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Familienbewusste Schichtarbeit - Beruf & Familie gGmbH

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3. Soziale Aspekte<br />

Auch wenn durch die zeitlichen Abweichungen der Wechselschicht<br />

das soziale Leben beeinträchtigt ist, gibt es durchaus auch positive<br />

soziale Aspekte der <strong>Schichtarbeit</strong>.<br />

• Durch Schichtzulagen und Nachtarbeitszuschläge sind im<br />

Vergleich zu Beschäftigten mit normalen Arbeitszeiten auch<br />

bei verhältnismäßig geringen Qualifi kationen relativ hohe<br />

Verdienstmöglichkeiten möglich.<br />

• In festen Schichtgruppen sind die Kollegen/innen oft jahrelang<br />

zusammen und entwickeln darüber hinaus private<br />

Freundschaften. In einem guten Betriebsklima und durch<br />

die Anerkennung der Arbeitskollegen/innen fällt die Arbeit<br />

wesentlich leichter.<br />

• Während der Nachtschicht sind die Meister oder Vorgesetzten<br />

in der Regel abwesend; die fehlende betriebliche Kontrolle<br />

eröffnet mehr Spielräume für eigene Verantwortung und Selbstkontrolle<br />

als in der Tagschicht.<br />

• Die Abweichungen von der Normalarbeitszeit ermöglichen<br />

Schichtbeschäftigten eine hohe Flexibilität. Auch bei festen<br />

Schichtplänen stehen außerhalb der Arbeitzeit prinzipiell alle<br />

Tages- und Nachtzeiten zur eigenen Verfügung.<br />

• Einkäufe oder Behördengänge können außerhalb der<br />

Rush-Hour – wenn wenig los ist – erledigt werden. Damit kann<br />

ein Stück zeitlicher Lebensqualität gewonnen werden.<br />

• In bestimmten Schichtsystemen werden größere Freizeitblöcke<br />

und feste planbare Arbeitszeiten ermöglicht, die größere<br />

Aktivitäten für <strong>Familie</strong> oder Hobby erlauben als in normaler<br />

Arbeitszeit.<br />

Dennoch lässt sich nicht schönreden, dass auch im sozialen Bereich<br />

für Schichtbeschäftigte massive Nachteile bestehen:<br />

• Gerade während der Spätschicht geht die sozial wertvolle<br />

Zeit am späten Nachmittag bzw. Abend verloren. Hier sind<br />

normalerweise die Zeiten für die <strong>Familie</strong>, für kulturelle Veranstaltungen<br />

oder Zeiten der Geselligkeit mit anderen Menschen.<br />

Dieser Verlust kann auch durch das Wochenende nicht wieder<br />

ausgeglichen werden. Schichtbeschäftigte müssen arbeiten,<br />

wenn andere frei haben.<br />

• Umfangreiche Zeitbudgetuntersuchungen in Deutschland haben<br />

gezeigt, dass <strong>Schichtarbeit</strong> zu realen Freizeitverlusten führt (vgl.<br />

Garhammer 1994, Hinnenberg u. a. 2006). Bei normalen Arbeitszeiten<br />

stehen im Durchschnitt fünf Stunden und 36 Minuten<br />

pro Tag zur Verfügung (inklusive Wochenende). Bei Nacht- und<br />

<strong>Schichtarbeit</strong>er/innen sind es mit vier Stunden und 54 Minuten<br />

somit 42 Minuten weniger. Wer am Wochenende arbeitet, hat<br />

rund vier Stunden weniger Freizeit, die auch in der Woche nicht<br />

mehr aufgeholt werden kann. Wer jeden Sonntag arbeiten muss,<br />

verliert rund fünf Stunden Freizeit pro Woche. Die größte Freizeitmenge<br />

an Arbeitstagen ist nach einer Frühschicht vorhanden, die<br />

geringste Menge nach der Nachtschicht (vgl. Knauth 2010).<br />

• Schichtbeschäftigte sind in ihren Aktivitäten außerhalb der<br />

Erwerbsarbeit insgesamt weniger „außenorientiert“ (Kultur,<br />

Sport, Besuch bei Freunden usw.) als Beschäftigte mit<br />

normalen Arbeitszeiten. Die Freizeit wird eher passiv verbracht<br />

(Erholung, Fernsehen, Lesen usw.). Das hängt einerseits mit<br />

den geringeren Möglichkeiten zusammen und andererseits mit<br />

dem größeren Erholungsbedürfnis durch die Erwerbsarbeit.<br />

• Die Anzahl von Personen, mit denen Schichtbeschäftigte regelmäßig<br />

Kontakt haben (Freunde, Bekannte), ist im Durchschnitt<br />

niedriger. Dies zeigt, wie wichtig die Routinen und Regelmäßigkeiten<br />

für das soziale Miteinander sind. Wenn die Erwerbs- und<br />

Freizeiten gegen die normalen gesellschaftlichen Muster laufen,<br />

wird es schwieriger, soziale Kontakte aktiv zu gestalten und<br />

aufrecht zu erhalten.<br />

• Dieser „Rückzug“ von sozialen Aktivitäten ist selten selbst<br />

gewählt, denn Schichtbeschäftigte haben laut verschiedener<br />

Studien einen ausgeprägten Wunsch nach mehr Zeit für soziale<br />

Kontakte (<strong>Familie</strong>, Kontakte außer Haus, Besuch öffentlicher<br />

Veranstaltungen). Darin drückt sich vielfach eine große Unzufriedenheit<br />

mit den Bedingungen von <strong>Schichtarbeit</strong> aus. Fast die<br />

Hälfte der Schichtbeschäftigten stellt eine negative Veränderung<br />

der eigenen Lebensweise durch die <strong>Schichtarbeit</strong> fest.<br />

(vgl. Beermann 2005, Janßen; Nachreiner 2004, BKK 2006, Knauth;<br />

Hornberger 1997; Martin 1994, Europäische Stiftung zur Verbesserung<br />

der Lebens- und Arbeitsbedingungen 2000)<br />

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