oder waren nach ihrer Rückkehr erwerbsunfähig – mussten die Frauen den Unterhalt e<strong>in</strong><br />

Leben lang verdienen.<br />

• 42% der Seeleute ertranken, verunglückten tödlich oder starben unterwegs an Krankheiten. Manche brachten Tropen- oder<br />

Geschlechtskrankheiten mit nach Hause.<br />

• Frauen suchten deshalb händer<strong>in</strong>gend nach Verdienstmöglichkeiten.<br />

Förderkreis Historisches <strong>Blankenese</strong>


<strong>Blankenese</strong>r Frauen<br />

Lust auf Geschichte(n)<br />

Frauen daheim hatten es unsäglich schwer<br />

<strong>Sie</strong> wusste nicht mehr weiter<br />

Cathar<strong>in</strong>a Kröger<br />

Vermutlich 1845 – 1876<br />

Kapitän und Schiffseigner H<strong>in</strong>rich Kröger g<strong>in</strong>g 1876 mit se<strong>in</strong>em Schiff Annie <strong>in</strong> der Nordsee unter. Se<strong>in</strong>e<br />

Frau verzweifelte, denn sie stand mit fünf K<strong>in</strong>dern ohne Ernährer da und der Kreditgeber des Schiffes<br />

drängte auf Rückzahlung se<strong>in</strong>es Geldes. Daraufh<strong>in</strong> beg<strong>in</strong>g sie Selbstmord und machte ihre e<strong>in</strong> bis zehn<br />

Jahre alten K<strong>in</strong>der <strong>zu</strong> Vollwaisen.<br />

Kapitänswitwe<br />

Gesa von Ehren<br />

1805 – 1866<br />

vermietete ihren Wohnbereich 1863 an Johannes Brahms.<br />

Gesa (Gesche) von Ehren wird während dieser Zeit im Waschhaus oder auf dem Dachboden geschlafen<br />

haben So wie sie vermieteten viele <strong>Blankenese</strong>r Frauen ihre Wohnungen<br />

notgedrungen an Sommerfrischler.<br />

Ladenbetreiber<strong>in</strong><br />

Metta Wichmann<br />

1808 – 1884<br />

Schneider Peter Wichmann war früh verstorben. Se<strong>in</strong>e Frau Metta musste ihre K<strong>in</strong>der alle<strong>in</strong> versorgen und gründete 1855 e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en<br />

Lebensmittelladen. Für e<strong>in</strong>ige Waren-E<strong>in</strong>käufe lief sie zwei Mal wöchentlich nach Altona. Jeweils neun Kilometer h<strong>in</strong> und <strong><strong>zu</strong>r</strong>ück mit<br />

e<strong>in</strong>gekaufter Ware auf dem Rücken. Das Geschäft führten Sohn und Enkel bis 1964 weiter.<br />

Korrespondenzreeder<strong>in</strong><br />

Cathar<strong>in</strong>a Margaretha Hülsen<br />

1827 – 1888<br />

1864 verstarb ihr Mann Hans-Peter am Gelben Fieber auf dem Rückweg von Curacao an Bord<br />

se<strong>in</strong>er Schonerbrigg Theodor. Um e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es monatliches Entgelt <strong>zu</strong> erhalten, arbeitete sich<br />

Frau Hülsen <strong>in</strong> das Reedereigeschäft e<strong>in</strong> und konnte die Reederei ihres Mannes als<br />

Korrespondenzreeder<strong>in</strong> weiter führen. Etliche <strong>Blankenese</strong>r Witwen, deren verstorbene Männer<br />

e<strong>in</strong> oder mehrere Schiffe h<strong>in</strong>terlassen hatten, handelten ebenso.<br />

1874 g<strong>in</strong>g die Theodor im Kanal verloren. Cathar<strong>in</strong>as 19 Jahre alter Sohn gehörte gottlob <strong>zu</strong><br />

den Geretteten.<br />

<strong>Sie</strong> warf ihn e<strong>in</strong>fach raus<br />

Cathar<strong>in</strong>a Kühn<br />

1836 – 1922<br />

Jürgen Kühn verlor se<strong>in</strong>e Schonergaleasse Caesar 1872 vor Gibraltar. Offenbar war das Boot nicht<br />

ordnungsgemäß versichert, denn er bekam ke<strong>in</strong> Geld erstattet, prozessierte dar<strong>um</strong> jahrelang.<br />

Je länger sich der Prozess h<strong>in</strong>zog, desto mehr sprach er dem Alkohol <strong>zu</strong>. Schließlich setzte se<strong>in</strong>e<br />

Frau Cathar<strong>in</strong>a den Trunkenbold vor die Tür.<br />

<strong>Sie</strong> zog ihre zwei kle<strong>in</strong>en K<strong>in</strong>der alle<strong>in</strong> groß, <strong>in</strong>dem sie <strong>in</strong> Altona Bückl<strong>in</strong>ge e<strong>in</strong>kaufte und vor ihrem<br />

Haus <strong>in</strong> der unteren Hauptstraße beim „Bückelgang“ z<strong>um</strong> Verkauf anbot.<br />

Förderkreis Historisches <strong>Blankenese</strong>


<strong>Blankenese</strong>r Frauen<br />

Lust auf Geschichte(n)<br />

<strong>Sie</strong>ben Jahre fern der Heimat – nie e<strong>in</strong> Brief?<br />

Be<strong>in</strong>ahe die Hälfte aller <strong>Blankenese</strong>r, die vor Mitte des 19. Jahrhunderts geboren waren, konnte weder lesen noch<br />

schreiben. Nicht die Frauen daheim – noch die Männer auf See! Kontakte zwischen den Seeleuten und den Lieben<br />

<strong>in</strong> <strong>Blankenese</strong>, die <strong>zu</strong> dieser großen Gruppe zählten, gab es deshalb nicht.<br />

Nach der Hochzeit: Frau an Bord<br />

Damit sich das Paar kennen lernen konnte, nahm so mancher Kapitän se<strong>in</strong>e Braut mit auf die erste/n Fahrt/en nach<br />

der Hochzeit. Nicht selten erlebten und erlitten die jungen Frauen die volle Härte des Seemannberufs.<br />

Mit Säugl<strong>in</strong>g auf Felsen gerettet<br />

Kathar<strong>in</strong>a Margareta Stehr<br />

1831 – 1865<br />

Die Adonis zerschellte 1865 an Spaniens Küste. E<strong>in</strong> Teil der Besat<strong>zu</strong>ng ertrank. Kapitän Stehr, se<strong>in</strong>e Ehefrau Kathar<strong>in</strong>a mit ihrem drei Tage<br />

<strong>zu</strong>vor geborenen Baby konnten sich auf e<strong>in</strong>en Felsen retten. Doch die steigende Flut riss die total erschöpfte Frau samt ihrem K<strong>in</strong>d <strong><strong>zu</strong>r</strong>ück <strong>in</strong><br />

die See, <strong>in</strong> der sie ertrank.<br />

Verschollen<br />

Marianne Breckwoldt<br />

1857 – 1877<br />

1877 segelte die Oceanus von Taiwan nach Sidney. Seitdem ist das Schiff verschollen. Und mit ihm Marianne Breckwoldt, Ehefrau des<br />

Kapitäns, und ihr sieben Monate altes K<strong>in</strong>d. Ob das Schiff im Taifun unterg<strong>in</strong>g oder von Piraten gekapert wurde, ist unbekannt.<br />

Niedergekommen im Orkan vor Kap Horn<br />

Metta Breckwoldt<br />

1859 – 1910<br />

Metta war seit ihrer Hochzeit mit Kapitän David Breckwoldt im April 1879 an Bord der Nautik, als sie im<br />

Orkan vor Kap Horn mit Sohn Theodor niederkam. Doch durch die <strong>in</strong>s Schiff stürzenden Wassermassen<br />

wurde auch die Kapitänskab<strong>in</strong>e bis <strong>zu</strong> 90 Zentimeter hoch überflutet. Deshalb bettete sie den Säugl<strong>in</strong>g<br />

<strong>in</strong> die Schublade e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>gebauten Kommode.<br />

Der kle<strong>in</strong>e Theodor wurde später selbst Kapitän, dann Lotse und z<strong>um</strong> Berufsende sogar Ältermann der<br />

Lotsenbrüderschaft.<br />

Förderkreis Historisches <strong>Blankenese</strong>


<strong>Blankenese</strong>r Frauen<br />

Lust auf Geschichte(n)<br />

<strong>Blankenese</strong>r<strong>in</strong>nen im Kaiserreich 1871 bis 1918<br />

• 1891 wurde das erste Arbeiter<strong>in</strong>nenschutzgesetz verabschiedet, Frauenarbeit unter Tage verboten, der 11- Stunden-Tag sowie vier<br />

Wochen bezahlte Ruhezeit nach e<strong>in</strong>er Entb<strong>in</strong>dung e<strong>in</strong>geführt.<br />

• 1900 trat das BGB mit se<strong>in</strong>en Regelungen <strong>zu</strong> Ehe und Familie <strong>in</strong> patriarchalischer Tradition <strong>in</strong> Kraft. Der Ehemann übte nach wie vor das<br />

Entscheidungsrecht <strong>in</strong> allen Ehe- und Familienfragen aus.<br />

• 1912 wurde die Witwen- und Waisenrente e<strong>in</strong>geführt.<br />

• 1913 studierten an deutschen Hochschulen 3.900 Student<strong>in</strong>nen. Das waren 4,3% aller Studierenden.<br />

• 1914 – 1918 mussten die meisten Arbeitsplätze <strong>in</strong> Landwirtschaft, Industrie, Handel und Verwaltung mit Frauen besetzt werden.<br />

• In Artikel 3 der Weimarer Verfassung von 1918 wurde die Gleichberechtigung von Mann und Frau festgelegt. Doch dem übergeordneten<br />

Grundrecht folgten ke<strong>in</strong>e untergeordneten Gesetze, sodass das Gesetz praktisch ohne Folgen blieb.<br />

Schriftsteller<strong>in</strong><br />

Charitas Bischoff geb. Dietrich<br />

(Tochter der Naturforscher<strong>in</strong> Amalie Dietrich)<br />

1848 – 1925<br />

• In <strong>Sie</strong>benlehn/Sachsen geboren. Mutter Amalie ist Kräutersammler<strong>in</strong> und Naturforscher<strong>in</strong>.<br />

• Da die Eltern ständig auf Sammel- und Verkaufstour s<strong>in</strong>d, wird Charitas immer wieder <strong>in</strong> fremde Familien<br />

<strong><strong>zu</strong>r</strong> Betreuung gegeben.<br />

• <strong>Sie</strong> erlebt e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>same, oft grausame K<strong>in</strong>dheit.<br />

• Mit fünfzehn wird sie von ihrer Mutter nach Hamburg beordert. Die hat von Caesar Godeffroy 1863 den<br />

Auftrag erhalten, Australien naturwissenschaftlich <strong>zu</strong> erforschen.<br />

• Charitas besucht e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>dergärtner<strong>in</strong>nen-Sem<strong>in</strong>ar. Anschließend wird sie <strong><strong>zu</strong>r</strong> Lehrer<strong>in</strong> ausgebildet, <strong>um</strong> an<br />

der Schlossschule von Wolfenbüttel <strong>zu</strong> unterrichten. Danach verbr<strong>in</strong>gt sie zwei Jahre als Gouvernante <strong>in</strong> London.<br />

• 1873 kehrt Mutter Amalie – nach 10 Jahren – aus Australien heim. <strong>Sie</strong> hat die größte je von e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>zelperson gesammelte Kollektion<br />

<strong>zu</strong>sammengetragen.<br />

• Zur gleichen Zeit heiratet Charitas den Pastor Christian Bischoff, der e<strong>in</strong>e Pfarre <strong>in</strong> Roagger/Nordschleswig erhält.<br />

• Das Paar bekommt drei K<strong>in</strong>der.<br />

• Später wechselt Bischoff <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Rendsburger Geme<strong>in</strong>de, wo er bei e<strong>in</strong>em Kutsch-Unfall 1894 <strong>um</strong>s Leben kommt.<br />

• Die Witwe zieht nach Hamburg und weiter nach <strong>Blankenese</strong>.<br />

• Hier entsteht u.a. die Biographie ihrer Mutter. Da sie Amalies Briefe verbrannt hat, verfasst Charitas das Buch anhand von Berichten e<strong>in</strong>es<br />

anderen Australienforschers. Die Fälschung fliegt auf.<br />

• Die trotzdem erfolgreiche Autor<strong>in</strong> verstirbt 1925 im Alter von 77 Jahren <strong>in</strong> der Bergstraße 2, die 1928 <strong>in</strong> Charitas-Bischoff-Treppe<br />

<strong>um</strong>benannt wird.<br />

Unternehmer<strong>in</strong><br />

Elisabeth Harmstorf<br />

1852 – 1935<br />

• <strong>Sie</strong> heiratet 1871 den Witwer Friedrich Harmstorf, der zwei Söhne mit <strong>in</strong> die Ehe br<strong>in</strong>gt.<br />

• Harmstorf ist Taucher und zieht mit Familie und Betrieb 1877 nach <strong>Blankenese</strong>.<br />

• Elisabeth hat im Laufe der Jahre 13 Geburten, von denen sieben K<strong>in</strong>der überleben.<br />

• Da sie Gastwirtstochter ist und ständig Besuch hat, eröffnet sie 1882 das Hotel mit Gaststätte<br />

„Z<strong>um</strong> Falkenthal“.<br />

• Es gel<strong>in</strong>gt ihr <strong>in</strong>nerhalb kurzer Zeit, die etwa gleich große Besucherfrequenz wie der Süllberg <strong>zu</strong> erzielen,<br />

<strong>in</strong>dem sie e<strong>in</strong> wahres Feuerwerk von Angeboten bietet: <strong>Sie</strong> baut zwei Dampfer-Anlegebrücken für die<br />

auswärtigen Gäste, legt e<strong>in</strong>en Teich an, <strong>in</strong> dem es Tauchvorführungen und die Nachstellung der<br />

Seeschlacht von Eckernförde gibt. Außerdem entwirft Schnellmaler Moretti Gemälde unter Wasser.<br />

Über dem Teich balanzieren Seiltänzer<strong>in</strong>nen. Es gibt Tanz, Konzerte, Missionsangebote, erste K<strong>in</strong>ovorführungen, Feuerwerke und so weiter.<br />

• 1897 erwirbt sie den <strong>in</strong> Konkurs geratenen Nachbar-Betrieb „Elbhotel Westerbad“. Vorher gehört sie <strong>zu</strong> den Gründungsmitgliedern e<strong>in</strong>er<br />

„Höheren Töchterschule“ für ihre eigenen K<strong>in</strong>der.<br />

• 1903 verwitwet, übernimmt sie obendre<strong>in</strong> die Geschäftsführung des Taucherbetriebs ihres Mannes, unterstützt von zwei Söhnen.<br />

• 1912 verpachtet sie die Gaststättenbetriebe und setzt sich <strong><strong>zu</strong>r</strong> Ruhe.<br />

• 1917 gibt der Restaurant-Pächter kriegsbed<strong>in</strong>gt auf. Elisabeth muss die Betriebe abermals übernehmen, die sie 1920 an den<br />

baltendeutschen Holzkaufmann Ferd<strong>in</strong>and Nather verkauft.<br />

Förderkreis Historisches <strong>Blankenese</strong>


<strong>Blankenese</strong>r Frauen<br />

Lust auf Geschichte(n)<br />

Mäzen<strong>in</strong> und Frauenrechtler<strong>in</strong><br />

Ida Dehmel, geb. Coblenz, gesch. Auerbach<br />

1870 – 1942<br />

• Als viertes K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>er reichen jüdischen Familie <strong>in</strong> Bacharach geboren.<br />

• 1892 lernt sie den jungen (christlichen) Stefan George kennen, mit dem sie bald e<strong>in</strong>e tiefe Freundschaft<br />

verb<strong>in</strong>det.<br />

• 1895 arrangiert ihr Vater - vielleicht Georges wegen - Idas Ehe mit dem jüdischen Tuchhändler und<br />

Konsul Leopold Auerbach. Das Paar zieht nach Berl<strong>in</strong> und bekommt e<strong>in</strong>en Sohn, den sie He<strong>in</strong>z-Lux<br />

nennen.<br />

• In Berl<strong>in</strong> kommt Ida mit den berühmten Berl<strong>in</strong>er Salons <strong>in</strong> Kontakt und trifft dort den Schriftsteller<br />

Richard Dehmel.<br />

• Dehmel, der ihr sehr gefällt, ist verheiratet und hat drei K<strong>in</strong>der. Er gilt vor dem 1. Weltkrieg als e<strong>in</strong>er<br />

der bedeutendsten deutschsprachigen Lyriker.<br />

• Als Auerbach wegen e<strong>in</strong>es betrügerischen Konkurses <strong>in</strong>s Gefängnis kommt, ist das für Ida e<strong>in</strong> willkommener Anlass, sich von ihrem Mann<br />

<strong>zu</strong> trennen.<br />

• Bald darauf zieht Ida <strong>in</strong> die Nähe von Familie Dehmel und geht mit Richard e<strong>in</strong> Liebesverhältnis e<strong>in</strong>.<br />

• 1900 willigt Paula Dehmel endlich <strong>in</strong> die Scheidung e<strong>in</strong>. Ida und Richard heiraten nach längerer Reise im Oktober 1901.<br />

• Als Wohnort haben sie <strong>Blankenese</strong> an der Elbe gewählt, denn nicht weit davon entfernt lebt Richards bester Freund Detlev von Liliencron.<br />

• In den nächsten Jahren reist das Paar <strong>zu</strong> zahlreichen Vorträgen durch den gesamten deutschsprachigen Ra<strong>um</strong>.<br />

• Ida trägt die von Dehmel entworfenen „Reformkleider“, gibt weiter große Gesellschaften und unterstützt junge Talente.<br />

• 1913 können Dehmels e<strong>in</strong> weitgehend von Freunden f<strong>in</strong>anziertes, nach eigenen Wünschen gestaltetes Haus an der heutigen<br />

Richard-Dehmel-Straße beziehen.<br />

• 1914 meldet sich Richard freiwillig z<strong>um</strong> Kriegsdienst, 1916 wird er wegen e<strong>in</strong>er Venenentzündung ausgemustert und stirbt an deren<br />

Folgen 1920.<br />

• Idas Sohn He<strong>in</strong>z Lux fällt 1917 <strong>in</strong> Frankreich.<br />

• Schon seit langem sympathisiert Ida mit der Frauenbewegung und bemüht sich <strong>um</strong> Verbesserung der Frauenrechte.<br />

• 1916 gründen Ida und Rosa Schapire den „Frauenbund <strong><strong>zu</strong>r</strong> Förderung deutscher bildender Kunst“, der sich z<strong>um</strong> Ziel gesetzt hat, Kunst<br />

und Künstler<strong>in</strong>nen durch Frauen professionell <strong>zu</strong> unterstützen.<br />

• 1921 gründet Ida obendre<strong>in</strong> die Dehmel-Gesellschaft und Dehmel-Stiftung. <strong>Sie</strong> veröffentlicht e<strong>in</strong>e Sammlung von Dehmels Briefen und<br />

archiviert alle Texte ihres Mannes.<br />

• Ida entwickelt den von ihr mit gegründeten Frauenbund weiter. Mit der GEDOK (Geme<strong>in</strong>schaft deutscher und östereichischer<br />

Künstler<strong>in</strong>nenvere<strong>in</strong>e und Kunstgattungen) entsteht das größte Netzwerk europäischer Künstler<strong>in</strong>nen.<br />

• Nach der Machtergreifung 1933 wird die Jüd<strong>in</strong> Ida Dehmel von den Nazis aus der GEDOK gedrängt, die <strong>in</strong> Reichs-Gedok <strong>um</strong>benannt wird.<br />

• Ida kann sich nicht <strong><strong>zu</strong>r</strong> Emigration entschließen, weil sie Dehmels Werk nicht im Stich lassen mag.<br />

• Schließlich verbietet ihr die Reichsschriftt<strong>um</strong>skammer, die Dehmel-Rechte weiter wahr <strong>zu</strong> nehmen und drängt sie aus Dehmel-Gesellschaft<br />

und -Stiftung.<br />

• Nun konzentriert sie sich auf Vollendung ihres 1920 angefangenen Romans „Daija“.<br />

• Isolierung, Krankheit und Angst vor Deportation, führen schließlich da<strong>zu</strong>, dass sich Ida Dehmel am 29. September 1942 <strong>in</strong> ihrem Haus <strong>in</strong><br />

<strong>Blankenese</strong> das Leben nimmt.<br />

Von der ersten Republik <strong><strong>zu</strong>r</strong><br />

Kapitulation<br />

Kapitulation 1945<br />

119-1945<br />

• Die Demobilisierungsverordnung von 1919 wies alle deutschen Unter<br />

nehmen an, <strong><strong>zu</strong>r</strong> Integration von Soldaten, Frauen nach e<strong>in</strong>er Dr<strong>in</strong>glichkeitsreihenfolge<br />

<strong>zu</strong> entlassen.<br />

• 1934/35 erließ die NSDAP die Erwerbsbeschränkung für verheiratete<br />

Frauen (Doppelverdiener-E<strong>in</strong>schränkung) und e<strong>in</strong>en N<strong>um</strong>erus Clausus für<br />

Student<strong>in</strong>nen.<br />

• 1937 wurde das Gesetz <strong><strong>zu</strong>r</strong> Beschränkung der Frauenarbeit wieder<br />

gelockert, <strong>um</strong> mehr Frauen <strong><strong>zu</strong>r</strong> Arbeit <strong>in</strong> Rüstungsbetrieben verpflichten<br />

<strong>zu</strong> können.<br />

• Ab 1939 wurden – wie schon im 1. Weltkrieg – Frauen e<strong>in</strong>gesetzt, e<strong>in</strong>gezogene<br />

Männer <strong>in</strong> der Wirtschaft <strong>zu</strong> ersetzen.<br />

Zarte Frau buckelt Kohlensäcke<br />

Maria von Ehren<br />

1876 – 1964<br />

• Maria heiratet mit 22 Jahren den Fischer Jürgen von Ehren.<br />

• Er erkrankt an offener TB.<br />

• Trotzdem br<strong>in</strong>gt Maria noch kurz vor dessen Tod e<strong>in</strong> neuntes K<strong>in</strong>d <strong><strong>zu</strong>r</strong> Welt.<br />

• Zwei Wochen vor dem Ableben ihres Mannes verunglückt obendre<strong>in</strong> ihr ältester Sohn<br />

als Schiffsjunge tödlich.<br />

• Da Maria für ihre K<strong>in</strong>der und sich sorgen muss, trägt sie Kohlen und Holzfeuerung bis<br />

1920 im Treppenviertel aus, obwohl sie sich auch mit TB <strong>in</strong>fiziert hat und kle<strong>in</strong> und zart ist.<br />

• 1918 stirbt ihre 10-jährige Tochter Mariechen an Diphtherie.<br />

• 1920 erbt Maria den kle<strong>in</strong>en Lebensmittelladen ihres Schwiegervaters <strong>in</strong> der Hauptstraße, der ihr<br />

kümmerliche E<strong>in</strong>künfte sichert.<br />

• 1942 gibt Maria den Laden auf und lebt <strong>zu</strong>sammen mit Sohn und Schwiegertochter bis 1964.<br />

Förderkreis Historisches <strong>Blankenese</strong>


<strong>Blankenese</strong>r Frauen<br />

Lust auf Geschichte(n)<br />

Maler<strong>in</strong> und Künstler<strong>in</strong><br />

Lore Feldberg-Eber<br />

1895 – 1966<br />

• 1914 beg<strong>in</strong>nt Lore ihre künstlerische Ausbildung <strong>in</strong> der Hamburger Kunstschule Gerda<br />

Koppel, <strong>um</strong> ihr Studi<strong>um</strong> <strong>in</strong> München und Berl<strong>in</strong> ab<strong>zu</strong>schließen.<br />

• 1922 heiratet sie Moritz Eber, arbeitet aber als freischaffende Künstler<strong>in</strong> weiter.<br />

• 1927 erwirbt Moritz e<strong>in</strong> großes Grundstück <strong>in</strong> der Schenefelder Landstraße, direkt neben<br />

der vier Jahre später erbauten Kirche Maria Grün. Auf dem h<strong>in</strong>teren Grundstücksteil<br />

errichtet der Bauhausarchitekt Karl Schneider e<strong>in</strong> Atelierhaus für Lore.<br />

• Das Haus Eber wird bald Treffpunkt für Künstlerkollegen. Richard Goldschmidt bee<strong>in</strong>druckt<br />

mit Klavierkonzerten. Die Maler der Hamburger Sezession kommen, diskutieren und malen<br />

geme<strong>in</strong>sam Akt.<br />

• Es gibt <strong>in</strong>zwischen drei Töchter, die von e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>derfrau betreut werden. E<strong>in</strong> Gärtner pflegt<br />

die Anlage, e<strong>in</strong>e Köch<strong>in</strong> und viel Personal <strong>um</strong>sorgen die Familie.<br />

• „<strong>Sie</strong> ist den wenigen Malern <strong>zu</strong><strong><strong>zu</strong>r</strong>echnen, die es mit der Kunst männlich ernst nehmen. ( ... )<br />

Diese Frauenkunst ist das Gegenteil vom Amateurhaftem!“ schreibt Karl Scheffler 1925.<br />

• Nach 1933 darf Lore wegen ihrer jüdischen Abstammung nicht mehr ausstellen. Bilder stapeln sich im Atelier.<br />

• Studien- bzw. Urlaubsreisen kann sie als Jüd<strong>in</strong> nur noch <strong>in</strong>s Ausland unternehmen, weil deutsche Ferien-Orte „judenfrei“<br />

se<strong>in</strong> wollen.<br />

• Das Familien-Vermögen ist <strong>um</strong> 1938 weitgehend e<strong>in</strong>gezogen, die Immobilien <strong>zu</strong> Schleuderpreisen verkauft.<br />

• Als ihr Mann von SA bedrängt werden soll, erhält er e<strong>in</strong>en Tipp und kann <strong>in</strong> letzter Sekunde entkommen. „Moritz, ich will mit dir<br />

leben, nicht mit dir sterben!” lautet Lores Flehen. Doch Moritz will immer noch nicht emigrieren.<br />

• Z<strong>um</strong> Jahreswechsel 38/39 schaffen Lore und zwei Töchter die Flucht. Moritz gelangt drei Wochen später nach England, ebenso<br />

die dritte Tochter, die aus der Schweiz <strong>in</strong>s Königreich flieht.<br />

• Moritz wird nach Kriegsbeg<strong>in</strong>n als Deutscher (Jude) auf der Isle of Man <strong>in</strong>terniert. Mit Portraitmalerei fristen Lore und ihre Töchter<br />

e<strong>in</strong> armseliges Dase<strong>in</strong> <strong>in</strong> Cambridge.<br />

• Hunderte <strong><strong>zu</strong>r</strong>ückgelassene Gemälde und Zeichnungen lassen die Nazis mit Pritschen-LKW abholen. „Das ist ja doch alles nur<br />

Feuerholz“ pöbelt e<strong>in</strong>er der Schergen.<br />

• In Lore „war etwas zerstört durch das Verbrechen an ihren Bildern“.<br />

• Familie Feldberg-Eber bleibt <strong>in</strong> Großbritannien.<br />

• Ende des 20. Jahrhunderts tauchen e<strong>in</strong> paar der abtransportierten Werke auf Flohmärkten wieder auf.<br />

• Der Kritiker Rudolf Klutmann me<strong>in</strong>t: „Es besteht ke<strong>in</strong> Zweifel, dass Frau Eber, schon lange vor Hitler, <strong>zu</strong> den stärksten und<br />

echtesten Hamburger schaffenden Künstlern gehörte und dass die Hitlerzeit ihre künstlerische Arbeit auf e<strong>in</strong>e schwerwiegende<br />

Weise unterbrochen hat.“<br />

Mutter des Modezaren<br />

Elisabeth Lagerfeldt geb. Bahlmann<br />

1897 – 1978<br />

• <strong>Sie</strong> wird <strong>in</strong> Sigmar<strong>in</strong>gen als Tochter von He<strong>in</strong>rich Bahlmann geboren, der später Landrat<br />

im Münsterland wird.<br />

• Nach der Schule lockt Elisabeth das pralle Leben von Berl<strong>in</strong>.<br />

• <strong>Sie</strong> wird Verkäufer<strong>in</strong> für L<strong>in</strong>geriewaren (Unterwäsche) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Damenmodengeschäft.<br />

• 1929 lernt sie den 16 Jahre älteren Otto Lagerfeldt kennen, Gründer und Lenker der<br />

Glücksklee-Milchwerke, und heiratet ihn. Lagerfeldt ist Witwer und br<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>e Tochter <strong>in</strong><br />

die Verb<strong>in</strong>dung.<br />

• Ihre Jahre <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> überdeckt Elisabeth mit Schweigen.<br />

• Lagerfeldts erwerben 1930 e<strong>in</strong>e Villa im <strong>Blankenese</strong>r Baurs Park und bekommen zwei<br />

K<strong>in</strong>der: Christel 1931 und Karl-Otto 1933.<br />

• Für die K<strong>in</strong>der gibt es Schwester Meta, denn Elisabeth hat weder Lust auf K<strong>in</strong>derspiele<br />

noch K<strong>in</strong>dergeschwätz. Auch körperliche Nähe <strong>zu</strong> den K<strong>in</strong>dern ist ihr <strong>zu</strong>wider.<br />

• Ihren Sohn ermahnt sie immer wieder: „Sprich schneller, damit du mit dem Stuss, den du redest, bald <strong>zu</strong> Ende kommst!“<br />

• „Me<strong>in</strong>e Mutter war frech wie Straßendreck, der Vater selten <strong>zu</strong> Hause, und wenn, dann mit Distanz <strong>zu</strong> uns K<strong>in</strong>dern!“ beschreibt<br />

Karl-Otto se<strong>in</strong>e Eltern.<br />

• 1935 ziehen Lagerfeldts nach Gut Bissenmoor bei Bad Bramstedt.<br />

• Für die Schule brauchen Elisabeths K<strong>in</strong>der nicht <strong>zu</strong> lernen, denn sie ist der Auffassung: „Ihr müsst die Zusammenhänge kennen.<br />

Der Rest steht im Lexikon!“<br />

• Als sie e<strong>in</strong> Lehrer nach dem Krieg auf die unmöglich lange Mähne ihres Sohnes anspricht, zieht ihm Elisabeth die Krawatte aus<br />

dem Sakko, schleudert sie ihm <strong>in</strong>s Gesicht und stellt lakonisch fest: „<strong>Sie</strong> s<strong>in</strong>d wohl immer noch Nazi?“<br />

• 1953 nimmt Elisabeth den schulisch gescheiterten Karl-Otto unter ihre Fittiche und geht mit ihm - nach verschiedenen fehlge<br />

schlagenen Versuchen - nach Paris, wo der begabte Modezeichner e<strong>in</strong>e fundierte Ausbildung erhält.<br />

• Später besucht Elisabeth ihren Sohn, der <strong>in</strong>zwischen Chef von Chloé ist. „Schade, dass du dich nicht über den Hof gehen siehst,<br />

sonst könntest du erkennen, was für e<strong>in</strong>en dicken H<strong>in</strong>tern du gekriegt hast!“ stellt sie sarkastisch fest.<br />

• Auch wirft sie se<strong>in</strong> 1953 begonnenes Tagebuch fort, das sie <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Schreibtisch fand. „Es braucht nicht jeder <strong>zu</strong> wissen,<br />

wie doof du bist!“<br />

• Nach Otto Lagerfeldts Tod kauft Sohn Karl für sich und se<strong>in</strong>e Mutter e<strong>in</strong> Schloss <strong>in</strong> der Bretagne und er<strong>in</strong>nert: „Als Ehefrau war<br />

me<strong>in</strong>e Mutter unmöglich. Me<strong>in</strong> Vater hatte genug Probleme mit ihr. Toll fand ich, dass die gute Frau <strong>in</strong> ihrem Leben nie etwas<br />

getan hat. Dafür konnte sie alle Leute, auch ihr Personal, <strong>in</strong> Sklaven verwandeln!“<br />

Förderkreis Historisches <strong>Blankenese</strong>


<strong>Blankenese</strong>r Frauen<br />

Lust auf Geschichte(n)<br />

Deutschlands erste Bl<strong>um</strong>enb<strong>in</strong>demeister<strong>in</strong><br />

Paula Rahloff<br />

1897 – 1980<br />

• Als Paula 15 Jahre alt ist, stirbt ihr Vater.<br />

• Paulas Mutter Susanne, verwöhnte Tochter des vormaligen Opernsängers I.W.O. Meyer,<br />

übernimmt das Bl<strong>um</strong>engeschäft des Vaters zwar, kommt damit aber nicht <strong><strong>zu</strong>r</strong>echt.<br />

• Jetzt steigt Paula <strong>in</strong> den Betrieb e<strong>in</strong> - nach nur e<strong>in</strong>em Jahr Ausbildung.<br />

• Die Geschäftsfelder s<strong>in</strong>d vielfältig: Bl<strong>um</strong>enarrangements, Schmuck für Beerdigungen,<br />

Kränze und vieles mehr.<br />

• Drei Jahre später beg<strong>in</strong>nt der Weltkrieg und Paula wird vor neue Aufgaben gestellt,<br />

denn es gibt ka<strong>um</strong> Personal und so gut wie ke<strong>in</strong>e Bl<strong>um</strong>en. Trotzdem gel<strong>in</strong>gt es ihr, mit<br />

viel Improvisation und Tauschgeschäften über die Kriegsjahre <strong>zu</strong> kommen.<br />

• Die nächste Krise heißt Inflationszeit, die sie deshalb meistert, weil sie mit dem<br />

Prokuristen Rahloff verlobt ist, der se<strong>in</strong> Geld <strong>in</strong> wertstabilen Gulden bei e<strong>in</strong>er<br />

niederländischen Bank verdient und ihr unter die Arme greift.<br />

• 1930 beschäftigt Paula schon sechs Mitarbeiter. Für ihren Ehemann Hermann Rahloff ist das der Moment, <strong>in</strong> ihr Geschäft<br />

e<strong>in</strong><strong>zu</strong>steigen.<br />

• Mit 40 Jahren macht Paula als erste Frau <strong>in</strong> Deutschland ihren Bl<strong>um</strong>enb<strong>in</strong>demeister, obwohl sie den Bl<strong>um</strong>enladen weiter<br />

betreibt, sieben K<strong>in</strong>der <strong>zu</strong> versorgen hat und im Prüfungsjahr ihre jüngste Tochter verliert.<br />

• Der 2. Weltkrieg br<strong>in</strong>gt die gleichen Schwierigkeiten wie der vorangegangene. Ka<strong>um</strong> Personal, ka<strong>um</strong> Ware.<br />

• 1943 werden Wohnhaus und Laden durch e<strong>in</strong>e Luftm<strong>in</strong>e schwer <strong>in</strong> Mitleidenschaft gezogen. Paula muss versuchen, beides<br />

wieder auf<strong>zu</strong>bauen, während ihr Mann und zwei Söhne im Feld s<strong>in</strong>d.<br />

• Seit 1944 wird ihr ältester Sohn <strong>in</strong> R<strong>um</strong>änien vermisst.<br />

• Kurz vor Kriegsende wird die Commerzbank <strong>in</strong> ihr Ladenlokal mit e<strong>in</strong>quartiert, ihr Mann kommt mit Typhus aus der<br />

Gefangenschaft. Als Sohn Oskar 1948 ebenfalls aus der Gefangenschaft kommt, soll gerade der Restteil des Ladens an<br />

Juden vergeben werden, die den Holocaust überlebt haben.<br />

• Es gel<strong>in</strong>gt ihnen, ihren Ladenteil <strong>zu</strong> behalten, die Commerzbank zieht nach Jahren wieder <strong>in</strong> angestammte Rä<strong>um</strong>e und<br />

das Bl<strong>um</strong>engeschäft beg<strong>in</strong>nt abermals <strong>zu</strong> florieren. Sohn Oskar wächst als nächste Generation <strong>in</strong>s Geschäft und übernimmt<br />

es 1958.<br />

Gründer<strong>in</strong> von Behrmanns Hotel<br />

Olga Behrmann<br />

1904 – 1996<br />

• <strong>Sie</strong> verlebt ihre Jugend <strong>zu</strong>sammen mit vier Geschwistern auf dem elterlichen Bauernhof<br />

an der Elbchaussee.<br />

• Olga wird von den Eltern mit der Hofarbeit vertraut gemacht und auf die Rolle als Hausfrau<br />

und Mutter vorbereitet.<br />

• 1923 – als 18-Jährige - wandert sie mit ihrem älteren Bruder Albert nach den USA aus,<br />

trennt sich aber schon <strong>in</strong> New York von ihm. Während er <strong>zu</strong> e<strong>in</strong>er Farm <strong>in</strong> den Mittleren<br />

Westen fährt, verd<strong>in</strong>gt Olga sich – ohne Sprachkenntnisse – <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em deutsch-jüdischen<br />

Haushalt an der Ostküste.<br />

• Hier kommt sie <strong>in</strong> Kontakt mit der fe<strong>in</strong>en Küche und büffelt Englisch.<br />

• Nachdem sie sprachlich fit ist, wechselt sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e große Wäscherei und lernt dabei e<strong>in</strong><br />

wichtiges Segment des Hotelgewerbes kennen.<br />

• Nebenbei betreibt sie e<strong>in</strong>en Frisiersalon.<br />

• Obwohl sparsam, macht sie weite Reisen durch die USA, auch mal z<strong>um</strong> Bruder nach Wichita. Zwei Mal fährt sie <strong>in</strong> die<br />

alte Heimat.<br />

• Bei Kriegsausbruch 1939 ist sie gerade <strong>in</strong> Deutschland. Der Weg <strong><strong>zu</strong>r</strong>ück <strong>in</strong> die USA ist abgeschnitten.<br />

• Doch Olga hält es nicht im prov<strong>in</strong>ziellen Dockenhuden. <strong>Sie</strong> geht nach Berl<strong>in</strong> und eröffnet dort die Pension „New York“.<br />

• In der Pension wird Olga von ihrer Schwester Herta unterstützt, die ihre kle<strong>in</strong>e Tochter Olga (benannt nach ihrer Tante)<br />

dabei hat.<br />

• Doch 1943 wird die Pension durch e<strong>in</strong>en Luftangriff schwer beschädigt und kann nur notdürftig wieder hergerichtet werden.<br />

• Kurz vor Kriegsende flüchtet Herta mit Tochter nach Holste<strong>in</strong>, während Olga ihre noch existierenden Besitztümer gegen<br />

marodierende Sowjetsoldaten <strong>zu</strong> verteidigen sucht.<br />

• In der Nachkriegszeit gel<strong>in</strong>gt es ihr, aus Berl<strong>in</strong> <strong>zu</strong> retten, was <strong>zu</strong> retten ist.<br />

• Kurz vor der Währungsreform eröffnet sie im elterlichen Bauernhaus an der Elbchaussee e<strong>in</strong> Hotel garni.<br />

• Hier hilft Herta abermals, das Haus <strong>zu</strong> bestellen.<br />

• Das Geschäft br<strong>um</strong>mt und Olga erreicht - trotz mehrfacher Ausbauten - e<strong>in</strong>e Auslastung von 80%. E<strong>in</strong>e Tra<strong>um</strong>marke.<br />

• 1964 überträgt Olga das Hotel ihrer Nichte Olga, macht endlich e<strong>in</strong>e Weltreise und setzt sich <strong>in</strong> Spanien <strong><strong>zu</strong>r</strong> Ruhe.<br />

• Als sich 20 Jahre später körperliche Gebrechen e<strong>in</strong>stellen und sie häufiger e<strong>in</strong>en Arzt aufsuchen muss, wechselt sie nach<br />

Hamburg und verbr<strong>in</strong>gt ihre letzten Jahre <strong>in</strong> der Seniorenresidenz Falkenbergsweg <strong>in</strong> Neugraben.<br />

Förderkreis Historisches <strong>Blankenese</strong>


<strong>Blankenese</strong>r Frauen<br />

Lust auf Geschichte(n)<br />

Schauspieler<strong>in</strong><br />

Elisabeth Flickenschildt<br />

1905 – 1977<br />

• <strong>Sie</strong> wird <strong>in</strong> <strong>Blankenese</strong> als Tochter e<strong>in</strong>es Lotsen geboren,<br />

besucht e<strong>in</strong>e Hamburger Oberrealschule und liebt es, Gedichte auf<strong>zu</strong>sagen.<br />

• Mit 17 fasst sie den Entschluss, Schauspieler<strong>in</strong> <strong>zu</strong> werden. Die Eltern s<strong>in</strong>d entsetzt.<br />

• Auf ihr Drängen absolviert sie <strong>zu</strong>nächst e<strong>in</strong>e Lehre <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Hamburger Modegeschäft.<br />

• Mit 23 Jahren beg<strong>in</strong>nt sie mit dem Schauspielunterricht und erhält mit 26 kle<strong>in</strong>e Rollen<br />

am Hamburger Thalia-Theater.<br />

• 1932 wird die Flickenschildt NSDAP-Mitglied.<br />

• Nach schwierigen Hamburger Jahren führt e<strong>in</strong> Engagement an den Münchener<br />

Kammerspielen unter Otto Falckenberg <strong>zu</strong> ersten Erfolgen.<br />

• Jetzt geht es <strong>in</strong> großen Sprüngen die Karriereleiter aufwärts:<br />

• 1936 holt He<strong>in</strong>z Hilpert die Flickenschildt ans Deutsche Theater nach Berl<strong>in</strong>.<br />

• 1939 ruft Jürgen Fehl<strong>in</strong>g sie ans Berl<strong>in</strong>er Staatstheater. Höher geht es nicht. Hier spielt die Elite deutscher Schauspieler,<br />

darunter Gustav Gründgens.<br />

• 1936 heiratet Elisabeth den Theaterwissenschaftler, Dramaturgen und persönlichen Gründgens-Assistenten<br />

Rolf Badenhausen. Die Ehe hält bis 1944, die Freundschaft lebenslang.<br />

• Schon früh wird Elisabeth für den Film entdeckt. Der erste bedeutende Filmerfolg ist „Romanze <strong>in</strong> Moll“ mit Emil Jann<strong>in</strong>gs.<br />

Zahlreiche weitere Filme folgen.<br />

• Von 1941 bis 1945 spielt sie <strong>zu</strong>sammen mit Gründgens und wird <strong>in</strong> der Endphase des 2. Weltkriegs <strong>in</strong> die Liste der unersetzlichen<br />

Schauspieler aufgenommen (zynisch „Gottbegnadetenliste“) und kommt deswegen nicht <strong>in</strong> die Kriegswirtschaft.<br />

• Gründgens holt sie 1947 <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Düsseldorfer Ensemble. 1955 geht sie mit ihm nach Hamburg ans Schauspielhaus.<br />

• Es folgen acht legendäre Theaterjahre mit Gründgens und se<strong>in</strong>em Hamburger Schauspielhaus-Ensemble.<br />

• 1963 stirbt Gründgens <strong>in</strong> Manila. Seitdem empf<strong>in</strong>det sich Elisabeth als künstlerisch heimatlos.<br />

• 1964 wird ihr der Professoren-Titel vom Land Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen verliehen.<br />

• <strong>Sie</strong> erhält das „Filmband <strong>in</strong> Gold“ und wird mit dem „Bambi“ ausgezeichnet.<br />

• 1975 verleiht ihr die Bundesregierung das Große Bundesverdienstkreuz.<br />

• In späten Jahren kehrt Elisabeth <strong><strong>zu</strong>r</strong>ück an die Elbe und erwirbt im Guderhandviertel e<strong>in</strong>en Hof. Hier stirbt sie 1977 an<br />

den Spätfolgen e<strong>in</strong>es Autounfalls.<br />

Das Leben der Frauen von 1945 bis heute<br />

Lehrer<strong>in</strong> und Kapitän<strong>in</strong><br />

Anneliese Teetz<br />

1910 – 1992<br />

• <strong>Sie</strong> ist schon „als K<strong>in</strong>d verrückt nach Wasser“ und mustert – als Junge verkleidet - mit<br />

14 Jahren auf e<strong>in</strong>em Fischdampfer an. Aber nur für die Ferien.<br />

• <strong>Sie</strong> macht das Abitur und soll Lehrer<strong>in</strong> werden.<br />

• In ihrer Feizeit ist Anneliese wasserbegeistert, paddelt z.B. mit dem Faltboot nach<br />

Helgoland.<br />

• Nach dem Examen für das höhere Lehramt heuert sie als Fischdampfermatrose an.<br />

Danach geht sie <strong>in</strong> die Fischverarbeitung <strong>in</strong> den Altonaer Fischhallen. Dort ertrotzt sie<br />

sich e<strong>in</strong>e höhere Lohngruppe, will sich mit niedrigen Frauenlöhnen nicht <strong>zu</strong>frieden geben.<br />

Schließlich arbeitet sie wie e<strong>in</strong> Mann.<br />

• Zwischen 1939 und 1943 fährt sie als Matrose auf e<strong>in</strong>em Kümo <strong>in</strong> Nord- und Ostsee und<br />

erwirbt ihr Steuermannspatent.<br />

• Nach dem Krieg gibt es für Seeleute ke<strong>in</strong>e Arbeit. Anneliese wird Lehrer<strong>in</strong> für Geschichte, Erdkunde und Schwimmen an<br />

der Kahlkampschule.<br />

• Schwimm-Unterricht erteilt sie im Luftschutzbecken Hessepark. Beim Sportunterricht lässt sie die K<strong>in</strong>der – <strong>in</strong> Ermangelung<br />

e<strong>in</strong>er Sporthalle – <strong><strong>zu</strong>r</strong> Elbe und an ihr entlang laufen. <strong>Sie</strong> selbst rennt barfuss vorweg und turnt mit den K<strong>in</strong>dern am Strand.<br />

• Zwischen Jungen und Mädchen macht sie ke<strong>in</strong>en Unterschied: Boxen oder Strümpfe stopfen für beide Geschlechter, Taue<br />

spleißen und richtiges H<strong>in</strong>fallen.<br />

• Vor dem Unterricht schwimmt die Teetz immer splitterfasernackt über die Elbe. Auch wenn sie im W<strong>in</strong>ter scharfkantige<br />

Eisschollen stören.<br />

• <strong>Sie</strong> beteiligt sich an handfesten Ause<strong>in</strong>anderset<strong>zu</strong>ngen <strong>um</strong> das Osterfeuer-Ba<strong>um</strong>aterial.<br />

• Mitte der 50er Jahre besucht Anneliese die Seefahrtsschule, <strong>um</strong> als erste Frau Deutschlands ihr A6 Patent, Kapitän auf<br />

großer Fahrt, ab<strong>zu</strong>legen.<br />

• Danach fährt sie lange als erster Offizier bei der Friesecke-Reederei.<br />

• 1952 erwirbt sie mit ihrem Mann e<strong>in</strong> Eigenheim am Wittenbergener Ufer, das südlich der Promenade hochwassergefährdet<br />

liegt. Für Notfälle hat sie am Schornste<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Beiboot vertäut.<br />

• <strong>Sie</strong> hat selbst mit Kaffeekochen Schwierigkeiten. Auch fehlt ihr jedes Interesse für Äußerlichkeiten. Dafür paddelt und segelt<br />

sie auch als Rentner<strong>in</strong> für ihr Leben gern.<br />

• 1991 stirbt Anneliese Teetz den Seemannstod, als ihr Kajak bei e<strong>in</strong>em Unwetter kentert.<br />

Förderkreis Historisches <strong>Blankenese</strong>


<strong>Blankenese</strong>r Frauen<br />

Lust auf Geschichte(n)<br />

Bildhauer<strong>in</strong>, Maler<strong>in</strong>, Erfolgs-Autor<strong>in</strong>, Sport-Ass<br />

Vera Mohr-Möller<br />

1911 – 1998<br />

• <strong>Sie</strong> stammt aus großbürgerlichem Kieler Elternhaus.<br />

• Weil sie während der Schulzeit mit ihrem Gerechtigkeitss<strong>in</strong>n aneckt, wird sie auf e<strong>in</strong><br />

Internat am Starnberger See geschickt. Dort genießt sie die Sportmöglichkeiten und<br />

erste künstlerische Förderung.<br />

• Von 1929 bis 1932 besucht sie die Hamburger Hochschule für bildende Künste und<br />

heiratet nach Abschluss den Hausmakler Wilhelm H.C. Möller.<br />

• Das Paar zieht <strong><strong>zu</strong>r</strong> Geburt des ersten K<strong>in</strong>des <strong>in</strong> NRV-Clubrä<strong>um</strong>e am Alsterufer.<br />

Vera arbeitet künstlerisch weiter.<br />

• Auf dem NRV-Bootssteg kommt sie mit Kle<strong>in</strong>-Erna-Witzen <strong>in</strong> Berührung, die sie sammelt.<br />

• 1939 formuliert und illustriert sie ihre Kle<strong>in</strong>-Erna-Geschichten und gibt sie <strong>in</strong> Buchform<br />

heraus. Die Auflage von 1.000 Stück ist rasch vergriffen, e<strong>in</strong> Verleger greift <strong>zu</strong>.<br />

E<strong>in</strong>e Gesamt-Auflage von 2 Millionen Stück wird verkauft.<br />

• Die junge Mutter von <strong>in</strong>zwischen zwei K<strong>in</strong>dern wird vom zehn Jahre jüngeren Wolfgang Borchert verehrt, der ihr schwülstige<br />

Liebesbriefe schreibt. Se<strong>in</strong> Werben bleibt unerhört. Nach dem Krieg gel<strong>in</strong>gt dem schwerkranken Borchert der künstlerische<br />

Durchbruch mit „Trümmerliteratur“, wie dem Theaterstück „Draußen vor den Tür“.<br />

• 1945 ziehen Möllers <strong>in</strong>s Hirschparkhaus (Witthüs Teestuben).<br />

• Um <strong>zu</strong> überleben schnitzt Vera Puppenköpfe. Die fertigen Puppen bietet sie <strong>in</strong> ihrem Atelier z<strong>um</strong> Verkauf an.<br />

Die meisten Puppen werden an englische Besat<strong>zu</strong>ngssoldaten verkauft. E<strong>in</strong>e Puppe für e<strong>in</strong>e Stange Lucky Strike.<br />

• Nach diesem Erfolg entwickelt sie Kuscheltiere auf rollbarem Untersatz, den Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>der h<strong>in</strong>ter sich herziehen können.<br />

<strong>Sie</strong> fährt selbst <strong>zu</strong> Steiff nach Baden-Württemberg und handelt für ihre Idee e<strong>in</strong>en stolzen Preis aus.<br />

• Vera erhält viele künstlerische Auftragsarbeiten und geht dabei immer wieder neue Wege.<br />

• Die Familie zieht vom Hirschparkhaus <strong>in</strong> das 1950 von den Engländern wieder freigegebene Landhaus Pepers Dieck 12.<br />

• 1950 tritt Familie Möller dem Golfclub Falkenste<strong>in</strong> bei, der ebenfalls von der britischen Besat<strong>zu</strong>ngsarmee <strong>in</strong> deutsche<br />

Hände <strong><strong>zu</strong>r</strong>ückgegeben ist.<br />

• <strong>Sie</strong> erreicht Handycap 3 und err<strong>in</strong>gt viele nationale und <strong>in</strong>ternationale Golf-Titel und Preise, genau wie ihre beiden K<strong>in</strong>der.<br />

• Die Familie stellt bis Anfang der 1960er Jahre die deutschen Meister dieser Sportart.<br />

• Vera Mohr-Möller hat ihr ganzes Leben mit „Freude am Tun“ erfüllt“.<br />

Komponist<strong>in</strong><br />

Felicitas Kukuck<br />

1914 – 2001<br />

• Ihr Vater ist der Arzt und Physiologe Prof. Dr. Otto Cohnheim, der se<strong>in</strong>en jüdischen<br />

Nachnamen 1916 <strong>in</strong> Kestner ändert.<br />

• Se<strong>in</strong>e Tochter wächst deshalb als Felicitas Kestner auf.<br />

• Die Eltern fördern die musikalische Begabung ihres K<strong>in</strong>des, lassen sie die reformpädagogische<br />

Lichtwarkschule besuchen. Nach e<strong>in</strong>em Zwischenspiel auf Juist legt<br />

Felicitas das Abitur auf der Odenwaldschule ab.<br />

• Trotz Diskrim<strong>in</strong>ierung kann sie <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> Klavier und Flöte und bei Paul H<strong>in</strong>demith<br />

Komposition studieren.<br />

• 1939 heiratet sie ihren langjährigen Freund Dietrich Kukuck.<br />

• Die Eheschließung e<strong>in</strong>es Ariers mit e<strong>in</strong>er 3/8 Jüd<strong>in</strong> ist nicht erlaubt. Erschwerend<br />

kommt h<strong>in</strong><strong>zu</strong>, dass Kukuck als Offizier der Kriegsmar<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>en absolut sauberen<br />

Ahnenpass besitzen muss.<br />

• Durch e<strong>in</strong>en neuen Geburtssche<strong>in</strong> und e<strong>in</strong>en menschlichen Standesbeamten gel<strong>in</strong>gt<br />

das Unmögliche.<br />

• E<strong>in</strong> Jahr später wird Sohn Jan geboren.<br />

• Trotz Verbot als Jüd<strong>in</strong> gibt Felicitas 1941 Kompositionsabende.<br />

• 1942 ersche<strong>in</strong>en drei Instr<strong>um</strong>entalwerke von ihr im Schott-Verlag. Auch tritt sie trotz aller Verbote weiter öffentlich auf.<br />

• <strong>Sie</strong> br<strong>in</strong>gt sich <strong>zu</strong>sätzlich <strong>in</strong> Lebensgefahr, <strong>in</strong>dem sie e<strong>in</strong>er Jüd<strong>in</strong> Unterschlupf gewährt.<br />

• Am 3. Mai ´45 wird ihre Berl<strong>in</strong>er Wohnung zerstört, Sohn Jan und ihre Partituren kann sie retten.<br />

• Im November 1945 kommt sie – vom Hunger ausgezehrt - <strong><strong>zu</strong>r</strong>ück nach Hamburg.<br />

• Bald darauf kehrt auch ihr Mann Dietrich aus dem Krieg nach Hause.<br />

• 1946 werden ihre Zwill<strong>in</strong>ge Margret und Irene geboren, 1948 Sohn Thomas.<br />

• Von 1948 bis <strong>zu</strong> ihrem Tod 2001 lebt und komponiert Felicitas Kukuck <strong>in</strong> <strong>Blankenese</strong>, Am Hang 9.<br />

• 1947 lernt sie Gottfried Wolters, Leiter des Norddeutschen S<strong>in</strong>gkreises und Lektor des Mösler-Verlages kennen, der e<strong>in</strong>en<br />

starken E<strong>in</strong>fluss auf Felicitas ausübt und sie <strong><strong>zu</strong>r</strong> Vokalmusik führt.<br />

• <strong>Sie</strong> komponiert daraufh<strong>in</strong> zahlreiche Liedsätze für „Das s<strong>in</strong>gende Jahr“, die Wolters mit se<strong>in</strong>em Chor aufführt.<br />

• Die Komponist<strong>in</strong> hat <strong>in</strong> über sechs Jahrzehnten neben Instr<strong>um</strong>entalstücken e<strong>in</strong> reiches Werk weltlicher und geistlicher<br />

Vokalmusik mit sehr eigenem Stil geschaffen.<br />

• Felicitas ist kompromisslos <strong>in</strong> ihrem musikalischen Werk, dafür aber liberal auf zwischenmenschlichem Gebiet und sieht<br />

ihrem Mann manche Eskapade mit dem weiblichen Geschlecht nach.<br />

• <strong>Sie</strong> unterstützt ihre Tochter, die mit 15 Jahren e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d bekommt, zieht den kle<strong>in</strong>en Christoph mit auf. <strong>Sie</strong> kann auch damit<br />

<strong>um</strong>gehen, dass sich ihr Mann von ihr trennt.<br />

• Ihr Gesamtwerk <strong>um</strong>fasst mehr als 1.000 Kompositionen.<br />

• Das Spätwerk wird bestimmt von existentiellen Fragen unserer Zeit, wie Krieg und Frieden, Auschwitz, Hiroshima<br />

und Tschernobyl.<br />

• Bis <strong>in</strong>s hohe Alter komponiert sie täglich – und das meist draußen.<br />

• „Ich b<strong>in</strong> <strong>in</strong> Sehnsucht e<strong>in</strong>gehüllt“ lautet das Motto von sieben Klavierliedern auf Gedichte des jüdischen Mädchens<br />

Selma Meerba<strong>um</strong>-Eis<strong>in</strong>ger an ihren Freund, die 18-jährig <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Konzentrationslager starb.<br />

• „Ich b<strong>in</strong> <strong>in</strong> Sehnsucht e<strong>in</strong>gehüllt“ könnte man auch als Lebensmotto von Felicitas Kukuck bezeichnen.<br />

Förderkreis Historisches <strong>Blankenese</strong>


<strong>Blankenese</strong>r Frauen<br />

Lust auf Geschichte(n)<br />

Pianist<strong>in</strong>, Komponist<strong>in</strong>, Sänger<strong>in</strong><br />

Lya Bendorff<br />

1914 – 2008<br />

• Das ungarndeutsche Ehepaar Seifert kommt aus Budapest und hat drei ansehnliche<br />

musikalische Töchter namens Clari, Gisi und Lya.<br />

• Vater Desider Seifert ist Berufsmusiker, spielt Gitarre, s<strong>in</strong>gt und komponiert.<br />

• 1928 zieht er mit se<strong>in</strong>en beiden älteren Töchtern unter dem Namen „Sisters Rialto“ als<br />

Unterhaltungsmusiker durch Deutschland.<br />

• Zwei Jahre später stößt Lya z<strong>um</strong> Familienterzett, das sich jetzt unter dem Namen<br />

„Geschwister Seifert“ präsentiert.<br />

• Die drei Schwestern treten <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> und Breslau an drei Flügeln auf, genau wie <strong>in</strong> Prag,<br />

Dresden, Leipzig, Hamburg und an vielen anderen Plätzen des Reichs. <strong>Sie</strong> werden die<br />

Goldmädels ihres Vaters, so viel Geld verdient er mit ihnen.<br />

• Seifert erwirbt das Restaurant „Jägereck“ <strong>in</strong> <strong>Blankenese</strong>, das z<strong>um</strong> Familiensitz wird.<br />

• Doch das Quartett löst sich schon 1934 auf, da e<strong>in</strong>e Tochter nach der anderen heiratet.<br />

• Lya ehelicht den Hamburger Unternehmer Egon Brandt von Fackh. Aber die Ehe bricht schon nach kurzer Zeit ause<strong>in</strong>ander.<br />

• <strong>Sie</strong> beg<strong>in</strong>nt e<strong>in</strong> Gesangstudi<strong>um</strong> <strong><strong>zu</strong>r</strong> Koloratursopranist<strong>in</strong> und s<strong>in</strong>gt bald Titelrollen <strong>in</strong> Hagen, Weimar, Kassel, Lübeck usw.<br />

• Bei e<strong>in</strong>em Gastspiel <strong>in</strong> Weimar begegnet sie dem noch verheirateten Operettenbuffo <strong>Sie</strong>gfried Bendorff-Leis, den sie nach<br />

dessen Scheidung heiratet.<br />

• Nach der Beset<strong>zu</strong>ng Frankreichs kommen beide <strong><strong>zu</strong>r</strong> Truppenbetreuung , wo Tochter Monika <strong>in</strong> Lille geboren wird.<br />

• Lya und Monika gelangen nach dem deutschen Rück<strong>zu</strong>g aus Frankreich nach <strong>Blankenese</strong>. Lya, die abermals schwanger ist,<br />

erleidet e<strong>in</strong>e Fehlgeburt. <strong>Sie</strong>gfried gerät <strong>in</strong> Gefangenschaft, wird aber schon 1945 nach <strong>Blankenese</strong> entlassen.<br />

• 1946 wird den beiden Sohn Joachim geboren.<br />

• Da das „Jägereck“ für die britische Armee reserviert ist, treten Lya und <strong>Sie</strong>gfried mit Chansons und Kabarett <strong>in</strong><br />

Musikkneipen auf.<br />

• Es folgen Auftritte <strong>in</strong> den vier Besat<strong>zu</strong>ngszonen, bei Peter Ahrweiler im Rendevouz und im damaligen NWDR.<br />

• 1956 erweitert Desider Seifert die Gaststätte „Jägereck“ durch e<strong>in</strong>en Anbau für Lya und <strong>Sie</strong>gfried. Dort s<strong>in</strong>gt sie, er “schnarrt”<br />

auf der Gitarre, aus Tochter Monika wird „Topsy“ und aus Sohn Joachim „Benny“. Das Familienquartett tritt als<br />

„Die vier Bendorffs“ auf.<br />

• Im Anbau, der jetzt „...bei Bendorffs“ heißt, gibt Lya bunte Abende als Alle<strong>in</strong>unterhalter<strong>in</strong>, während <strong>Sie</strong>gfried Würstchen für<br />

die Gäste grillt. Doch er hat <strong>in</strong> den letzten Jahren dem Alkohol so exzessiv <strong>zu</strong>gesprochen, dass er 1966 verstirbt.<br />

• 1979 verpachtet Lya ihre Gaststätte und verlegt ihre musikalischen Auftritte <strong>in</strong> andere Etablissements.<br />

• In reiferen Jahren gründet sie mit zwei anderen Damen das Kabarett-Ensemble „Die drei Frivoldies“. Mit entsprechend<br />

frechen Texten tritt Lya noch bis kurz vor ihrem Tod mit 94 Jahren auf.<br />

Gründer<strong>in</strong> der <strong>Blankenese</strong>r Trachtengruppe<br />

Lore Hülsen<br />

Geb. 1925<br />

• <strong>Sie</strong> wächst <strong>in</strong> Dockenhuden auf und macht 1944 das Abitur.<br />

• Ihr Berufsziel ist Kostümbildner<strong>in</strong>. Nach e<strong>in</strong>er Schneiderlehre besucht sie die<br />

Kunstschule Armgartstraße.<br />

• Als sie ihren <strong>zu</strong>künftigen Mann Hans-Peter Hülsen trifft, verzichtet sie auf den Abschluss<br />

und entscheidet sich für die Ehe.<br />

• Nachdem ihre drei K<strong>in</strong>der aus dem Haus gegangen s<strong>in</strong>d, übernimmt sie die Leitung der<br />

Tanzsportabteilung im BMTV.<br />

• 1983 plant sie e<strong>in</strong>e Feier im <strong>Blankenese</strong>r Geme<strong>in</strong>desaal, <strong>zu</strong> der der „Hamburger R<strong>in</strong>g<br />

für Heimattanz“ e<strong>in</strong>geladen ist.<br />

• Die Feier wird e<strong>in</strong> Erfolg, doch Lore wurmt, dass ausgerechnet der Hamburger R<strong>in</strong>g für<br />

Heimattanz <strong>in</strong> <strong>Blankenese</strong>r Tracht auftritt.<br />

• <strong>Sie</strong> gew<strong>in</strong>nt 14 Damen für die Idee e<strong>in</strong>er <strong>Blankenese</strong>r Trachtengruppe und beg<strong>in</strong>nt, mit ihnen Trachten an<strong>zu</strong>fertigen.<br />

• Doch schon die Suche nach Stoffen gestaltet sich schwierig, führt Lore nach Bayern und Venedig.<br />

• Auch e<strong>in</strong>en Goldschmied auf<strong>zu</strong>treiben, der Hartjes (silberne Verlobungsbrosche) und Silberknöpfe anfertigt, ist langwierig<br />

und schwierig.<br />

• Inzwischen melden sich immer mehr Interessenten – auch Herren – der Trachtengruppe bei<strong>zu</strong>treten.<br />

• Um ihre Trachten vorführen <strong>zu</strong> können, werden Volks-Tänze e<strong>in</strong>geübt.<br />

• 1987 tritt die <strong>Blankenese</strong>r Gruppe beim Turnfest <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> auf und begeistert rund 100.000 Zuschauer im Olympia-Stadion.<br />

• Bald darauf nimmt man an der Steuben-Parade <strong>in</strong> New York teil und wird sogar von New Yorks Bürgermeister empfangen.<br />

• E<strong>in</strong>ladungen häufen sich. Nicht nur im <strong>Blankenese</strong>r Umfeld.<br />

• Aus Anlass der Städtepartnerschaft wird die Trachtengruppe drei Mal nach St. Petersburg e<strong>in</strong>geladen, da<strong>zu</strong> reist sie <strong>zu</strong><br />

besonderen Anlässen nach Norwegen, Riga, Tall<strong>in</strong> und sogar nach Namibia.<br />

• E<strong>in</strong> weiteres Betätigungsfeld von Lore Hülsen ist der kirchliche Besuchsdienst, für den sie 26 Jahre arbeitet.<br />

• 1998/99 geht sie unter die Filmemacher und dreht die Streifen „<strong>Blankenese</strong> – gestern und heute“ gefolgt von „<strong>Blankenese</strong> -<br />

heute und gestern“, die e<strong>in</strong> <strong>in</strong>teressiertes Publik<strong>um</strong> erfreuen.<br />

• Z<strong>um</strong> <strong>Blankenese</strong>r Jubilä<strong>um</strong>sjahr 2001 veranstaltet sie e<strong>in</strong>en Neujahrsempfang für 300 ausgewählte Gäste. Zwei Jahre später<br />

ruft sie e<strong>in</strong>en plattdeutschen Wettbewerb <strong>in</strong>s Leben, für den sie auch die Preise stiftet.<br />

• Lore Hülsen hat sich <strong>in</strong> besonderer Weise <strong>um</strong> <strong>Blankenese</strong> und die Pflege se<strong>in</strong>er Tradition und Bräuche verdient gemacht.<br />

Förderkreis Historisches <strong>Blankenese</strong>


<strong>Blankenese</strong>r Frauen<br />

Lust auf Geschichte(n)<br />

Bürgervertreter<strong>in</strong> und Unternehmer<strong>in</strong><br />

Monika Lühmann<br />

Geb. 1940<br />

• <strong>Sie</strong> heiratet 1965 Uwe Lühmann und zieht <strong>in</strong>s schwiegerelterliche Haus nach<br />

<strong>Blankenese</strong>.<br />

• Ihr Schwiegervater betreibt e<strong>in</strong>en Großhandel für Rohwolle, Textilien und<br />

ungegerbte Felle. Doch Märkte ändern sich und Lühmanns treffen den Entschluss,<br />

ihre Waren im Direktverkauf an<strong>zu</strong>bieten.<br />

• Ihr Ladengeschäft liegt im „Schmiedeviertel“ der Bahnhofstraße. Dort ist e<strong>in</strong><br />

Abriss und e<strong>in</strong> sechsgeschossiger Neubau geplant.<br />

• Die Kle<strong>in</strong>-Gewerbehäuser aus dem 19. Jahrhundert hat e<strong>in</strong> Wedeler Bauunternehmer 1979 erworben. Das Bauvorhaben wird<br />

von den Behörden wohlwollend gefördert.<br />

• Monika wird Sprecher<strong>in</strong> der Bürgerbewegung z<strong>um</strong> Erhalt des Schmiedeviertels.<br />

• 1980 erreicht sie, dass der Milieuschutz des Treppenviertels bis z<strong>um</strong> Schmiedeviertel ausgedehnt wird.<br />

• Dennoch stimmt die Bezirksversammlung 1982 dem zerstörerischen Großprojekt <strong>zu</strong>.<br />

• Daraufh<strong>in</strong> verstärkt sich der Druck des Bürgerprotests, an dessen Spitze Monika Lühmann steht. <strong>Sie</strong> entlarvt<br />

Behördenschmu, besorgt sich Fachkenntnis, kompetente Mitstreiter und jede Menge Unterstützer.<br />

• Nach 10-jährigem E<strong>in</strong>satz gel<strong>in</strong>gt es ihr 1989, dass die historischen Häuser erhalten bleiben und der Neubau bescheidener<br />

und der Umgebung angepasst ausfällt.<br />

• 1988 hat sie ihrer Handelsfirma e<strong>in</strong>e Teestube angegliedert und ist <strong>in</strong> die <strong>Blankenese</strong>r Landstraße verzogen.<br />

• „LühmannsTeestube“ mausert sich z<strong>um</strong> <strong>in</strong>ternationalen Geheimtipp. Die Handelssparte wird allmählich e<strong>in</strong>gestellt.<br />

• Im Jahr der Wiedervere<strong>in</strong>igung 1990 wird e<strong>in</strong>e Patenschaft Dresden-Loschwitz mit Hamburg-<strong>Blankenese</strong> <strong>in</strong>s Leben gerufen,<br />

für die sich Monika bis <strong>in</strong> die Gegenwart immer wieder engagiert. Ihre Erfahrungen <strong>in</strong> Sachen Bürgerbegehren s<strong>in</strong>d bei den<br />

Loschwitzern sehr gefragt.<br />

• Als 1990 der Süllberg verkauft und später abgerissen werden soll, setzt sie sich für dessen Erhalt e<strong>in</strong>, sammelt 25.000<br />

Unterschriften und organisiert e<strong>in</strong>en viel beachteten Fackel<strong>zu</strong>g. Die Baupläne platzen und 2000 übernimmt die Dresdner Bank<br />

mit Sternekoch Hauser das Traditionslokal auf Hamburgs höchster Erhebung.<br />

• Zur 700-Jahr-Feier von <strong>Blankenese</strong> realisiert sie den Plan, den historischen Hamburg-Süd-Frachter „Cap San Diego“ nach<br />

<strong>Blankenese</strong> <strong>zu</strong> holen.<br />

• Monika Lühmann unterstützt ab 2001 den frisch gegründeten „Vere<strong>in</strong> <strong><strong>zu</strong>r</strong> Erforschung der Geschichte der<br />

<strong>Blankenese</strong>r Juden“.<br />

• Dem gel<strong>in</strong>gt 2004 die weltweit beachtete <strong>Ausstellung</strong> „Viermalleben – Jüdisches Schicksal <strong>in</strong> <strong>Blankenese</strong>“.<br />

• Die <strong>Ausstellung</strong>smacher haben die Schicksale der jüdischen Bevölkerung <strong>Blankenese</strong>s weitgehend erforscht und<br />

konfrontieren <strong>Ausstellung</strong>sbesucher mit vier exemplarischen Lebensläufen.<br />

• Es folgen E<strong>in</strong>ladungen an die „K<strong>in</strong>der von <strong>Blankenese</strong>“. Mit<strong>in</strong>itiator<strong>in</strong> ist Monika Lühmann. Bei diesem Projekt wurden<br />

jüdische Menschen wieder nach <strong>Blankenese</strong> e<strong>in</strong>geladen, die sich <strong>in</strong> der ersten Nachkriegszeit als K<strong>in</strong>der und Jugendliche <strong>in</strong><br />

<strong>Blankenese</strong> unter englischer Obhut von ihren entsetzlichen Erlebnissen erholen konnten, bevor sie <strong>in</strong>s damalige Paläst<strong>in</strong>a<br />

gebracht wurden.<br />

• Bei der Bahnhofsbebauung, e<strong>in</strong>er sc<strong>hier</strong> unendlichen Planungsgeschichte, versucht der Bauträger, Monika für se<strong>in</strong>e Sache<br />

als Mediator<strong>in</strong> gegenüber der Bevölkerung <strong>zu</strong> gew<strong>in</strong>nen. Doch selbst die <strong>in</strong> Aussicht gestellte Entlohnung von 5.000 DM<br />

monatlich kann Monika nicht verführen. Ne<strong>in</strong>, Monika ist nicht korr<strong>um</strong>pierbar!<br />

• Doch sie ist kämpferisch bis <strong><strong>zu</strong>r</strong> Erschöpfung, wenn es <strong>um</strong> Vorhaben geht, die sie als ungerecht oder schädlich empf<strong>in</strong>det.<br />

Jurist<strong>in</strong>, Frauenrechtler<strong>in</strong> und Politiker<strong>in</strong><br />

Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit<br />

Geb. 1932<br />

• Lore Peschel-Gutzeit ist Hamburger<strong>in</strong> und Tochter e<strong>in</strong>es Generalmajors und e<strong>in</strong>er<br />

Lehrer<strong>in</strong>.<br />

• Ihre Mutter gibt abends Politikkurse an der Volkshochschule und erörtert die<br />

Verfassung der jungen Bundesrepublik auch <strong>zu</strong>hause mit beiden Töchtern.<br />

• Schon Lore Marias Großmutter ist frühzeitig emanzipiert und leitet als Prokurist<strong>in</strong><br />

Fabrikation und Vertrieb der familieneigenen Peddigrohr-Möbelfabrik, während sich<br />

ihr Mann gut die Hälfte des Jahres <strong>um</strong> die Peddigrohrproduktion <strong>in</strong> S<strong>in</strong>gapur kümmert.<br />

• Mit der praktischen Umset<strong>zu</strong>ng des Artikels 3 unserer Verfassung von 1949 hapert<br />

es. Erst neun Jahre später gibt es erste Schritte <strong>in</strong> Richtung e<strong>in</strong>er Lösung.<br />

• Noch be<strong>in</strong>ahe 40 Jahre später, also <strong>um</strong> 1989, kämpft Frau Peschel-Gutzeit mit<br />

anderen Jurist<strong>in</strong>nen <strong>um</strong> Ergän<strong>zu</strong>ng des Art. 3 Abs. 2 unseres Grundgesetzes.<br />

• 1994 wird die folgende Formulierung im Bundestag endlich verabschiedet, deren hart <strong>um</strong>kämpfte Passagen von uns<br />

herausgehoben s<strong>in</strong>d:<br />

Der Staat fördert die tatsächliche Durchset<strong>zu</strong>ng der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf Beseitigung<br />

bestehender Nachteile h<strong>in</strong>.<br />

• 1962 heiratet die junge Witwe Lore Maria Gutzeit den Richter Horst Peschel. Mit ihm hat sie drei K<strong>in</strong>der.Ihr erster Mann ist<br />

kurz nach dem Assessorexamen 1959 verstorben.<br />

• 1968 br<strong>in</strong>gt sie das Lex Peschel auf den Weg, das Beamt<strong>in</strong>nen aus familiären Gründen Teilzeitarbeit ermöglicht.<br />

• 1972 ist sie Richter<strong>in</strong> am Hanseatischen Oberlandesgericht und wird drei Jahre später Vorsitzende Richter<strong>in</strong> am<br />

gleichen Gericht.<br />

• Von 1977 bis ´83 <strong>zu</strong>dem Vorsitzende des Deutschen Jurist<strong>in</strong>nenbundes.<br />

• 1990 promoviert sie <strong>in</strong> Freiburg mit dem Thema „Das Recht z<strong>um</strong> Umgang mit dem eigenen K<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong>e systematische<br />

Darstellung.“<br />

• Zwischen 1991 bis 1993 ist sie Justizsenator<strong>in</strong> von Hamburg. 1994 wird sie Justizsenator<strong>in</strong> von Berl<strong>in</strong> und 1997 übernimmt<br />

sie abermals das Justizressort von Hamburg.<br />

• Ihrer Initiative ist es <strong>zu</strong> verdanken, dass die bis dato noch gültigen über 400.000 Urteile des Reichsgerichts und des<br />

Volksgerichtshofs endlich 1998/99 durch e<strong>in</strong> Aufhebungsgesetz für ungültig erklärt werden.<br />

• <strong>Sie</strong> kämpft erfolgreich für die Abschaffung der Gerichtsferien, die 1877 e<strong>in</strong>geführt worden waren.<br />

• „Ja, ich habe an vielen Brettern mit gebohrt!“ me<strong>in</strong>t die heute 80-Jährige. <strong>Sie</strong> habe immer gern gearbeitet, so arbeite sie<br />

immer noch an sechs Wochentagen als Anwält<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Berl<strong>in</strong>er Kanzlei.<br />

• Doch ihr Zuhause ist <strong>Blankenese</strong>. „Wer sich <strong>hier</strong> nicht wohlfühlt, hat selber schuld!“ me<strong>in</strong>t Lore Peschel-Gutzeit,<br />

obwohl sie nicht am Strandweg, sondern „high and dry“ <strong>in</strong> der Ortsmitte wohnt.<br />

Förderkreis Historisches <strong>Blankenese</strong>

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