Familienbewusste Schichtarbeit - Beruf & Familie gGmbH
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Planungssicherheit und Vorhersehbarkeit der<br />
<strong>Schichtarbeit</strong>szeit<br />
Beschäftigte benötigen vor allem Planungssicherheit, um die<br />
verschiedenen familiären und privaten Zeitanforderungen und<br />
Zeitwünsche vereinbaren zu können (vgl. z. B. Klenner; Pfahl 2008).<br />
Erfahrungsgemäß spielt die Zeitsouveränität der Beschäftigten im<br />
<strong>Beruf</strong> eine untergeordnete Rolle, Anpassungen an den Arbeitsanfall<br />
und fl exible Personaleinsatzplanung sind dagegen der Normalfall.<br />
Bei fehlender Planung werden Beschäftigte häufi g sehr kurzfristig<br />
zur Arbeit bestellt oder nach Hause geschickt. Gerade Teilzeitbeschäftigte<br />
werden häufi g für kurzfristige Arbeitsschwankungen<br />
eingesetzt. Im Extremfall wird die Arbeit auf Abruf organisiert und<br />
Beschäftigte wissen erst am Vortag oder sogar am Einsatztag,<br />
wann ihr Dienst beginnt.<br />
Zur Planungssicherheit und Vorhersehbarkeit der Schichtzeiten<br />
gelten deshalb folgende Empfehlungen:<br />
• Verbindlich sollte die Einhaltung der Mindestankündigungszeit<br />
von vier Tagen (§ 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz; TzBfG)<br />
sein. Noch besser ist die Festlegung langfristiger Planungszeiträume.<br />
• Besonders berücksichtigt werden sollten geblockte oder<br />
zusammen hängende freie Tage am Wochenende (z. B. Freitag<br />
und Samstag), um die sozial wertvolle Zeit am Wochenende<br />
nutzen zu können.<br />
• Feste Planungszeiträume schaffen sowohl für die Beschäftigten<br />
als auch für den Betrieb Sicherheit und Kontinuität. Kurzfristige<br />
Abweichungen vom Plan, die der Arbeitgeber wünscht, sollten<br />
begrenzt werden und z. B. durch Freizeitausgleich honoriert<br />
werden.<br />
• Autonome Dienstplangestaltung in der Gruppe oder im Team<br />
hat sich auch bei der Vorhersehbarkeit der Arbeitszeiten<br />
bewährt.<br />
Bereitschaftszeit und Rufbereitschaft<br />
In Bezug auf die Planungssicherheit und Vorhersehbarkeit der<br />
Arbeitszeiten, stellen Bereitschaftszeiten und Rufbereitschaften<br />
eine besondere Herausforderung für die Arbeitszeitgestaltung dar.<br />
Oft sind auch die Arbeitsbelastungen kaum geringer als in der<br />
normalen Arbeitszeit.<br />
Bereitschaftsdienst 9 ist sehr unterschiedlich gestaltet. Da wo der<br />
Arbeitsanteil annähernd die Hälfte der Bereitschaftszeit erreicht,<br />
sind die Belastungen oft genauso groß wie in der normalen<br />
Arbeitszeit. Aber auch Bereitschaftsdienste mit jeweils kurzen<br />
Einsätzen bergen Risiken. Eine inqa-Studie hat verschiedene<br />
Rettungseinsätze miteinander verglichen und festgestellt, dass<br />
sporadische Einsätze auf dem Rettungswagen im ländlichen Raum<br />
ein ähnlich hohes Gesundheitsrisiko bergen wie häufi gere Einsätze<br />
in Ballungszentren.<br />
Durch tarifl iche Öffnungsklauseln, kann der Arbeitgeber die<br />
Arbeitszeit über zehn Stunden hinaus verlängern, wenn regelmäßig<br />
und in erheblichem Umfang Bereitschaftsdienst anfällt. Auch der<br />
Ausgleichszeitraum kann auf ein Jahr ausgedehnt werden. Hier<br />
können die gesundheitlichen Risiken stark ansteigen.<br />
Empfehlungen für die Bereitschaftszeit:<br />
• Die zusätzlichen Bereitschaftszeiten, mindestens die erbrachte<br />
tatsächliche zusätzliche Arbeitsleistung, sollte zeitnah in Freizeit<br />
ausgeglichen werden.<br />
• Außerdem sollten die Dienstpläne langfristig erstellt werden,<br />
um Planungssicherheit zu garantieren.<br />
Rufbereitschaft 10 wird gegenüber der Bereitschaftszeit nicht als<br />
Arbeitszeit defi niert und gilt als Ruhezeit. Durch die permanente<br />
Anspannung ist der Erholungswert der Rufbereitschaftszeit allerdings<br />
eingeschränkt. Ein erholsamer Schlaf in der Nacht ist kaum<br />
möglich. Meist werden die Beschäftigten darüber hinaus am<br />
nächsten Tag in den normalen Tagdienst eingeteilt, so dass sich<br />
Erholungsdefi zite anhäufen, da ein Ausgleich nicht unmittelbar<br />
erfolgen muss. Im Gesundheits- oder Rettungsdienst sind die<br />
Arbeitsphasen oft mit komplexen Aufgaben verbunden, die die<br />
Anspannung weiter erhöhen.<br />
Empfehlungen für die Rufbereitschaft:<br />
• Auch wenn keine Arbeit geleistet wird, sollte die Rufbereitschaft<br />
zu einem Mindestanteil zur Arbeitszeit gerechnet und entlohnt<br />
werden.<br />
• Nach Einsätzen in der Rufbereitschaft sollten bis zur regulären<br />
Arbeitszeit ausreichend Ruhezeiten zur Verfügung stehen.<br />
• Die Anzahl der Rufbereitschaften sollte begrenzt werden.<br />
12-Stunden-Schichten<br />
Sehr umstritten sind verlängerte tägliche Arbeitszeiten bis zu<br />
12-Stunden-Schichten, die in einzelnen Tarifverträgen möglich<br />
sind. Der große Reiz von langen Schichten oder „komprimierter<br />
Arbeitszeit“ sind die Reduktion der Arbeitstage, mehr Freischichten<br />
und damit eine Reduzierung der Wegezeiten. Automatisch verkürzt<br />
sich die Anzahl der Nacht- und Abendarbeiten und ermöglicht<br />
längere Ruhezeiten sowie mehr Zeit für Fürsorgetätigkeiten und die<br />
<strong>Familie</strong>.<br />
In der chemischen Industrie sind in vollkontinuierlich arbeitenden<br />
Betrieben Sonntagsschichten von 12 Stunden zulässig. Generell<br />
ist dort in Schichtbetrieben bei Arbeitsbereitschaft eine tägliche<br />
Arbeitszeit bis zu 12 Stunden möglich.<br />
Aus medizinischer Sicht sind 12-Stunden-Schichten sehr<br />
fragwürdig, da jede Ausdehnung der Arbeitszeit über die tägliche<br />
8-Stunden-Grenze hinaus eine Steigerung des Beeinträchtigungsrisikos<br />
nach sich zieht. Dies gilt umso mehr wenn diese Grenze der<br />
täglichen Arbeitszeit um vier Stunden überschritten wird (vgl. Wirtz<br />
9 Bereitschaftszeit ist Arbeitszeit (EuGH 2000), in der Beschäftigte sich am<br />
Arbeitsplatz oder einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten müssen.<br />
Die überwiegend aufgewendete Zeit (also mindestens 51 %) muss frei von jeder<br />
Tätigkeit und Verantwortung sein.<br />
10 Beschäftigte sind während der Rufbereitschaft verpfl ichtet, sich an einem dem<br />
Arbeitgeber anzuzeigenden Ort aufzuhalten, um jederzeit die Arbeit aufnehmen<br />
zu können.<br />
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