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Familienbewusste Schichtarbeit - Beruf & Familie gGmbH

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Insbesondere das <strong>Familie</strong>nleben ist durch die <strong>Schichtarbeit</strong> oft nicht<br />

einfach zu gestalten:<br />

• Verschiedene Studien zeigen: Beschäftigte, die immer<br />

oder häufi g am Wochenende arbeiten, schätzen ihre<br />

Vereinbarkeits situation besonders schlecht ein<br />

(vgl. Klenner; Schmidt 2007).<br />

• Die ständigen Schichtwechsel und die Umstellung der Schlafgewohnheiten<br />

belasten die <strong>Familie</strong>n. Wegen der eingeschränkten<br />

sozialen Kontakte außerhalb der Erwerbsarbeit<br />

ziehen sich <strong>Schichtarbeit</strong>er oft in den familiären Bereich zurück.<br />

Die <strong>Familie</strong> muss als Ausgleich für fehlende Außenkontakte<br />

dienen. Dies kann zu Spannungen führen und die <strong>Familie</strong><br />

überfrachten.<br />

• Außerdem muss die <strong>Familie</strong> ständig Rücksicht nehmen auf die<br />

besonderen Bedürfnisse der Schichtbeschäftigten. Vor allem<br />

die unterschiedlichen Schlafbedürfnisse können eine Herausforderung<br />

sein, wenn die Mutter oder der Vater am Tag schlafen<br />

will, die Kinder aber im Haus herumtoben. Schichtbeschäftigte<br />

sind zu wichtigen <strong>Familie</strong>nanlässen (wie z. B. Geburtstage,<br />

Feiertage) oft nicht da. Ebenso fehlen sie häufi g im alltäglichen<br />

<strong>Familie</strong>nleben (gemeinsame Mahlzeiten, Zubettgehen<br />

der Kinder). Die Verantwortung für die Kinderbetreuung kann<br />

schwierig werden, wenn die Arbeitsrhythmen nicht zu denen<br />

der Kinder passen.<br />

• Andererseits kann <strong>Schichtarbeit</strong> auch die Lösung sein, um<br />

die Vereinbarkeit von <strong>Beruf</strong> und Kinderbetreuung zu bewerkstelligen.<br />

Vielfach arbeiten alleinerziehende Mütter in Dauernachtschicht,<br />

um tagsüber Zeit für die Kinder zu haben und<br />

nachts das Geld zu verdienen. Dies ist besonders fatal, da<br />

enorme soziale und gesundheitliche Risiken in Kauf genommen<br />

werden. Auch für Eigenzeiten bleibt nur selten Platz.<br />

• So überrascht es nicht, dass die Scheidungsquoten in <strong>Schichtarbeit</strong>erfamilien<br />

überdurchschnittlich hoch sind. Die Akzeptanz<br />

der <strong>Schichtarbeit</strong> durch die <strong>Familie</strong> ist dagegen ein wesentlicher<br />

positiver Faktor, der die gesundheitlichen Risiken vermindern<br />

kann. Arbeiten beide Partner in Schichtsystemen, dann wird die<br />

freie Zeit, in der der Partner arbeitet, nicht als Freizeit erlebt. Die<br />

Nutzung ist also von gemeinsam verbrachter Zeit abhängig.<br />

Neben den Auswirkungen auf das soziale Leben müssen Schichtbeschäftigte<br />

ihr alltägliches Leben aktiver gestalten und mehr Zeit<br />

darauf verwenden, die verschiedenen Zeiten der <strong>Familie</strong>nmitglieder<br />

und Freunde miteinander zu verzahnen:<br />

• Der Wechsel der Freizeitschwerpunkte in festen Schichten<br />

zwischen vormittags, nachmittags und spät abends verlangt<br />

größere Anpassungsfähigkeit und Planung. Noch komplizierter<br />

wird es in fl exiblen Schichten oder Dienstplänen, in denen<br />

kaum zeitliche Planbarkeit besteht. In jedem Fall verlangt<br />

die zeitliche Abstimmung mit den <strong>Familie</strong>naktivitäten oder<br />

anderen Lebensbereichen großes Organisationstalent. Bei der<br />

Gestaltung ihrer <strong>Familie</strong>nzeit sind Schichtbeschäftigte oft am<br />

Limit ihrer Leistungsfähigkeit.<br />

• Schichtbeschäftigte passen ihre Freizeitaktivitäten der jeweiligen<br />

Schicht an. Es fi ndet eine bewusste Auswahl der Aktivitäten<br />

statt, um die speziellen Belastungen der Schichtart auszugleichen.<br />

Allerdings müssen auch viele Hobbies aufgegeben<br />

werden, weil sie an der wechselnden Arbeitszeitlage scheitern.<br />

• Die gesamte alltägliche Lebensgestaltung orientiert sich am<br />

Schichtsystem, so dass bei allen Aktivitäten zuerst der Blick in<br />

den Kalender erfolgt.<br />

• Die versetzten Lebens- und Arbeitsrhythmen gegenüber <strong>Familie</strong>,<br />

Freunden und Gesellschaft können zu eingeschränkter beruflicher<br />

Mobilität, Qualifi kation und Karriereentwicklung führen<br />

und weitere soziale Benachteiligungen nach sich ziehen.<br />

• Ein fester, verlässlicher Schichtplan vermittelt aber auch<br />

Planungssicherheit – besonders für die Gruppe der Schichtbeschäftigten,<br />

die ansonsten ständig entgegen den sozialen<br />

Zeiten lebt und mehr Aufwand betreiben muss, ihr alltägliches<br />

Zeitarrangement zu managen. Eine Umstellung des Schichtsystems<br />

bedeutet vielfach auch eine gravierende Umstellung<br />

des bisherigen <strong>Familie</strong>nlebens und der mühsam erarbeiteten<br />

Routinen. Dies ist auch ein entscheidender Grund für den<br />

Widerstand der Beschäftigten bei der Einführung neuer Schichtsysteme.<br />

Gestaltungsempfehlungen aus sozialer Sicht<br />

Nach diesen Überlegungen lassen sich aus sozialer Sicht vier allgemeine<br />

Gestaltungsempfehlungen für die <strong>Schichtarbeit</strong> formulieren:<br />

1. Überschaubarkeit des Schichtplanes<br />

Die Schichtfolge in festen Systemen sollte einfach sein und die<br />

Abfolge sollte leicht zu behalten sein. Auch die Dauer eines<br />

Schichtturnus sollte nicht zu lang sein (z. B. vier Wochen).<br />

2. Zusammenhängende Freizeitblöcke<br />

Freizeitblöcke dienen der Erholung und der Teilnahme am<br />

sozialen Leben. Hier können sich Schichtbeschäftigte am<br />

normalen Tagesrhythmus orientieren. Ebenso besteht die<br />

Möglichkeit, größere Vorhaben oder Aktivitäten in längeren<br />

Freizeiten zu verwirklichen.<br />

3. Wochenendbetonung<br />

Das Wochenende spielt für soziale Aktivitäten eine besondere<br />

Rolle. Hier haben <strong>Familie</strong>nmitglieder, Freunde und Bekannte am<br />

ehesten Zeit sich zu treffen. Deshalb sollten längere Freizeitblöcke<br />

mindestens den Samstag und Sonntag umfassen.<br />

4. Freie Abende<br />

Auch die späten Nachmittage und Abende haben eine höhere<br />

soziale Qualität, da in dieser Zeit die besten Möglichkeiten<br />

bestehen, soziale Kontakte zu pfl egen. Freie Nachmittage/<br />

Abende sollten möglichst häufi g und in nicht zu großen<br />

Abständen stattfi nden. In jeder Arbeitswoche sollten immer<br />

mehrere freie Abende sein.<br />

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