Ausgabe downloaden - Alpmann Schmidt
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AS aktuell Juni 2005<br />
reicht. Weiterhin ist dem Wortlaut „bei der Tat“ zu<br />
entnehmen, dass die Verwendung in einem funktionalen<br />
Zusammenhang mit der Begehung der Tat stehen<br />
muss. Während danach zweifellos eine Verwendung<br />
dann vorliegt, wenn die Waffe zur Gewaltanwendung<br />
eingesetzt wird, erscheint fraglich, ob alle Formen des<br />
Drohens, etwa auch in Gestalt eines bloßen Hinweises<br />
auf die Waffe, vom Tatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1<br />
StGB erfasst sind.<br />
In der Rspr. des BGH ist anerkannt, dass der Einsatz<br />
der Waffe als Drohmittel – gleich welcher Art – ausreiche.<br />
Dies hält Baumanns für fragwürdig.<br />
Bereits der Begriff des Verwendens beinhalte einen<br />
tatsächlichen Umgang mit der Sache, sodass das Verwenden<br />
mehr als den bloßen Hinweis als das Beisichführen<br />
einer Waffe verlange. Nach der Systematik des<br />
§ 250 StGB komme als Verwenden nur ein solcher<br />
Einsatz infrage, der seinerseits in irgendeiner Weise<br />
zumindest latent gefährlich sei. Die Gesetzesmaterialien<br />
ergeben zwar, dass auch der Einsatz zur Drohung<br />
mit Gewalt tatbestandsmäßig sei. Ob damit jede Form<br />
der Drohung genüge, ergebe sich daraus jedoch nicht.<br />
Der gegenüber § 250 Abs. 1 StGB erhöhte Strafrahmen<br />
des § 250 Abs. 2 finde seine Legitimation nur in<br />
der erhöhten Gefahr für Leib oder Leben des Opfers.<br />
Der bloße Hinweis auf die Waffe setze das Opfer jedoch<br />
lediglich einer größeren psychischen Zwangswirkung<br />
aus. Ein gegenüber dem bloßen Beisichführen<br />
objektiv erhöhtes Gefahrenpotential ergebe sich aus<br />
dem bloßen Hinweis auf eine bei sich geführte Waffe<br />
gerade nicht.<br />
Hiernach sei zwar mit Rspr. und h.Lit. grundsätzlich<br />
davon auszugehen, dass auch der Einsatz einer Waffe<br />
als Drohmittel tatbestandsmäßig sei. Jedoch müsse die<br />
Drohung von solcher Art sein, dass sie eine gegenüber<br />
dem Beisichführen erhöhte, objektiv feststellbare Gefahr<br />
begründe. Der bloße Hinweis auf eine mitgeführte<br />
Waffe stelle mithin entgegen der Rspr. des BGH kein<br />
Verwenden dar.<br />
Ergänzung zu: AS-Skript StrafR BT 1 (2005), S. 213<br />
Raubgewalt durch Unterlassen?<br />
Walter NStZ 2005, 240<br />
Ob die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Gewalt<br />
gegen eine Person gem. § 249 StGB auch durch das<br />
Unterlassen der Beseitigung einer körperlichen Zwangslage<br />
möglich ist, ist umstritten. Der BGH (BGHSt 48,<br />
365) hat dies in der Sache bejaht, was in der Literatur<br />
ein überwiegend kritisches Echo fand.<br />
Gegen eine Unterlassungshaftung wird geltend gemacht,<br />
sie verwische die Grenze zwischen finaler Gewalt<br />
und dem Ausnutzen einer Zwangslage. Dem hält<br />
Walter entgegen, dass die Haftung für § 249 StGB eine<br />
Garantenstellung bedinge, deren Fehlen selbstverständlich<br />
die Annahme von Gewalt durch Unterlassen<br />
ausschließe. Ferner wird gegen die Unterlassungshaftung<br />
angeführt, dass Gewalt kein Erfolg i.S.d. § 13<br />
StGB sei, sondern die Eigenschaft eines positiven<br />
Tuns. Demgegenüber ist nach Walter eine körperliche<br />
Zwangswirkung ebenso ein Erfolg wie zum Beispiel<br />
eine Gesundheitsbeschädigung. Ein weiterer Einwand<br />
gegen die Tatbestandsmäßigkeit passiver Gewalt wird<br />
aus der Entsprechungsklausel des § 13 StGB abgeleitet.<br />
Demgegenüber entspricht es beim Tatbestand der<br />
Nötigung ganz herrschender Meinung, Gewalt auch in<br />
einem Unterlassen zu sehen. Ferner wird gegen die<br />
Tatbestandsmäßigkeit des Unterlassens eingewandt,<br />
dass der Zweck des § 249 StGB darin zu finden sei,<br />
dass sich der Täter von einer Zueignungsabsicht zu<br />
Aggressionstaten motivieren lasse. Dies wäre nach<br />
Walter allerdings gerade zu beweisen. Nach seiner<br />
Ansicht liegt die ratio des § 249 StGB lediglich darin,<br />
dass der Täter sich motivieren lässt, körperlichen<br />
Zwang zu instrumentalisieren. Ein weiteres Argument<br />
gegen die Unterlassungshaftung wird daraus abgeleitet,<br />
dass sie den besonders brutalen Täter begünstige, der<br />
sein Opfer sofort bewusstlos schlage oder gar töte und<br />
dadurch daran gehindert sei, die Zwangslage der Opfers<br />
zu beseitigen. Walter sieht hierin jedoch keinen<br />
Wertungswiderspruch. Für besondere Brutalität werde<br />
der Täter auch besonders zur Rechenschaft gezogen,<br />
sei es gem. § 211 StGB oder gemäß den §§ 224, 226,<br />
227 StGB. Die Unmöglichkeit, den Tatbestand eines<br />
Unterlassungsdelikts zu erfüllen, lasse sich nicht als<br />
Privilegierung bezeichnen, sondern sei die unvermeidbare<br />
Folge dessen, dass unechte Unterlassungsdelikte<br />
die Chance einer Rettung bedingen. Ein weiterer Einwand<br />
gegen eine Unterlassungshaftung wird aus der<br />
Definition der Gewalt als eines Zwanges abgeleitet, der<br />
einen tatsächlichen oder erwarteten Widerstand überwinden<br />
sollte; denn der Widerstand sei doch bereits<br />
überwunden. Dem gegenüber verweist Walter darauf,<br />
dass das Unterlassen gegebenenfalls sehr wohl dazu<br />
dient, denjenigen Widerstand zu überwinden, den das<br />
Opfer leisten könnte, wenn es sich nicht in einer körperlichen<br />
Zwangslage befände.<br />
Zweifelhaft kann nach Walter jedoch die Annahme<br />
eines Finalzusammenhangs zwischen dem Unterlassen<br />
der Beseitigung einer Zwangslage und der Wegnahme<br />
der Beute sein. Zwar braucht die Wegnahme nicht der<br />
einzige Beweggrund der Nötigung zu sein. Hätte der<br />
Täter aber auch ohne den Entschluss zur Wegnahme<br />
der Beute die Zwangslage des Opfers aus anderen Gründen<br />
auf keinen Fall beseitigt, so wird der Wegnahmevorsatz<br />
derart von anderen Motiven dominiert, dass<br />
der Sprung von § 242 zu § 249 StGB nicht mehr gerechtfertigt<br />
ist. Nach Walter kann nur dann Raubgewalt<br />
sein, die Befreiung eines anderen zu unterlassen,<br />
wenn der Unterlassende ohne den Entschluss zur Wegnahme<br />
gehandelt und den anderen befreit haben würde.<br />
Hiernach hätte auch in der o.g. BGH-Entscheidung<br />
der Tatbestand des Raubes verneint werden müssen.<br />
Ergänzung zu: AS-Skript StrafR BT 1 (2005), S 207<br />
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