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Magazin Theatertreffen der Jugend 2013 - Berliner Festspiele

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Die Jury zur Auswahl – von Klaus Riedel<br />

„Romeo und Julia“, neben<br />

„Hamlet“ wohl das berühmteste<br />

Stück Shakespeares, die<br />

berühmteste Liebesgeschichte<br />

<strong>der</strong> Weltliteratur, über dreißigmal<br />

verfilmt, motivisch hun<strong>der</strong>te<br />

Male in allen künstlerischen<br />

Gattungen adaptiert,<br />

als Deckengemälde von Gustav<br />

Klimt das „Kaisertreppenhaus“<br />

im Wiener Burgtheater<br />

zierend, in schöner Regelmäßigkeit<br />

unter den meistgespielten<br />

Stücken in deutschen<br />

Theatern, gefühlt eigentlich<br />

schon auf je<strong>der</strong> Schul- o<strong>der</strong> <strong>Jugend</strong>bühne<br />

gesehen, damit eigentlich<br />

ein „No-Go-Stück für<br />

einen <strong>Jugend</strong>theaterclub“!?<br />

Eigentlich klar, dass man sich<br />

zu Beginn einer Vorstellung<br />

erst einmal dafür öffentlich<br />

entschuldigen muss, bei dieser<br />

Produktion entgegen <strong>der</strong> sonstigen<br />

Tradition des Parkaue-<br />

Clubs 4 nicht etwas Eigenes<br />

gemacht, thematisch gearbeitet,<br />

son<strong>der</strong>n einen fertigen<br />

Spieltext zur Grundlage genommen<br />

zu haben − und dann<br />

auch noch diesen, Shakespeare,<br />

„Romeo und Julia“, ausgerechnet,<br />

das Über-Drama<br />

schlechthin. Aber die Spielleiterin<br />

wollte das so. Ähm,<br />

Glückwunsch.<br />

Die Spielerinnen und Spieler<br />

nehmen also Aufstellung, um<br />

in bester chorischer Manier,<br />

ganz texttreu, den Chor des<br />

Prologs zu Gehör zu bringen.<br />

Darin eine Drohung („Zeigt<br />

euch zwei Stunden unser Bühnenspiel“)<br />

und ein im Gewand<br />

<strong>der</strong> erneuten Entschuldigung<br />

daherkommendes Versprechen<br />

(„Und wir, wobei wir sehr<br />

auf Nachsicht zählen, / Wolln<br />

das verbessern, was dem Text<br />

mag fehlen.“).<br />

Vierzehn Verse Shakespeare<br />

also, dann tritt laut Textbuch<br />

<strong>der</strong> Chor ab − und bei den jungen<br />

<strong>Berliner</strong>innen und <strong>Berliner</strong>n<br />

ist erst einmal Schluss,<br />

zumindest mit Shakespeare,<br />

zumindest dem Über-Drama,<br />

zumindest mit dem Text. Denn<br />

wo in Shakespeares Tragödie<br />

auf einem öffentlichen Platz zu<br />

Verona die Familienfehde zwischen<br />

den Montagues und den<br />

Capulets beginnt, verhandeln<br />

die Spielerinnen und Spieler,<br />

gleichfalls in aller Öffentlichkeit,<br />

Konflikte und Fragen, die<br />

sich in <strong>der</strong> Gruppe rund um die<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong><br />

Spielvorlage ergeben haben:<br />

Was bedeutet Liebe für Mädchen,<br />

was für Jungen? Und<br />

was bedeutet Liebe für jeden<br />

Einzelnen? Und wäre es nicht<br />

viel dringlicher, stattdessen<br />

Klimakatastrophe und Piratenpartei<br />

auf <strong>der</strong> Bühne zu<br />

thematisieren? Christian Wulff<br />

also statt Mercutio?<br />

Wir dürfen <strong>der</strong> Gruppe zuschauen<br />

bei einem Diskurs gewordenen<br />

katalytischen Prozess<br />

in <strong>der</strong> Begegnung mit<br />

einem klassischen Text − und<br />

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