Aus Vielfalt eigene Stärken entwickeln - bei der ...
Aus Vielfalt eigene Stärken entwickeln - bei der ...
Aus Vielfalt eigene Stärken entwickeln - bei der ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
76<br />
B E R I C H T Z U R S O Z I A L E N L AG E 2 012<br />
77<br />
D I E M I G R ATIONSBEVÖ L K E R U NG A M B R E M E R A R B E I T S M A R K T<br />
Tabelle 4:<br />
Beschäftigung<br />
Land Bremen Stadt Bremen Stadt Bremerhaven<br />
14 Da bisher in <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsmarktstatistik<br />
lediglich die<br />
Kategorie <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>län<strong>der</strong><br />
erhoben werden kann, handelt<br />
es sich <strong>bei</strong> den Menschen<br />
mit Migrationshintergrund<br />
lediglich um eine<br />
hochgerechnete, nicht<br />
jedoch reale Zahl.<br />
damit Unterschiede im rechtlichen Status auf<br />
dem Ar<strong>bei</strong>tsmarkt verbunden sind. Eine genaue<br />
Differenzierung <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>län<strong>der</strong>innen<br />
und <strong>Aus</strong>län<strong>der</strong> zeigt Abbildung 2.<br />
Die insgesamt größte Gruppe unter den <strong>Aus</strong>län<strong>der</strong>innen<br />
und <strong>Aus</strong>län<strong>der</strong>n im Bundesland<br />
Bremen sind die Menschen türkischer Staatsangehörigkeit,<br />
gefolgt von denjenigen aus <strong>der</strong><br />
Europäischen Union.<br />
Die Gruppe <strong>der</strong> türkischen Staatsangehörigen<br />
setzt sich überwiegend aus Ar<strong>bei</strong>tsmigranten <strong>der</strong><br />
Anwerbephase (1961 bis 1973) und <strong>der</strong>en Nachkommen<br />
sowie Familienmitglie<strong>der</strong>n, die im Rahmen<br />
des Familiennachzugs immigriert sind, zusammen.<br />
Die Menschen aus den Staaten des ehemaligen<br />
Jugoslawiens sind zum einen ebenfalls Ar<strong>bei</strong>tsmigranten<br />
aus <strong>der</strong> Anwerbezeit sowie <strong>der</strong>en nachfolgende<br />
Generation(en), zum an<strong>der</strong>en aber auch<br />
Kriegsflüchtlinge aus den Jahren 1991 bis 1999.<br />
Die Gruppe <strong>der</strong> Menschen aus Polen, Bulgarien<br />
und Rumänien sind überwiegend neuere Ar<strong>bei</strong>tsmigranten.<br />
Bei den Zuwan<strong>der</strong>ern aus dem Iran,<br />
dem Libanon, Sri Lanka und Ghana handelt es sich<br />
dagegen in erster Linie um (Kriegs-)Flüchtlinge<br />
beziehungsweise politisch Verfolgte.<br />
Durch die weiter oben dargestellten verschiedenen<br />
Phasen <strong>der</strong> Zuwan<strong>der</strong>ung in das Bundesland<br />
Bremen, besitzen die einzelnen Migrantengruppen<br />
verschiedene, für ihre Chancen auf dem Bremer<br />
Ar<strong>bei</strong>tsmarkt, bedeutsame Statusunterschiede. Diese<br />
beruhen auf ungleichen aufenthalts-, ar<strong>bei</strong>tserlaubnis-,<br />
sozial- und bürgerrechtlichen Situationen,<br />
die mehr o<strong>der</strong> weniger direkt ihre Bildungs-,<br />
Beschäftigungs- und Einkommensmöglichkeiten<br />
betreffen. Das führt zugespitzt gesagt zu einer<br />
abgestuften Bevorzugung von Ar<strong>bei</strong>tskräften mit<br />
deutscher Staatsbürgerschaft gegenüber EU-Bürgern,<br />
die wie<strong>der</strong>um gegenüber Ar<strong>bei</strong>tskräften aus<br />
›Drittstaaten‹ im Vorteil sind, wo<strong>bei</strong> auch ›Drittstaatler‹<br />
über gute Chancen verfügen, wenn es sich<br />
um hoch qualifizierte Unternehmer, Wissenschaftler<br />
und Spezialisten handelt. Über die schlechtesten<br />
o<strong>der</strong> gar keine Chancen verfügen Flüchtlinge<br />
mit befristeten Aufenthaltsrechten und Asylbewerber<br />
ohne jede Ar<strong>bei</strong>tserlaubnis. Auch die neuen<br />
EU-Bürger aus Bulgarien und Rumänien verfügen<br />
noch nicht über die volle Freizügigkeit, son<strong>der</strong>n<br />
erst ab 2014.<br />
S t a t u s m e r k m a l e d e r M i g r a n t i n n e n<br />
u n d M i g r a n t e n<br />
❚ EU-Binnenmigranten<br />
❚ (Spät-)<strong>Aus</strong>siedler<br />
❚ Flüchtlinge, Asylbewerber<br />
❚ Jüdische Zuwan<strong>der</strong>er aus <strong>der</strong> ehemaligen Sowjetunion<br />
❚ Saisonar<strong>bei</strong>ter<br />
❚ Werkvertrags-Ar<strong>bei</strong>tnehmer<br />
❚ IT-Fachkräfte (über ›green-card‹)<br />
❚ Ehegatten- und Familiennachzug aus Drittstaaten<br />
❚ <strong>Aus</strong>ländische Studierende<br />
❚ Irreguläre Migranten (ohne Aufenthaltsrecht)<br />
❚ Migranten ohne <strong>eigene</strong> Wan<strong>der</strong>ungserfahrung<br />
(zweite und dritte Generation)<br />
Die Entwicklung auf dem Ar<strong>bei</strong>tsmarkt<br />
im Land Bremen<br />
Die Entwicklungen auf den regionalen Ar<strong>bei</strong>tsmärkten<br />
verliefen in den letzten Jahren insgesamt<br />
für viele überraschend positiv, so dass in <strong>der</strong><br />
Öffentlichkeit von einem ›Jobwun<strong>der</strong>‹ gesprochen<br />
wurde. Eine insgesamt positive Entwicklung am<br />
Ar<strong>bei</strong>tsmarkt zeigt sich auch für das Bundesland<br />
Bremen, wenn auch in abgeschwächter Form.<br />
An<strong>der</strong>s als oft behauptet, erhöhte sich die Erwerbstätigkeit<br />
auch nicht allein durch prekäre Jobs, zum<br />
Beispiel in <strong>der</strong> Leihar<strong>bei</strong>t (aber dort beson<strong>der</strong>s<br />
stark), son<strong>der</strong>n auch <strong>bei</strong> den sozialversicherungspflichtig<br />
Beschäftigten. Im Bundesland Bremen<br />
war das zwischen 2006 und 2011 immerhin ein<br />
Zuwachs von rund 19.000 Beschäftigten (7 Prozent).<br />
Einen höheren Zuwachs gab es im gleichen Zeitraum<br />
<strong>bei</strong> den ausländischen Beschäftigten (16,7<br />
Prozent), ausgehend jedoch von einem vergleichsweise<br />
geringen Niveau. Das wird deutlich, wenn als<br />
Tabelle 3:<br />
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte<br />
sozialversicherungspflichtig<br />
Beschäftigte am<br />
Ar<strong>bei</strong>tsort<br />
gesamt<br />
<strong>Aus</strong>län<strong>der</strong><br />
mit Migrationshintergrund 14<br />
Land Bremen<br />
2006 2011 Verän<strong>der</strong>ung<br />
2006/2011<br />
in %<br />
271.900 291.100 + 7,1<br />
16.800<br />
33.900<br />
19.600<br />
39.600<br />
ohne Berufsausbildung 36.581 35.000<br />
Quelle: Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t, Statistik-Service Nordost<br />
+ 16,7<br />
+ 16,8<br />
– 4,3<br />
insgesamt<br />
291.062<br />
164.062<br />
127.000<br />
70.465<br />
28.258<br />
42.207<br />
Deutsche<br />
271.371<br />
151.806<br />
119.565<br />
62.014<br />
24.317<br />
37.697<br />
<strong>Aus</strong>län<strong>der</strong><br />
19.589<br />
12.198<br />
7.391<br />
8.324<br />
3.887<br />
4.437<br />
insgesamt<br />
sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Ar<strong>bei</strong>tsort 2011<br />
insgesamt<br />
Männer<br />
Frauen<br />
244.130<br />
137.584<br />
106.546<br />
geringfügig entlohnte Beschäftigte am Ar<strong>bei</strong>tsort 2011<br />
insgesamt<br />
Männer<br />
Frauen<br />
Quelle: Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t, Statistik-Service Nordost<br />
58.982<br />
23.853<br />
35.129<br />
ein zentrales Merkmal für eine gute o<strong>der</strong> weniger<br />
gute Integration <strong>der</strong> Migrantinnen und Migranten<br />
in den Ar<strong>bei</strong>tsmarkt die Beschäftigungsquote<br />
betachtet wird: Gezählt wird <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> sozialversicherungspflichtig<br />
Beschäftigten am Wohnort,<br />
im Verhältnis zur Bevölkerung im Alter von 15<br />
bis unter 65 Jahren. Im Vergleich <strong>der</strong> Bundeslän<strong>der</strong><br />
hatte Berlin im Jahr 2011 für alle sozialversicherungspflichtigen<br />
Beschäftigten mit einer Quote<br />
von 44 Prozent den niedrigsten Wert, gefolgt von<br />
Bremen mit 47 Prozent. Die höchsten Beschäftigungsquoten<br />
haben Bayern (55 Prozent) und<br />
Thüringen (56 Prozent). Der Bundesdurchschnitt<br />
liegt <strong>bei</strong> 54 Prozent.<br />
Erheblich niedriger als die Quoten für alle<br />
Beschäftigten, sind die Beschäftigungsquoten <strong>der</strong><br />
<strong>Aus</strong>län<strong>der</strong>innen und <strong>Aus</strong>län<strong>der</strong>. Sie liegen wie<strong>der</strong>um<br />
am höchsten in Bayern mit 41 Prozent sowie<br />
in Hessen mit 42 Prozent. Die niedrigsten Quoten<br />
in den westlichen Bundeslän<strong>der</strong>n finden sich im<br />
Saarland (26 Prozent), in Schleswig-Holstein und<br />
Nie<strong>der</strong>sachsen (27 Prozent), gefolgt von Bremen<br />
mit 29 Prozent. Der Bundesdurchschnitt liegt <strong>bei</strong><br />
34 Prozent. Dementsprechend ist im Bundesland<br />
Bremen die Gruppe <strong>der</strong> sozialversicherungspflichtig<br />
beschäftigten <strong>Aus</strong>län<strong>der</strong>innen und <strong>Aus</strong>län<strong>der</strong><br />
vergleichsweise klein, mit rund sieben Prozent.<br />
Es wird geschätzt, dass es etwa doppelt so viele<br />
Beschäftigte gibt, wenn <strong>der</strong> Migrationshintergrund<br />
erhoben werden würde (14 Prozent).<br />
Viel umfangreicher stellt sich die Integration in<br />
den Ar<strong>bei</strong>tsmarkt dar, wenn nicht allein die sozialversicherungspflichtig<br />
Beschäftigten, son<strong>der</strong>n alle<br />
Erwerbstätigen, und zwar am Ar<strong>bei</strong>tsort, einbezogen<br />
werden (einschließlich <strong>der</strong> Pendler). Auf dieser<br />
Berechnungsgrundlage zeigt sich für das Land<br />
Bremen ein deutlich höherer Anteil Erwerbstätiger.<br />
Von den Einwohnerinnen und Einwohnern im<br />
Deutsche<br />
227.295<br />
127.134<br />
100.161<br />
51.426<br />
20.322<br />
31.104<br />
<strong>Aus</strong>län<strong>der</strong><br />
16.745<br />
10.401<br />
6.344<br />
7.453<br />
3.484<br />
3.969<br />
insgesamt<br />
46.932<br />
26.478<br />
20.454<br />
11.483<br />
4.405<br />
7.078<br />
Deutsche<br />
44.076<br />
24.672<br />
19.404<br />
10.588<br />
3.995<br />
6.593<br />
<strong>Aus</strong>län<strong>der</strong><br />
2.844<br />
1.797<br />
1.047<br />
871<br />
403<br />
468<br />
Bundesland Bremen zählten im Jahr 2009 insgesamt<br />
64,3 Prozent zu den Erwerbstätigen: 66,7 Prozent<br />
<strong>der</strong> Männer und 61,8 Prozent <strong>der</strong> Frauen.<br />
Wird auch <strong>bei</strong> den Erwerbstätigen <strong>der</strong> Migrationshintergrund<br />
als Merkmal berücksichtigt, liegt die<br />
Quote <strong>bei</strong> Männern ohne Migrationshintergrund<br />
<strong>bei</strong> 70 Prozent, <strong>bei</strong> Männern mit Migrationshintergrund<br />
<strong>bei</strong> 58,4 Prozent, also über zehn Prozentpunkte<br />
niedriger. Frauen ohne Migrationshintergrund<br />
haben eine Erwerbstätigenquote von 66,7<br />
Prozent gegenüber lediglich 49,3 Prozent <strong>bei</strong> den<br />
Frauen mit einem Migrationshintergrund. Das sind<br />
<strong>bei</strong> den Frauen 17,4 Prozentpunkte weniger. 15 Der<br />
erheblich größere Abstand <strong>bei</strong> den Frauen mit<br />
einem Migrationshintergrund ist aber nicht<br />
›bremenspezifisch‹, son<strong>der</strong>n ein bundesweites<br />
Phänomen.<br />
Die insgesamt positiven Entwicklungen, auch<br />
am Bremer Ar<strong>bei</strong>tsmarkt, sind jedoch lediglich ein<br />
Aspekt von einer insgesamt wi<strong>der</strong>sprüchlichen Entwicklung.<br />
Denn die Lage auf dem Bremer Ar<strong>bei</strong>tsmarkt<br />
ist weiterhin angespannt, nicht zuletzt<br />
durch die hohe Zahl von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen.<br />
Die Anzahl <strong>der</strong> geringfügig entlohnten Beschäftigten<br />
hat sich in den letzten Jahren (seit 2008) <strong>bei</strong><br />
den deutschen Beschäftigten nicht weiter erhöht<br />
und liegt im Bundesland Bremen relativ stabil <strong>bei</strong><br />
62.014 Menschen. Im Verhältnis zu den sozialversicherungspflichtig<br />
Beschäftigten ist das ein Anteil<br />
von 23 Prozent. Die Anzahl <strong>der</strong> geringfügig entlohnten<br />
ausländischen Beschäftigten ist in diesem<br />
Zeitraum jedoch weiter gestiegen, von rund 7.700<br />
auf 8.324 Beschäftigte. Außerdem ist im Verhältnis<br />
zu den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten,<br />
<strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> ausländischen geringfügig Beschäftigten<br />
mit 42 Prozent erheblich höher. Bei den<br />
ausländischen Frauen sind es sogar 60 Prozent.<br />
15 Vgl. Integrationsministerkonferenz<br />
(2011), S. 147.