Ausgabe downloaden - Alpmann Schmidt
Ausgabe downloaden - Alpmann Schmidt
Ausgabe downloaden - Alpmann Schmidt
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
AS aktuell<br />
Zivilrecht<br />
Schuldrecht BT<br />
Die Problematik der voreiligen Selbstvornahme<br />
der Mängelbeseitigung im Kaufrecht<br />
– trotz oder erst Recht wegen der<br />
BGH-Entscheidung bleibt die Klausurrelevanz<br />
bestehen<br />
Lorenz NJW 2005, 1321 ff.; Tonner/Wiese BB 2005,<br />
903 ff.; Bydlinski ZGS 2005, 129 ff.; Dauner-Lieb ZGS<br />
2005, 169 ff.; Katzenstein ZGS 2005, 184 ff.<br />
Kaum ein Problem des neuen Schuldrechts, zumindest<br />
des neuen Kaufrechts, wird gegenwärtig so kontrovers<br />
diskutiert wie die Frage nach den Folgen einer voreiligen<br />
Selbstvornahme der Nacherfüllung durch den Käufer.<br />
Es geht um die Frage, ob und gegebenenfalls welche<br />
Rechte ein Käufer gegenüber dem Verkäufer hat, wenn er,<br />
während des Laufs einer von ihm gesetzten Frist zur<br />
Nacherfüllung wegen eines Mangels der Kaufsache oder<br />
sogar ohne überhaupt eine solche Frist zu setzen, den<br />
Mangel der Kaufsache selbst beseitigt oder durch einen<br />
Dritten beseitigen lässt.<br />
Aus den §§ 434 ff. BGB lässt sich ein solcher Anspruch<br />
nicht ableiten. Die Problematik der „voreiligen“ Selbstvornahme<br />
umfasst gerade die Fallgestaltung, dass der<br />
Mangel zu einem Zeitpunkt beseitigt wird, in welchem<br />
ein Rücktritts- oder Minderungsrecht bzw. ein Anspruch<br />
auf Schadensersatz statt der Leistung mangels gesetzter<br />
Frist bzw. Fristablauf noch nicht entstanden ist.<br />
Dennoch plädiert eine nicht zu unterschätzende Gruppe<br />
innerhalb der Literatur mit unterschiedlichen Anknüpfungspunkten<br />
für einen Anspruch des Käufers gegen den<br />
Verkäufer auf Ersatz der dem Verkäufer dadurch erspart<br />
gebliebenen Nacherfüllungsaufwendungen – zu unterscheiden<br />
ist dieser Anspruch auf Ersatz der ersparten<br />
Aufwendungen von einem eventuellen Anspruch des<br />
Käufers auf Ersatz seiner eigenen Nacherfüllungskosten,<br />
der unstreitig nicht gegeben ist.<br />
Teilweise wird hierbei ein solcher Anspruch auf Ersatz<br />
bzgl. der ersparten Nacherfüllungskosten des Verkäufers<br />
auf §§ 326 Abs. 2 S. 2 (analog), 326 Abs. 4 BGB gestützt<br />
(vgl. nur Bydlinski ZGS 2005, 130; Lorenz NJW 2005,<br />
1322), teilweise auf bereicherungsrechtliche Grundsätze<br />
(direkt: Katzenstein ZGS 2005, 193 oder über den Verweis<br />
des § 684 S. 1 BGB: Oechsler NJW 2004, 1825).<br />
Der BGH wiederum hat mit seinem Urteil vom<br />
23.02.2005 diesen Ansätzen eine unmissverständlich<br />
klare Absage erteilt und jegliche Ansprüche des Käufers<br />
abgelehnt (VIII ZR 100/04; ausführlich dargestellt in der<br />
RÜ Heft 06, S. 288–294).<br />
Diese Streitfrage scheint sich damit für die Praxis erledigt<br />
zu haben, sodass insbesondere der Referendar im Rahmen<br />
des Assessorexamens sich davor hüten sollte, dem<br />
meist in der Praxis tätigen Korrektor ein gegenteiliges<br />
Ergebnis zu präsentieren, auch wenn dieses mit noch so<br />
vertretbaren Argumenten (vgl. dazu unten) angereichert<br />
ist. Ein hohes Risiko geht auch ein Anwalt ein, wenn er<br />
seinem Mandanten, der voreilig einen Mangel selbst oder<br />
durch einen Dritten beseitigt hat, zu einer entsprechenden<br />
Klage rät.<br />
Dennoch bleibt die Problematik, insbesondere mit den<br />
facettenreichen Argumentationsstrukturen der jeweiligen<br />
Ansichten, extrem examensrelevant, sodass im folgenden<br />
die einzelnen Ansätze mit dem jeweiligen Hintergrund<br />
dargestellt werden sollen.<br />
A. Ansatz der Rechtsprechung<br />
Die Rechtsprechung, die von einem Teil der Literatur<br />
unterstützt wird (vgl. Tonner ZGS 2005, 903 ff.; Dauner-<br />
Lieb ZGS 2005, 169 ff.), lehnt mangels der erforderlichen<br />
Nachfristsetzung sowohl einen Schadensersatzanspruch<br />
statt der Leistung aus §§ 280, 281 BGB ab, als auch die<br />
Minderung des Kaufpreisanspruchs des Verkäufers.<br />
Der Gesetzgeber habe bei der Schuldrechtsreform bewusst<br />
davon abgesehen, einem Käufer ein Selbstvornahmerecht<br />
einzuräumen, aufgrund dessen der Käufer ohne<br />
Fristsetzung bzw. Fristablauf seine Aufwendungen vom<br />
Verkäufer erstattet bekommen könne. Die Gewährung<br />
eines derartigen Anspruchs sei mit der Konzeption des<br />
Gesetzgebers unvereinbar, der anders als im Werkvertragsrecht<br />
(§ 637 BGB) und bei der Miete (§ 536 a Abs. 2<br />
BGB) im Kaufrecht gerade kein Selbstvornahmerecht<br />
vorgesehen habe.<br />
In § 437 BGB sieht der BGH eine abschließende Aufzählung<br />
der Rechtsbehelfe des Käufers, die wegen des Vorrangs<br />
der Nacherfüllung den Rückgriff auf einen Anspruch<br />
aus § 326 Abs. 2 S. 2 BGB nicht gestatteten. Zudem<br />
widerspräche ein Anspruch des Käufers dem mit<br />
dem Nacherfüllungsanspruch verbundenen Recht des<br />
Verkäufers „zur zweiten Andienung“, mit dem der Gesetzgeber<br />
den Interessen des Verkäufers habe Rechnung<br />
tragen wollen. Die gegenteilige Ansicht, die einen Anspruch<br />
des Käufers auf § 326 Abs. 2 S. 2 BGB stützt,<br />
verkenne die grundlegende Wertentscheidung des europäischen<br />
wie des deutschen Gesetzgebers im Rahmen der<br />
Kaufrechtsreform. Hätte der Käufer die Möglichkeit,<br />
einfach dadurch ohne Fristsetzung einen Anspruch auf<br />
Ersatz ersparter Aufwendungen zum Entstehen zu bringen,<br />
dass er die Nacherfüllung unmöglich macht, könnte<br />
er das Recht des Verkäufers zur zweiten Andienung nach<br />
Belieben unterlaufen. Die gegenteilige Auffassung lasse<br />
daher die gesetzgeberische Konzeption völlig außer Betracht.<br />
Außerdem sei doch der praktische Regelfall nicht die<br />
Reparatur durch den Käufer selbst, sondern die Mangelbeseitigung<br />
durch einen fachkundigen Dritten. Auch<br />
AS aktuell Online: http://www.alpmann-schmidt.de 41