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Aus Vielfalt eigene Stärken entwickeln - bei der ...

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B E R I C H T Z U R S O Z I A L E N L AG E 2 012<br />

117<br />

A R B E I T S M I G R A N T E N , F L Ü C H T L I NGE U N D AU S S I E D L E R AU F D E M B R E M E R A R B E I T S M A R K T<br />

Und da war ich Realist.<br />

Milton Reimann studiert in Bremen Jura, orientiert<br />

sich nach dem Studium aber schnell um<br />

und landet im Bildungsbereich.<br />

LORENZEN: Wie kamen Sie denn, als Sie sich entschlossen<br />

hatten, Ihren sozialen Interessen zu folgen, zu dem Job hier<br />

als Ar<strong>bei</strong>tsvermittler?<br />

REIMANN: Meine Aufgabe war es, Bildungsangebote<br />

für Akademiker zu schaffen und zu vermarkten.<br />

Deshalb bin ich dann hier auch regelmäßig aufgeschlagen<br />

und hatte hier auch Präsentationen. So<br />

kam das Gespräch zu dem damaligen Teamleiter<br />

hier zustande.<br />

LORENZEN: Gibt es spezielle Aspekte, die <strong>bei</strong> Ar<strong>bei</strong>tsuchenden<br />

mit Migrationshintergrund zu berücksichtigen sind?<br />

REIMANN: Das spielt schon eine Rolle, aber es wird<br />

jetzt nicht beson<strong>der</strong>s darauf geachtet. Wie <strong>bei</strong><br />

jedem an<strong>der</strong>en gucken wir uns die Rahmenbedingungen<br />

an. Sind die Sprachkenntnisse da? Sind die<br />

Fachkenntnisse da? Sind die Ar<strong>bei</strong>tserfahrungen<br />

da? Gib es zeitliche o<strong>der</strong> gesundheitliche Einschränkungen?<br />

Einfach sämtliche Rahmenbedingungen,<br />

und <strong>bei</strong> Menschen mit Migrationshintergrund<br />

gibt es keine Beson<strong>der</strong>heiten außer den<br />

Sprachkenntnissen.<br />

LORENZEN: Im Akademikerbereich gibt es auf Ar<strong>bei</strong>tgeberseite<br />

wahrscheinlich keine Vorbehalte gegenüber<br />

Migranten? O<strong>der</strong>?<br />

REIMANN: Ich denke schon, dass alle Beteiligten,<br />

die Behörde, die Ar<strong>bei</strong>tnehmer, die Ar<strong>bei</strong>tgeber, ein<br />

bisschen mehr tun können. Wir müssen uns schon<br />

fragen, warum wir hier spezifische Fachkräfte<br />

haben, die wir eigentlich gar nicht hier haben dürften,<br />

wenn wir tatsächlich einen Fachkräftemangel<br />

hätten. Also von daher kann man gewisse Tendenzen<br />

schon merken.<br />

LORENZEN: Was für Tendenzen?<br />

REIMANN: Also man fragt sich natürlich schon,<br />

warum ein Maschinenbauer mit Migrationshintergrund<br />

und deutschem Abschluss eineinhalb Jahre<br />

ar<strong>bei</strong>tslos ist. Wir gucken uns die Unterlagen an<br />

wie <strong>bei</strong> jedem an<strong>der</strong>en, die Rahmenbedingungen<br />

und <strong>der</strong> Abschluss sind gut. Da würde ich schon<br />

sagen, das dauert von <strong>der</strong> Tendenz her schon länger<br />

als in an<strong>der</strong>en Bereichen.<br />

LORENZEN: Haben Sie da eine Erklärung für?<br />

REIMANN: Ich nehme teilweise als Feedback von<br />

den Kunden auf, dass sie sich benachteiligt fühlen.<br />

LORENZEN: Sie sagten, man könnte noch mehr tun, von<br />

<strong>der</strong> Behördenseite, aber auch vonseiten <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tgeber.<br />

REIMANN: Ich denke, es gibt unterschwellig<br />

sicher überall Vorbehalte. Das ist erwiesen und<br />

überhaupt nicht von <strong>der</strong> Hand zu weisen. Das gibt<br />

es in jedem Teil <strong>der</strong> Gesellschaft. Und da sollte <strong>der</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>tgeber mehr auf die fachlichen Kenntnisse,<br />

auf die persönlichen <strong>Stärken</strong> und die an<strong>der</strong>en Pluspunkte<br />

achten. Wie zum Beispiel einen an<strong>der</strong>en<br />

kulturellen Hintergrund, Erfahrungen mit an<strong>der</strong>en<br />

Menschen aus dem Bereich und Sprachkenntnisse.<br />

Diese Punkte sollten ein bisschen höher gewichtet<br />

werden. Und vonseiten <strong>der</strong> Behörde sollte man<br />

mehr darauf achten, was vorhanden ist und nicht<br />

auf das, was fehlt. Das ist ja mit dem Anerkennungsgesetz,<br />

das seit dem 01.04.2012 in Kraft getreten<br />

ist, auch tatsächlich besser möglich.<br />

LORENZEN: Haben Sie irgendwie eine Möglichkeit, die<br />

Ar<strong>bei</strong>tgeberseite für diese Sichtweise zu sensibilisieren?<br />

REIMANN: Ja, wir versuchen das sicherlich über<br />

unseren Ar<strong>bei</strong>tgeberservice. Solche Dinge sprechen<br />

wir immer an, da haben wir unsere <strong>eigene</strong> Abteilung,<br />

die unser Ansprechpartner für die Ar<strong>bei</strong>tgeber<br />

ist. Es ist nur die Frage, wie fruchtbar das dann<br />

letztendlich ist. Einer unserer Vorstände hat einen<br />

Brief geschrieben mit genau diesem Tenor. Wir<br />

müssen alle mehr tun. Also auch die Behörden und<br />

die Ar<strong>bei</strong>tgeber.<br />

LORENZEN: Sie haben ja wenig mit dem gewerblichen<br />

Bereich zu tun, aber Sie kriegen ja wahrscheinlich mit,<br />

was Ihre Kollegen so erzählen. Haben Sie das Gefühl, dass<br />

das, was Sie aus dem akademischen Bereich kennen, sich<br />

dort noch mal potenziert? O<strong>der</strong> kann man das so gar<br />

nicht sagen?<br />

REIMANN: Das würde ich mir jetzt nicht anmaßen<br />

zu beurteilen. Ich würde sagen, insgesamt ist noch<br />

nicht die entsprechende Haltung an den Tag gelegt<br />

worden. Dass man offener ist und auf das Vorhandene<br />

und zusätzlich Vorhandene guckt und nicht<br />

auf das, was fehlt. Aufgrund des neuen Gesetzes ist<br />

eine Art von Netzwerk entstanden. Es fand im April<br />

eine Auftaktveranstaltung in <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer<br />

statt, an <strong>der</strong> ich als Vertreter für die Agentur<br />

teilnahm. Daraus haben sich Netzwerktreffen<br />

ergeben, wo sich alle Beratungsstellen für Migranten<br />

und Behörden regelmäßig treffen und das<br />

Gesetz als Aufhänger nehmen, mehr zu machen.

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