Lösungen zu Arbeitsblättern - Aulis
Lösungen zu Arbeitsblättern - Aulis
Lösungen zu Arbeitsblättern - Aulis
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Überlebensstrategien des Feuersalamanders – Kann sich der Feuersalamander an neue<br />
Umweltbedingungen anpassen?<br />
Ergän<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong>m gleichnamigen Beitrag in:<br />
Praxis der Naturwissenschaften Biologie in der Schule, Heft 2/62, März 2013, S. 28-35<br />
Lösungsvorschläge <strong>zu</strong> den Aufgaben auf den <strong>Arbeitsblättern</strong><br />
M. Waldhelm<br />
Arbeitsblatt 1 (Kurzporträt und Gefährdung) [1 bis 9]<br />
1. In Deutschland insgesamt ist aktuell keine Gefährdung des Feuersalamanders erkennbar, wohl<br />
aber in den meisten Bundesländern sowie in den Nachbarländern Österreich und Schweiz. In vier<br />
Bundesländern ist der Gefährdungsgrad seit 1997 konstant geblieben, in fünf Ländern sind die<br />
Bestände (weiter) <strong>zu</strong>rückgegangen. In Hamburg und Schleswig-Holstein ist der Feuersalamander<br />
inzwischen ausgestorben. Nur in Nordrhein-Westfalen und im Saarland ist der Feuersalamander<br />
ungefährdet. In Thüringen haben sich die Bestände erholt. Wenn sich der Trend fortsetzen sollte,<br />
könnte der Feuersalamander in Hessen, Sachsen und Sachsen-Anhalt aussterben und vielleicht in<br />
ganz Deutschland wieder gefährdet sein.<br />
Zusatzinformation: Beim Feuersalamander ist die Bestandserfassung aufgrund der Tatsache, dass<br />
er nachtaktiv ist und sich die meiste Zeit versteckt hält, recht schwierig. Auch die Larvendichte<br />
lässt nur beschränkt Rückschlüsse auf die Größe einer Population <strong>zu</strong>. In den letzten Jahrzehnten<br />
haben sich die Bewertungskriterien für die Einstufung in Rote Listen leicht verändert, so dass die<br />
Daten nur bedingt vergleichbar sind. In Frankreich ist der Feuersalamander nicht gefährdet.<br />
2. Fragen: Wo liegen die Ursachen für die Gefährdung des Feuersalamanders? Warum sind die<br />
Gefährdungsgrade in den einzelnen Ländern unterschiedlich? Haben sich die Bestände in<br />
Deutschland und im Bundesland Thüringen tatsächlich erholt? Wenn ja, worauf ist dies<br />
<strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>führen? Über welche Überlebensstrategien verfügt der Feuersalamander? Hat er eine<br />
Chance <strong>zu</strong> überleben? Über welche Maßnahmen kann er vor dem Aussterben bewahrt werden?<br />
Arbeitsblatt 2 (Verbreitung) [5, 7, 8]<br />
1. Die Karte zeigt, dass das Verbreitungsgebiet des Feuersalamanders insgesamt recht groß ist,<br />
dass aber innerhalb dieses Gebietes weite Landstriche unbesiedelt sind.<br />
Grenzen des Verbreitungsgebietes: Im Norden: Norddeutschland, Belgien, Nord-Frankreich. Im<br />
Westen: Atlantikküste. Im Süden: nördliche Mittelmeerküste. Im Osten: Griechenland, Bulgarien,<br />
Rumänien, Süd-Polen.<br />
Es gibt eine klare Grenze nach Norden, keine Besiedlung von England, Irland und den<br />
Mittelmeerinseln, regionale Vorkommen auf der iberischen Halbinsel. Die Art gliedert sich in elf<br />
geografisch begrenzte Unterarten, deren Verbreitungsareale fingerförmig in unbesiedelte Gebiete<br />
ragen. Wahrscheinlich gibt es nur in bestimmten Landschaften geeignete Lebensräume. Wo sich<br />
die Areale zweier Unterarten überlappen, kommen Bastarde vor. Paarungen zwischen den<br />
Unterarten sind also mancherorts möglich. Andererseits ist S. salamandra longirostris von den<br />
anderen Unterarten völlig isoliert und hat sich vielleicht deshalb <strong>zu</strong> einer eigenen Art entwickelt.<br />
Die Verbreitung weist Lücken auf: Allgäu, Tirol, Ostschweiz, Ungarn. Die Besiedlungsdichte ist in<br />
den einzelnen Gebieten unterschiedlich. Teilweise sind die Populationen klein und voneinander
isoliert. Dies könnte der Grund dafür sein, dass die östliche Verbreitungsgrenze unklar und nur<br />
durch konkrete Fundorte markiert ist. Vielleicht sind dort nicht alle Populationen bekannt.<br />
Zusatzinformationen:<br />
In Portugal und Spanien ist die Verbreitung oft (aber nicht immer) an die kühleren und feuchteren<br />
Gebirgszüge gebunden, die durch flache Landschaften unterbrochen sind. Die diversen Unterarten<br />
unterscheiden sich morphologisch (dorsales Färbungsmuster und Körperproportionen) und<br />
genetisch. Dieses Ausmaß an Diversität ist für Schwanzlurche sehr ungewöhnlich.<br />
Man unterscheidet heute fünf Feuersalamander-Arten, die früher alle als Unteraten von<br />
Salamandra salamandra betrachtet wurden: S. salamandra mit mindestens 15 Unterarten, S.<br />
longirostris (Südspanien), S. corsica (Korsika), S. infraimmaculata (Vorderasien) und S. algira<br />
(Nordafrika).<br />
2. Einerseits bietet die Größe des Verbreitungsgebietes gute Chancen, dass der Feuersalamander<br />
überleben kann. Die subspezifische Gliederung in Unterarten zeugt von einem weiten Spektrum<br />
genetisch determinierter morphologischer Heterogenität und Variabilität, als Vorausset<strong>zu</strong>ng dafür,<br />
dass sich eine Art an unterschiedliche Lebensbedingungen anpassen kann. So werden sich die<br />
heute vorkommenden Unterarten aus geografischen Rassen entwickelt haben, die sich an<br />
unterschiedliche klimatische und geografische Bedingungen angepasst haben.<br />
Andererseits sind kleine, isoliert lebende Populationen gefährdet, da der Genaustausch mit<br />
anderen Populationen fehlt, wodurch die Anpassungsfähigkeit reduziert ist. Außerdem wird ein<br />
Gebiet, in dem die Tiere wie auf einer Insel leben, auf natürliche Weise kaum wiederbesiedelt,<br />
wenn die dortige Population aus irgendwelchen Gründen erlischt.<br />
Zusatzinformation: In Spanien steht S. s. almanzoris aufgrund des geringen Vorkommens auf der<br />
Roten Liste.<br />
3. Körper langgestreckt, kurze Beine, runder Schwanz, glatte Haut. Kopf flach und breit, mit<br />
hervorstehenden Augen, beiderseits große Ohrdrüsen (Parotiden) mit schwarzen<br />
Drüsenausgängen. Weitere Giftdrüsen am Rücken, in zwei Reihen angeordnet. Oberseite schwarz<br />
mit gelber Zeichnung.<br />
S. s. salamandra (Nominatform): Gelbe Partien in Form unregelmäßig angeordneter Flecken.<br />
S. s. terrestris: Gelbe Partien in Längsstreifen angeordnet.<br />
Bezüglich des Zeichnungsmusters (Lage, Größe und Form der gelben Flecken) zeigen sich<br />
individuelle Unterschiede. Man kann davon ausgehen, dass das Zeichnungsmuster eine<br />
Angepasstheit an die jeweiligen Umweltbedingungen darstellt. Die Körperzeichnung könnte <strong>zu</strong>r<br />
Tarnung dienen, je nachdem wie der Untergrund beschaffen ist. Sie könnte auch der<br />
Abschreckung potenzieller Fressfeinde dienen, die lernen, dass schwarz-gelbe Tiere giftig sind. In<br />
beiden Fällen hätte sie einen Selektionswert und hätte Einfluss auf die Überlebenschancen eines<br />
Einzeltieres, einer Population oder einer Unterart.<br />
Falls sich die Struktur von Laubwäldern, z. B. durch eine andere Form der Bewirtschaftung so<br />
verändert, dass die Tiere mit ihrer an die ursprünglichen Verhältnisse angepassten<br />
Körperzeichnung nicht mehr hinreichend getarnt wären, könnte diese Veränderung den<br />
Fortbestand der Art gefährden.<br />
Zusatzinformationen: Bezüglich des dorsalen Zeichnungsmusters ist besonders in<br />
Mischpopulationen die Heterogenität überaus groß. In Anbetracht der Tatsache, dass<br />
Feuersalamander überwiegend im Dunkeln unterwegs sind, wird der Färbung eher eine<br />
somatolytische (Gestalt auflösende) Funktion bei Tage <strong>zu</strong>gemessen. Je nach Farbe des<br />
Untergrunds während der Larvalentwicklung ist bei den metamorphosierten Tieren der Gelbanteil<br />
am Farbmuster größer oder kleiner.
Arbeitsblatt 3 (Habitat) [7, 8, 12, 13]<br />
1. Da bei Amphibien in der terrestrischen Phase die Atmung <strong>zu</strong> einem beträchtlichen Teil über die<br />
Haut erfolgt, ist die Haut dünn und durchlässig. Nachtaktivität und cavernicoles Verhalten stellen<br />
für den Feuersalamander eine wichtige Überlebensstrategie dar, denn niedrige Temperaturen und<br />
hohe Luftfeuchtigkeit verringern das Austrocknungsrisiko. Während der Sommermonate hängt die<br />
Aktivität der Tiere stark von der umgebenden Luftfeuchtigkeit ab: Je höher die Luftfeuchtigkeit,<br />
desto mehr Tiere sind unterwegs. Auch dieses Verhalten ist biologisch sinnvoll, weil es verhindert,<br />
dass die Tiere austrocknen und nicht mehr atmen können.<br />
Das Laichgewässer ist günstig gewählt, da die Larven dort keinen räuberischen Fischen<br />
ausgesetzt sind und normalerweise nicht in die Gefahr geraten, in Fischregionen verdriftet <strong>zu</strong><br />
werden. Die konstante Wassertemperatur ermöglicht eine gleichmäßige Larvenentwicklung über<br />
viele Monate.<br />
2. Sämtliche Waldtypen, die als Lebensraum für Feuersalamander in Frage kommen, stehen auf der<br />
Roten Liste der gefährdeten Biotoptypen. Sie sind als „gefährdet“ oder „(sehr) stark gefährdet“<br />
eingestuft. Dies gilt in besonderem Maße für Birken-Eichenwälder. Die Gefährdungsursachen<br />
liegen meist gleichermaßen im Flächenverlust, d. h. dass die Biotope als solche vernichtet werden,<br />
beispielsweise durch Abhol<strong>zu</strong>ng, wie im Qualitätsverlust, wenn z. B. ein naturnaher Wald<br />
forstwirtschaftlich stärker genutzt wird, andere Baumarten gepflanzt oder Wege angelegt werden.<br />
Hin<strong>zu</strong> kommt, dass eine mögliche Regenerierung dieser Biotoptypen sehr lange dauern würde,<br />
wenn diese erst einmal zerstört sind.<br />
Die Gewässertypen, die Feuersalamander für das Absetzen der Larven bevor<strong>zu</strong>gen, sind noch<br />
stärker gefährdet, teilweise von vollständiger Vernichtung bedroht. Selbst Bachläufe, deren Qualität<br />
bereits gemindert ist, z. B. durch den Eintrag von Schadstoffen aus der Landwirtschaft oder<br />
menschlichen Siedlungen, gelten als (stark) gefährdet. Auch diese Lebensräume können in<br />
absehbarer Zeit nicht regeneriert werden.<br />
Hieraus lässt sich ableiten, dass der Verlust geeigneter Habitate eine erhebliche Gefährdung<br />
darstellt und dass dieser vielleicht die wichtigste Ursache für die rückläufige Entwicklung der<br />
Bestände in den vergangenen Jahrzehnten ist. Insbesondere die Veränderung oder Zerstörung<br />
typischer Laichgewässer dürfte ein entscheidender Grund für den Rückgang der Art sein, obwohl<br />
der Feuersalamander bezüglich der Gewässerwahl eine gewisse Flexibilität aufweist.<br />
3. Der Klimawandel wird sich sowohl auf die terrestrischen als auch auf die aquatischen<br />
Lebensräume des Feuersalamanders nachteilig auswirken. Höhere Sommertemperaturen,<br />
verbunden mit größerer Trockenheit, können da<strong>zu</strong> führen, dass Laichgewässer austrocknen, bevor<br />
die Larven metamorphosiert sind, und dass es an Land weniger Verstecke mit geeignetem<br />
Mikroklima gibt. Auch werden die Tiere, aufgrund der geringeren Luftfeuchtigkeit, ihre Verstecke<br />
seltener verlassen, was sich negativ auf die Nahrungssuche und auf die Fortpflan<strong>zu</strong>ng auswirkt.<br />
Da sommerliche Hitze und Trockenheit vor allem in Spanien <strong>zu</strong>nehmen, werden die dort lebenden<br />
Feuersalamander vom Klimawandel am stärksten betroffen sein. Starke Niederschläge können in<br />
Bächen <strong>zu</strong> Hochwasser führen, durch das die Larven in Gewässerabschnitte gespült werden, in<br />
denen sie nicht überleben.<br />
Wenn man bedenkt, dass die Bestandsrückgänge beim Feuersalamander anscheinend wesentlich<br />
auf den Verlust oder die Beeinträchtigung arttypischer Biotope <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>führen sind, bedeutet der<br />
Klimawandel für die Art eine ernst<strong>zu</strong>nehmende Gefährdung.<br />
Arbeitsblatt 4 (Fortpflan<strong>zu</strong>ng) [7, 8, 15, 17]<br />
1. Bei der Ovoparie der Amphibien erfolgt die Befruchtung der Eizellen im Wasser, außerhalb des<br />
Körpers (äußere Befruchtung). Obwohl aufgrund des differenzierten Paarungsverhaltens bei<br />
Molchen, Fröschen und Kröten die Befruchtung relativ sicher ist, müssen viel mehr Eizellen<br />
produziert und besamt werden, als wenn die Befruchtung, wie beim Feuersalamander, im Innern
des Körpers stattfindet (innere Befruchtung). Auch ist die Verlustrate von Eiern und Embryonen im<br />
Wasser höher, da sie von Anfang an zahlreichen Fressfeinden ausgesetzt sind, während sich beim<br />
Feuersalamander die Eier und Embryonen geschützt im Muttertier entwickeln. Da bei den übrigen<br />
Amphibien Paarung und Ablaichen zeitlich <strong>zu</strong>sammenfallen, sind diese stärker von<br />
Witterungsbedingungen abhängig als Tiere, die sich in einem breiteren Zeitfenster an Land paaren,<br />
den Befruchtungsvorgang hinausschieben können und die Larven später absetzen, wenn der<br />
Winter vorbei ist, und auch dies erst, wenn die Bedingungen günstig sind. Ferner steht den<br />
Feuersalamanderembryonen lange Zeit Nahrung in Form des Dottervorrats <strong>zu</strong>r Verfügung,<br />
während der Frosch- und Krötennachwuchs bereits kurz nach dem Schlüpfen auf Nahrungssuche<br />
gehen muss.<br />
In Gegenden, in denen es keine oder nur wenige geeignete Laichgewässer gibt, haben diejenigen<br />
Formen einen Selektionsvorteil, bei denen auch die Larvalentwicklung im Muttertier stattfindet. Ein<br />
evolutionärer Anpassungsprozess an wasserarme Habitate setzt voraus, dass die Dauer der<br />
intrauterinen Entwicklung genetisch determiniert ist. Als Ansatzpunkt für die natürliche Selektion<br />
muss es innerhalb der Ausgangspopulation diesbezüglich eine gewisse Variationsbreite geben, die<br />
letztlich auf Mutationen <strong>zu</strong>rückgeht. Ein evolutionärer Zwischenschritt zwischen der Larviparie und<br />
der obligatorischen Juviparie ist die fakultative Juviparie, bei der sich die Tiere innerhalb einer<br />
ebenfalls genetisch festgelegten Reaktionsnorm individuell an die aktuellen Umweltbedingungen<br />
anpassen können.<br />
2. Die Vielfalt der Fortpflan<strong>zu</strong>ngsstrategien und Entwicklungsabläufe zeigt, dass der<br />
Feuersalamander ein hohes Maß an Flexibilität und Plastizität aufweist. Wenn in den kommenden<br />
Jahrzehnten die Sommer wärmer und trockener werden, vor allem in Spanien, hat dies<br />
Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Laichgewässern. Eine entsprechende Variationsbreite<br />
vorausgesetzt, könnte es bei verschiedenen Unterarten, wie bei S. s. bernadezi, eine Tendenz <strong>zu</strong>r<br />
Verlängerung der intrauterinen Entwicklung geben. Muttertiere, die geburtsreife Larven länger<br />
<strong>zu</strong>rückhalten können, wenn die Laichbedingungen ungünstig sind, bedeuten einen<br />
Selektionsvorteil. In Deutschland geht das Absetzen von Frühjahrslarven in diese Richtung, eine<br />
geeignete Überlebensstrategie, wenn die Larven so der Gefahr durch Hochwasser entgehen.<br />
Die Beobachtungen im Kölner Raum zeigen, dass über assortative Paarung eine evolutionäre<br />
Anpassung an andere als die typischen Laichgewässer möglich ist. Falls sich die klimatischen<br />
Verhältnisse nicht <strong>zu</strong> schnell verändern, können sich Art und Unterarten anpassen und somit<br />
überleben.<br />
3. Die Larven tragen seitlich am Kopf Außenkiemen in Form von verzweigten Hautausstülpungen, die<br />
den Austausch von Sauerstoff und Kohlenstoffdioxid mit dem umgebenden Wasser ermöglichen.<br />
Die Länge der Kiemen hängt vom Sauerstoffgehalt des Wassers ab: Je weniger Sauerstoff <strong>zu</strong>r<br />
Verfügung steht, desto länger sind die Kiemen. Das bedeutet, dass sich die Larven individuell an<br />
ungünstige Sauerverhältnisse anpassen können, indem sie die Oberfläche der Kiemen vergrößern,<br />
was ihre Überlebenschancen erhöht.<br />
Andererseits können über die dünnwandigen Kiemen auch Schadstoffe in den Blutkreislauf<br />
gelangen. Je größer die Oberfläche ist, desto mehr Schadstoffe dringen ein und schädigen die<br />
Tiere. Wenn durch die Einleitung von Nährstoffen der Sauerstoffgehalt des Gewässers sinkt und<br />
das Gewässer <strong>zu</strong>sätzlich mit Pestiziden und Düngemitteln belastet ist, haben<br />
Feuersalamanderlarven nur geringe Überlebenschancen.<br />
Zusatzinformation: Wenn der Sauerstoffgehalt eines Gewässers unter einen kritischen Wert sinkt,<br />
können die Larven nicht überleben. Auch pH-Werte unterhalb von 4 sind für die Larven tödlich.<br />
Verschiedene Herbizide führen <strong>zu</strong> einer Deformierung von Kiemen und Zehen, rufen<br />
Hautveränderungen hervor und beenden vorzeitig die Larvalentwicklung, so dass die Tiere mit<br />
geringeren Größen metamorphosieren und an Land gehen. In siedlungsnahen Bereichen wird oft<br />
Oberflächenwasser von versiegelten Flächen (Dächer, Straßen) direkt in einen Bach geleitet.
Arbeitsblatt 5 (Nahrung) [7, 8, 10]<br />
1. Feuersalamander sind in allen Entwicklungsphasen Nahrungsgeneralisten. Sie fressen alles, was<br />
in ihr Beuteschema passt. Insbesondere der Vergleich der Nahrungsspektren der<br />
Salamanderlarven zeigt, dass sie beim Beutefang nicht wählerisch sind, sondern genau die<br />
Nahrung aufnehmen, die sie in ihrem Gewässer vorfinden: Insekten und kleine Krebse, und zwar<br />
im gleichen Mengenverhältnis wie im Gewässer vorhanden, selbst wenn unter energetischen<br />
Gesichtspunkten eine andere Verteilung vorteilhafter wäre. In dem Stillgewässer bei Köln z. B.<br />
machen Ruderfußkrebse und Wasserflöhe <strong>zu</strong>sammen fast drei Viertel der Beutetiere aus, tragen<br />
aber nur mit 5 % <strong>zu</strong>r Deckung des Energiebedarfs bei. Zuckmückenlarven (12 % der Beute)<br />
dagegen liefern 58 % der Energie. Ähnliche Abweichungen treten in dem untersuchten<br />
Fließgewässer bei Köln auf. Obwohl Muschelkrebse über die Hälfte der Beutetiere stellen, machen<br />
sie energetisch weniger als 1 % der Nahrung aus. Im Niederbergischen Land setzt sich die<br />
Nahrung ganz anders <strong>zu</strong>sammen. Hier besteht sie <strong>zu</strong> fast 60 % aus Insekten(-larven). Angaben<br />
<strong>zu</strong>m Energiegehalt der Beutetiergruppen fehlen hier.<br />
In der terrestrischen Phase fressen Feuersalamander alle Arten von nachtaktiven Wirbellosen,<br />
wobei die Beute nicht <strong>zu</strong> groß und nicht <strong>zu</strong> wehrhaft sein darf.<br />
Zusatzinformation: Prozentzahlen <strong>zu</strong> den Kreisdiagrammen:<br />
a) Copepoda 53 %, Ostracoda 12 %, Cladocera 19 %, Chironomidae 12 %<br />
b) Copepoda 19 %, Ostracoda 55 %, Chironomidae 10 %, Sonstige Insekten(-larven) 16 %<br />
c) Amphipoda 37 %, Plecoptera 33 %, Trichoptera 10 %, Sonstige Insekten(-larven) 16 %<br />
2. Sowohl die Juvenilen/Adulten als auch die Larven des Feuersalamanders sind bezüglich ihrer<br />
Ernährung wenig spezialisiert und dadurch vermutlich recht anpassungsfähig. Die Beobachtung,<br />
dass der Magen der metamorphosierten Tiere sehr unterschiedlich gefüllt sein kann, zeigt, dass<br />
die Tiere nur unregelmäßig Nahrung aufnehmen und bei entsprechendem Angebot viel auf einmal<br />
fressen können. Das ermöglicht ihnen, ungünstige Zeiten, seien sie witterungs- oder jahreszeitlich<br />
bedingt, unbeschadet <strong>zu</strong> überstehen und Gewichtsverluste schnell wieder aus<strong>zu</strong>gleichen. Insofern<br />
könnten sie – innerhalb eines gewissen Toleranzbereiches – grundsätzlich auf Änderungen der<br />
Umweltbedingungen bezüglich des Nahrungsangebotes flexibel reagieren. Allerdings muss<br />
insgesamt der Energieaufwand für die Nahrungssuche dem Energiegewinn, der durch die Nahrung<br />
erzielt wird, entsprechen, was nach einer Kosten-Nutzen-Analyse bei den Larven nicht unbedingt<br />
der Fall ist. Es kann also sein, dass sich die Tiere zwar flexibel verhalten, langfristig aber<br />
entsprechend der Energiebilanz eine höhere oder geringere Fitness aufweisen.<br />
3. Versuchsergebnis: Bei häufiger Fütterung wachsen die Larven schneller, metamorphosieren früher<br />
und halten sich weniger lange versteckt, als wenn sie seltener gefüttert werden.<br />
Daraus folgt, dass das Nahrungsangebot im Laichgewässer während der Larvalentwicklung<br />
entscheidend ist für die Fitness und die Überlebenschancen der Tiere. Dass sich die schlecht<br />
ernährten Larven häufiger in Verstecken aufhalten, könnte eine Überlebensstrategie sein. Vielleicht<br />
wären sie sonst aufgrund ihrer geringen Größe und ihres schlechten Allgemein<strong>zu</strong>standes <strong>zu</strong> stark<br />
gefährdet. Andererseits führen die langen Versteckzeiten in der Natur <strong>zu</strong> noch geringerer<br />
Nahrungsaufnahme, was einen <strong>zu</strong>sätzlichen Nachteil bringt.<br />
Zusatzinformationen: Gut genährte Larven sind nicht nur größer, sondern auch schwerer. Längere<br />
Versteckzeiten findet man auch bei Larven, die einem hohen Druck durch Prädatoren ausgesetzt<br />
sind. Es wird diskutiert, ob der versteckte Aufenthalt bei geringer Körpergröße, hier aufgrund von<br />
Nahrungsmangel, in der Natur dem Schutz vor möglichen Fressfeinden dient. Kleine Larven<br />
werden häufiger in untere Gewässerabschnitte verdriftet als größere Larven. Daher könnte der<br />
längere Aufenthalt in Verstecken auch ein Schutzverhalten gegenüber dieser Art von Gefahr sein.
Arbeitsblatt 6 (Prädatoren und Pathogene) [7, 8, 11, 16]<br />
1. Hypothese: Möglicherweise bindet Samandarin an die Na + -Kanäle in der subsynaptischen<br />
Membran, so dass sich die Kanäle nach einem Impuls langsamer oder gar nicht mehr schließen.<br />
Dadurch strömt immer weiter Na + in die nachgeschaltete Nervenzelle und das EPSP (erregendes<br />
postsynaptisches Potenzial) steigt. Am postsynaptischen Neuron werden ununterbrochen<br />
Aktionspotenziale ausgelöst, die an motorischen Endplatten <strong>zu</strong> andauernden Muskelkontraktionen<br />
und damit <strong>zu</strong> Krämpfen führen. Mit <strong>zu</strong>nehmendem Gehalt an Na + im Zellinneren werden die<br />
Nervenzellen unerregbar. Eine Weiterleitung der Erregung ist nicht mehr möglich.<br />
Muskelkontraktionen bleiben aus. Ist die Atemmuskulatur betroffen, folgt der Tod durch (primäre)<br />
Atemlähmung.<br />
Zusatzinformation: Der molekulare Wirkungsmechanismus von Samandarin an den zentralen<br />
Synapsen ist noch nicht erforscht. Samandarin weist in der chemischen Struktur gewisse<br />
Ähnlichkeiten mit dem Batrachotoxin, dem auch für Menschen tödlichen Gift der Pfeilgiftfrösche auf<br />
und führt <strong>zu</strong> teilweise gleichen Symptomen. Für Batrachotoxin ist bekannt, dass es an<br />
neuromuskulären Synapsen nach einer Erregung die Schließung der Na + -Kanäle verhindert.<br />
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass das Salamandergift auch für Menschen gefährlich sein kann,<br />
wenn es in höheren Dosen über die Haut in den Körper gelangt, z. B. wenn man nacheinander<br />
mehrere frei lebende Feuersalamander in die Hand nimmt und aus nächster Nähe betrachtet.<br />
Heftige Übelkeit und krampfartige Brechattacken über mehrere Stunden können die Folge sein.<br />
Vor all<strong>zu</strong> innigem Kontakt mit Feuersalamandern sei hiermit gewarnt.<br />
2.<br />
Verstecken Warn-<br />
/Tarnfarbe<br />
Drohhaltung, Gift<br />
Adulte<br />
Tarnfarbe<br />
Verstecken<br />
viele Nachkommen<br />
Larven<br />
Juvenile<br />
Flucht<br />
(Gift)<br />
Tarnfarbe<br />
Embryonen<br />
Entwicklung<br />
im Mutterleib<br />
Die Überlebensstrategien des Feuersalamanders bezüglich des Prädatorendrucks scheinen<br />
effektiv <strong>zu</strong> sein, da unter natürlichen Bedingungen relativ wenig Tiere gefressen werden. Wenn<br />
allerdings Bäche künstlich ausgebaut oder begradigt werden, gehen die kleinen Nischen, in denen<br />
sich die Salamanderlarven verstecken können, verloren und die Strömungsgeschwindigkeit nimmt<br />
<strong>zu</strong>. Dadurch können die Larven in Gewässerabschnitte verdriftet werden, wo sie räuberischen<br />
Fischen ausgesetzt sind. Auch der Besatz ursprünglich fischfreier Quellregionen mit Bachforellen<br />
vermindert die Überlebenschancen der Larven.<br />
3. Individuelle Anpassung: Feuersalamander könnten gegen den Chytridpilz Antikörper bilden und<br />
über Gedächtniszellen eine langfristige Immunität erreichen. Evolutionäre Anpassung: Falls es<br />
auch beim Salamander Bakterienformen gibt, die den Pilz hemmen, haben diejenigen Tiere, die<br />
diese Bakterien auf ihrer Haut „dulden“, einen Selektionsvorteil gegenüber denjenigen, bei denen
die Bakterien bekämpft werden. So könnten durch natürliche Auslese resistente<br />
Feuersalamanderstämme entstehen.<br />
Vorausset<strong>zu</strong>ng hierfür sind möglichst gute Lebensbedingungen, in Form artgerechter<br />
Lebensräume und Umweltbedingungen, also intakte Biotope, ohne Schadstoffe, geeignete<br />
Temperaturen. Die Tiere müssen fit und kräftig sein, um eine Infektion <strong>zu</strong> überstehen. Tiere, die<br />
unter suboptimalen oder gar pessimalen Bedingungen leben, wie in der Laborsituation, sterben<br />
unmittelbar nach der Infektion.<br />
Ergebnis:<br />
Der Feuersalamander ist – wie alle Arten – morphologisch, physiologisch und ethologisch an seine<br />
Umwelt angepasst. Diese Angepasstheit ist genetisch determiniert. Die wichtigste Überlebensstrategie<br />
ist seine Fähigkeit, sich an unterschiedliche und wechselnde Umweltbedingungen an<strong>zu</strong>passen. Diese<br />
Anpassung geschieht individuell, innerhalb genetisch begrenzter, aber breiter Reaktionsnormen, wie<br />
auch evolutionär, durch natürliche Selektion bestimmter Genotypen bzw. Phänotypen.<br />
Trotzdem ist der Feuersalamander in mehreren Roten Listen als potenziell gefährdet, stark oder sehr<br />
stark gefährdet eingestuft und in einigen Gebieten ausgestorben. Hauptursache hierfür ist der Verlust<br />
geeigneter Biotope. Nur wenn die Lebensräume, an die der Feuersalamander angepasst ist, intakt sind<br />
und optimale Bedingungen stellen, sind die Tiere im biologischen Sinne fit genug, um sich kurz- und<br />
mittelfristig an neue Situationen an<strong>zu</strong>passen, seien es veränderte Temperatur- und<br />
Luftfeuchtigkeitswerte infolge des Klimawandels, oder seien es neue Parasiten wie der Chytridpilz.<br />
Dabei kann es u. U. <strong>zu</strong> einem Verdrängungswettbewerb zwischen einzelnen Unterarten sowie <strong>zu</strong><br />
Arealverschiebungen kommen. In der Konsequenz bedeutet dies, dass die vorhandenen Lebensräume<br />
geschützt werden müssen und die Entwicklung der Populationen genau beobachtet werden muss, um<br />
der Gefahr, dass der Feuersalamander – wie so viele andere Amphibienarten – ausstirbt, rechtzeitig<br />
begegnen <strong>zu</strong> können.<br />
Die Literaturangaben <strong>zu</strong> den <strong>Arbeitsblättern</strong> beziehen sich auf die gedruckte Literaturliste.