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<strong>Leseprobe</strong><br />
1
<strong>Oort</strong>-<strong>Infection</strong><br />
<strong>Kolonie</strong> <strong>Zer0</strong><br />
Die Fortsetzung, des dystopischen Romans<br />
<strong>Oort</strong>-<strong>Infection</strong> Ark 2 von Mathias Warnke.<br />
Marc hat es geschafft die Krankheit zu stoppen und<br />
konnte den Patienten im Ark 2 Bunker helfen. Für<br />
Millionen Anderer kam seine Hilfe jedoch zu spät.<br />
Doch womit er, Victoria und Amber nicht gerechnet<br />
hatten, dass sich Affen angesteckt haben und in ihnen<br />
die Infektion mutiert ist. Marc und seine Freunde<br />
müssen sich nun zusammen mit anderen<br />
Überlebenden gegen eine neue Form der Bedrohung<br />
behaupten.<br />
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Impressum<br />
© 2013 Mathias Warnke<br />
Dirlewang<br />
Alle Rechte vorbehalten.<br />
ISBN: 978-1484014165<br />
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"Denn für jeden, der noch zu den Lebenden<br />
gehört, gibt es Hoffnung."<br />
Die Bibel - Salomo, Prediger 9,4<br />
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Was bisher geschah<br />
Die Wirtschaft zerbrach und die Menschen raubten<br />
und plünderten sich gegenseitig aus. Kurze Zeit später<br />
kam ein Meteorhagel aus der <strong>Oort</strong>schen-Wolke,<br />
einem weit entfernten Asteroidengürtel am Rande<br />
unseres Sonnensystems und prasselte auf die Erde<br />
nieder. In den Meteorgesteinen waren allerdings<br />
Erreger, die bislang auf der Erde nicht vorkamen.<br />
So geschah es, dass sehr viele Menschen krank<br />
wurden. Einige entwickelten verbesserte Sinnesorgane<br />
und wiederum ein anderer Teil der Bevölkerung<br />
war immun gegen die Infektion. Victoria war selbst<br />
betroffen, sie wurde jedoch nicht krank, sondern<br />
entwickelte einen enormen Geruchssinn. Andere<br />
konnten extrem gut hören und weitere konnten<br />
kilometerweit winzigste Details sehen. Tom, ein<br />
Freund von Vic und Paul, wird jedoch, ebenso wie ein<br />
Großteil der anderen Ark 2 Bewohner, krank. Marc,<br />
Amber, Vic und Paul machten sich zusammen auf, um<br />
über die Grenze zu einem anderen Forschungslabor<br />
zu gelangen, da das Institut von Marc, Mathis und<br />
Amber zerstört worden ist.<br />
Als sie über die Grenze, durch einen geheimen<br />
Tunnel im Ark 2 Bunker kommen, erreichen sie kurze<br />
Zeit später das unterirdische Forschungslabor. Dort<br />
erfährt Marc, dass sein Pflegevater noch lebt und nicht<br />
bei einem Unfall, über ein Jahr zuvor, gestorben ist.<br />
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Die Regierung der USN wollte ihn das aber<br />
glauben machen. Da sie nur wenig Zeit hatten ein<br />
Heilmittel zu finden, arbeiteten die jungen Leute hart<br />
und ununterbrochen. Sie fanden heraus, dass die<br />
Hormon- und Spurenelementverteilung im Körper ein<br />
Indikator für den Ausbruch der Krankheit und für die<br />
verbesserten Fähigkeiten war.<br />
Marc hatte etwas gefunden, dass womöglich die<br />
Infektion, welche durch die Meteoriteneinschläge<br />
verbreitet wurde, zu heilen.<br />
7
Kapitel 1<br />
⇒ Forschungslabor<br />
Marc, Amber und Vic arbeiteten an der Idee, die<br />
Krankheit mit der synthetischen Manipulation von in<br />
Calcium geschleustem Adrenalin zu heilen. Beide<br />
Stoffe getrennt ergaben keine Veränderung der<br />
Gewebeproben, das künstlich veränderte<br />
Spurenelement mit dem Hormon jedoch, brachte den<br />
Durchbruch. Um die Ergebnisse zu validieren,<br />
machten die Drei noch weitere Versuche mit<br />
Magnesium, Strontium und Chrom. Die Ergebnisse<br />
lieferten den Beweis, nur das Calcium mit dem<br />
Adrenalin konnte die Krankheit stoppen. Das Heilmittel<br />
war zwar keine Heilung im Sinne, dass es die<br />
Krankheit auflöst, aber die schädlichen Auswirkungen<br />
wurden aufgehalten.<br />
Um den Kranken in der Ark 2 zu helfen, hatten sie<br />
aber nur noch fünf Tage Zeit und die Herstellung der<br />
benötigten Menge dauerte mindestens drei Tage.<br />
Denn anders als in der Gewebeprobe, wo ein paar<br />
Mikroliter ausreichten, braucht ein ausgewachsener<br />
8
Mann in etwa 5-8 ml. Der Produktionsprozess des<br />
Heilmittels war sehr aufwendig für eine größere<br />
Menge. Zumindest aber die Verabreichung war<br />
einfach mittels einer kleinen Spritze zu bewerkstelligen.<br />
Schlussendlich wurde aber zügig eine erste<br />
ausreichende Menge hergestellt.<br />
9
⇒ Ark 2<br />
Marcs Vater organisierte schließlich einen<br />
geländegängigen Jeep und sie konnten rechtzeitig<br />
den geheimen Tunneleingang der Ark 2 erreichen.<br />
Professor Mandin schickte auch ein 5-köpfiges<br />
Militärteam mit einigen Hundert Litern des Impfstoffs<br />
mit, die sich im USN Gebiet um die Verteilung<br />
kümmern sollten. Zur Sicherheit des Verteilerteams<br />
nahm die Gegenseite der USN-Kontakt mit den<br />
militärischen Führern in unserem Sektor auf, sie<br />
garantierten für die Sicherheit der Männer. Mit den<br />
Medikamenten im Gepäck klopfte Marc kräftig gegen<br />
die verschlossene Tür zur Ark 2. Es öffnete jedoch<br />
niemand. Voller Verzweiflung klopften und riefen die<br />
Vier gegen die Tür. Sie wollten gerade vor<br />
Erschöpfung und verlorenen Mutes aufgeben, als sich<br />
die Tür unter lautem Knarzen öffnete. Karren, die<br />
zufällig beim Wartungsrundgang das Klopfen hörte,<br />
ließ die Abenteurer herein. Das Team der<br />
Forschungseinrichtung machte sich sogleich auf den<br />
Weg nach oben und über die Mauer, um zu den<br />
Zielkoordinaten zu gelangen, von wo aus die<br />
Verteilung geplant wurde.<br />
Mathis, der schon sehnsüchtig auf die Rückkehr<br />
der Vier gewartet hatte, verabreichte Tom, nach einer<br />
kurzen Unterweisung, die erste Impfung. Marc, Amber<br />
und Vic behandelten die restlichen Erkrankten. Sie<br />
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alle sahen schlecht aus, die Gesichter waren<br />
eingefallen, kreidebleich und ausgemergelt durch zu<br />
wenig Nahrung.<br />
Karren und Mathis kümmerten sich zwar immer um<br />
die hilflosen Patienten, aber eine Zwangsernährung ist<br />
schwierig, wenn die Komatösen nicht regelmäßig<br />
schlucken. In den ersten Stunden reagierte keiner auf<br />
die Impfungen, doch Marc und Amber erklärten allen,<br />
dass aufgrund der Dauer des Zustands die Wirkung<br />
verzögert eintreten werde.<br />
Am nächsten Morgen öffneten schon einige die<br />
Augen wieder selbstständig und suchten nach<br />
vertrauten Bildern. Die Zeit der Bewusstlosigkeit<br />
hinterlässt nun mal Spuren. Tom, der zu den Ersten<br />
gehörte, die wieder sprechen konnten, erkundigte sich<br />
über die Umstände und nach den Ereignissen der<br />
letzten Wochen. Vic, Karren und Paul waren unendlich<br />
froh ihn wieder unter den Lebenden zu zählen. Die<br />
Genesung aller Patienten verlief zügig und der<br />
Schatten der Infektion verflog recht bald. Diejenigen,<br />
welche besondere Fähigkeiten erwarben, waren aber<br />
noch immer ein Highlight, besonders an den<br />
Wachposten der Begrenzungsmauer zum Ark 2<br />
Gelände.<br />
Da Marc und Amber nun endlich ein Paar sind,<br />
beschlossen sie eine Zeit hier zu verbringen und der<br />
Gemeinde beim Wiederaufbau des teilweise<br />
zerstörten Ark 2 Außengebäudes zu helfen. Zugleich<br />
konnten sie hier in Sicherheit die Zeit gemeinsam<br />
genießen. Dennoch würde Marc bald wieder zum<br />
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Forschungslabor auf der anderen Seite der Grenze<br />
zurückkehren, um seinen Pflegevater zu treffen,<br />
welcher sich im anderen Teil Europas um die<br />
Verteilung der Impfstoffe kümmert.<br />
12
Kapitel 2<br />
⇒ Marc<br />
Amber und ich halfen der Gemeinde wieder alles<br />
auf Vordermann zu bringen. Das Haus über dem<br />
Bunker war durch die Meteoreinschläge so stark<br />
beschädigt, dass es nicht wieder repariert werden<br />
konnte. Der Rat, der sich hier noch immer um die<br />
Belange der Bewohner kümmert, beschloss es<br />
einzureißen und ein Neues zu errichten. In kleinen<br />
bewaffneten Gruppen gingen wir immer wieder in die<br />
Siedlung, um aus den zerstörten Häusern Baumaterial<br />
zu bergen. Bei jedem Außeneinsatz war immer einer<br />
dabei, der besondere Fähigkeiten bekommen hat. So<br />
konnten wir sicherstellen, dass uns niemand<br />
überrascht und die Ark stürmt. Wochenlang war<br />
jedoch niemand im Umkreis zu hören, zu riechen oder<br />
zu sehen. Dennoch war es wichtig, die Ark 2 zu<br />
schützen und alles wieder aufzubauen. Niemand<br />
konnte wissen, wie lange es dauern würde, bis eine<br />
geordnete und funktionierende Gesellschaft wieder in<br />
diesem Land erblühen würde. Aber gerade weil es<br />
niemand wissen konnte, ist der Schutz so wichtig.<br />
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Aus der Siedlung holten wir Türen, kaum oder gar<br />
nicht beschädigte Fenster, Dielenböden, Sanitäreinrichtungen,<br />
einfach alles was verwertbar aussah. Es<br />
wurde sogar geplant ein zweites Gebäude zu<br />
errichten, um möglicherweise Flüchtlinge<br />
aufzunehmen.<br />
Es wurde gebaut und gebaut, auf den Grünflächen<br />
wurden Äcker ausgehoben und Getreide gesät. Die<br />
Hühnerfarm wieder aufgebaut und aus der Umgebung<br />
Vieh zusammengetrieben, was frei vor den Mauern<br />
herumlief. Vic und Paul übernahmen das Lazarett,<br />
welches sie schnell in Krankenstation umbenannten,<br />
da ihnen der alte Begriff zu militärisch klang. Sie<br />
waren für eine kleine Ambulanz wirklich sehr gut<br />
ausgestattet. Von unserem ersten Ausflug zu meinem<br />
alten Forschungslabor konnten wir vieles retten, was<br />
jetzt von größtem Nutzen ist. Auch die Medikamente,<br />
die wir bei einem kleinen Raubzug ergatterten,<br />
machten sich schnell bezahlt. Den Weg über die<br />
Grenze jedoch hielt der Rat vorerst verschlossen, da<br />
nicht abschätzbar sei, ob es uns nicht schaden<br />
könnte.<br />
Amber, Mathis, Karren und ich bewohnten das<br />
Abteil der Haiders im Bunker, für das Haus darüber<br />
wurde aber für Mathis und Karren ein eigenes Zimmer<br />
eingeplant. Amber und ich brauchen oben keines, da<br />
wir eh bald zu meinem Vater aufbrechen, und sollten<br />
wir zurückkehren, in das alte Ferienhaus meines<br />
Vaters ein paar Kilometer weiter von hier, ziehen.<br />
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Auch wenn es draußen vor den Mauern noch nicht<br />
nach einer neuen Zivilisation aussah, so konnten wir<br />
im Schutz der Ark von einem regelrechten Aufblühen<br />
der Gesellschaft sprechen. Oft nannten sie uns »Die<br />
Vier Helden«, was uns immer die Schamesröte ins<br />
Gesicht trieb. Durch unser gelingen, konnte sich die<br />
Gemeinschaft gut erholen und wieder zu alter Stärke<br />
zurückkehren.<br />
Die Aufgaben und Belastungen sind wieder gerecht<br />
verteilt worden und jeder hat noch genügend Zeit für<br />
sich. Da es uns allen hier prächtig ging, begann ich<br />
abends im Wechsel mit Susi Haider, die Lesestunde<br />
wieder ins Leben zu rufen. Die Leute liebten es und<br />
mir bereitete es auch immer wieder Freude, die<br />
strahlenden Gesichter zu sehen.<br />
Wir fühlten uns hier immer sicherer und begannen,<br />
die Ausflüge nach brauchbarem Material weiter<br />
auszudehnen. Einige der Solarmodule waren durch<br />
die Einschläge nicht mehr zu retten, um aber mehr<br />
Lebensfreude durch technische Geräte aufzubauen<br />
bedarf es mehr solcher Elemente. Die Stromversorgung<br />
der Wasserturbine reichte gerade einmal für den<br />
Grundbedarf im Bunker. Die Windkraftanlagen wurden<br />
leider auch total zerstört. Die Erkundungstour wurde<br />
für morgen angesetzt. Mit dabei sind Vic mit ihrem<br />
starkem Riechorgan, Andreas Anderson mit seinem<br />
enormen Hörvermögen, der alte John mit seinem<br />
Adlerauge, Mathis, Paul und ich. Karren blieb da,<br />
damit die Krankenstation besetzt bleibt, auch wenn sie<br />
dieselben Adleraugen wie John hat.<br />
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Unter den Erkrankten hatten wir hier in der Ark zum<br />
Glück auch einen Automechaniker, der zumindest<br />
zwei der Fahrzeuge und einen Roller wieder flott<br />
bekommen hat. Dafür waren, entgegen der ersten<br />
Einschätzung nur ein paar Ersatzteile nötig, die wir mit<br />
Leichtigkeit in den kaputten Autos der Siedlung<br />
fanden. Der Roller wird für den Ackerbau verwendet,<br />
da er mehr Zugkraft als ein Rind hat. Liebevoll wird er<br />
der Zweirad Traktor genannt. Der benötigte<br />
Biotreibstoff wurde schon beim Bau der Ark 2 in<br />
Fässern gelagert. Die Menge reichte, um mit allen<br />
motorisierten Gefährten sicher ein Mal komplett um<br />
die Erde fahren zu können.<br />
Wir überprüften abends den Pick-up auf Tauglichkeit<br />
und beluden ihn mit Waffen. Nur falls etwas schief<br />
läuft, denn irgendwann werden wir sicher wieder auf<br />
andere Menschen stoßen, und ob die dann Freund<br />
oder Feind sein werden, war schlecht vorher<br />
abzuschätzen. Anschließend legten wir uns alle<br />
schlafen, damit wir bei Tagesanbruch ausgeschlafen<br />
und in Topform aufbrechen können.<br />
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Kapitel 3<br />
⇒ Victoria<br />
Morgen geht es wieder raus, vor die Mauern. Ich<br />
bin gespannt was wir finden werden. Vielleicht treffen<br />
wir endlich mal wieder auf Menschen, die Impfung<br />
müsste ja eine gewisse Normalität wieder<br />
herbeiführen können. Das Impfteam hat sich bisher<br />
zwar noch nicht zurückgemeldet, aber die sind<br />
bestimmt zurückgeflogen worden. Gespannt bin ich<br />
jedenfalls was wir finden werden, es kommt mir fast so<br />
vor, als würden wir morgen einfach Shoppen fahren<br />
und ich kann mir aussuchen, was immer ich will. Und<br />
irgendwie wollte ich das schon immer Mal, einkaufen<br />
ohne Gewissensbisse. Wie kindlich manchmal meine<br />
Gedanken sind.<br />
Da ich noch nicht gegessen habe, schnappe ich mir<br />
Paul und wir gehen händchenhaltend in den<br />
Gemeinschaftsraum und mopsen uns zuvor noch<br />
etwas aus der Küche. Susi liest gerade eine<br />
Geschichte vor, die wir aber schon einmal gehört<br />
hatten. Es war die Geschichte mit dem Drachentöter,<br />
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dem König, der Prinzessin und na klar dem Drachen.<br />
Paul war angespannt wegen morgen.<br />
»Ich hab irgendwie ein schlechtes Gefühl Vic. Wir<br />
haben schon lange nichts mehr von anderen<br />
Menschen gesehen. Was, wenn die da auf uns<br />
lauern?«, macht er sich Sorgen.<br />
»Dann riechen, sehen und hören wir sie vorher.<br />
Mach dir keinen Kopf. Es wird schon wie geschmiert<br />
laufen. Und du willst mich doch vom Shoppen nicht<br />
abhalten?!«, versuche ich ihm seine Anspannung zu<br />
nehmen.<br />
Paul lacht laut los, als ich vom Shoppen sprach,<br />
sogar so laut, dass Frau Haider ihre Geschichte kurz<br />
unterbrechen musste und uns einen leicht bösen Blick<br />
zuwarf. Ich nahm mein Brot und verschlang es<br />
schnell, dann gingen Paul und ich ins Bett. Wir<br />
flüsterten uns kleine Neckereien ins Ohr und<br />
kicherten. Irgendwann muss ich dann eingeschlafen<br />
sein. Der nächste Morgen brach herein und Paul<br />
weckte mich.<br />
»Aufwachen mein Schatz!«, holte mich Pauls<br />
Stimme aus den Träumen.<br />
»Ich bin doch grad erst ins Bett gegangen<br />
..mhhhm..«, antworte ich mürrisch.<br />
»Nein Vic, du bist vor mir eingeschlafen und ich bin<br />
auch schon eine halbe Stunde auf den Beinen.«<br />
18
»Menno«<br />
Nachdem widerwilligen Aufstehen, war Paul aber<br />
so nett, mir schon etwas aus der Küche mitzubringen.<br />
Als ich fertig war, mich gewaschen und umgezogen<br />
habe, warteten die Anderen schon auf uns. Wir<br />
stiegen in die Autos, machten noch ein paar<br />
Handküsse zu denen, die hierbleiben und fuhren<br />
durch das Tor, welches sich gleich hinter uns wieder<br />
schloss.<br />
Die Fahrt war ruhig und ohne Zwischenfälle. Zuerst<br />
fuhren wir durch unsere frühere Wohnsiedlung, vorbei<br />
an dem ausgebrannten Haus, den verwüsteten<br />
Vorgärten und vorbei am Ort, wo ich vor vielen<br />
Wochen entführt wurde. Dabei traten die Gedanken in<br />
meinen Kopf, »wo wäre ich, wenn mich Dad nicht<br />
gerettet hätte«? Aber Brad würde sicher noch leben,<br />
ja den lebenslustigen kleinen Brad vermisse ich. Da<br />
mich diese Fragen und Gedanken von meiner<br />
Aufgabe abhalten, schüttle ich mich kurz als wollte ich<br />
sie damit wegscheuchen. Aber es funktionierte, ich<br />
konzentrierte mich wieder auf meine Nase, konnte<br />
aber abgesehen von üblen Gerüchen, die aus der<br />
Siedlung kamen und eine Mischung aus Zerstörung<br />
und Verrottung darstellten, nichts Außergewöhnliches<br />
feststellen.<br />
Paul steuerte das Auto weiter die Straße entlang<br />
und wir kamen auf die Verbindungsstraße, die uns<br />
zum Nachbardorf führt. Der Fahrbahnbelag war<br />
stellenweise weggebrochen und von kleineren<br />
Einschlägen aus der Zeit der Einschläge des<br />
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Meteorsturms durchlöchert. Wir mussten oft die<br />
Straße verlassen und auf Schotter oder den blanken<br />
Feldern weiterfahren. Als es noch keine Krise und<br />
keinen Sturm aus dem All gab, war man mit dem Auto<br />
in 10 Minuten im Nachbardorf. Heute hingegen haben<br />
wir erst die Hälfte der Strecke und haben schon 30<br />
Minuten gebraucht.<br />
Je näher wir aber dem Nachbarort kommen, umso<br />
mehr Gerüche nehme ich wahr, es ist eine säuerliche,<br />
faulige aber auch Kloakennote mit Schwefel. Oder<br />
anders ausgedrückt, es stinkt bestialisch, fast so als<br />
wäre dort die Pforte zum Fegefeuer, obwohl meine<br />
Begleiter noch gar nichts riechen können. Da ich den<br />
Geruch sofort Paul gemeldet hatte, hielt er an und<br />
John versuchte etwas zu sehen. Da er außer der<br />
Silhouette des Dorfes nichts erkennen konnte,<br />
versuchte Andreas es mit dem Hören. Keine von<br />
beiden konnte meine Wahrnehmung durch Geräusche<br />
oder Sichtung bestätigen und so fuhren wir weiter. Der<br />
Gestank wurde stärker je näher wir heran kamen,<br />
diese Mischung von Gerüchen hatte ich zuvor noch<br />
nie gerochen und konnte somit nicht zuordnen, was so<br />
einen ekelhaften Duft verbreiten könnte.<br />
Wir waren nicht mehr weit vom Dorf entfernt, als<br />
John uns über eine enorme Verwüstung aufmerksam<br />
machte, die er sah. Andreas hörte knistern von<br />
Flammen, aber keine Stimmen. Ich stopfte mir derweil<br />
etwas von einem Taschentuch in die Nase, da ich es<br />
kaum noch riechen wollte und schwächere Gerüche<br />
z. B. von Menschen waren verborgen in der Intensität<br />
des anderen Geruchs.<br />
20
⇒ Ark 2<br />
Amber beschloss, Karren während der<br />
Abwesenheit von Mathis, in der Krankenstation<br />
auszuhelfen. Die täglichen Verletzungen und<br />
Wehwehchen waren meist kleinere Schürfwunden und<br />
Blasen an Händen oder Füßen. Dennoch machte es<br />
Amber Spaß den Leuten zu helfen und da war sie als<br />
Biologin natürlich gut vorbereitet. Die Krankenstation<br />
war zwar aus Sicherheitsgründen nachwievor im<br />
Bunker und wird es auch bleiben, da es schwieriger<br />
wäre die Patienten nach unten zu bringen, wenn es<br />
nötig wäre. Den beiden machte es jedoch nichts aus,<br />
sie wechselten sich auch öfter ab, damit jeder mal<br />
kurz an die Luft nach oben gehen konnte.<br />
Die Männer bauten das neue Heim für all die<br />
Familien hier mit Hingabe und Herzblut. Eines der<br />
Ratsmitglieder musste früher wohl Architekt gewesen<br />
sein, denn er übernahm die Planung für das gesamte<br />
Gelände. Er fügte in seine Überlegungen weitere<br />
Gebäude ein, tauschte manches wieder aus und<br />
tüftelte an einer logischen Anordnung auf dem<br />
Gelände. In Abstimmung mit den anderen Bewohnern<br />
planten sie die Gebäude zu errichten. Wenn alles<br />
fertig ist, könnte das Ark 2 Gelände eine wirkliche<br />
Arche sein, da es dann Platz bieten würde für bis zu<br />
50 Familien. Diese könnten zur Not dann auch mit in<br />
21
den Bunker, dort müssten dann nur alle massiv<br />
zusammenrutschen, aber es würde reichen.<br />
Frau Haider engagierte sich als Kindergärtnerin,<br />
wenn die Mütter und Väter mit dem Bau oder der<br />
Landwirtschaft beschäftigt waren. Sie verlor ihren<br />
Sohn Brad bei der Rettungsaktion als Brad und Vic<br />
von Menschenhändlern verschleppt wurden, er und<br />
sein Vater waren wohl die allerersten Todesopfer des<br />
Meteoritenhagels. Viele Kinder gab es hier zwar nicht,<br />
aber Frau Haiders Tochter Anna spielte sowieso lieber<br />
mit den älteren Kindern. Wenn sie ihr beim Spielen mit<br />
den Anderen zusah, bemerkte sie, dass Anna kaum<br />
mehr an den Verlust ihres Bruders dachte. Abends,<br />
wenn es Zeit zum Schlafen war, betete sie aber immer<br />
ein kleines Gebet an ihren Vater und ihren Bruder.<br />
Da für den Winter noch Feuerholz gebraucht<br />
wurde, musste dieses beschafft werden. In der Nähe<br />
ist ein kleiner Wald und so beschlossen die Einwohner<br />
tagsüber mit den Riechnasen und Adleraugen im<br />
Wald Bäume zu fällen. Die Stämme wollten sie mit<br />
den Fahrzeugen auf das Ark 2 Gelände ziehen, mit<br />
denen jedoch waren Vic und Marc noch unterwegs.<br />
Fällen konnten sie die Bäume aber schon jetzt. So<br />
stellte der Rat ein Team zusammen, bestehend aus<br />
vier Baumfällern, einem mit besserem Riechsinn und<br />
einen mit besonders guten Augen. Sie liefen an den<br />
Waldrand und fällten an diesem Tag acht große, breite<br />
Bäume und zersägten die Stämme vor Ort in kleinere<br />
Segmente. Denn für die Autos wäre es sonst zu<br />
schwer und zu gefährlich die langen, schweren<br />
Bäume zu ziehen. Die Männer blieben immer in<br />
Sichtweite der Ark 2, Wachposten auf der Mauer<br />
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ehielten die Sechs immer im Auge und würden mit<br />
einer Fanfare bei Gefahr sofort warnen. Das alles<br />
machte es zwar etwas sicherer, aber ungefährlich war<br />
es dennoch nicht. Die Gemeinschaft brauchte aber<br />
das Holz für den Winter.<br />
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