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Aus Vielfalt eigene Stärken entwickeln - bei der ...

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B E R I C H T Z U R S O Z I A L E N L AG E 2 012<br />

63<br />

D R E H K R E U Z AU S B I L D U NG<br />

1 Vgl. Autorenteam Bildungsberichterstattung<br />

Bremen<br />

und Bremerhaven (2012),<br />

S. 170.<br />

2 Vgl. ebenda, S. 175 ff.<br />

3 Vgl. ebenda, S. 176 ff.<br />

4 Vgl. Weser-Kurier vom<br />

28.06.2011.<br />

5 Vgl. Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer<br />

Bremen (2012): S. 47.<br />

Drehkreuz <strong>Aus</strong>bildung –<br />

für Jugendliche und junge Erwachsene<br />

mit Migrationshintergrund<br />

Hauptstraße: <strong>Aus</strong>bildung<br />

Eine abgeschlossene <strong>Aus</strong>bildung o<strong>der</strong> ein absolviertes<br />

Studium bildet die Basis für den Erfolg im<br />

Ar<strong>bei</strong>tsleben, für wirtschaftliche Selbstständigkeit<br />

und eine umfassende gesellschaftliche Partizipation.<br />

Das wissen auch viele Schülerinnen und<br />

Schülern mit Migrationshintergrund.<br />

Dem Bildungsbericht des Landes zufolge hatte<br />

im Schuljahr 2009/2010 rund ein Drittel aller<br />

Schülerinnen und Schüler einen Migrationshintergrund.<br />

Da<strong>bei</strong> lag ihr Anteil in den Schulen von<br />

Bremerhaven mit 36,2 Prozent über dem Anteil in<br />

den Schulen <strong>der</strong> Stadt Bremen (32,1 Prozent). 1<br />

Viele Jugendliche mit Migrationshintergrund lernen<br />

in den Grundschulen und in <strong>der</strong> Sekundarstufe<br />

I (ohne Gymnasien). Hier liegen die Anteile mit<br />

36 Prozent in Bremen und 42 Prozent in Bremerhaven<br />

deutlich über den angegebenen Gesamtzahlen.<br />

Hohe Anteile verzeichnen auch die För<strong>der</strong>schulen<br />

des Landes. Dagegen erweist sich ein Abschluss mit<br />

<strong>der</strong> allgemeinen Hochschulreife noch immer als<br />

eine hohe Hürde. Hier sind Jugendliche mit Migrationshintergrund,<br />

bezogen auf ihren Bevölkerungsteil,<br />

in <strong>der</strong> Min<strong>der</strong>zahl. 2 Es muss festgehalten<br />

werden, dass in schulischer Hinsicht erheblicher<br />

Nachholbedarf besteht, damit auch Jugendliche<br />

mit Migrationshintergrund einen höheren Schulabschluss<br />

erreichen können. Die geringere Teilhabe<br />

an höherer Schulbildung weist da<strong>bei</strong> einen deutlichen<br />

Wohnortbezug auf. Sie ist auch eng mit <strong>der</strong><br />

sozialen Herkunft verknüpft. Beide Faktoren weisen<br />

in die gleiche Richtung: Jugendliche aus Stadtteilen<br />

mit hohen Migrantenanteilen und Jugendliche<br />

aus Familien mit niedrigeren Einkommen<br />

finden sich seltener in Schulen mit höheren<br />

Abschlüssen. 3<br />

Für die Betrachtung <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>wirkungen <strong>der</strong><br />

bestehenden ungleichen schulischen Teilhabe auf<br />

die Beteiligung von Migrantinnen und Migranten<br />

im <strong>Aus</strong>bildungs- und Weiterbildungsgeschehen<br />

sind lediglich wenige systematisiert vorliegende<br />

Daten zugänglich. Bei <strong>der</strong> folgenden Analyse <strong>der</strong><br />

gegebenen Datenlage zur <strong>Aus</strong>bildungsbeteiligung<br />

von Jugendlichen mit Migrationshintergrund<br />

stehen folgende Fragen im Mittelpunkt: Wie erfolgreich<br />

sind Jugendliche mit Migration im Wettbewerb<br />

um einen <strong>Aus</strong>bildungsplatz? Welche Faktoren<br />

beeinflussen den Übergang von <strong>der</strong> Schule in die<br />

<strong>Aus</strong>bildung? Hat sich die <strong>Aus</strong>bildungssituation<br />

für sie aufgrund <strong>der</strong> konjunkturellen Entwicklung<br />

verbessert?<br />

Einfahrt: Übergang in <strong>Aus</strong>bildung<br />

und <strong>Aus</strong>bildungsplatzangebot<br />

HERBERT RÜB<br />

Diplom-Soziologe, Regionalbüro<br />

Nord <strong>der</strong> INBAS GmbH in Hamburg<br />

(Institut für berufliche Bildung,<br />

Ar<strong>bei</strong>tsmarkt- und Sozialpolitik –<br />

Forschung – Planung – Beratung)<br />

Auch in Bremen klagen Betriebe über eine nicht<br />

ausreichende Zahl von geeigneten Bewerberinnen<br />

und Bewerbern und <strong>Aus</strong>bildungsplätze bleiben<br />

unbesetzt. 4 Diese Klagen sind im Einzelfall nicht<br />

unbegründet, bilden aber nur einen Teil <strong>der</strong><br />

Realität ab. Denn insgesamt hat sich zwar aufgrund<br />

<strong>der</strong> konjunkturellen Entwicklung das Angebot<br />

an <strong>Aus</strong>bildungsplätzen auch im Land Bremen<br />

weiter verbessert, aber Angebot und Nachfrage auf<br />

dem <strong>Aus</strong>bildungsmarkt decken sich rein rechnerisch<br />

noch nicht. So ist 2011 einerseits die Zahl <strong>der</strong><br />

<strong>Aus</strong>bildungsbewerber nahezu gleich geblieben.<br />

An<strong>der</strong>erseits bestand im August 2011 mit 1.036 <strong>Aus</strong>bildungssuchenden<br />

und 649 unbesetzt gemeldeten<br />

<strong>Aus</strong>bildungsstellen noch ein erhebliches Missverhältnis.<br />

5 Da<strong>bei</strong> haben vor allem Jugendliche mit<br />

Migrationshintergrund Schwierigkeiten, eine <strong>Aus</strong>bildung<br />

aufzunehmen.<br />

Eine genaue Analyse dieses Tatbestandes wird<br />

durch die noch unzureichenden statistischen<br />

Daten zu den <strong>Aus</strong>bildungssuchenden mit Migrationshintergrund<br />

erschwert. So stehen für das Bundesgebiet<br />

Analysen zur <strong>Aus</strong>bildungssituation von<br />

Jugendlichen mit Migrationshintergrund zur Verfügung,<br />

die Angaben <strong>der</strong> Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t<br />

in Bremen beziehen sich jedoch jeweils auf die<br />

Teilgruppe <strong>der</strong> Jugendlichen mit ausländischer<br />

Staatsangehörigkeit.<br />

Betrachtet man das Bundesgebiet, dann hatten<br />

die gemeldeten <strong>Aus</strong>bildungssuchenden mit Migrationshintergrund<br />

häufiger einen Hauptschulabschluss<br />

und seltener einen mittleren o<strong>der</strong> höheren<br />

Schulabschluss als die Jugendlichen ohne Migrationshintergrund.<br />

Dies deckt sich mit den Angaben<br />

zum Schulabschluss für Bremen im vorherigen<br />

Abschnitt. Die Analysen des Bundesinstituts für<br />

Berufsbildung (BIBB) zeigen da<strong>bei</strong>, dass auch<br />

Jugendlichen mit einem Migrationshintergrund<br />

die Einmündung in eine <strong>Aus</strong>bildung umso besser<br />

gelingt, je höher <strong>der</strong> Schulabschluss ist. Dieser<br />

Effekt ist jedoch <strong>bei</strong> Jugendlichen ohne Migrationshintergrund<br />

ausgeprägter, vor allem wenn ein<br />

mittlerer Schulabschluss vorliegt. Neben dem<br />

Schulabschluss und dem Migrationshintergrund<br />

bedingen auch an<strong>der</strong>e Faktoren, wie zum Beispiel<br />

Alter, Geschlecht, die Schulnoten, <strong>der</strong> Such- und<br />

Bewerbungsprozess o<strong>der</strong> die Situation auf dem<br />

regionalen <strong>Aus</strong>bildungsmarkt den Erfolg <strong>bei</strong> einer<br />

<strong>Aus</strong>bildungssuche. Das BIBB kommt in seiner<br />

Gesamtbetrachtung dieser Faktoren jedoch zu dem<br />

Schluss, dass <strong>der</strong> Migrationshintergrund und das<br />

regionale <strong>Aus</strong>bildungsplatzangebot entscheidend<br />

für Erfolg o<strong>der</strong> Misserfolg sind. ›Bewerber/innen<br />

aus Familien mit einer Zuwan<strong>der</strong>ungsgeschichte<br />

hatten somit insgesamt gesehen selbst <strong>bei</strong> ansonsten<br />

gleichen Bedingungen [kursiv i. Orig.] schlechtere<br />

<strong>Aus</strong>sichten auf einen betrieblichen <strong>Aus</strong>bildungsplatz<br />

als Jugendliche mit einem Migrationshintergrund.‹<br />

6 So waren Ende 2010 28 Prozent <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>bildungssuchenden<br />

mit Migrationshintergrund in<br />

eine betriebliche <strong>Aus</strong>bildung nach Berufsbildungsgesetz/Handwerksordnung<br />

(BBiG/HWO) eingemündet,<br />

<strong>bei</strong> den Bewerberinnen und Bewerbern ohne<br />

Migrationshintergrund lag <strong>der</strong> Anteil dagegen <strong>bei</strong><br />

42 Prozent. 7 Besser sieht die <strong>Aus</strong>bildungssituation<br />

für Migrantinnen und Migranten aus, wenn man<br />

die außerbetriebliche <strong>Aus</strong>bildung betrachtet. Dann<br />

erhöhen sich die Übergangschancen für Jugendliche<br />

mit Migrationshintergrund deutlich auf<br />

34 Prozent, aber auch für die Jugendlichen ohne<br />

Migrationshintergrund auf 48 Prozent. 8 Insgesamt<br />

hat sich die Situation für alle Jugendlichen auf<br />

dem <strong>Aus</strong>bildungsmarkt zwar verbessert, aber für<br />

die Jugendlichen mit Migrationshintergrund noch<br />

nicht im erhofften Umfang.<br />

Wie sieht die <strong>Aus</strong>bildungssituation für Jugendliche<br />

mit Migrationshintergrund nun in Bremen<br />

aus? Dazu zunächst ein Blick auf das vergangene<br />

<strong>Aus</strong>bildungsjahr 2010/2011 anhand <strong>der</strong> Statistiken<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsagentur. Auch wenn sie nicht den<br />

gesamten <strong>Aus</strong>bildungsstellenmarkt abbilden kann,<br />

da ihr nicht alle <strong>Aus</strong>bildungsstellen gemeldet werden<br />

und <strong>Aus</strong>bildungssuchende auch ohne Einschaltung<br />

<strong>der</strong> Agentur einen <strong>Aus</strong>bildungsplatz finden,<br />

so deckt sie doch den größten Teil des Vermittlungsgeschehens<br />

ab. Die Bremer Ar<strong>bei</strong>tsagentur<br />

verzeichnete in diesem <strong>Aus</strong>bildungsjahr insgesamt<br />

4.420 Bewerberinnen und Bewerber um eine <strong>Aus</strong>bildungsstelle,<br />

darunter waren 573 Jugendliche<br />

mit ausländischer Staatsangehörigkeit (13 Prozent):<br />

293 junge Männer und 280 junge Frauen. Im<br />

Vergleich mit den <strong>Aus</strong>bildungssuchenden deutscher<br />

Staatsangehörigkeit (56 Prozent Männer, 44<br />

Prozent Frauen) lag die Beteiligung <strong>der</strong> weiblichen<br />

ausländischen <strong>Aus</strong>bildungssuchenden relativ gesehen<br />

mit 49 Prozent deutlich darüber. 30 Prozent<br />

<strong>der</strong> ausländischen <strong>Aus</strong>bildungssuchenden verfügen<br />

über einen Hauptschulabschluss, 35,6 Prozent<br />

über einen mittleren und 29,1 Prozent über einen<br />

höheren Abschluss (Fachhochschulreife, allgemeine<br />

Hochschulreife). Bei den deutschen Jugendlichen<br />

verteilen sich die Schulabschlüsse wie folgt:<br />

26 Prozent Hauptschulabschluss, 37 Prozent mittlerer<br />

Schulabschluss und 34 Prozent höherer Schulabschluss.<br />

Insgesamt unterscheiden sich also die<br />

Jugendlichen unterschiedlicher Staatsangehörigkeit<br />

(deutsch-ausländisch) bezogen auf ihre Schulabschlüsse<br />

zwar, aber nicht so gravierend, wie vielfach<br />

außerhalb <strong>der</strong> Fachöffentlichkeit dargestellt.<br />

Vielmehr machen sich jeweils mehr als zwei Drittel<br />

mit einem mittleren bis höheren Abschluss auf<br />

die Suche noch einer <strong>Aus</strong>bildungsstelle.<br />

<strong>Aus</strong> den veröffentlichten Angaben <strong>der</strong> Agentur<br />

für Ar<strong>bei</strong>t Bremen lassen sich die Einmündungsquoten<br />

in eine betriebliche, schulische o<strong>der</strong> außerbetriebliche<br />

<strong>Aus</strong>bildung getrennt für die deutschen<br />

und ausländischen Jugendlichen nicht<br />

berechnen, da die Einmündung in eine <strong>Aus</strong>bildung<br />

nur insgesamt für alle Jugendlichen ausgewiesen<br />

wird. Insgesamt gesehen sind bis zum 30.9.2011<br />

1.702 (39 Prozent) aller Bewerberinnen und Bewerber<br />

in eine <strong>Aus</strong>bildung eingemündet. Aufgrund<br />

fehlen<strong>der</strong> Angaben <strong>der</strong> Agentur für Ar<strong>bei</strong>t zur Einmündung<br />

<strong>der</strong> deutschen wie <strong>der</strong> ausländischen<br />

Jugendlichen in eine <strong>Aus</strong>bildung ist we<strong>der</strong> ein<br />

Vergleich auf <strong>der</strong> Ebene des Bundes, noch auf <strong>der</strong><br />

Ebene des Landes, zumindest im Hinblick auf die<br />

seit Jahren in <strong>der</strong> amtlichen Statistik dokumentierte<br />

Staatsangehörigkeit, möglich. Letztlich lässt<br />

sich daher nicht bestätigen, ob und inwieweit die<br />

im Berufsbildungsbericht angeführten selektiven<br />

Zugangschancen zu einer <strong>Aus</strong>bildung für Jugendliche<br />

mit Migrationshintergrund zutreffen. Vermuten<br />

lässt sich aber, dass Bremen in dieser Hinsicht<br />

6 BIBB (2012), S. 83.<br />

7 Vgl. ebenda, S. 79.<br />

8 Vgl. ebenda, S. 81.

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