Aus Vielfalt eigene Stärken entwickeln - bei der ...
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B E R I C H T Z U R S O Z I A L E N L AG E 2 012<br />
27<br />
AU S G E WÄ H LT E E RG E B N I S S E D E S E R S T E N B I L D U NGSBERICHTSBANDS<br />
1<br />
Die Situation im allgemeinbildenden<br />
Schulsystem<br />
3 Drei För<strong>der</strong>zentren für sinnesgeschädigte<br />
Schülerinnen<br />
und Schüler bleiben<br />
erhalten.<br />
4 Die Senatorin für Bildung<br />
und Wissenschaft (2011),<br />
S. 4.<br />
Mit <strong>der</strong> Reform des Schulgesetzes im Jahr 2009<br />
gibt es im Land Bremen eine neue Schulstruktur:<br />
An die vierjährigen Grundschulen schließen sich<br />
in <strong>der</strong> Sekundarstufe I die Oberschule und das<br />
Gymnasium als zwei gleichberechtigte Schularten<br />
an. Die Oberschule ermöglicht alle allgemeinbildenden<br />
Abschlüsse: In einem in <strong>der</strong> Regel neun<br />
Jahre umfassenden Bildungsgang kann man die allgemeine<br />
Hochschulreife erwerben. Eingeschlossen<br />
ist ein sechsjähriger Bildungsgang, <strong>der</strong> zum mittleren<br />
Abschluss o<strong>der</strong> zur erweiterten Berufsbildungsreife<br />
führt. An einigen Oberschulen wird zusätzlich<br />
auch das Abitur nach acht Jahren angeboten.<br />
Oberschulen haben entwe<strong>der</strong> eine <strong>eigene</strong> Gymnasiale<br />
Oberstufe o<strong>der</strong> ihnen ist eine Gymnasiale<br />
Oberstufe zugeordnet beziehungsweise sie ar<strong>bei</strong>ten<br />
mit einer Gymnasialen Oberstufe im Verbund. Damit<br />
wird ein durchgängiger Bildungsweg zum Abitur<br />
sichergestellt. Die ersten Oberschulen wurden<br />
2009 – mit <strong>der</strong> fünften Jahrgangsstufe aufwachsend<br />
– eingeführt. Das Gymnasium führt in einem<br />
achtjährigen Bildungsgang zum Abitur. Die Gymnasien<br />
haben eine <strong>eigene</strong> Gymnasiale Oberstufe.<br />
Inklusion, also <strong>der</strong> gemeinsame Unterricht von<br />
Kin<strong>der</strong>n mit und ohne son<strong>der</strong>pädagogischen För<strong>der</strong>bedarf,<br />
ist im Land Bremen schon lange vor <strong>der</strong><br />
letzten Schulgesetznovelle und auch <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention<br />
<strong>der</strong> Vereinten Nationen<br />
von Kin<strong>der</strong>n mit Behin<strong>der</strong>ungen ein<br />
zentrales Anliegen gewesen. Mit dem<br />
Schulgesetz von 2009 soll die inklusive<br />
Beschulung schrittweise <strong>der</strong> Normalfall<br />
werden. Dementsprechend werden fast<br />
alle För<strong>der</strong>zentren 3 nach und nach aufgelöst.<br />
Dieser Entwicklung entsprechend<br />
ist <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> inklusiv beschulten Kin<strong>der</strong><br />
angestiegen: Während im Schuljahr<br />
2009/10 im Land Bremen 12,3 Prozent <strong>der</strong><br />
Kin<strong>der</strong> mit son<strong>der</strong>pädagogischem För<strong>der</strong>bedarf<br />
in <strong>der</strong> Sekundarstufe I in allgemeinen<br />
Schulen unterrichtet wurden, waren<br />
es im Schuljahr 2011/12 bereits 46,2 Prozent.<br />
Um eine gute För<strong>der</strong>ung sicherzustellen,<br />
wurden an den allgemeinen Schulen<br />
ab <strong>der</strong> Sekundarstufe I und an vielen<br />
Grundschulen Zentren für unterstützende<br />
Pädagogik (ZUP) eingerichtet, in denen<br />
die Kompetenzen für För<strong>der</strong>ung und<br />
Diagnostik bedarfsgerecht für den Standort<br />
gebündelt werden.<br />
Ferner wurden Regionale Beratungs- und Unterstützungszentren<br />
(ReBUZ) eingerichtet. Zentrale<br />
Aufgabe dieser Zentren ist, Schulen durch Beratung<br />
und Diagnostik zu unterstützen. Außerdem<br />
<strong>entwickeln</strong> in den ReBUZ Angehörige unterschiedlicher<br />
Professionen Hilfsangebote zur Überwindung<br />
von Problemlagen. Sie halten professionelle<br />
Unterstützung in Krisen und Notfällen bereit.<br />
Neben den vorgenannten Schularten gibt es<br />
zusätzlich einen Bildungsgang mit dem Namen<br />
›Werkschule‹. Dieser umfasst drei Schuljahre, von<br />
Klasse 9 bis 11. Die Schülerinnen und Schüler können<br />
hier die Berufsbildungsreife als allgemeinbildenden<br />
Abschluss erlangen. Die Werkschule ist an<br />
berufsbildenden Schulen angeglie<strong>der</strong>t, konzeptionell<br />
ist sie ausbildungsvorbereitend ausgerichtet.<br />
Zielgruppe sind Schülerinnen und Schüler, ›denen<br />
das theoretische Lernen nicht so leicht fällt und<br />
die mehr Zeit zum Lernen brauchen, die aber gerne<br />
praktisch ar<strong>bei</strong>ten und über diese Herangehensweise<br />
notwendiges Wissen eher erlangen‹ 4 . Daher<br />
bieten Werkschulen praktisch orientierte Schulbildung<br />
an.<br />
Die folgende Abbildung zeigt das bremische<br />
Schulsystem, wie es nach <strong>der</strong> Schulgesetznovelle<br />
von 2009 entwickelt wurde.<br />
Abb. 1: Wege zum allgemeinen Schulabschluss in Bremen nach<br />
dem aktuell gültigen Schulgesetz von 2009 (aufwachsend)<br />
Klasse<br />
13<br />
Abitur<br />
Fachhochschulreife Abitur<br />
12<br />
BBR<br />
FHR*<br />
11<br />
Berufsbildungsreife od. Mittlerer Schulabschluss<br />
Werkschule<br />
10<br />
9<br />
ZUP<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5 Oberschule<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
Grundschule<br />
Elementarbereich<br />
BBR Erweiterte Berufsbildungsreife MSA Mittlerer Schulabschluss ZUP Zenrum für unterstützende Pädagogik<br />
*schulischer Teil <strong>der</strong> Fachhochschulreife<br />
Quelle: Die Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit #203 /nopar<br />
Abitur<br />
FHR*<br />
BBR/MSA<br />
ZUP<br />
ZUP<br />
Gymnasium<br />
För<strong>der</strong>zentr um<br />
Mit dem Schulgesetz von 2009 ist eine sogenannte<br />
Sprachstandsfeststellung für alle Kin<strong>der</strong> ein Jahr<br />
vor <strong>der</strong> Einschulung obligatorisch – genauso<br />
wie eine För<strong>der</strong>ung, wenn die Notwendigkeit festgestellt<br />
wird. Da<strong>bei</strong> wurde in <strong>der</strong> Stadt Bremen für<br />
38,3 Prozent und in Bremerhaven für 54,3 Prozent<br />
<strong>der</strong> getesteten Kin<strong>der</strong> ein Sprachför<strong>der</strong>bedarf<br />
festgestellt, <strong>der</strong> Anteil von Kin<strong>der</strong>n mit Sprachför<strong>der</strong>bedarf<br />
ist <strong>bei</strong> Jungen geringfügig höher als <strong>bei</strong><br />
Mädchen.<br />
Schließlich wurde im neuen Schulgesetz von<br />
2009 das ›verordnete‹ Sitzenbleiben und <strong>der</strong><br />
Schulartwechsel bis zum Ende <strong>der</strong> Sekundarstufe I<br />
abgeschafft, <strong>bei</strong>des ist nur im Einvernehmen<br />
zwischen Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern<br />
und <strong>der</strong>en Eltern möglich. Der Grund: In <strong>der</strong> Forschung<br />
wurden keine positiven Wirkungen des<br />
Sitzenbleibens festgestellt, zugleich verursachen<br />
Klassenwie<strong>der</strong>holungen hohe Kosten. Letzteres<br />
wird an folgendem Befund deutlich: Etwa ein Viertel<br />
aller Schülerinnen und Schüler im Land Bremen<br />
(25,6 Prozent), die im Schuljahr 2009/10 in<br />
<strong>der</strong> neunten Jahrgangsstufe waren, haben zuvor<br />
mindestens ein Schuljahr wie<strong>der</strong>holt. Zudem<br />
haben <strong>bei</strong>m Schuljahreswechsel 2009 2,8 Prozent<br />
<strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler in <strong>der</strong> Sekundarstufe<br />
I die Schulart gewechselt, wo<strong>bei</strong> die Abgänge<br />
aus dem Gymnasium klar dominierten.<br />
Im Land Bremen gab es in den vergangenen Jahren<br />
eine beson<strong>der</strong>e Fokussierung auf gebundene<br />
Ganztagsschulen, um einen hohen Verbindlichkeitsgrad<br />
und damit möglichst positive Effekte zu<br />
erreichen, wie sie in <strong>der</strong> Ganztagsschulforschung<br />
beschrieben sind. Die Ganztagsangebote wurden in<br />
Bremen bislang in <strong>bei</strong>den Städten überwiegend,<br />
aber nicht ausschließlich in sozial benachteiligten<br />
Ortsteilen platziert. Insgesamt wurden im Land<br />
Bremen jedoch vergleichsweise wenige Schülerinnen<br />
und Schüler erreicht: Im Schuljahr 2009/10<br />
besuchten hier etwa 22,5 Prozent <strong>der</strong> Schülerinnen<br />
und Schüler eine Ganztagsschule, etwa 33<br />
Prozent waren in ganztägiger Betreuung. In Berlin<br />
und Hamburg waren dies immerhin 45 Prozent<br />
beziehungsweise 47,1 Prozent und bundesweit<br />
etwa 26,9 Prozent. Die höheren Anteile in den<br />
an<strong>der</strong>en Bundeslän<strong>der</strong>n sind insbeson<strong>der</strong>e auf den<br />
dort deutlich stärkeren <strong>Aus</strong>bau offener Ganztagsangebote<br />
zurückzuführen (zum Beispiel 72,4 Prozent<br />
in Berlin). Betrachtet man jedoch nur gebundene<br />
Ganztagsschulen, lag <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Ganztags-<br />
schülerinnen und -schüler mit 20,7 Prozent im<br />
Land Bremen auf ähnlichem Niveau wie in Berlin,<br />
aber deutlich über dem in Hamburg und auch<br />
über dem bundesdeutschen Durchschnitt. Um insgesamt<br />
<strong>der</strong> Nachfrage von Eltern besser gerecht zu<br />
werden, sollen in <strong>der</strong> Stadt Bremen zukünftig verstärkt<br />
auch offene Ganztagsangebote bereitgestellt<br />
werden.<br />
Die im Folgenden präsentierten Daten beziehen<br />
sich auf einen Zeitpunkt vor den hier skizzierten<br />
Än<strong>der</strong>ungen. Um in Zukunft die <strong>Aus</strong>wirkungen<br />
<strong>der</strong> Schulstrukturreform einschätzen zu können,<br />
wurde im Bildungsbericht das Schuljahr 2009/10<br />
als Berichtsjahr gewählt. Nur an den Stellen, an<br />
denen sich die aus <strong>der</strong> Schulreform resultierenden<br />
Än<strong>der</strong>ungen bereits in <strong>der</strong> Statistik deutlich nie<strong>der</strong>schlagen,<br />
werden im Bericht zudem ergänzende<br />
Analysen mit möglichst aktuellen Daten präsentiert.<br />
Schülerinnen und Schüler mit<br />
Migrationshintergrund:<br />
keine Beson<strong>der</strong>heit im Land Bremen<br />
›Migration und soziale Lage‹ – dieser Fokus hat das<br />
Autorenteam vor eine beson<strong>der</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
gestellt: In Deutschland gibt es kein einheitliches<br />
Verfahren dafür, anhand welcher Merkmale man<br />
in <strong>der</strong> Statistik die Zahl <strong>der</strong> Menschen mit Migrationshintergrund<br />
feststellen kann. Daher lassen sich<br />
die Zahlen unterschiedlicher Statistikquellen zumeist<br />
nicht miteinan<strong>der</strong> vergleichen. Die Grundtendenzen<br />
<strong>der</strong> verschiedenen Statistiken sind jedoch<br />
sehr ähnlich, so dass sich das Autorenteam<br />
dazu entschieden hat, sie trotz dieses Problems für<br />
den Berichtsband aufzuar<strong>bei</strong>ten. Für die Analyse<br />
von Schuldaten musste ein <strong>eigene</strong>s Berechnungsverfahren<br />
entwickelt werden. Um dies sprachlich<br />
deutlich zu machen, wurde im Bildungsberichtsband<br />
<strong>der</strong> Begriff ›Migrationshinweis‹ eingeführt –<br />
und wird auch in diesem Beitrag verwendet. 5<br />
Im Schuljahr 2009/10 besuchen im Land Bremen<br />
68.002 Schülerinnen und Schüler öffentliche<br />
o<strong>der</strong> private allgemeinbildende Schulen: 55.164<br />
waren es in <strong>der</strong> Stadt Bremen, 12.838 in Bremerhaven.<br />
Zu diesem Zeitpunkt gab es im Land Bremen<br />
21.899 Grundschülerinnen und Grundschüler.<br />
32.283 Kin<strong>der</strong> und Jugendliche besuchten eine<br />
Schule <strong>der</strong> Sekundarstufe I, davon 12.941 einen<br />
gymnasialen Bildungsgang. 11.173 Jugendliche<br />
5 Vgl. Autorenteam Bildungsberichterstattung<br />
Bremen<br />
und Bremerhaven (2012),<br />
S. 17 ff.