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AS aktuell Juni 2005<br />

sollte. Der Hinweis auf eine unzulässige Aushöhlung des<br />

gesetzgeberischen Verbesserungsvorrangs durch die Anwendung<br />

des § 326 Abs. 2 S. 2 BGB überzeuge nicht. Das<br />

Recht zur Nacherfüllung würde dem Verkäufer nicht<br />

genommen. Die Selbstvornahme des Käufers bliebe eine<br />

unberechtigte Handlung, wie es auch § 326 Abs. 2 S. 1, 2<br />

BGB voraussetze (alleinige oder weit überwiegende Verantwortlichkeit<br />

des Käufers für das Unmöglichwerden der<br />

Nacherfüllung). Dies mache aber die Frage, ob dem Verkäufer<br />

die Vorteile ersparter Aufwendungen gebühren,<br />

nicht obsolet. Vielmehr spreche die gesetzliche Wertung<br />

in anderen Bereichen für die hier vertretene Ansicht.<br />

Unberechtigte Handlungen führten nämlich schon nach<br />

allgemeinen Prinzipien dazu, dass entstehende Bereicherungen<br />

herauszugeben sind, wie aus der Regelung der<br />

unberechtigten GoA eindeutig zu entnehmen sei, §§ 684<br />

S. 1, 812 BGB. Nur dieser Grundsatz werde in § 326<br />

Abs. 2 S. 2 BGB wiederholt. Dass dem Verkäufer die<br />

Nacherfüllung nach der Selbstvornahme faktisch nicht<br />

mehr möglich sei, sei keine Konsequenz, sondern eine<br />

Voraussetzung der Anwendung des § 326 Abs. 2 S. 2<br />

BGB. Unmöglich werde eine Nacherfüllung ebenfalls,<br />

wenn die Kaufsache vom Blitz getroffen und untergehen<br />

würde. Niemand würde aber in einem solchen Fall behaupten,<br />

dass ein Käufer, der gem. § 285 BGB auf Ersatzansprüche<br />

des Verkäufers, z.B. Versicherungsleistungen,<br />

zurückgreifen dürfte, damit dessen Recht zur zweiten<br />

Andienung entwerten würde.<br />

Die mit der Gegenansicht verfolgte Sanktion des Käufers<br />

könne nicht überzeugen. Es gebe Situationen, wo die<br />

Vorgehensweise des Käufers nur all zu verständlich sei;<br />

bspw. wenn der Käufer die mangelfreie Sache so schnell<br />

wie möglich braucht (Bsp.: Laptop, welcher für eine kurzfristig<br />

anberaumte Auslandsreise schnellstmöglich gebraucht<br />

wird), weshalb er die an sich angemessene Frist<br />

nicht abwarten kann und daher einen über dem Marktpreis<br />

liegenden Reparatur-Schnellservice in Anspruch<br />

nimmt. Der Käufer müsse in einem solchen Fall die<br />

Mehrkosten selbst tragen, da zunächst einmal der Verkäufer<br />

das Recht hat, die Mängelbeseitigung herbeizuführen.<br />

Aber in Höhe der Leistung, die der Verkäufer auch<br />

hätte tragen müssen, wenn der Käufer ihm die Sache zur<br />

Reparatur gegeben hätte, sei er nunmehr bereichert und<br />

müsse diese analog dem Rechtsgedanken des § 326 Abs. 2<br />

S. 2 BGB herausgeben. Der Käufer, der meist nicht seine<br />

ganzen Aufwendungen herausbekommen würde und<br />

dementsprechend im Regelfall auf einem Teil seines Reparaturaufwands<br />

sitzen bliebe, sei dadurch in genügendem<br />

Maße sanktioniert.<br />

Der Unterschied zwischen dem ausgeschlossenen Anspruch<br />

auf Ersatz der Nacherfüllungskosten des Käufers<br />

und den ersparten Nacherfüllungsaufwendungen des<br />

Verkäufers könne also nicht vernachlässigt werden mit<br />

dem Hinweis darauf, dass es auch insoweit um die Kosten<br />

der Mängelbeseitigung gehe und deshalb dem Käufer<br />

durch deren Ersatz ein Recht zur Selbstbeseitigung zugestanden<br />

werde. Gerade weil es sich ausschließlich um<br />

Kosten handele, die nach § 439 Abs. 2 BGB der Verkäufer<br />

zu tragen hätte, könne ein solcher Anspruch keinen<br />

Wertungswiderspruch zum „Recht zur zweiten Andienung“<br />

begründen; denn dieses gebühre dem Verkäufer<br />

eben gerade nur um den Preis der hierfür von ihm aufzuwendenden<br />

Kosten. Im Übrigen verletze der Käufer nicht<br />

ein „Recht“ des Verkäufers, sondern verstoße lediglich<br />

gegen eine Obliegenheit, die ihn um das Recht zum Rücktritt,<br />

zur Minderung und den Anspruch auf Schadensersatz<br />

statt der Leistung bringt.<br />

Auch die Argumentation der Gegenansicht bzgl. der Beweisprobleme<br />

läge neben der Sache. Wenn nach Mängelbeseitigung<br />

der Käufer Ansprüche geltend macht, müsse<br />

er gem. § 363 BGB die Mangelhaftigkeit der Kaufsache<br />

beweisen und welche Aufwendungen dem Verkäufer erspart<br />

geblieben sind. Eine Selbstvornahme unterdrücke<br />

auch nicht stets mögliche Gegenbeweise des Verkäufers<br />

(Bsp.: Der ausgetauschte Motor befindet sich immer noch<br />

in der Werkstatt und kann untersucht werden). Häufige<br />

Beweisprobleme könnten auch schon deshalb nicht auftreten,<br />

da bei der regelmäßigen Einschaltung eines fachkundigen<br />

Dritten mit diesem ein gut geeigneter Zeuge zur<br />

Verfügung stehe.<br />

Auch der Verweis der Gegenseite auf die Rechtsprechung<br />

zum alten Werkvertragsrecht überzeuge nach der Schuldrechtsreform<br />

nicht mehr. Die Praxis sehe hierin nur den<br />

Vorteil, die praktische Arbeit zu vereinfachen: Keine umständlichen<br />

Beweisaufnahmen über die behauptete Mangelhaftigkeit<br />

der Kaufsache, wenn Nacherfüllungsfristen<br />

noch nicht abgelaufen sind. Nutznießer dieser Rechtsprechung<br />

seien also – und das sei nicht zu vernachlässigen –<br />

neben dem Verkäufer auch die Gerichte, sodass kaum zu<br />

erwarten sei, dass die Instanzgerichte sich dem BGH-<br />

Urteil nicht beugen werden.<br />

Gegen diesen Ansatz spreche aber eindeutig das Gebot<br />

der Gerechtigkeit („Bereicherungsverbot“). Es gebe keinen<br />

Grund, den Verkäufer gegenüber dem Käufer zu<br />

bevorteilen, soweit es um die ersparten Aufwendungen<br />

des Verkäufers gehe. Der Gesetzgeber habe genau diese<br />

Konstellation offenbar nicht erkannt, sodass die Anwendung<br />

des § 326 Abs. 2 S. 2 BGB hier geboten sei.<br />

Eine weitergehende Meinung (Katzenstein ZGS 2005,<br />

193) bejaht einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung.<br />

Die Bereicherung in Form der Leistungsbefreiung<br />

des Verkäufers sei durch § 812 BGB abzuschöpfen.<br />

Der Anspruch aus § 326 Abs. 2 S. 2 BGB sei daneben<br />

grds. auch gegeben; dies sei jedoch nicht entscheidend, da<br />

der bereicherungsrechtliche Anspruch in jedem Falle<br />

greife. Der Hinweis des BGH auf seine Rechtsprechung<br />

zum alten Werkvertragsrecht gehe hier fehl, sodass die<br />

Anwendbarkeit der §§ 812 ff. BGB gegeben sei.<br />

Beachte: Zur erfolgreichen Klausurlösung müssen in<br />

keinem Fall alle Argumente (auch in diesem Beitrag<br />

konnten nicht alle erwähnt werden) dargestellt werden.<br />

Insofern sollte man sich die Ausführungen des BGH als<br />

Leitlinie nochmals vergegenwärtigen und die diesbezüglichen<br />

Gegenargumente der Literatur.<br />

Empfohlen wird ausdrücklich die Entscheidungsbesprechung<br />

in der RÜ, Heft 06, S. 288–294, von RA H. Kiss.<br />

Ergänzung zu: AS-Skript SchuldR BT 1 (2004), S. 47 ff.<br />

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