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Familienbewusste Schichtarbeit - Beruf & Familie gGmbH

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können durch eine Reihe von Maßnahmen in folgenden Bereichen<br />

abgemildert werden:<br />

• Verbesserungen in der Arbeitsorganisation,<br />

• Reduktion von Arbeitsbelastungen und Stress,<br />

• Handlungsspielräume in der Arbeit,<br />

• ein gutes Betriebsklima und ein guter Zusammenhalt im Team/<br />

in der Schichtgruppe,<br />

• gesundheitsförderliche Maßnahmen,<br />

• ein positives betriebliches Umfeld, das auch die Vereinbarkeit<br />

von <strong>Familie</strong> und <strong>Beruf</strong> unterstützt,<br />

• und natürlich Schichtpläne, die medizinische und soziale Risiken<br />

minimieren.<br />

Leistungsfähigkeit<br />

Grundsätzlich ist zwischen Belastungen und langfristigen Auswirkungen<br />

von <strong>Schichtarbeit</strong> zu unterscheiden, die oft erst nach<br />

Jahren oder Jahrzehnten sichtbar werden. Die unterschiedliche<br />

Leistungsfähigkeit kann daran abgelesen werden, dass gleiche<br />

Arbeiten von den Beschäftigten zu unterschiedlichen Tageszeiten<br />

als unterschiedlich beanspruchend empfunden werden. Auch<br />

die Häufi gkeit von Fehlern und das Unfallrisiko sind nachts stark<br />

erhöht. Untersuchungen zeigen, dass bereits in der Spätschicht<br />

ein um 17,8 % höheres Unfallrisiko gegenüber der Frühschicht<br />

besteht. In der Nachtschicht ist das Risiko um 30,6 % höher als<br />

am Tag (vgl. Beermann 2008). In amerikanischen Studien wurde<br />

fest gestellt, dass das höchste Unfallrisiko bei kontinuierlicher<br />

<strong>Schichtarbeit</strong> und besonders an Sonntagen vorlag (vgl. Monk<br />

1989).<br />

Schlafprobleme<br />

Als Folge der gegenläufi gen Rhythmen ist die Schlafzeit der Nachtschichtarbeiter/innen<br />

oft verkürzt. Störungen durch den Lärm am<br />

Tag tragen dazu bei, dass der Schlaf öfter unterbrochen wird,<br />

weniger tief ist und die Regeneration deshalb unzureichend ist.<br />

Resultat sind Ermüdungen, die das Wachsamkeitsniveau senken<br />

und die Koordination von Bewegungen und Denkabläufen beeinträchtigen<br />

können. Studien haben festgestellt, dass im Durchschnitt<br />

die Schlafzeiten vor den verschiedenen Schichten erheblich voneinander<br />

abweichen. Vor der Frühschicht beträgt die Schlafdauer<br />

durchschnittlich 7,5 Stunden, nach der Spätschicht 9 Stunden und<br />

nach der Nachtschicht nur 6 Stunden. Am stärksten sind Dauernachtschichtarbeiter/innen<br />

von Schlafdefi ziten betroffen: Je nach<br />

Untersuchung beklagen 35 – 55% der Dauernachtschichtarbeiter/<br />

innen massive Schlafstörungen; bei ehemaligen <strong>Schichtarbeit</strong>enden<br />

rückblickend sogar 70 – 90% während ihrer damaligen Nachtschicht.<br />

Beim Wechsel zu einer Dauertagschicht gingen die Schlafstörungen<br />

auf unter 20 % zurück. Bei den Beschäftigten zwischen<br />

dem 40. und 50. Lebensjahr gaben zwischen 22 % und 36 %<br />

Schlaf störungen an; bei denjenigen, die keine Nachtschicht haben<br />

lag der Anteil von Beschäftigten mit Schlafstörungen zwischen<br />

6,2 % und 13,3 % (vgl. Minors; Waterhouse 1990, Kollig 2006,<br />

Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />

2000, Ilmarinen; Tempel 2002, Janßen, Nachreiner<br />

2004, WDR 2009).<br />

Probleme mit der Verdauung<br />

In der Nachtschicht ist die Nahrungsaufnahme nach ein Uhr<br />

nachts dadurch erschwert, dass der Magen schlecht auf die<br />

Verdauung eingestellt ist. Hinzu kommt, dass Kantinen selten auf<br />

die Bedürfnisse der Nachtschicht ausgerichtet sind. Es fehlt z. B.<br />

die Möglichkeit warmes Essen zuzubereiten. Appetitstörungen<br />

sind die ersten Signale, dass etwas nicht stimmt. Magen-Darm-<br />

Beschwerden haben bis zu 55% der <strong>Schichtarbeit</strong>er/innen<br />

mit Nachtschicht und diese können sich zu Erkrankungen der<br />

Verdauungs organe entwickeln. Magen-Darm-Störungen bleiben<br />

auch dann noch für längere Zeit bestehen, wenn die Nachtarbeit<br />

aufgegeben und in Normalschicht gearbeitet wird (vgl. Knauth;<br />

Hornberger 1997).<br />

Psychische Probleme<br />

Verschiedene europäische Studien haben bestätigt, dass Beschäftigte<br />

in <strong>Schichtarbeit</strong> – insbesondere, wenn nachts gearbeitet wird<br />

– häufi ger von chronischer Müdigkeit, Nervosität, Angstzuständen,<br />

sexuellen Problemen und Depressionen betroffen sind. Die Störungen<br />

führen häufi g in einen Teufelskreislauf, der weitere Schlafl osigkeit zur<br />

Folge haben kann und familiäre und soziale Probleme nach sich zieht<br />

(vgl. Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />

2000, Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und<br />

Umweltmedizin 2006, Wirtz 2010).<br />

Weitere Belastungen<br />

<strong>Schichtarbeit</strong> ist oft verbunden mit weiteren Arbeitsbelastungen 4<br />

und rigiden Arbeitsbedingungen, wie körperlich anstrengende<br />

Arbeit, nervliche Belastungen sowie Arbeitsumgebungsbelastungen<br />

wie Klima, Lärm und Gefahrstoffe. In einer repräsentativen Untersuchung<br />

der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin<br />

(BAuA) und des Bundesinstituts für <strong>Beruf</strong>l iche Bildung (BIBB)<br />

konnte gezeigt werden, dass Nachtarbeit weiterhin mit hohen<br />

zusätzlichen Belastungsfaktoren verbunden ist (vgl. Beermann<br />

2008). Neben den klassischen Belastungen wie Arbeit im Stehen,<br />

Tragen schwerer Lasten, Lärm, Klima, gesundheitsgefährdende<br />

Arbeitsstoffe, ist auch eine Zunahme von psychischen Belastungen<br />

in <strong>Schichtarbeit</strong> festzustellen. Diese Belastungshäufungen sind<br />

besonders kritisch zu sehen und sollten bei der Gestaltung der<br />

Schichten in jedem Fall berücksichtigt werden. So machen zum<br />

Beispiel 12-Stunden-Schichten unter Bedingungen von schwerer<br />

körperlicher Arbeit wenig Sinn.<br />

4 Kontovers wird in der Wissenschaft aktuell die Wirkung von <strong>Schichtarbeit</strong> auf<br />

die Entstehung von Krebs diskutiert. 2007 hatte die Internationale Agentur für<br />

Krebsforschung (IARC) einen geringen Anstieg von Brustkrebs bei weiblichen<br />

<strong>Schichtarbeit</strong>erinnen festgestellt, der von neueren Studien nicht bestätigt wurde<br />

(vgl. Straif u. a. 2007, Harth u. a. 2009).<br />

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