Aus Vielfalt eigene Stärken entwickeln - bei der ...
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B E R I C H T Z U R S O Z I A L E N L AG E 2 012<br />
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D I E M I G R ATIONSBEVÖ L K E R U NG A M B R E M E R A R B E I T S M A R K T<br />
Literatur<br />
❚ Der am häufigsten genannte Grund ist das insgesamt<br />
geringere Bildungs- und <strong>Aus</strong>bildungsniveau zwischen<br />
Zuwan<strong>der</strong>ern und <strong>der</strong> im Land geborenen Menschen.<br />
Tatsächlich sind die Unterschiede zwischen den in<br />
Bremen geborenen und den zugewan<strong>der</strong>ten Menschen<br />
beson<strong>der</strong>s groß. Im Bundesland Bremen ist im Jahr<br />
2009 bereits die Bevölkerungsgruppe <strong>der</strong> Deutschen<br />
ohne Berufsabschluss mit fast 20 Prozent vergleichsweise<br />
umfangreich. Bei den Menschen mit einem Migrationshintergrund<br />
ist es jedoch nahezu die Hälfte. Dieser<br />
Anteil ist auch deshalb so groß, weil ein erheblicher<br />
Teil von ihnen durchaus einen Beruf erlernt hat, dieser<br />
in Deutschland aber nicht anerkannt wird. Aber<br />
selbst Zuwan<strong>der</strong>er mit hohen Bildungsabschlüssen und<br />
anerkannten Berufsausbildungen finden seltener eine<br />
qualifizierte Beschäftigung als nicht zugewan<strong>der</strong>te<br />
Menschen mit vergleichbaren Qualifikationen. Auch<br />
hier gilt, dass die entsprechenden Bildungs- und <strong>Aus</strong>bildungsabschlüsse<br />
lediglich ein Aspekt unter an<strong>der</strong>en<br />
sind.<br />
❚ Das Problem nicht anerkannter Abschlüsse und von<br />
Berufserfahrungen im <strong>Aus</strong>land spielt jedoch <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />
bereits in Bremen geborenen, sogenannten zweiten<br />
und dritten Generation keine Rolle mehr. Deshalb<br />
wird beson<strong>der</strong>s intensiv auf diese nachwachsenden<br />
Generationen geschaut. Sind sie erfolgreich im Bildungsbereich,<br />
auf dem Ar<strong>bei</strong>tsmarkt und in <strong>der</strong> Gesellschaft?<br />
Hier belegen die OECD-/PISA-Daten, dass <strong>der</strong><br />
Abstand <strong>der</strong> ›zweiten Generation‹ zu den übrigen<br />
Schülerinnen und Schülern in vielen europäischen Län<strong>der</strong>n<br />
– und beson<strong>der</strong>s in Bremen und in Deutschland<br />
– weiterhin erheblich ist. Ein Teil dieses vergleichsweise<br />
großen Abstands lässt sich durch die unterschiedliche<br />
materielle Lage vieler Familien mit einem Migrationshintergrund<br />
erklären. Denn <strong>bei</strong> vergleichbarer<br />
materieller Lage erreichen auch Kin<strong>der</strong> aus deutschen<br />
Elternhäusern nicht wesentlich bessere Schul- o<strong>der</strong><br />
<strong>Aus</strong>bildungabschlüsse. Werden auch diese Einflüsse<br />
berücksichtigt, bleibt immer noch eine Erklärungslücke.<br />
❚ Ein weiterer Erklärungsgrund sind die häufiger fehlenden<br />
persönlichen o<strong>der</strong> familiären Netzwerke. Wie<br />
Ar<strong>bei</strong>tsmarktuntersuchungen in Deutschland zeigen,<br />
wird mehr als ein Drittel <strong>der</strong> offenen Stellen über persönliche<br />
Kontakte besetzt. Einwan<strong>der</strong>er und ihre Kin<strong>der</strong><br />
verfügen aber häufig über weniger Kontakte zu<br />
möglichen Ar<strong>bei</strong>tgebern o<strong>der</strong> zu sogenannten ›Schlüsselpersonen‹,<br />
die als Vermittler hilfreich sein können.<br />
❚ Eine weitere, nachgewiesene Erklärung sind außerdem<br />
verschiedene Formen offener o<strong>der</strong> verdeckter Diskriminierung.<br />
Das klassische und häufig nachgewiesene<br />
Beispiel sind Bewerbungen, die aufgrund eines ausländisch<br />
klingenden Namens und einer ›schlechten‹ Adresse<br />
(›benachteiligen<strong>der</strong> Stadtteil‹), von Anfang an aussortiert<br />
werden. Aber auch ein häufig vorgebrachtes<br />
Argument von Ar<strong>bei</strong>tgebern ist zwiespältig. Sie argumentieren,<br />
dass sie <strong>bei</strong> Tätigkeiten mit Kundenkontakt,<br />
Rücksicht auf die Vorbehalte ihrer Kundinnen und<br />
Kunden gegenüber <strong>Aus</strong>län<strong>der</strong>innen und <strong>Aus</strong>län<strong>der</strong>n<br />
nehmen müssten. Wenn nicht, müssten sie um ihren<br />
Umsatz und ihre Kundschaft fürchten und würden<br />
womöglich das gesamte Unternehmen gefährden. Bei<br />
solchen Argumentationen ist es kaum möglich zu<br />
unterscheiden, ob die Kundschaft tatsächlich Vorbehalte<br />
gegenüber <strong>Aus</strong>län<strong>der</strong>innen und <strong>Aus</strong>län<strong>der</strong>n haben<br />
o<strong>der</strong> ob es sich um vorgeschobene, <strong>eigene</strong> Vorbehalte<br />
handelt?<br />
Tabelle 7: Berufliche Abschlüsse <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
im Alter von 25 bis 65 Jahren im Land Bremen<br />
im Jahr 2009 in Prozent<br />
ohne Berufsabschluss<br />
insgesamt<br />
mit Migrationshintergrund<br />
ohne Migrationshintergrund<br />
mit abgeschlossener Berufsausbildung<br />
insgesamt<br />
mit Migrationshintergrund<br />
ohne Migrationshintergrund<br />
Quelle: Autorenteam Bildungsberichterstattung<br />
Bremen und Bremerhaven (2012), S. 62<br />
Männer<br />
25,5<br />
47,7<br />
17,1<br />
49,3<br />
34,7<br />
54,9<br />
Frauen<br />
28,1<br />
47,5<br />
20,7<br />
49,7<br />
34,0<br />
55,7<br />
Eine ar<strong>bei</strong>tsmarktorientierte För<strong>der</strong>ung von ausländischen<br />
Beschäftigten, von <strong>Aus</strong>siedlern und Menschen<br />
mit Migrationshintergrund steht demnach<br />
vor <strong>der</strong> komplexen Herausfor<strong>der</strong>ung, möglichst an<br />
allen benachteiligenden Faktoren anzusetzen: an<br />
<strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung von höherwertigen Schul- und<br />
Berufsabschlüssen; <strong>bei</strong> einer weitergehenden Anerkennung<br />
von im <strong>Aus</strong>land erworbenen Abschlüssen<br />
und Berufserfahrungen; durch den Aufbau und<br />
die Einbindung in regionale Netzwerke <strong>der</strong> öffentlichen<br />
und privaten Ar<strong>bei</strong>tgeber (Mentoren, Patenschaften,<br />
Kontaktforen, Praktika) sowie durch den<br />
Abbau struktureller und direkter Diskriminierung.<br />
❚ Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer Bremen (2012a):<br />
Bericht zur Lage <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerinnen und<br />
Ar<strong>bei</strong>tnehmer im Lande Bremen, März 2012.<br />
❚ Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer Bremen (2012b):<br />
Statistischer Jahresbericht 2012. Wirtschafts-,<br />
Ar<strong>bei</strong>ts- und Sozialstatistik, Juni 2012.<br />
❚ Autorenteam Bildungsberichterstattung<br />
Bremen und Bremerhaven (2012):<br />
Bildung – Migration – soziale Lage. Voneinan<strong>der</strong><br />
und miteinan<strong>der</strong> lernen. Bildungsberichterstattung<br />
für das Land Bremen. Hrsg. von <strong>der</strong> Senatorin für<br />
Bildung, Wissenschaft und Gesundheit, Bremen<br />
2012.<br />
❚ Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t (1971):<br />
Amtliche Nachrichten <strong>der</strong> Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t,<br />
19. Jg. Son<strong>der</strong>nummer: Ar<strong>bei</strong>tsstatistik 1970,<br />
Jahreszahlen.<br />
❚ Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t (2011):<br />
Analytikreport <strong>der</strong> Statistik. Analyse des Ar<strong>bei</strong>tsund<br />
<strong>Aus</strong>bildungsmarktes, Oktober 2011.<br />
❚ Der Senator für Wirtschaft, Ar<strong>bei</strong>t und<br />
Häfen (2012):<br />
Jahresbericht 2011 des Landes Bremen, 2011 ESF<br />
Durchführungsbericht V_1 2, 29. Mai 2012.<br />
❚ Hergesell, Burkhard (2005):<br />
Eine Hand voll Zukunft. Ar<strong>bei</strong>tsmigrantinnen und<br />
Ar<strong>bei</strong>tsmigranten in Bremerhaven 1955–2005.<br />
❚ Integrationsministerkonferenz (2011):<br />
Konferenz <strong>der</strong> für Integration zuständigen Ministerinnen<br />
und Minister/Senatorinnen und Senatoren<br />
<strong>der</strong> Län<strong>der</strong> (IntMK). Erster Bericht zum Integrationsmonitoring<br />
<strong>der</strong> Län<strong>der</strong> 2005–2009, Teil 2, Datenband,<br />
Februar 2011.<br />
❚ Jung, Martin u.a. (2011):<br />
Jung, Martin/Unterberg, Michael/Bendig,<br />
Mirko/Seidl-Bowe, Britta: Unternehmensgründungen<br />
von Migranten und Migrantinnen. Untersuchung<br />
im Auftrag des Bundesministeriums für<br />
Wirtschaft und Technologie (BMWi), Juli 2011.<br />
❚ Landesar<strong>bei</strong>tsamt Bremen (1962):<br />
Jahreszahlen zur Ar<strong>bei</strong>tsstatistik 1961, 1962.<br />
❚ Nordseezeitung vom 21.12.1955.<br />
In: Hergesell, Burkhard (2005), S. 14.<br />
❚ Senatspressestelle (2012):<br />
Pressemitteilung: Bevölkerungszuwachs in Bremen<br />
im Jahr 2011, vom 16.07.2012.<br />
❚ Statistisches Bundesamt (2011a):<br />
Fachserie 1, Reihe 4.1.1, Mikrozensus. Bevölkerung<br />
und Erwerbstätigkeit. Stand und Entwicklung <strong>der</strong><br />
Erwerbstätigkeit in Deutschland 2010, erschienen<br />
am 06.09.2011.<br />
❚ Statistisches Bundesamt (2011b):<br />
Fachserie 1, Reihe 2.2, Migration in Deutschland<br />
2010, erschienen am 26.09.2011.<br />
❚ Statistisches Landesamt Bremen (1982):<br />
Statistisches Handbuch 1975–1980.<br />
❚ Statistisches Landesamt Bremen (2011):<br />
Wan<strong>der</strong>ungen über Gemeinde- und Landesgrenzen<br />
nach Staatsangehörigkeit. Lange Reihe 1971<br />
bis 2011.