29.12.2013 Aufrufe

Familienbewusste Schichtarbeit - Beruf & Familie gGmbH

Familienbewusste Schichtarbeit - Beruf & Familie gGmbH

Familienbewusste Schichtarbeit - Beruf & Familie gGmbH

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

7. Teilzeit ist möglich<br />

Teilzeit und Schicht sind längst kein Widerspruch mehr. Das zeigt<br />

die mittlerweile große Vielfalt von Teilzeitmodellen auch in Schichtund<br />

Dienstplänen. Hieß es früher, dass in Schichtmodellen alles<br />

kollektiv geregelt ist und deshalb kaum Spielraum für individuelle<br />

Lösungen vorhanden sei, zeigt sich heute eine erstaunliche Kreativität<br />

für maßgeschneiderte Lösungen.<br />

Auch für den Betrieb ergeben sich durch Teilzeit Vorteile. Neben<br />

der hohen Leistungsbereitschaft von Teilzeitbeschäftigten lohnt<br />

sich Teilzeit trotz der Herausforderung für die Tätigkeitsbeschreibungen<br />

oder für die Schicht- und Dienstplanung. Damit besteht<br />

für das Management auch die Chance neue Wege zu gehen<br />

und neuen Schwung in die Zeitorganisation zu bringen. Der<br />

scheinbare Mehraufwand der Organisation am Anfang wird durch<br />

die Vorteile der Flexibilität schnell mehr als wettgemacht. Die<br />

Widerstände gegen Neueinführungen entpuppen sich häufi g als<br />

Traditionsfallen („das haben wir schon immer so gemacht“) oder<br />

als Bequemlichkeit der Planer (siehe Kapitel 13 Widerstände in der<br />

Umsetzung).<br />

Die größte Herausforderung stellen einheitliche Schichtsysteme<br />

dar, mit Schichtgruppengrößen, die sich nur wenig variieren lassen<br />

(z. B. Vollkontischicht mit 5 Schichtgruppen und gleichmäßiger<br />

Personalbesetzung). Doch auch hierfür lassen sich Teilzeitlösungen<br />

fi nden.<br />

a) Zusätzliche Freischichten<br />

Am leichtesten lassen sich Teilzeitmodelle einführen, wenn die<br />

individuellen Arbeitszeiten über die Anzahl der Schichten bzw.<br />

Dienste reduziert werden. Die bestehenden Schichtmodelle<br />

müssen nicht verändert werden, sondern werden lediglich über die<br />

Personal besetzung angepasst. Damit können Teilzeitmöglichkeiten<br />

zwischen 8 Stunden (eine Schicht pro Woche) bis zu einer vollzeitnahen<br />

Teilzeit erreicht werden. In vielen Betrieben liegen die Untergrenzen<br />

der wöchentlichen Arbeitszeit allerdings deutlich höher.<br />

Bei der BASF in Ludwigshafen z. B. werden solche verschiedenen<br />

Teilzeitgrößen über die Ausweitung der Freischichten realisiert.<br />

Eine kluge Teilzeitvariante ist das sogenannte „Vollzeit Select“ der<br />

BMW AG. Pro Jahr können Beschäftigte im Schichtbetrieb bis zu<br />

20 zusätzliche freie Tage beantragen, ohne dass der Vollzeitstatus<br />

verändert wird und die Ansprüche auf die betriebliche Altersversorgung<br />

verändert werden. Bei entsprechend niedrigerem<br />

Entgelt und angepassten Zusatzleistungen (Erfolgsbeteiligung und<br />

Weihnachtsgeld) wird der Wunsch nach Arbeitszeitreduzierung<br />

einen Monat im Voraus gewährt. Die zusätzlichen freien Tage<br />

werden in Absprache mit dem Vorgesetzten festgelegt.<br />

Bei Trumpf in Ditzingen, einem der weltweit größten Anbieter von<br />

Werkzeugmaschinen sollen in einem neuen Arbeitszeitmodell<br />

alle Beschäftigten jeweils für zwei Jahre ihre Arbeitszeit zwischen<br />

15 und 40 Stunden frei wählen können. Zusätzlich können über<br />

verschiedene Möglichkeiten (Ansparen, Umwandlung von Geld in<br />

Zeit) Zeiten für ein Sabbatical angespart werden. Bis vor Kurzem<br />

waren Teilzeitplätze nur gegen den Widerstand der Personalabteilung<br />

zu realisieren. Mit der Kehrtwende in der betrieblichen<br />

Arbeitszeitpolitik versucht der Betrieb die Fachkräfte im<br />

wirtschaftlich starken Südwesten durch familienbewusste Arbeitszeiten<br />

zu binden.<br />

b) Geteilte Schichten (Job-Sharing)<br />

Die ursprüngliche Teilzeit-Variante in festen Schichtsystemen sind<br />

geteilte Schichten. Hier teilen sich zwei Beschäftigte einen Arbeitsplatz<br />

(Job-Sharing) und arbeiten jeweils an verschiedenen Tagen<br />

im jeweiligen Schichtrhythmus. Die unterschiedlichen Wochentage<br />

variieren dabei, gleichen sich aber im Durchschnitt wieder aus. In<br />

diesem Modell sind viele Variationsmöglichkeiten denkbar. Z. B.<br />

könnte ein/e Beschäftigte/r nur die Frühschicht belegen, die/der<br />

andere nur in Spätschicht arbeiten (bzw. ein bestimmtes Verhältnis<br />

von Früh-, Spät- und Nachtschichten vereinbart werden).<br />

Der Nachteil dieses Modells ist die extreme Reduzierung der<br />

Arbeitszeit um die Hälfte. Die Wahl besteht nur zwischen der<br />

normalen Vollzeit oder der halben Arbeitszeit, was mit erheblichen<br />

Einkommenseinbußen verbunden ist und bei entsprechend<br />

geringem Vollzeitentgelt von vielen Beschäftigten kaum zu<br />

verkraften ist.<br />

Die Firma Braun B. Melsungen bewilligt deshalb in ihrer „<strong>Familie</strong>n-<br />

Teilzeit“ eine fi nanzielle Zulage für Beschäftigte mit Kindern<br />

zwischen 15% – 25% (je nach Anzahl der zu betreuenden Kinder).<br />

Die geteilten Schichten können sehr fl exibel eingeteilt werden;<br />

außerdem kann das Modell auch für Beschäftigte mit Pfl egeverantwortung<br />

genutzt werden.<br />

Im LKW-Werk Daimler in Wörth wurde versucht, das Job-Sharing im<br />

Schichtsystem mit Qualifi kationsmaßnahmen zu verbinden. Da sich<br />

die Suche nach geeigneten Teilzeitpartner/innen schwierig gestaltet<br />

hatte, wurden betriebliche Weiterbildungen angeboten, um sich<br />

für beide Arbeitsplätze fi t zu machen. Auf diese Weise konnten<br />

30

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!