Familienbewusste Schichtarbeit - Beruf & Familie gGmbH
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6. Rahmenbedingungen der Vereinbarkeit von <strong>Familie</strong> und <strong>Beruf</strong><br />
Die Vereinbarkeit von <strong>Beruf</strong> und <strong>Familie</strong> betrifft keinesfalls nur<br />
<strong>Familie</strong>n mit kleinen Kindern. Alle Beschäftigten haben einen<br />
Anspruch auf eine gute Balance von Erwerbsarbeit und Privatleben;<br />
unabhängig vom Geschlecht, <strong>Familie</strong>nstand, Qualifi kation und<br />
Arbeitsverhältnis bzw. -form. Außerdem müssen die unterschiedlichen<br />
Lebensbereiche in allen Lebensphasen einen angemessenen<br />
Platz fi nden. Vereinbarkeit in der Mitte des Lebens muss anderen<br />
Anforderungen genügen als beim <strong>Beruf</strong>seinstieg oder kurz vor der<br />
Rente. <strong>Familie</strong>nfreundlichkeit lässt sich als Kriterium der Schichtplangestaltung<br />
(soziale Kriterien) und über die Rahmenbedingungen<br />
in Betrieben und Verwaltungen realisieren. Mit Verbesserungen<br />
in der Arbeitsorganisation, Angeboten zur Kinderbetreuung<br />
und der Unterstützung von Eltern sowie pfl egenden Beschäftigten<br />
lassen sich oft mit wenig Aufwand gute Resultate erzielen. Eine<br />
höhere Wertschätzung der Beschäftigten durch familienbewusste<br />
Maßnahmen und ein familienfreundliches Betriebsklima steigern<br />
zudem die Motivation der Beschäftigten. Dazu ist es erforderlich<br />
die besonderen Lebenslagen der Beschäftigten zu kennen, um ihre<br />
<strong>Familie</strong>nbedürfnisse in der Arbeitszeitgestaltung zu berücksichtigen.<br />
Arbeitsorganisation<br />
Einen wichtigen Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von <strong>Familie</strong> und<br />
<strong>Beruf</strong> kann die Gestaltung familienfreundlicher Arbeitsplätze auch<br />
in Schichtbetrieben leisten. Durch Teamarbeit und mehr Selbstorganisation<br />
kann fl exibel auf den Fürsorgebedarf reagiert werden.<br />
Die Arbeitsorganisation bietet eine Reihe von Möglichkeiten, ohne<br />
großen personellen und fi nanziellen Aufwand familienfreundliche<br />
Lösungen einzurichten. Die Firma Merz Pharma in Frankfurt z. B.<br />
hat für alle Beschäftigten in der Produktion eine private Telefon-,<br />
Internet-und Email-Nutzung bereitgestellt, um Beschäftigten mit<br />
Fürsorgeaufgaben die Kommunikation mit Zuhause und Ämtern/<br />
Einrichtungen zu erleichtern. Eltern-Kind-Zimmer, in denen Beschäftigte<br />
arbeiten und gleichzeitig ihre Kinder beaufsichtigen bieten<br />
eine Notlösung, wenn die Kinderbetreuung mal nicht funktioniert.<br />
So genannte Kontakthalteprogramme sind Maßnahmen,<br />
um während einer Elternzeit/Freistellung die Verbindung zum<br />
Betrieb oder zur Dienststelle nicht abreißen zu lassen. Das können<br />
begrenzte Teilzeittätigkeiten oder Urlaubsvertretungen sein oder<br />
auch der Intranetzugang von zu Hause. In jedem Fall geht es<br />
darum, die freigestellten Beschäftigten über aktuelle Entwicklungen<br />
im Betrieb zu informieren und mögliche Qualifi zierungsbedarfe zu<br />
realisieren. Ein wesentlicher Effekt ist zum einen die Wertschätzung,<br />
die Beschäftigte von ihrem Arbeitgeber erfahren, auch wenn sie<br />
nicht im Betrieb sind. Zum anderen bleibt das Wissen der Beschäftigten<br />
dem Betrieb erhalten und muss nicht wieder neu aufgebaut<br />
werden.<br />
Kinderbetreuung<br />
Die Organisation der Kinderbetreuung stellt für junge <strong>Familie</strong>n<br />
ein zentrales Problem dar, das durch betriebliche Unterstützung<br />
abgebaut werden kann. Neben der großen Lösung „Betriebskita“<br />
gibt es eine Reihe niederschwelliger Angebote. Denkbar sind<br />
Kooperationen mit wohn- oder dienstortnahen Kindertagesstätten<br />
durch die Sicherung von Belegrechten, um die Betreuungssituation<br />
während der Arbeitszeit zu verbessern. Auch die Unterstützung<br />
von Elterninitiativen oder die Zusammenarbeit mit Tagesmüttern<br />
sind sinnvolle Lösungen. Durch die Zusammenarbeit mit den<br />
unterschiedlichen Betrieben und Behörden vor Ort kann auch<br />
die gemeinsame Einrichtung einer überbetrieblichen Kita geprüft<br />
werden. Dadurch ist es möglich, die Betreuung der Kinder aller zu<br />
sichern. Beispielsweise wurde in München eine kooperative Behördenkita<br />
eingerichtet für Kinder von Beschäftigten der Landeshauptstadt<br />
München und des Freistaats Bayern. Insgesamt stehen fast<br />
70 Plätze zur Verfügung, auf denen Kinder von der 9. Lebenswoche<br />
bis zum Übertritt in die Schule betreut werden.<br />
Die Abbildung auf der nächsten Seite stellt eine Übersicht der<br />
betrieblichen Unterstützungsmöglichkeiten für Eltern dar und zeigt,<br />
wie wenig verbreitet diese Leistungen bisher sind.<br />
Beispiele für „schichtfreundliche“ Kinderbetreuung sind eine Kita<br />
der Charité in Berlin, die auch die problematischen Randzeiten<br />
abdeckt, in denen die Schichtwechsel stattfi nden oder eine Kooperation<br />
von Arcelor Mittal Eisenhüttenstadt mit einem städtischen<br />
24-Stunden-Kinderhotel.<br />
Kinderbetreuung beschränkt sich aber nicht auf die ersten<br />
Lebens jahre, sondern zieht sich durch alle Entwicklungsphasen<br />
eines Kindes. Wünschenswert wären deshalb Programme für alle<br />
Lebensphasen. Angebote zur Ferienbetreuung und Entwicklung<br />
von Kindernotfallbetreuung (auch für Schulkinder) oder Eltern-Kind-<br />
Zimmer sind weitere denkbare Handlungsoptionen. So wurde z. B.<br />
beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) in Kooperation mit dem<br />
Betriebsrat eine Ferienbetreuung aufgestellt, die von ehemaligen<br />
Beschäftigten des Senders organisiert und betreut wird. Der große<br />
Enthusiasmus der Ruheständler/innen kommt bei den Kindern und<br />
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