Ingenieure in Bayern 09/2013 - Bayerische Ingenieurekammer-Bau
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<strong>Ingenieure</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> www.bayika.de www.planersuche.de<br />
Recht<br />
Die <strong>Bau</strong>kostenvere<strong>in</strong>barung<br />
Als die <strong>Bau</strong>kostenvere<strong>in</strong>barung mit<br />
der HOAI 20<strong>09</strong> erstmals e<strong>in</strong>geführt<br />
wurde, zog sie sich den Widerwillen<br />
von Architekten und <strong>Ingenieure</strong>n zu,<br />
die dar<strong>in</strong> den legalisierten Versuch e<strong>in</strong>er<br />
an sich unzulässigen Unterschreitung<br />
des M<strong>in</strong>desthonorars sahen.<br />
Die zunächst <strong>in</strong> § 6 Abs. 2, jetzt <strong>in</strong> § 6<br />
Abs. 3 verankerte Regelung lässt es zu,<br />
anstelle der erst zum Abschluss der<br />
Leistungsphase 3 zu erstellenden Kos -<br />
tenberechnung das Honorar nach anrechenbaren<br />
Kosten e<strong>in</strong>er <strong>Bau</strong>kostenvere<strong>in</strong>barung<br />
zu ermitteln, sofern im<br />
Auftragszeitpunkt noch ke<strong>in</strong>e Vor- oder<br />
gar Entwurfsplanung existiert und die<br />
e<strong>in</strong>vernehmlich festgelegten <strong>Bau</strong>kos -<br />
ten nachprüfbar s<strong>in</strong>d. Aus der Bed<strong>in</strong>gung<br />
der Nachprüfbarkeit wird regelmäßig<br />
abgeleitet, dass es sich um realistische<br />
Kostenannahmen handeln<br />
muss, so dass es ausgeschlossen ist,<br />
über willkürlich abgem<strong>in</strong>derte anrechenbare<br />
Kosten rechtlich anzuerkennende<br />
M<strong>in</strong>derhonorare zu vere<strong>in</strong>baren.<br />
Die Tücken der Praxis<br />
In der Praxis spielt diese Form der anrechenbaren<br />
Kosten bislang ke<strong>in</strong>e<br />
große Rolle, was nicht nur an der<br />
Schwierigkeit liegt, im E<strong>in</strong>zelfall nachprüfbare<br />
<strong>Bau</strong>kosten zu f<strong>in</strong>den. Gerade<br />
bei Ingenieurbauwerken und Verkehrsanlagen<br />
scheiden gesicherte Rückgriffe<br />
auf Referenzobjekte meist aus. E<strong>in</strong><br />
weiterer Grund ist die nach wie vor<br />
verbreitete Bereitschaft vieler Auftrag -<br />
nehmer, zu Projektbeg<strong>in</strong>n akquisitorisch<br />
tätig zu werden, so dass dann,<br />
wenn es zum Vertragsschluss kommt,<br />
bereits Pläne vorliegen, die zum<strong>in</strong>dest<br />
e<strong>in</strong>e Kostenschätzung zulassen, womit<br />
die zeitliche Grenze für die <strong>Bau</strong>kostenvere<strong>in</strong>barung<br />
bereits überschritten ist.<br />
Streitfall <strong>Bau</strong>kostenvere<strong>in</strong>barung<br />
Bild: Carlo Schrodt / pixelio.de<br />
bart werden kann, dass sie aber dem<br />
öffentlichen Auftraggeber verschlossen<br />
sei.<br />
Das OLG Koblenz (Urteil v.<br />
05.06.<strong>2013</strong>, 5 U 1481/12) verweist darauf,<br />
dass öffentliche Auftraggeber<br />
nach den von ihnen zu beachtenden<br />
Bestimmungen des Haushaltsrechts<br />
erst dann Verpflichtungen e<strong>in</strong>gehen<br />
dürfen, wenn Pläne, Kostenberechnungen<br />
und Erläuterungen vorliegen, aus<br />
denen unter anderem die Kosten der<br />
<strong>Bau</strong>maßnahme sowie die vorgesehene<br />
F<strong>in</strong>anzierung ersichtlich s<strong>in</strong>d.<br />
Entscheid auch für <strong>Bayern</strong> bedeutsam<br />
Die anhand der Landeshaushaltsordnung<br />
für Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz getroffene<br />
Entscheidung hat auch für <strong>Bayern</strong> Bedeutung,<br />
denn Art. 24 Abs. 1 Bayer.<br />
Haushaltsordnung (BayHO) regelt<br />
nichts anderes. Wenn danach also<br />
„Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen<br />
erst veranschlagt“ werden<br />
dürfen, wenn Pläne und Kostenberechnungen<br />
vorliegen, folgert das Gericht<br />
daraus zunächst naheliegend, dass<br />
Planerverträge auf Basis e<strong>in</strong>er <strong>Bau</strong>kos -<br />
tenvere<strong>in</strong>barung eben nicht ohne Verstoß<br />
gegen das Haushaltsrecht geschlossen<br />
werden können.<br />
Gegenstand des Vertrags war die<br />
Planung e<strong>in</strong>es Brückenbauwerks über<br />
e<strong>in</strong>e Autobahn, für welche die Parteien<br />
Erster Gerichtsentscheid zum Thema<br />
Nun hat sich erstmals e<strong>in</strong> Gericht mit<br />
der <strong>Bau</strong>kostenvere<strong>in</strong>barung ause<strong>in</strong>andergesetzt<br />
und entschieden, dass die<br />
Neuregelung zwar von der Ermächtigungsgrundlage<br />
der HOAI gedeckt ist<br />
und damit pr<strong>in</strong>zipiell wirksam vere<strong>in</strong>e<strong>in</strong>en<br />
Kostensatz von 2.000 €/m² zugrunde<br />
gelegt hatten und dadurch zu<br />
<strong>Bau</strong>kosten von 450.000 € für die Objekt-<br />
und 425.000 € für die Tragwerksplanung<br />
gekommen waren. Das Ingenieurbüro<br />
legte se<strong>in</strong>er Honorarforderung<br />
demgegenüber <strong>Bau</strong>kosten von<br />
802.360 € zugrunde und machte geltend,<br />
mangels Nachprüfbarkeit sei die<br />
<strong>Bau</strong>kostenvere<strong>in</strong>barung unwirksam.<br />
Verstoß gegen Haushaltsrecht<br />
Das Gericht befasste sich mit der <strong>in</strong>teressanten<br />
Frage nach den realistischen<br />
<strong>Bau</strong>kosten nicht, sondern legte se<strong>in</strong>em<br />
Urteil e<strong>in</strong>en völlig neuen rechtlichen<br />
Gesichtspunkt zugrunde, nämlich den<br />
oben dargestellten Verstoß gegen das<br />
Haushaltsrecht. Die Konsequenz se<strong>in</strong>er<br />
Entscheidung ist dem Gericht durchaus<br />
bewusst, dass nämlich e<strong>in</strong> öffentlicher<br />
Auftraggeber bei Beachtung des<br />
Haushaltsrechts rechtlich geh<strong>in</strong>dert ist,<br />
jemals e<strong>in</strong>e <strong>Bau</strong>kostenvere<strong>in</strong>barung zu<br />
treffen, für die ja gerade noch ke<strong>in</strong>e<br />
Planungen existieren dürfen. Ist die<br />
<strong>Bau</strong>kostenvere<strong>in</strong>barung unwirksam,<br />
berührt das die Wirksamkeit des Vertrags<br />
selbst nicht.<br />
Diskussionsbedarf<br />
So str<strong>in</strong>gent die Argumentation des<br />
OLG auf den ersten Blick wirkt, wirft<br />
sie doch Fragen auf, die noch diskutiert<br />
werden dürften. Denn das Haushaltsrecht<br />
verfolgt das Ziel e<strong>in</strong>es wirtschaftlichen<br />
und sparsamen Umgangs<br />
mit öffentlichen Geldern und bezweckt<br />
deshalb nicht den Schutz des Vertragspartners,<br />
der sich demnach nicht auf<br />
e<strong>in</strong>e Verletzung der BayHO wird berufen<br />
können.<br />
Das Gericht me<strong>in</strong>t dagegen, die<br />
haushaltsrechtliche B<strong>in</strong>dung der öffentlichen<br />
Hand entfalte nach Art. 20<br />
Abs. 3 und Art. 3 Grundgesetz Außenwirkung<br />
zugunsten des Vertragspartners.<br />
Art. 20 Abs. 3 GG ordnet die B<strong>in</strong>dung<br />
der vollziehenden Gewalt an Gesetz<br />
und Recht an, sagt aber nichts<br />
darüber aus, zu wessen Schutz e<strong>in</strong>e<br />
bestimmte Regelung erlassen wurde.<br />
Noch weniger lässt sich das <strong>in</strong> Art. 3<br />
GG niedergelegte Gleichheitsgebot<br />
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