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LEBEN MIT BEHINDERUNG - Berliner Zeitung

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4 I <strong>LEBEN</strong> <strong>MIT</strong> <strong>BEHINDERUNG</strong> DIENSTAG, 18. JUNI 2013 I VERLAGSBEILAGE<br />

Siegen durch Nachgeben<br />

Judo hat eine therapeutische Wirkung auf Menschen mit Behinderung.Esführtzumehr Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein<br />

Hamdy Mohamed hat einen<br />

sehr vollen Kalender, erweckt<br />

aber keinen gehetzten<br />

Eindruck. Er strahlt Ruhe aus,<br />

ist ein liebenswürdiger Herr mittleren<br />

Alters und sehr engagiert.<br />

Hamdy hat eine Mission zu erfüllen:<br />

Er möchte, dass behinderte<br />

und nichtbehinderte Kinder und Jugendliche<br />

gemeinsam Sport treiben.<br />

Was den Schulpolitikern bei<br />

der inklusiven Schulbildung reichlich<br />

Probleme beschert, ist in seinem<br />

Klub längst Alltag.<br />

Vielleicht liegen die Wurzeln für<br />

seine Gelassenheit in seinem<br />

Sport. Der in Alexandria geborene<br />

Hamdy ist seit seiner Jugend ein erfolgreicher<br />

Judoka. Die japanische<br />

Kampfsportart Judo entstand Anfang<br />

des 20. Jahrhunderts und bedeutet<br />

so viel wie sanfter, flexibler<br />

Weg. Durch Nachgeben soll der<br />

Sieg herbeigeführtund durch einen<br />

minimalen Einsatz an Mitteln eine<br />

maximale Wirkung erzielt werden.<br />

Streben nach Wissen<br />

In den 1970er-Jahren erkannten<br />

Sportpädagogen die therapeutische<br />

Wirkung dieses Sports auf<br />

Menschen mit Behinderung. Die<br />

Leistungsfähigkeit steigt, Aggressionen<br />

werden abgebaut und ein<br />

regelkonformes Verhalten wird trainiert.<br />

Judo führt zumehr Selbstsicherheit<br />

und Selbstbewusstsein.<br />

Aus diesen Erkenntnissen heraus<br />

entstand das G-Judo, das „gehandicapte<br />

Judo“. Besonders stark<br />

entwickelte sich diese Sparte in<br />

Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen.<br />

Hamdy Mohamed fand<br />

das faszinierend. Er wohnte auf der<br />

Im Judo wird unter anderem regelkonformes Verhalten trainiert.<br />

GETTY IMAGES/HEMERA<br />

Insel Juist und baute dort eine<br />

Gruppe mit 60 behinderten Kindern<br />

auf. Als er 2008 zurück nach<br />

Berlin kam, wollte er hier etwas<br />

Ähnliches etablieren. Er erwarb die<br />

Lizenz zum Training mit behinderten<br />

Menschen, fand einen Verein,<br />

der es ihm ermöglichte, eine Abteilung<br />

G-Judo aufzubauen, und begann<br />

seine Arbeit. Als der Verein<br />

die Zusammenarbeit beendete,<br />

überlegte er nicht lange und gründete<br />

einen eigenen, den Judo-Club<br />

„Ken Shiki“. Das bedeutet: „Streben<br />

nach Wissen“. Das Vereinslogo<br />

ist eine auf dem Kopf stehende<br />

Eule. Hamdys Schüler<br />

meinen, er sei diese Eule.<br />

Inzwischen trainieren rund<br />

100 Kinder und Jugendliche bei<br />

„Ken Shiki“, zwei Drittel von ihnen<br />

sind behindert. „Am schwersten<br />

haben es Menschen mit einer geistigen<br />

Behinderung“, hat Hamdy<br />

erfahren. Sie bedürfen seiner<br />

besonderen Aufmerksamkeit. Deshalb<br />

ist auch im Vorstand des Vereins<br />

ein behinderter Jugendlicher<br />

vertreten.<br />

Toleranz und Verständnis<br />

„Ein Schneider nimmt ein Stück<br />

Stoff und schneidet es ganz individuell<br />

so zu, dass es passt“, erläutert<br />

Hamdy Mohamed seine Trainingsmethode.<br />

„Genau so muss<br />

man im Training mit behinderten<br />

Jugendlichen umgehen.“<br />

Das Prinzip funktioniert, die<br />

Sportler seines Klubs sind sehr erfolgreich:<br />

Bei der Internationalen<br />

Deutschen Meisterschaft 2011<br />

holten sie vier Gold- und zwei Silbermedaillen.<br />

Diese Erfolge sind<br />

aber nur das eine. Natürlich strebt<br />

jeder Sportler nach dem Platz auf<br />

dem Treppchen. Dafür trainiert er,<br />

führtden Körper an seine Grenzen,<br />

opfert seine Freizeit. Hat man<br />

Erfolg, schüttet der Körper Endorphine<br />

in großen Mengen aus. Dieses<br />

Glücksgefühl ist unbeschreiblich.<br />

Hamdy Mohamed weiß das,<br />

war erdoch selbst Afrikameister,<br />

Fünfter bei den Weltmeisterschaften<br />

2009 und 2011 sowie Fünfter<br />

bei den Europameisterschaften<br />

2009 in Venedig.<br />

Es geht ihm aber vielmehr um<br />

das Miteinander im Klub. Jedes<br />

Jahr im Trainingslager in Teplice in<br />

Tschechien teilen sich ein behinderter<br />

und ein nichtbehinderter Jugendlicher<br />

ein Zimmer. Bisher gab<br />

es nie Probleme „Neben den sportlichen<br />

Leistungen müssen die Jugendlichen<br />

Toleranz und Verständnis<br />

im Umgang miteinander<br />

lernen“, erklärtHamdy.<br />

Um Sympathisanten und Sponsoren<br />

für seinen Klub zu finden,<br />

läuft er treppauf, treppab. Für dieses<br />

Engagement war ervor Jahren<br />

sogar schon beim Bundespräsidenten<br />

eingeladen. Seine größte<br />

Auszeichnung hat er aber von einem<br />

seiner Sportler erhalten: Als<br />

im vergangenen Jahr in den<br />

Arcaden an der Wilmersdorfer<br />

Straße der Wettbewerb „Wer ist<br />

mein Held?“ lief, schlug ihn ganz<br />

spontan der elfjährige Moritz Becker<br />

vor.Unter den vielen Vorschlägen<br />

wurde Hamdy als Sieger gewählt<br />

und bekam eine Urkunde.<br />

„Diese Urkunde ist für mich der<br />

schönste Lohn für meine Arbeit“,<br />

erklärtder Trainer stolz. (sis.)<br />

Kontakt:<br />

Angebote für Menschen<br />

mit Behinderung<br />

Das UNIONHILFSWERK bietet in Berlin mit rund 2.500 Mitarbeitern zahlreiche<br />

Beratungsangebote, Beschäftigung und Betreuung für Menschen<br />

mit Behinderungen und psychischer Erkrankung sowie Angebote der<br />

beruflichen Rehabilitation. Mit unseren stadtweiten Angeboten unterstützen<br />

wir unsereKlienten nach ihren individuellen Bedürfnissen.<br />

• (Übergangs-) Wohnheime<br />

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für Ausbilder (w/m) in der „Ausbildung<br />

für behinderte Menschen mit<br />

Förderbedarf“,§117 Abs. 1, SGB III,<br />

§66BBiG/§42m HwO<br />

-ab07.10.2013, Vollzeit (320 h)<br />

-ab28.10.2013, Teilzeit (320 h)<br />

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Wir fördern die soziale und<br />

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und sozial benachteiligter<br />

Menschen durch Beratung,<br />

Betreuung, Beschäftigung und<br />

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und Firmen.<br />

WIB –Weißenseer<br />

Integrationsbetriebe GmbH<br />

Geschäftsstelle<br />

Tassostr. 17<br />

13086 Berlin<br />

Telefon 030 -4799110<br />

Fax 030 -47991132<br />

info@wib-verbund.de<br />

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