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Magazin Theatertreffen der Jugend 2013 - Berliner Festspiele

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und die Spieler tanzen und singen<br />

mit ihrer Lebensfreude gegen<br />

Anonymus´ „shitstorm“ an.<br />

Dennoch bröckelt die „Happy<br />

World“, Anonymus for<strong>der</strong>t Reibung,<br />

eine Haltung, Wahrheit<br />

und Geständnisse. Es wird sich<br />

geouted, diskutiert über Religion,<br />

die große reine Liebe – es<br />

wird existenziell. Das Ensemble<br />

spielt, singt und bewegt sich<br />

mit einer beeindruckenden<br />

Souveränität und Durchlässigkeit.<br />

Sie nutzen eine einfache<br />

aber wirksame Theatralik. Der<br />

ernste Ton wird mit leidenschaftlichen<br />

Musikeinsätzen<br />

und viel Humor gebrochen,<br />

mündet in simpler Poesie, die<br />

Gitarre leicht gezupft und verträumt.<br />

„Du musst Spuren in<br />

<strong>der</strong> Welt hinterlassen“, das ist<br />

anstrengend, wie <strong>der</strong> Spagat<br />

zwischen zwei Welten, den parallelen<br />

Welten. Mein Stuhl<br />

knackt, er droht zu brechen.<br />

Die Anonymen Auslän<strong>der</strong> reiten<br />

auf Klischees, zerspielen sie<br />

und füllen das Integrationspaket.<br />

„Deutsche sind …“, ich habe<br />

keine Ahnung was deutsch ist.<br />

Das Ensemble verrät es mir und<br />

rappte vom Sauerkraut. Die Ironie<br />

erreicht mich. Die Figuren<br />

suchen nach Identität, ihrer<br />

Identität. Was ist mitzunehmen<br />

aus <strong>der</strong> einen und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Welt? Ich frage mich<br />

nach meinen parallelen Welten,<br />

bin ich echt deutsch, auch<br />

wenn ich seit Monaten kein<br />

Sauerkraut auf dem Teller hatte?<br />

Bin ich schon integriert,<br />

nach 24 Jahren Mauerfall. Ich<br />

esse lieber asiatisch als deutsche<br />

Hausmannskost, habe ich<br />

mich damit aus kulturellen<br />

Kontexten segregiert? Noch 20<br />

Minuten und Anonymus wird<br />

sterben. Religionen verschmelzen<br />

und es riecht nach gegrilltem<br />

Steak; jedenfalls glaube<br />

ich es mir einzubilden. Tatsächlich,<br />

ein Grill erobert die Bühne.<br />

Es gibt Buletten. Essen im Netz,<br />

eine schöne Zukunftsvision.<br />

Wie<strong>der</strong> prallen Geschichten auf<br />

Anonymus, <strong>der</strong> Spiel- und Erzähllust<br />

kann man sich nicht entziehen.<br />

Gelüste und Sehnsüchte<br />

brechen heraus, um wirklich<br />

zu leben musst du in eine parallele<br />

Welt, in die Vergangenheit<br />

o<strong>der</strong> einfach an die frische<br />

Luft. Dort herrscht Sommer<br />

und die kosovarischen Kühe<br />

stehen friedlich auf dem Berg.<br />

Anonymus bleibt unbeeindruckt,<br />

die letzten 10 Minuten ticken.<br />

Es bleibt die Entscheidung für<br />

die eine o<strong>der</strong> die an<strong>der</strong>e Welt<br />

o<strong>der</strong> eben nur unsere Träume.<br />

Musik, Vollgas, Endspurt, dann<br />

Stille. Anonymus hat sich ausgeloggt<br />

o<strong>der</strong> ausgeknockt?<br />

Mein Stuhl hält, genau wie dieses<br />

so sympathische und kräftige<br />

Ensemble: „Hallo Welt, ich<br />

bin Du und Du bist ich …“<br />

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