Familienbewusste Schichtarbeit - Beruf & Familie gGmbH
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1. Einleitung: Was ist familienbewusste <strong>Schichtarbeit</strong>?<br />
Seit einigen Jahren gewinnt das Thema der Vereinbarkeit von<br />
<strong>Familie</strong> und <strong>Beruf</strong> immer größere Bedeutung. In Diskussionen um<br />
die demografi sche Entwicklung in Deutschland, den Fachkräftemangel<br />
und die stärkere Erwerbsbeteiligung von Frauen wird eine<br />
gerechtere Aufgabenteilung zwischen den Bereichen Arbeit und<br />
Privatleben und zwischen den Geschlechtern immer notwendiger.<br />
<strong>Familie</strong>nfreundliche Maßnahmen waren anfangs weitgehend auf<br />
hochqualifi zierte Beschäftigtengruppen in boomenden Branchen<br />
beschränkt. Mittlerweile ist das Thema auch in schwierigen<br />
Branchen, in kleinen und mittleren Unternehmen als auch in<br />
männerdominierten Betrieben angekommen. Viele Einzelfälle<br />
zeigen, dass auch unter schlechten wirtschaftlichen und strukturellen<br />
Bedingungen familienbewusste Arbeitszeiten realisiert<br />
werden können und nicht auf große „Vorzeigeunternehmen“<br />
beschränkt sein müssen.<br />
<strong>Schichtarbeit</strong> an sich stellt große Anforderungen an eine sozialverträgliche<br />
Gestaltung der Arbeitszeiten, insbesondere wenn<br />
Nachtarbeit und Wochenendarbeit Bestandteil des Schicht modells<br />
sind. Seit Jahrzehnten existiert eine breite wissenschaftliche<br />
Forschung zu den sozialen und gesundheitlichen Auswirkungen<br />
von <strong>Schichtarbeit</strong> und ebenso lange versuchen Gewerkschaften,<br />
Interessen vertretungen und betriebliche Experten gute Lösungen<br />
für die Praxis zu fi nden.<br />
Diese Broschüre verbindet bestehende Empfehlungen für<br />
die Schichtgestaltung und zeigt anhand von Beispielen und<br />
Umsetzungs strategien, wie <strong>Schichtarbeit</strong> familienbewusster<br />
gestaltet werden kann.<br />
Als Querschnittsthema verbindet die Vereinbarkeit von <strong>Familie</strong> und<br />
<strong>Beruf</strong> verschiedenste Aspekte von Arbeit und Leben miteinander:<br />
Arbeitszeit, betriebliche Gesundheitsförderung, demografi efeste<br />
Personalplanung, Arbeitsorganisation usw. Wenn also Kriterien der<br />
Gesundheit, des Sozialen, des Arbeitsschutzes, der ergonomischen<br />
und alter(n)sgerechten Arbeitsgestaltung ausreichend berücksichtigt<br />
werden und zugleich Kriterien der Vereinbarkeit von <strong>Familie</strong><br />
und <strong>Beruf</strong> in die Schichtgestaltung integriert sind, sprechen wir von<br />
familienbewusster <strong>Schichtarbeit</strong>.<br />
Verbreitung von ungewöhnlichen Arbeitszeitformen<br />
Seit den 90er Jahren ist nach einer längeren Phase des Stillstandes<br />
der Anteil der Beschäftigten mit wechselnden Schichten<br />
deutlich gewachsen. Nach aktuellen EU-Daten arbeiteten 2008<br />
16,9 Prozent der Beschäftigten in Deutschland in Schichtsystemen<br />
<strong><strong>Familie</strong>nbewusste</strong><br />
<strong>Schichtarbeit</strong><br />
Gesundheit<br />
Arbeitswissenschaft<br />
Eigene Darstellung, 2011<br />
familienbewusste<br />
Schichtgestaltung<br />
Soziales<br />
Demografi e<br />
Vereinbarkeit<br />
von <strong>Familie</strong> und <strong>Beruf</strong><br />
gestalten<br />
(19 % der Männer und 14,6 % der Frauen) was in etwa dem<br />
Durchschnitt in der EU entspricht. 1991 waren es nur 13 Prozent.<br />
Allerdings ist Deutschland eines der wenigen Länder, in dem<br />
seit 2002 eine deutliche Zunahme von <strong>Schichtarbeit</strong> (+ 2,1 %)<br />
statt gefunden hat, während im EU-Durchschnitt <strong>Schichtarbeit</strong><br />
rückläufi g war (–1,8 %) (vgl. Lehndorff u. a. 2010). In Ländern mit<br />
hoher Verbreitung von <strong>Schichtarbeit</strong> wird sie auch von Müttern<br />
und Vätern häufi g ausgeübt. In Deutschland sind ein Viertel der<br />
schichtarbeitenden Frauen und Männer im Alter zwischen 25<br />
und 49 Jahren Eltern. Von den 2,5 Mio. Beschäftigten die nachts<br />
arbeiten sind 600.000 Frauen, was den starken Anstieg seit<br />
Aufhebung des Nachtarbeitsverbots für Frauen (1992) dokumentiert.<br />
<strong>Schichtarbeit</strong> ist das bedeutendste Instrument zur Ausweitung<br />
von Betriebszeiten. Aber auch bei weiteren Flexibilisierungsformen<br />
spielt <strong>Schichtarbeit</strong> eine große Rolle, wie die folgende Tabelle<br />
verdeutlicht (vgl. Lehndorff u. a. 2010, WSI 2008, Harth u. a. 2009).<br />
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