1091_Loesung
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mehr als zwei Monate beendet, weil die Kündigungsfrist<br />
– wie oben ausgeführt – mit Ablauf des<br />
Monats Februar 2013 geendet hatte.<br />
Hat der Vermieter ein Mietverhältnis über Wohnraum<br />
wegen Eigenbedarfs wirksam gekündigt und<br />
fällt der geltend gemachte Grund nachträglich weg,<br />
so ist dies nach der Rechtsprechung und h.M. nicht<br />
mehr zu berücksichtigen, wenn der Grund nach dem<br />
Ablauf der Kündigungsfrist entfallen ist. 14<br />
Aufgrund der den Vermieter treffenden Pflicht zur<br />
Rücksichtnahme soll es der Schutz des Mieters zwar<br />
erfordern, einer zunächst wirksamen Kündigung<br />
nachträglich ihre Wirksamkeit abzusprechen, wenn<br />
der geltend gemachte Eigenbedarf des Vermieters<br />
vor dem Ablauf der Kündigungsfrist entfallen ist. 15<br />
Mit dem rechtlichen Ende des Mietverhältnisses<br />
erlischt aber das Besitzrecht des Mieters. Verweigert<br />
der Mieter die Herausgabe der Wohnung, so<br />
verletzt er seine Pflicht zur Rückgabe der Mietsache<br />
(§ 546 I BGB) und verhält sich damit rechtswidrig.<br />
Die Berücksichtigung eines nach dem Wirksamwerden<br />
der Kündigung eingetretenen Wegfalls des Eigenbedarfs<br />
des Vermieters hätte eine ungerechtfertigte<br />
Besserstellung des vertragsuntreuen gegenüber<br />
dem vertragstreuen Mieter zur Folge. Dürfte der<br />
Mieter damit rechnen, dass derartige nachträgliche<br />
Ereignisse zu seinen Gunsten zu berücksichtigen<br />
wären, so könnte er regelrecht dazu verleitet werden,<br />
die Räumung der Wohnung mit allen Mitteln<br />
zu verzögern. Es würde sich in ungerechtfertigter<br />
Weise die Chance des Mieters erhöhen, infolge einer<br />
anderweitigen, gerade durch die Verzögerung<br />
verursachten Disposition des Vermieters oder durch<br />
sonstige Ereignisse einen Wegfall des Eigenbedarfs<br />
zu erreichen. Das ist mit den Grundsätzen der<br />
Rechtssicherheit und eines effektiven Rechtsschutzes<br />
nicht zu vereinbaren. 16<br />
Hinweis: Beachten Sie für Räumungsprozesse seit<br />
1. Mai 2013 auch den neuen § 283a ZPO, der wie-<br />
Vgl. BGH NJW 2006, 220; Pal./Weidenkaff § 573,<br />
RN 29. Andere wollten auf den Zeitpunkt der Rechtskraft<br />
eines Räumungsurteils abstellen, manche sogar auf den<br />
Auszug des Mieters.<br />
Nach BGH ist in solch einem Fall also die Kündigung<br />
selbst wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam, nach a.A.<br />
besteht ein Anspruch des Mieters auf Wiederbegründung<br />
gemäß §§ 280 I, 249 I BGB (vgl. Blank NJW 2006, 739<br />
[740]). Anders als der BGH handhabt dies auch die gefestigte<br />
Rechtsprechung des BAG bei der Überprüfung von<br />
Kündigungen im Arbeitsrecht: Dort bleibt die Kündigung<br />
wirksam, aber es wird ggf. ein Wiedereinstellungsanspruch<br />
gewährt (vgl. etwa BAG NZA 2000, 1097).<br />
Vgl. BGH NJW 2006, 220 [220].<br />
Assessorkurs Bayern<br />
Klausur Nr. <strong>1091</strong> / Lösung Seite 4<br />
derum eine einstweilige Verfügung auf Räumung<br />
ermöglichen kann (vgl. § 940a III ZPO n.F.). Die<br />
Anforderungen an den § 283a ZPO sind sehr hoch<br />
und sicher selten gegeben. 17 Vorliegend fehlt es<br />
schon an einer Kündigung wegen Zahlungsrückstandes.<br />
III. Die Begründetheit der Herausgabe- und Räumungsklage<br />
gegen die Beklagte zu 2) folgt aus<br />
§ 985 BGB und aus § 546 II BGB, der nach allg.<br />
Ansicht nicht nur gegen Untermieter wirkt, sondern<br />
gegen jeden Besitzer bzw. Mitbesitzer der Räume. 18<br />
Weil die Beklagte zu 2 nicht Vertragspartnerin des<br />
Mietvertrags wurde, hatte sie kein eigenes Besitzrecht<br />
aus § 535 I BGB. Ihr als Ehefrau des Mieters<br />
automatisch gegebenes abgeleitetes Besitzrecht 19<br />
aus dem Mietvertrag ist aber entfallen, weil – wie<br />
dargelegt – der Mietvertrag gegenüber ihrem Ehemann<br />
wirksam beendet worden ist.<br />
IV. Die Widerklage ist unbegründet.<br />
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Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte<br />
infolge der Überweisung seiner Widerklageforderung<br />
gemäß § 835 I 1. Alt. ZPO an den Vollstreckungsgläubiger<br />
die Aktivlegitimation für die Forderung<br />
auf Zahlung an sich selbst verloren hat.<br />
Auch die Anwendung von § 265 I ZPO ändert daran<br />
nichts, denn diese Regelung soll bei Veräußerung<br />
auf (Wider)-Klägerseite zwar die weitere Prozessführung<br />
ermöglichen, nicht aber inhaltlich unkorrekte<br />
Urteile. 20<br />
Hierzu siehe etwa Flatow NJW 2013, 1185 [1190].<br />
Lassen Sie sich nicht vom Begriff „Dritter“ verwirren: Im<br />
Rahmen des § 546 II BGB wird jeder Besitzer als „Dritter“<br />
bezeichnet, der nicht am Vertrag beteiligt ist, oft also<br />
gerade auch ein Ehegatte (vgl. Pal./Weidenkaff § 546,<br />
RN 19). Bei § 540 BGB ist der Ehegatte nicht „Dritter“<br />
i.d.S., bei §§ 885 I, 750 I ZPO ist jede Person „Dritter“,<br />
wenn sie nicht im Vollstreckungstitel genannt ist.<br />
Ein Ehegatte, der nicht Partei des Mietvertrages ist, ist<br />
nicht Dritter i.S.d. §§ 540, 553 BGB, solange es sich bei<br />
der von ihm bewohnten Wohnung um eine Ehewohnung<br />
handelt. Eine Wohnung verliert ihre Eigenschaft als Ehewohnung<br />
nicht schon dadurch, dass der mietende Ehegatte<br />
die Wohnung dem anderen – ggf. auch für einen längeren<br />
Zeitraum – belassen hat bzw. diese nur noch sporadisch<br />
nutzt, sondern erst mit der endgültigen Nutzungsüberlassung<br />
(vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 2013, Az. XII ZR<br />
143/11). Mit dieser tritt ggf. gemäß § 1568a III Nr. 1 BGB<br />
ein Mieterwechsel ein. Ein nichtehelicher Lebensgefährte<br />
ist dagegen Dritter i.S.d. § 540 I BGB, hat aber regelmäßig<br />
einen Anspruch auf Erlaubniserteilung i.S.d. § 553 I<br />
BGB (BGH NJW 2004, 56 = Life & Law 2004, 229;<br />
Pal./Weidenkaff § 540, RN 5).<br />
Sog. Relevanztheorie; vgl. BGH NJW 2012, 3642 [RN 8];<br />
ThP § 265, RN 13.<br />
© RA Ingo Gold / Juli 2013