Aus Vielfalt eigene Stärken entwickeln - bei der ...

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124 B E R I C H T Z U R S O Z I A L E N L AG E 2 012 125 AU S B L I C K 3 Dennoch hat der Bremer Rat für Integration derzeit keine eigene Rechtsform und kann dadurch keine eigenen Projektmittel einwerben, verwalten oder aber Stiftungsgelder annehmen. 4 Bei der Zunahme der Bürgerschafts- oder Ratsmitglieder in den deutschen Großstädten handelt es sich nicht um vereinzelte Entwicklungen in einigen wenigen Großstädten, sondern um einen generellen Trend. Vgl. die Studie ›Vielfalt sucht Rat‹. Ratsmitglieder mit Migrationshintergrund in deutschen Großstädten. Schriften zur Demokratie, Band 27, S. 23. Hrsg. von der Heinrich- Böll-Stiftung, Berlin 2011. In diesen Integrationskonzepten wurden die vielfältigen Projekte und Initiativen zusammenfassend dargestellt und in einen konzeptionellen Rahmen mit Handlungsempfehlungen gestellt. Das zweite Integrationskonzept entstand parallel zum Nationalen Integrationsplan 2007, in dem die 16 Bundesländer in Form von Selbstverpflichtungen mit dem Bund gemeinsame integrationspolitische Leitlinien und ein koordiniertes Vorgehen verabredeten. Seit dem zweiten Integrationskonzept zielt die Bremer Integrationspolitik nicht allein auf die strukturelle und soziale Integration von Migrantinnen und Migranten. Orientiert an dem Grundsatz der interkulturellen Öffnung sollen sich auch die städtischen Institutionen und sozialen Dienste öffnen. Integration wird damit als Prozess wechselseitiger Öffnung betrachtet. Als ein wichtiger ›Baustein‹ für die Stärkung der Bremer Integrationspolitik hat sich der im Dezember 2004 gebildete Rat für Integration erwiesen. Für diesen Rat wurden insgesamt 28 stimmberechtigte, ehrenamtliche Mitglieder benannt. Anfangs gehörten diesem Rat vor allem gebürtige Bremerinnen und Bremer an (ein Teil mit einer türkischen Migrationsgeschichte), die als Sprecherinnen und Sprecher in Wohlfahrtsverbänden, religiösen Gemeinschaften, Flüchtlingsorganisationen, der Sport- und Jugendarbeit, der Bildung und Weiterbildung sowie in der Wissenschaft, der Kultur und den Medien aktiv waren. Vom Magistrat der Seestadt Bremerhaven wurden weitere vier Mitglieder benannt. Der Bremer Rat für Integration hat die Aufgabe, Politik und Verwaltung in allen Fragen, die Migrantinnen und Migranten betreffen, zu beraten. Im November 2007 strukturierte sich der Bremer Rat um und hat seitdem einen fünfköpfigen Vorstand und regelmäßig tagende Arbeitsgruppen zu zentralen migrationspolitischen Themen. Aktuell sind überwiegend aktive Migrantinnen und Migranten mit ganz unterschiedlichen familiären Migrationsgeschichten aus ganz unterschiedlichen Ländern im Rat vertreten. Über die Jahre sind neue Mitglieder hinzugekommen, wie zum Beispiel der Zentralelternbeirat und mittlerweile alle Religionsgemeinschaften. Die Amtszeit des Rates für Integration beträgt vier Jahre. Trotz der üblichen Konkurrenz zwischen einzelnen Gruppen und Nationalitäten im Bremer Rat konnte er seine Arbeit über die Jahre verstetigen und professionalisieren. 3 Zum Beispiel startete er zur letzten Bürgerschaftswahl 2011 eine erfolgreiche Kampagne, um möglichst viele Bremerinnen und Bremer mit einer Migrationsgeschichte zur Teilnahme an der Wahl zu motivieren. Aktuell hat der Bremer Rat für Integration einen eigenen Büroraum im Gebäude der Bürgerschaft bezogen (im ›Europa-Punkt‹). Erstmals konnte, zur Unterstützung und Koordination der immer umfangreicher werdenden ehrenamtlichen Arbeit, eine eigene Verwaltungskraft eingestellt werden. Insgesamt ist es in den letzten Jahren durch die geschilderten Entwicklungen in Bremen, in der Bundespolitik und auch durch öffentliche Debatten zu einer deutlichen Aufwertung der Integrationspolitik gekommen. Einen weiteren, starken Rückwind hat die Bremer Integrationspolitik aber vor allem durch das neue Wahlrecht bei der Bürgerschaftwahl 2011 erhalten. Dadurch bestand die Möglichkeit, mit seinen Stimmen nicht allein Parteilisten, sondern gezielt auch Kandidatinnen und Kandidaten – selbst von hinteren Plätzen – durch eine Konzentration der Stimmen zu wählen. Das führte dazu, dass erheblich mehr Kandidatinnen und Kandidaten mit Migrationshintergrund als jemals zuvor und auch mehr als in anderen Stadtund Landesparlamenten in die Bremische Bürgerschaft eingezogen sind. Aktuell ist die Bremische Bürgerschaft das Parlament in Deutschland mit den meisten Abgeordneten mit einer familiären Migrationsgeschichte. Diese durch die Wählerinnen und Wähler forcierte Öffnung der politischen Parteien und des parlamentarischen Betriebs hat zu einem erheblichen Schub an politischen und parlamentarischen Initiativen und Debatten um Integration, Partizipation und Migration geführt. Diese folgenreichen Entwicklungen in Bremen, die sich auch in anderen deutschen Großstädten in ähnlicher Art und Weise beobachten lassen 4 , haben zu einer weiteren, überfälligen Aufwertung des Politikfeldes der Integration und Partizipation geführt. Das hat sich im Politikbetrieb in Bremen auch in der institutionellen Verankerung der Integrationspolitik niedergeschlagen. Zum einen wurde in der Bürgerschaft ein neuer Ausschuss speziell zur Integrationspolitik eingerichtet. Zum anderen wurde das Politikfeld Partizipation und Integration endlich auch in Bremen als Querschnittsthema konzipiert und der Bereich Integrationspolitik sowie die Integrationsbeauftragte zentral in der Bremer Senatskanzlei angesiedelt. Damit einher ging die Neubesetzung der Positionen der Staatssekretärin für Europa, Entwicklungszusammenarbeit und Integration und der Integrationsbeauftragten. Die Integrationspolitik ist seitdem nicht mehr separat im Sozialressort angesiedelt. Dort verblieb lediglich das Referat Zuwanderungsangelegenheiten. Es ist weiterhin für die Aufnahme und Versorgung von Asylbewerbern, Flüchtlingen, Spätaussiedlern und Kontingentflüchtlingen zuständig sowie für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, für die Förderung von Migrationsberatungsstellen, für die Selbsthilfeförderung und für die Härtefallkommission. Ob mit dieser institutionellen ›Zweiteilung‹ eine Integrationspolitik ›erster Klasse‹ (in der Senatskanzlei) und ›zweiter Klasse‹ (im Sozialressort) verbunden sein könnte, muss aufmerksam beobachtet werden. Die personelle und institutionelle Aufwertung des Politikfeldes der Partizipation und der Integration hat außerdem das Selbstbewusstsein der neu gewählten und der engagierten Politikerinnen und Politiker sowie der Mitglieder des Bremer Rates für Integration bestärkt. Dadurch kam es zu einer deutlichen öffentlichen Kritik an dem Entwurf des Integrationskonzeptes für die Jahre 2012 bis 2015. Das Konzept beruhe auf zu vielen unverbundenen Einzelprojekten und Maßnahmen, deren Wirkungen weder genau verfolgt, noch evaluiert werden. Erstmals in Deutschland wurde ein von der Verwaltung vorgelegtes Integrationskonzept in einem vom Bremer Rat für Integration organisierten öffentlichen Hearing mit Expertinnen und Experten diskutiert und kritisiert. Durch diese konstruktive Auseinandersetzung wurde eine zeitgemäße und dynamische Gesamtstrategie entwickelt, mit zugespitzten Schwerpunkten, konkreteren Zielen und dem Auftrag, den verbindlichen Entwicklungsplan durch ein Evaluationskonzept zu überprüfen. Bei der Neuformulierung sind wesentliche Aspekte und Empfehlungen der Anhörung und des Bremer Rates für Integration berücksichtigt worden. Der im Juni 2012 veröffentlichte Entwicklungsplan Partizipation und Integration stellt eine Orientierungs- und Entwicklungsgrundlage für die Jahre 2012 bis 2015 dar. Definiert werden fünf Leitgedanken der bremischen Integrationspolitik: ❚ gleichberechtigte Teilhabe und interkulturelle Öffnung; ❚ Diversity-Ansatz; ❚ Bildungsfähigkeit stärken und Arbeitsmarktintegration fördern; ❚ Rassismus, Ausgrenzung und Diskriminierung verhindern; ❚ Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern fördern. Ferner wurden im Konzept 14 Handlungsfelder bestimmt, welche die Lebensumstände der Menschen umfassend abdecken sollen. Als ›neue Qualität der bremischen Integrationspolitik‹ beschreibt das Konzept selbst den Ansatz konkreter Evaluationskonzepte zur Überprüfung der Ergebnisse in den einzelnen Handlungsfeldern. Der Entwicklungsplan soll dabei bewusst nicht statisch angelegt werden, sondern durch einen konstruktiven Dialog mit den entsprechenden Fachressorts kontinuierlich überprüft und weiterentwickelt werden. Die Umsetzung des sehr ambitionierten Entwicklungsplans Partizipation und Integration wird viel weitergehende Anstrengungen und Maßnahmen erforderlich machen als bisher. Denn die Öffnung und der beteiligungsorientierte Umbau der sogenannten Regelinstitutionen (öffentliche Verwaltungen, Kindertagesstätten, Schulen, Universitäten, Unternehmen) ist bei wenigen schon lange selbstverständlich, er steht bei vielen aber erst am Anfang.

126 B E R I C H T Z U R S O Z I A L E N L AG E 2 012 127 E I N G RO S S E R S C H R I T T Ein großer Schritt INTERVIEW MIT EVA QUANTE-BRANDT Staatsrätin für Bundes- und Europaangelegenheiten und Integration ❚ Fragen: THOMAS SCHWARZER, Referent für kommunale Sozialpolitik, Arbeitnehmerkammer Bremen THOMAS SCHWARZER: Der Entwicklungsplan ›Partizipation und Integration 2012 bis 2015‹ für Bremen ist im April dieses Jahres erschienen – er wurde von Ihnen überarbeitet und trägt somit auch Ihre Handschrift. Was hat sich verändert im Vergleich zum letzten? Worin unterscheidet sich das Konzept? EVA QUANTE-BRANDT: Der große Schritt, den wir mit dem Plan ›Partizipation und Integration‹ gemacht haben, ist, dass wir dank des Bremer Rates für Integration eine Verwaltungsvorlage in einen öffentlichen Diskurs mit breiter Beteiligung eingebracht haben. Das war für uns eine ganz große Chance, um aus der Routine, die sich entwickelt hatte, heraustreten zu können. Das Integrationskonzept wird seit zwölf Jahren in jeder Legislaturperiode herausgegeben und wir mussten nun noch einmal überdenken und diskutieren, was daran zeitgemäß ist und was nicht. Der Bremer Rat für Integration hat in einer sehr kooperativen und solidarischen Art und Weise angeboten, diese Diskussion mit uns zu führen. Aus meiner Sicht konnte mir zum Start in meine neuen Aufgaben nichts Besseres passieren, als dass dieses Thema in einen öffentlichen Diskurs eingebracht wird. Beachtlich fand ich, mit welcher Ernsthaftigkeit und Mühe sich die migrationspolitische Community sowie Expertinnen und Experten auf die Verwaltungsvorlage eingelassen haben. Ich glaube, ich habe 120 Seiten Stellungnahmen dazu gelesen und das hat mir die Augen geöffnet, dass unsere Verwaltungsvorlage nicht mehr den Diskussionsstand wiedergibt, der in der Community und Fachöffentlichkeit vorhanden war und der auch das Verwaltungshandeln selbst zum Teil nicht mehr abbildet. THOMAS SCHWARZER: Was kennzeichnet diesen neuen Diskussionsstand? EVA QUANTE-BRANDT: Heute sind wir gesellschaftspolitisch an einem Punkt angelangt, an dem wir Integration nicht mehr ohne Diversität und ohne Partizipation denken können. Diversität besagt im Kern, dass eine positive Berücksichtigung von Unterschieden zwischen den Menschen anerkannt werden sollte. Das bedeutet unter anderem das bewusste Anerkennen und Erkennen von Unterschieden, ein umfassendes Wertschätzen von Individualität. Im Vordergrund steht der proaktive Nutzen von Potenzialen der Unterschiedlichkeit, wodurch Vielfalt gezielt gefördert wird. Damit steht der konstruktive und positive Umgang von Menschen unterschiedlicher sozialer und kultureller Orientierung im Mittelpunkt. Unsere Gesellschaft ist bereits heterogen geworden. Das Streben nach Homogenität, das der Integrationsbegriff impliziert, bildet damit den gesellschaftlichen Entwicklungsstand nicht mehr ab. THOMAS SCHWARZER: Es geht also nicht darum, dass wir eine deutsche Gesellschaft oder auch eine Bremer Stadtgesellschaft haben und in diese muss sich ein Migrant nun integrieren, sondern, wenn man sich einen Stadtteil anschaut, in dem Menschen aus 50 verschiedenen Nationen leben, dann integriert man sich nicht in eine deutsche Gesellschaft, sondern in den vorhandenen Zusammenhang des Stadtteils und damit der Stadt? Ändern sich damit auch die Konzepte zur Integration oder dann ja besser zur Partizipation? EVA QUANTE-BRANDT: Das hoffe ich doch! Aus meiner Sicht ist Integration der Begriff, den wir für die Strukturierung von sozialer Teilhabe verwenden sollten. Wir benötigen soziale Pfade für Menschen, die Hilfe brauchen, um Anschluss in der Gesellschaft zu finden. Das richtet sich übrigens nicht nur an Migrantinnen und Migranten. Diese Aufgabe gibt uns die fortschreitende soziale Spaltung unserer Gesellschaft auf. Soziale Teilhabe bedarf aber der Anerkennung von Diversität, um die unterschiedlichen Voraussetzungen der Menschen zu verstehen. Nur auf diesem Wege können die Lebensverhältnisse angeglichen werden und das bedeutet Förderung und Unterstützung der Menschen, die ohne Hilfe den Anschluss nicht finden konnten. Es handelt sich also um zwei Perspektiven, die sich ergänzen und zusammengeführt einen positiven Beitrag zu einer gerechteren Gesellschaft leisten können, die soziale Teilhabe unterstützt. Für das Bildungs- und Beschäftigungssystem bedeutet es, dass wir überprüfen müssen, ob die Angebote für Menschen, die Unterstützung benötigen, angemessen sind. Für Menschen mit Migrationshintergrund sollten Anschlüsse im Bildungsund Beschäftigungssystem erkennbar und in denen gegebenenfalls vorhandene Qualifizierungslücken geschlossen werden können. Dabei ist es

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INTERVIEW MIT EVA QUANTE-BRANDT<br />

Staatsrätin für Bundes- und<br />

Europaangelegenheiten und Integration<br />

❚ Fragen: THOMAS SCHWARZER,<br />

Referent für kommunale Sozialpolitik,<br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer Bremen<br />

THOMAS SCHWARZER: Der Entwicklungsplan ›Partizipation<br />

und Integration 2012 bis 2015‹ für Bremen ist im<br />

April dieses Jahres erschienen – er wurde von Ihnen überar<strong>bei</strong>tet<br />

und trägt somit auch Ihre Handschrift.<br />

Was hat sich verän<strong>der</strong>t im Vergleich zum letzten? Worin<br />

unterscheidet sich das Konzept?<br />

EVA QUANTE-BRANDT: Der große Schritt, den wir<br />

mit dem Plan ›Partizipation und Integration‹<br />

gemacht haben, ist, dass wir dank des Bremer<br />

Rates für Integration eine Verwaltungsvorlage in<br />

einen öffentlichen Diskurs mit breiter Beteiligung<br />

eingebracht haben. Das war für uns eine ganz<br />

große Chance, um aus <strong>der</strong> Routine, die sich entwickelt<br />

hatte, heraustreten zu können. Das Integrationskonzept<br />

wird seit zwölf Jahren in je<strong>der</strong><br />

Legislaturperiode herausgegeben und wir mussten<br />

nun noch einmal überdenken und diskutieren,<br />

was daran zeitgemäß ist und was nicht. Der Bremer<br />

Rat für Integration hat in einer sehr kooperativen<br />

und solidarischen Art und Weise angeboten,<br />

diese Diskussion mit uns zu führen. <strong>Aus</strong> meiner<br />

Sicht konnte mir zum Start in meine neuen Aufgaben<br />

nichts Besseres passieren, als dass dieses<br />

Thema in einen öffentlichen Diskurs eingebracht<br />

wird. Beachtlich fand ich, mit welcher Ernsthaftigkeit<br />

und Mühe sich die migrationspolitische<br />

Community sowie Expertinnen und Experten auf<br />

die Verwaltungsvorlage eingelassen haben. Ich<br />

glaube, ich habe 120 Seiten Stellungnahmen dazu<br />

gelesen und das hat mir die Augen geöffnet, dass<br />

unsere Verwaltungsvorlage nicht mehr den Diskussionsstand<br />

wie<strong>der</strong>gibt, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Community und<br />

Fachöffentlichkeit vorhanden war und <strong>der</strong> auch<br />

das Verwaltungshandeln selbst zum Teil nicht<br />

mehr abbildet.<br />

THOMAS SCHWARZER: Was kennzeichnet diesen neuen<br />

Diskussionsstand?<br />

EVA QUANTE-BRANDT: Heute sind wir gesellschaftspolitisch<br />

an einem Punkt angelangt, an dem wir<br />

Integration nicht mehr ohne Diversität und ohne<br />

Partizipation denken können. Diversität besagt im<br />

Kern, dass eine positive Berücksichtigung von<br />

Unterschieden zwischen den Menschen anerkannt<br />

werden sollte. Das bedeutet unter an<strong>der</strong>em das<br />

bewusste Anerkennen und Erkennen von Unterschieden,<br />

ein umfassendes Wertschätzen von Individualität.<br />

Im Vor<strong>der</strong>grund steht <strong>der</strong> proaktive<br />

Nutzen von Potenzialen <strong>der</strong> Unterschiedlichkeit,<br />

wodurch <strong>Vielfalt</strong> gezielt geför<strong>der</strong>t wird. Damit<br />

steht <strong>der</strong> konstruktive und positive Umgang von<br />

Menschen unterschiedlicher sozialer und kultureller<br />

Orientierung im Mittelpunkt. Unsere Gesellschaft<br />

ist bereits heterogen geworden. Das Streben<br />

nach Homogenität, das <strong>der</strong> Integrationsbegriff<br />

impliziert, bildet damit den gesellschaftlichen Entwicklungsstand<br />

nicht mehr ab.<br />

THOMAS SCHWARZER: Es geht also nicht darum, dass<br />

wir eine deutsche Gesellschaft o<strong>der</strong> auch eine Bremer<br />

Stadtgesellschaft haben und in diese muss sich ein<br />

Migrant nun integrieren, son<strong>der</strong>n, wenn man sich einen<br />

Stadtteil anschaut, in dem Menschen aus 50 verschiedenen<br />

Nationen leben, dann integriert man sich nicht in eine<br />

deutsche Gesellschaft, son<strong>der</strong>n in den vorhandenen Zusammenhang<br />

des Stadtteils und damit <strong>der</strong> Stadt? Än<strong>der</strong>n<br />

sich damit auch die Konzepte zur Integration o<strong>der</strong> dann<br />

ja besser zur Partizipation?<br />

EVA QUANTE-BRANDT: Das hoffe ich doch! <strong>Aus</strong><br />

meiner Sicht ist Integration <strong>der</strong> Begriff, den wir<br />

für die Strukturierung von sozialer Teilhabe<br />

verwenden sollten. Wir benötigen soziale Pfade für<br />

Menschen, die Hilfe brauchen, um Anschluss in<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft zu finden. Das richtet sich übrigens<br />

nicht nur an Migrantinnen und Migranten.<br />

Diese Aufgabe gibt uns die fortschreitende soziale<br />

Spaltung unserer Gesellschaft auf.<br />

Soziale Teilhabe bedarf aber <strong>der</strong> Anerkennung<br />

von Diversität, um die unterschiedlichen Voraussetzungen<br />

<strong>der</strong> Menschen zu verstehen. Nur auf diesem<br />

Wege können die Lebensverhältnisse angeglichen<br />

werden und das bedeutet För<strong>der</strong>ung und<br />

Unterstützung <strong>der</strong> Menschen, die ohne Hilfe den<br />

Anschluss nicht finden konnten.<br />

Es handelt sich also um zwei Perspektiven, die<br />

sich ergänzen und zusammengeführt einen positiven<br />

Beitrag zu einer gerechteren Gesellschaft<br />

leisten können, die soziale Teilhabe unterstützt.<br />

Für das Bildungs- und Beschäftigungssystem<br />

bedeutet es, dass wir überprüfen müssen, ob die<br />

Angebote für Menschen, die Unterstützung benötigen,<br />

angemessen sind. Für Menschen mit Migrationshintergrund<br />

sollten Anschlüsse im Bildungsund<br />

Beschäftigungssystem erkennbar und in<br />

denen gegebenenfalls vorhandene Qualifizierungslücken<br />

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