Humankapitalverlust in ländlichen Räumen
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Humankapitalverlust in ländlichen Räumen
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<strong>Humankapitalverlust</strong> <strong>in</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Räumen</strong><br />
E<strong>in</strong>e qualitative Bestandsaufnahme des regionalen Bra<strong>in</strong> Dra<strong>in</strong><br />
am Beispiel des Außerfern<br />
Diplomarbeit<br />
Zur Erlangung des akademischen Grades<br />
Magister der Naturwissenschaften<br />
Jörn Mathias Stieger<br />
e<strong>in</strong>gereicht bei ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Klaus Frantz<br />
Institut für Geographie<br />
Fakultät für Geo- und Atmosphärenwissenschaften<br />
der Universität Innsbruck<br />
Innsbruck, Mai 2010
Vorwort<br />
- 1 -<br />
Vorwort<br />
Das Interesse an der Geographie, an der physischen Umwelt und auf sie e<strong>in</strong>wirkende Prozesse<br />
sowie an den Verhaltensweisen des Menschen <strong>in</strong> Raum und Zeit wurden bereits im<br />
Laufe me<strong>in</strong>er Schulzeit geweckt und führten, wenn auch recht spontan, zu der Wahl dieses<br />
Studiums. Im Verlauf me<strong>in</strong>er universitären Ausbildung konnte diese anfängliche Neigung<br />
durch fundiertes Wissen ergänzt und im Zuge zahlreicher Exkursionen das Auge für den<br />
Raum geschult und geschärft werden. Besonders förderlich erwies sich hierbei der e<strong>in</strong>jährige<br />
Auslandsaufenthalt im Erasmusprogramm. Neben dem Kennenlernen e<strong>in</strong>es unbekannten<br />
Raumes war es bereits zu diesem Zeitpunkt das Wanderungsverhalten der Studenten<br />
sowie deren Entscheidungsprozesse die mich, naturgemäß durch die eigene Betroffenheit<br />
geprägt, <strong>in</strong>teressierten. Neben diesen sozialgeographischen Fragestellungen erwiesen<br />
sich die stark differierenden Entwicklungen verschiedener Regionen als e<strong>in</strong> spannendes<br />
Forschungsfeld. Das Thema der vorliegenden Arbeit sche<strong>in</strong>t daher rückblickend e<strong>in</strong>e logische<br />
Konsequenz dieser wissenschaftlichen „Vorlieben“ zu se<strong>in</strong>.<br />
Tatsächlich handelt es sich jedoch bei dieser Themenstellung um e<strong>in</strong>en Forschungsauftrag<br />
und somit ist das Zustandekommen dieser Arbeit wesentlich dem Geschäftsführer der<br />
Regionalentwicklung Mag. Mag. (FH) Günter Salchner zu verdanken. Durch den Impuls<br />
zur Behandlung dieser Problematik, welche sich mit bereits bestehenden wissenschaftlichen<br />
Interessensfeldern deckte und <strong>in</strong> zahlreichen Diskussionen thematisch e<strong>in</strong>gegrenzt<br />
wurde, der Hilfestellung bei der Erarbeitung der Fragebögen, der Bereitstellung<br />
von regionsspezifischen Informationen und Daten sowie der Möglichkeit e<strong>in</strong>es Praktikums<br />
an dieser Institution konnten wichtige und richtungweisende Beiträge geleistet werden.<br />
Besonderen Dank gilt ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Klaus Frantz, der durch se<strong>in</strong>e wissenschaftliche<br />
Betreuung sowie wertvolle H<strong>in</strong>weise und Anregungen die Entstehung dieser<br />
Arbeit fortwährend begleitete. Darüber h<strong>in</strong>aus verdanke ich ihm den Kontakt zu Günter<br />
Salchner und somit auch den Auftakt zu der vorliegenden Arbeit.<br />
Weiters danke ich allen Außerferner Studenten für die Beantwortung des umfangreichen<br />
Fragebogens sowie den räumlich weit verstreuten Absolventen des BRG-Reutte Abschlussjahrgang<br />
1997/1998, welche sich bereit erklärten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Telefon<strong>in</strong>terview Stellung<br />
zu nehmen. Zu großem Dank b<strong>in</strong> ich den Experten des Außerferns und den Personalverantwortlichen<br />
der untersuchten Unternehmen für die zeit<strong>in</strong>tensiven Gespräche ver-
Vorwort<br />
- 2 -<br />
pflichtet. Nur durch die daraus gewonnen Informationen konnte die Problematik charakterisiert<br />
und Handlungsvorschläge abgeleitet werden. Des Weiteren danke ich den Ansprechpartnern<br />
an den jeweiligen Universitäten für die Weiterleitung des Onl<strong>in</strong>e-Fragebogens<br />
an die jeweiligen Studenten. Ohne ihre Hilfe hätte die Untersuchung nicht auf diesem<br />
Maßstab vorgenommen werden können.<br />
Me<strong>in</strong>er Schwester Christ<strong>in</strong>e danke ich für das zeitaufwendige Korrekturlesen und die zahlreichen<br />
stilistischen H<strong>in</strong>weise.<br />
Für die konstruktive Kritik, <strong>in</strong>teressante Gespräche und den Austausch wertvoller Ideen<br />
möchte ich mich bei me<strong>in</strong>en Kommilitonen, besonders bei Felix, Paul, Philippe und Simon<br />
bedanken.<br />
Me<strong>in</strong>er Freund<strong>in</strong> Anna danke ich für die fortwährende seelische Unterstützung und aufmunternde<br />
Worte <strong>in</strong> den schwierigen Abschnitten während der Fertigstellung dieser Arbeit.<br />
Herzlicher Dank gebührt me<strong>in</strong>en Eltern Anne und Mathias. Nur durch dieses Elternhaus,<br />
die Vermittlung von wichtigen Werten und Idealen habe ich diesen Bildungsweg e<strong>in</strong>geschlagen<br />
bzw. wurde mir durch entscheidende Handlungen ihrerseits ermöglicht.
Inhaltsverzeichnis<br />
- 3 -<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Vorwort ....................................................................................................................................... 1<br />
Inhaltsverzeichnis ....................................................................................................................... 3<br />
1 E<strong>in</strong>leitung ................................................................................................................................ 6<br />
1.1 Allgeme<strong>in</strong>e Problemstellung ............................................................................................ 6<br />
1.2 Fragestellung und Motivation ........................................................................................... 7<br />
1.3 Hypothesen und Ziele ....................................................................................................... 8<br />
1.4 Stand der Forschung ....................................................................................................... 10<br />
1.5 Methodik ......................................................................................................................... 11<br />
2 Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund ..................................................................................................... 13<br />
2.1 Diszipl<strong>in</strong>äre E<strong>in</strong>ordnung des Themas ............................................................................. 13<br />
2.2 Bra<strong>in</strong> Dra<strong>in</strong> und Bedeutung des Wissens ....................................................................... 14<br />
2.3 Verhaltensweisen der Hochqualifizierten ....................................................................... 18<br />
2.4 Räumliche Verteilung des Wissens und der Berufsgruppen .......................................... 21<br />
2.5 Zugrunde liegende wirtschaftsgeographische Theorien ................................................. 24<br />
2.5.1 Neoklassische Arbeitsmarkttheorie ......................................................................... 25<br />
2.5.2 Polarisationstheorie ................................................................................................. 27<br />
2.5.3 Segmentierung des Arbeitsmarktes ......................................................................... 28<br />
2.5.4 Zusammenführung beider Theorien und neue Ansätze ........................................... 29<br />
2.5.5 Humankapital-Ansatz .............................................................................................. 30<br />
3 Analyse des Untersuchungsraums ......................................................................................... 34<br />
3.1 Räumliche Lage und Funktionale E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung ............................................................... 34<br />
3.2 Wirtschaftliche Entwicklung, Arbeitsmarkt und Ausstattung mit Humankapital .......... 35<br />
3.3 Bevölkerungsstruktur ..................................................................................................... 39<br />
3.4 Bevölkerungsdynamik .................................................................................................... 42<br />
3.5 Folgerungen für die Untersuchung ................................................................................. 45<br />
4 Empirische Untersuchung ..................................................................................................... 47<br />
4.1 Studierende Außerferner................................................................................................. 47<br />
4.1.1 Beschreibung der Gruppe und Aufbau des Fragebogens ........................................ 47<br />
4.1.2 Durchführung, Rücklauf und Repräsentativität ....................................................... 49<br />
4.2 Absolventen des BRG-Reutte – Abschlussjahrgang 1997/98 ........................................ 51<br />
4.2.1 Beschreibung der Gruppe und Aufbau des Fragebogens ........................................ 51<br />
4.2.2 Durchführung, Rücklauf und Repräsentativität ....................................................... 53<br />
4.3 Experten<strong>in</strong>terviews/Unternehmerbefragung ................................................................... 54
Inhaltsverzeichnis<br />
- 4 -<br />
4.3.1 Beschreibung der Gruppe ........................................................................................ 54<br />
4.3.2 Themenfelder der Interviews und Durchführung .................................................... 55<br />
5 Ergebnisse der empirischen Untersuchungen ........................................................................ 56<br />
5.1 Aktuell Studierende ........................................................................................................ 56<br />
5.1.1 Grundlegende Statistiken ......................................................................................... 56<br />
5.1.2 Soziale Herkunft der Studenten ............................................................................... 59<br />
5.1.3 Image des Außerferns .............................................................................................. 61<br />
5.1.4 Angebotene Infrastruktur ......................................................................................... 63<br />
5.1.5 Soziale und Emotionale B<strong>in</strong>dung an das Außerfern ................................................ 65<br />
5.1.6 Wahl des Studiums – Ausstattung mit Humankapital ............................................. 67<br />
5.1.7 Kontakt zu Unternehmen über Praktika .................................................................. 71<br />
5.1.8 Beurteilung beruflicher Aspekte und des Arbeitsmarktes ....................................... 74<br />
5.1.9 Bewertung des Außerferns h<strong>in</strong>sichtlich Berufszukunft und Berufschancen ........... 76<br />
5.1.9 Zirkulierende Wanderung und Rückkehrbed<strong>in</strong>gungen ............................................ 85<br />
5.2 Abschlussjahrgang des Jahrgangs 1997/1998 im BRG-Reutte ...................................... 88<br />
5.2.1 Grundlegende Statistiken ......................................................................................... 88<br />
5.2.2 Ausbildung der Befragten ........................................................................................ 88<br />
5.2.3 Derzeitiger und zukünftiger Lebensmittelpunkt ...................................................... 91<br />
5.2.4 Derzeitiger Arbeitsplatz und Suchradius nach entsprechenden Arbeitsmöglichkeiten<br />
................................................................................................................................ 92<br />
5.2.5 Außerhalb des Bezirkes wohnhafte Absolventen .................................................... 94<br />
5.2.6 Im Bezirk bzw. <strong>in</strong> der angrenzenden Region wohnhafte Absolventen ................... 96<br />
5.2.7 Image des Außerferns und Bewertung der Infrastruktur ......................................... 98<br />
5.2.8 Entscheidende Kriterien im Zuge e<strong>in</strong>es Wohnortwechsel ..................................... 101<br />
5.3 Untersuchte Betriebe .................................................................................................... 102<br />
5.3.1 Bedarf an Hochqualifizierten................................................................................. 102<br />
5.3.2 Fachkräftemangel .................................................................................................. 103<br />
5.3.3 Räumlicher Schwerpunkt der Anwerbung und Charakteristik der Angeworbenen105<br />
5.3.4 Verdienstsituation und Karrieremöglichkeiten ...................................................... 107<br />
5.3.5 Kontakt zu den Schulen und Universitäten ........................................................... 108<br />
5.3.6 Unternehmensstandort Außerfern.......................................................................... 110<br />
5.3.7 Vergleich der Betriebe h<strong>in</strong>sichtlich Bezug und Kontakt zu Bildungse<strong>in</strong>richtungen<br />
und potenziellen Arbeitskräften............................................................... 112<br />
5.4 Zusammenführung und Diskussion der wichtigsten Ergebnisse .................................. 113<br />
5.4.1 Push-Pull-Modell ................................................................................................... 113<br />
5.4.2 Gesamtregionaler Bezugsrahmen .......................................................................... 114
Inhaltsverzeichnis<br />
- 5 -<br />
5.4.3 Berufliche Komponenten ....................................................................................... 115<br />
5.4.3.1 Angebot und Nachfrage der Qualifikation ..................................................... 115<br />
5.4.3.2 Berufliche Verwirklichung des Partners ......................................................... 117<br />
5.4.3.3 B<strong>in</strong>dung von (potenziellen) Mitarbeitern ....................................................... 118<br />
5.4.3.4 Karriere und Verdienst ................................................................................... 120<br />
5.4.3.5 Suche nach Arbeitskräften und Arbeitsplätzen ............................................... 121<br />
5.4.4 Soziale Komponenten ............................................................................................ 123<br />
5.4.4.1 Lebenspartner ................................................................................................. 124<br />
5.4.4.2 Freundeskreis <strong>in</strong> der Region ........................................................................... 125<br />
5.4.4.3 Familiäre und gesellschaftliche B<strong>in</strong>dung ........................................................ 125<br />
5.4.5 Region als Umfeld ................................................................................................. 125<br />
5.4.5.1 Räumliche Lage .............................................................................................. 126<br />
5.4.5.2 Image/Flair ...................................................................................................... 127<br />
5.4.5.3 Selbstselektion ................................................................................................ 127<br />
5.4.5.4 Kulturelle Angebote ........................................................................................ 127<br />
5.4.5.5 Lebensqualität ................................................................................................. 128<br />
5.4.5.6 Familienbezogene Infrastruktur ...................................................................... 129<br />
6 Handlungsvorschläge .......................................................................................................... 130<br />
7 Counterurbanisierung .......................................................................................................... 136<br />
7.1 Ursachen der Counterurbanisierung ............................................................................. 138<br />
7.2 Bevorzugte Räume und betroffene Bevölkerungsgruppen ........................................... 139<br />
7.3 Effekte der Counterurbanisierung – Untersuchung anhand des Außerferns ................ 140<br />
7.3.1 Immobilienpreise ................................................................................................... 141<br />
7.3.2 Zweitwohnsitze ...................................................................................................... 141<br />
7.3.3 Infrastrukturelle Ausstattung ................................................................................. 143<br />
7.3.4 Demographische Effekte ....................................................................................... 143<br />
7.4 Zusammenfassung der empirischen Forschungsergebnisse zur Counterurbanisierung 147<br />
8 Conclusio ............................................................................................................................. 147<br />
Literaturverzeichnis ................................................................................................................ 150<br />
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................... 158<br />
Tabellenverzeichnis ................................................................................................................ 161<br />
Informantenverzeichnis .......................................................................................................... 161<br />
Anhang ................................................................................................................................... 162
E<strong>in</strong>leitung<br />
- 6 -<br />
1 E<strong>in</strong>leitung<br />
1.1 Allgeme<strong>in</strong>e Problemstellung<br />
Human resources play a central role <strong>in</strong> knowledge production and thus <strong>in</strong> technological<br />
and economic development. A knowledge-based society relies on a highly qualified labour<br />
force, not only for high-technology sectors and research, but <strong>in</strong>creas<strong>in</strong>gly <strong>in</strong> all sectors of<br />
the economy and society (OECD 2008, S. 18).<br />
Der Titel der Arbeit „<strong>Humankapitalverlust</strong> <strong>in</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Räumen</strong>“ signalisiert Entwicklungstendenzen,<br />
mit denen sich die heutige Gesellschaft konfrontiert sieht. Das Wissen<br />
wird e<strong>in</strong>hergehend mit dem Bedeutungsverlust von herkömmlichen materiellen Ressourcen<br />
e<strong>in</strong> immer wichtigeres Mittel, um e<strong>in</strong> Wachsen der Wirtschaft und somit auch der<br />
Wohlfahrt, zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> f<strong>in</strong>anzieller H<strong>in</strong>sicht, zu ermöglichen. Das Humankapital, als<br />
wirtschaftliche nutzbare Form des Wissens, wird <strong>in</strong> diesem Kontext zunehmend zu e<strong>in</strong>em<br />
wichtigen Standortfaktor auf gesamtstaatlicher und regionaler Ebene (vgl. Schwabe 2006,<br />
S. 797) und fungiert bei entsprechender Ausstattung als strategischer Wettbewerbsvorteil<br />
(vgl. Drucker 1996, S. 31). Dabei f<strong>in</strong>det hier, wie auch <strong>in</strong> anderen Bereichen, e<strong>in</strong>e Zunahme<br />
der regionalen Disparitäten statt. Agglomerationen steigen als Gew<strong>in</strong>ner aus und<br />
verzeichnen aufgrund unterschiedlicher Vorteile positive Entwicklungen. Ländliche und<br />
periphere Räume h<strong>in</strong>gegen s<strong>in</strong>d vielfach die Verlierer. Ihre Strukturschwäche und abseitige<br />
Lage bed<strong>in</strong>gen sowohl negative Bevölkerungsbilanzen als auch e<strong>in</strong>en Schwund der Eigenständigkeit<br />
und Lebensgrundlage für zahlreiche Menschen. Hierbei erweist sich die Mobilität<br />
als überaus selektiv. Es s<strong>in</strong>d vor allem die Jungen, die Hochqualifizierten und die<br />
Talente, also jene Potenziale e<strong>in</strong>er Region, auf denen Innovationen und somit auch wirtschaftliches<br />
Wachstum beruhen, welche vermehrt dem „Land“ den Rücken kehren und<br />
abwandern. Der Verlust dieses endogenen Potenzials hat demographische, ökonomische<br />
und gesellschaftliche Konsequenzen und kann zu lokalen bzw. regionalen Erosionsspiralen<br />
führen (vgl. Brake 2007, S. 178). Die Mobilität der Qualifizierten steigt ebenfalls durch die<br />
wachsende Internationalisierung des Arbeitsmarktes. Bereits während des Studiums s<strong>in</strong>d<br />
Auslandaufenthalte fast schon zur Selbstverständlichkeit geworden (vgl. Schütte 2008b, S.<br />
95ff). Folglich wird die Konkurrenz der Unternehmen und Regionen um diese Young Potentials<br />
zunehmend auf supranationaler Ebene geführt.
E<strong>in</strong>leitung<br />
- 7 -<br />
Die beschriebenen Entwicklungen wurden bereits erkannt, mit der Konsequenz, dass die<br />
EU den <strong>ländlichen</strong> Raum verstärkt mit Hilfe f<strong>in</strong>anzieller Förderungen unterstützt und dadurch<br />
unterschiedliche Programme und Projekte realisiert werden können. Die wissenschaftliche<br />
Untersuchung dieser Phänomene, vor allem das Verhalten der Hochqualifizierten,<br />
steht jedoch erst am Anfang; viele Aspekte wurden noch nicht e<strong>in</strong>gehend untersucht.<br />
Die vorliegende Arbeit soll dabei e<strong>in</strong>en Beitrag leisten, <strong>in</strong> dem sie die Motivationen der<br />
Abwanderung gut ausgebildeter Arbeitskräfte aus ihrer Heimat erhebt und e<strong>in</strong>en Vergleich<br />
anstellt, welche Qualifikationen <strong>in</strong> der untersuchten Region vonnöten s<strong>in</strong>d und für welche<br />
Ausbildungen sich ehemalige Absolventen der höheren Schulen entschieden haben. Dabei<br />
stellen sich Fragen <strong>in</strong>wiefern e<strong>in</strong> Bra<strong>in</strong> Dra<strong>in</strong>, das heißt das Abfließen potenzieller, junger<br />
und qualifizierter Arbeitskräfte, besteht: S<strong>in</strong>d es, wie <strong>in</strong> der Literatur beschrieben, vor<br />
allem fehlende Agglomerationsvorteile, welche den Wegzug bed<strong>in</strong>gen? Wie stark ist die<br />
emotionale B<strong>in</strong>dung? Unter welchen Bed<strong>in</strong>gungen würden die außerhalb der Region lebenden<br />
Hochqualifizierten zurück <strong>in</strong> ihre Heimat kehren?<br />
Es ist bereits die zweite Arbeit <strong>in</strong>nerhalb kurzer Zeit, welche zu dieser Region und deren<br />
oben beschriebener Problemstellung, verfasst wird. Dieses wiederum ist nicht nur e<strong>in</strong> Indiz<br />
für das Erkennen der Entwicklungen, sondern auch für den Mangel an regionsangepassten<br />
Strategien. Die erste Arbeit befasste sich mit dem Regionalmarket<strong>in</strong>g, der Region als Marke<br />
an sich, und sollte Maßnahmen aufzeigen, die vor allem auf regionsfremde Arbeitnehmer<br />
und Selbstständige zielte (vgl. Kerber 2009). Die vorliegende Arbeit soll im Gegensatz<br />
dazu e<strong>in</strong>e Analyse der regional vorhandenen Strukturen und Potenziale darstellen<br />
und mögliche Defizite aufdecken.<br />
1.2 Fragestellung und Motivation<br />
Der bestehende Fachkräftemangel stellt <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit dem demographischen Wandel<br />
e<strong>in</strong> elementares Problem des Bezirkes Reutte dar. Daher gilt es, Strategien zu f<strong>in</strong>den,<br />
um diesen Entwicklungen frühzeitig entgegen zu wirken. Für die Implementierung entsprechender<br />
Projekte ist e<strong>in</strong>e breite Wissensgrundlage erforderlich. Im Vorfeld der Untersuchung<br />
haben sich <strong>in</strong> mehreren Diskussionen die Studenten des Bezirkes als e<strong>in</strong> elementarer<br />
Bestandteil des regionalen Potenzials erwiesen. Das Wanderungsverhalten dieser jungen<br />
Erwachsenen, deren Qualifikation und Bezug zu ihrer Heimatregion s<strong>in</strong>d dabei von<br />
großer Bedeutung. Da hierzu bislang jegliche Erhebungen fehlen, soll die Motivations-
E<strong>in</strong>leitung<br />
- 8 -<br />
dynamik dieser speziellen Gruppe im Spannungsfeld e<strong>in</strong>es sozio-ökonomischen Wandels<br />
untersucht werden. Folgende Fragestellungen gilt es, <strong>in</strong> der vorliegenden Arbeit zu klären:<br />
• Welche Faktoren bee<strong>in</strong>flussen die Wanderung der jungen Akademiker?<br />
• Besteht zwischen den Qualifikationen der Studenten und der Nachfrage seitens der<br />
Unternehmen e<strong>in</strong>e Diskrepanz?<br />
• Welchen Stellenwert nimmt das regionale Potenzial an Fachkräften <strong>in</strong> den Rekrutierungsstrategien<br />
der Unternehmen e<strong>in</strong>?<br />
• Welchen Bezug weisen die (ehemaligen) Studenten gegenüber ihrer Heimatregion<br />
<strong>in</strong> persönlicher und berufsbezogener H<strong>in</strong>sicht auf?<br />
• S<strong>in</strong>d die aktuell studierenden Außerferner rückkehrbereit bzw. wie viele kehren<br />
nach dem Studium tatsächlich zurück?<br />
Diese Arbeit wurde von e<strong>in</strong>em sechswöchigen Praktikum begleitet, <strong>in</strong> dem neben Datensammlung<br />
und Kontaktaufnahme mit entsprechenden Entscheidungsträgern, aktuelle Projekte<br />
der Regionalentwicklung Außerfern unterstützt und die vielseitigen Aufgaben und<br />
Kompetenzen kennen gelernt wurden.<br />
Neben dem wissenschaftlichen Erkenntnis<strong>in</strong>teresse gilt es, e<strong>in</strong>en praktisch relevanten Beitrag<br />
zu den Problemen jener Region, <strong>in</strong> welcher der Verfasser selbst e<strong>in</strong>en Großteil se<strong>in</strong>er<br />
K<strong>in</strong>dheit und Jugend verbracht hat, zu leisten.<br />
1.3 Hypothesen und Ziele<br />
Aus den oben beschriebenen Fragestellungen ergeben sich folgende Hypothesen. Sie sollen<br />
im Verlauf der Arbeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em breiten Rahmen diskutiert und entsprechend verifiziert<br />
bzw. falsifiziert werden.<br />
• Sowohl die zunehmende Mobilität der Studenten als auch Arbeitnehmer ist Fakt<br />
und primär positiv zu sehen. Dadurch können angehende Arbeitskräfte e<strong>in</strong>schlägige<br />
Ausbildungen absolvieren, Erfahrungen sammeln und somit erst das Prädikat<br />
„hochqualifiziert“ erlangen. Da im Außerfern ke<strong>in</strong>e Möglichkeit besteht, nach absolvierter<br />
Matura tertiäre Bildungswege zu beschreiten, müssen Absolventen die<br />
Region zum<strong>in</strong>dest temporär verlassen.
E<strong>in</strong>leitung<br />
- 9 -<br />
• Der <strong>in</strong> unterschiedlichen Branchen auftretende Fachkräftemangel muss entweder<br />
durch die Zuwanderung regionsfremder qualifizierter Arbeitskräfte oder der Rückkehr<br />
des eigenen Potenzials der Region gedeckt werden.<br />
• Das eigene Potenzial wird nicht vollends ausgeschöpft, da zum e<strong>in</strong>en die Vernetzung<br />
der allgeme<strong>in</strong> bildenden höheren Schulen und der regionalen Wirtschaft<br />
ger<strong>in</strong>g ist und somit, aus Sicht der Außerferner Unternehmen, „Fehlentscheidungen“<br />
der Studierenden h<strong>in</strong>sichtlich ihrer Studienwahl getroffen werden.<br />
Zum anderen ist die Suche nach entsprechenden, aus der Region stammenden<br />
Fachkräften, welche derzeit zwecks Ausbildung an anderen Orten leben, zu unspezifisch<br />
und wenig zielgerichtet.<br />
• Die Suche nach entsprechenden Arbeitsstellen wird von beruflichen Kriterien dom<strong>in</strong>iert.<br />
Soziale und emotionale B<strong>in</strong>dungen h<strong>in</strong>gegen s<strong>in</strong>d sekundär. Durch fehlende<br />
Informationen zum Arbeitsmarkt der Heimatregion, werden vorwiegend Berufsoptionen<br />
außerhalb der Region gewählt. Die pr<strong>in</strong>zipielle Bereitschaft zur Rückkehr<br />
wird somit untergraben.<br />
• E<strong>in</strong>e starke emotionale B<strong>in</strong>dung zur Familie, den Freunden, dem Lebenspartner <strong>in</strong><br />
der Heimatregion sowie e<strong>in</strong>e Partizipation an dem lokalen Gesellschaftsleben führen<br />
zu e<strong>in</strong>er verstärkten Rückkehr.<br />
Aus diesen Hypothesen ergibt sich die Notwendigkeit der Untersuchung zweier Teilbereiche:<br />
der ökonomischen Push- und Pull-Faktoren und der subjektiven Bewertungen<br />
und Assoziationen. Die Ergebnisse dieser Arbeit sollen ke<strong>in</strong>em prognostischen Zweck<br />
dienen, da es sich um e<strong>in</strong>e Momentaufnahme e<strong>in</strong>er regional-<strong>in</strong>dividuellen Ersche<strong>in</strong>ung<br />
handelt und die Entscheidung für und gegen e<strong>in</strong>en Rückzug von zahlreichen, sich verändernden<br />
Faktoren abhängt. Die vorliegende Untersuchung ist daher als e<strong>in</strong>e Aufdeckung<br />
und Interpretation der Motivationsmuster anzusehen, welche mit Hilfe verschiedener Zugänge<br />
zu der Problematik sowohl die Sicht- und Verhaltensweise der Außerferner Jungakademiker<br />
als auch deren Bedeutung <strong>in</strong> demographischer und vor allem wirtschaftlicher<br />
Zukunft der Untersuchungsregion impliziert. Darüber h<strong>in</strong>aus soll diese Arbeit e<strong>in</strong>en wissenschaftlichen<br />
Rahmen für weiterführende Diskussionen und Strategien bieten.
E<strong>in</strong>leitung<br />
- 10 -<br />
1.4 Stand der Forschung<br />
Das untersuchte Forschungsfeld ist noch relativ jung. Wesentliche Grundste<strong>in</strong>e wurden<br />
durch Meusburger (1974, 1980 und 1998) gelegt, der sich vor allem mit Fragen der räumlichen<br />
Verbreitung von Wissen beschäftigte. Die Bildungsstruktur Tirols untersuchte Höfle<br />
(1982) <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Dissertation an der Universität Innsbruck. Das Außerfern wurde von Keller<br />
(1975) bezüglich der Bevölkerungsstruktur aufgearbeitet. Neuere Studien zur Problematik<br />
der Abwanderung aus <strong>ländlichen</strong> Gebieten s<strong>in</strong>d vorwiegend auf deutsche Räume<br />
konzentriert. Zum e<strong>in</strong>en beschäftigten sich Fromhold-Eisebith und Wolfgang Schrattenecker<br />
(2006) mit der allgeme<strong>in</strong>en Entwicklung der Qualifikation <strong>in</strong> ihrer räumlichen Ausbreitung<br />
bzw. Konzentration. Zum anderen wurde die Abwanderung aus e<strong>in</strong>zelnen Teilräumen,<br />
wie beispielsweise aus Mitteldeutschland von Friedrich und Schultz (2007) oder<br />
der Wegzug der Abiturienten im Landkreis Haßberge <strong>in</strong> Unterfranken von Chilla et al.<br />
(2008) empirisch <strong>in</strong> quantitativer und qualitativer H<strong>in</strong>sicht erhoben. Des Weiteren fanden<br />
Untersuchungen statt, die sich speziell auf Hochqualifizierte konzentrierten, wie beispielsweise<br />
Rohr-Zänker (2001), die der Frage der Attraktivität peripherer Räume für Hochqualifizierte<br />
nachg<strong>in</strong>g oder Janssen (2001), der sich mit e<strong>in</strong>er vergleichbaren Thematik befasste.<br />
Auf die aktuelle österreichische Situation der Verbreitung des Wissens g<strong>in</strong>g Fassmann<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ÖROK-Bericht (2002) e<strong>in</strong>, sowie Schwabe (2006), der die Verteilung des Humankapitals<br />
<strong>in</strong> Österreich auf Grundlage der Volkszählung 2001 darstellte.<br />
Die zweite Schiene der Ause<strong>in</strong>andersetzung mit diesem Thema bildet e<strong>in</strong>e praxisorientierte<br />
Herangehensweise. Aufgrund der wirtschaftlichen Relevanz dieser Problematik sehen sich<br />
sowohl Unternehmen als auch Arbeitsmarkt bezogene Institutionen wie das IBW (Institut<br />
für Bildungsforschung und Wirtschaft <strong>in</strong> Wien) oder IAB (Institut für Arbeitsmarkt- und<br />
Berufsforschung <strong>in</strong> Nürnberg) mit den beschriebenen Problemen des Fachkräftemangels <strong>in</strong><br />
<strong>ländlichen</strong> <strong>Räumen</strong> und dem teils zugrunde liegenden demographischer Wandel konfrontiert<br />
(vgl. u.a. Schneeberger und Petanovitsch 2010; Bellmann et al. 2006). In ihren Ansätzen<br />
werden neue Rekrutierungswege von Hochqualifizierten, veränderte Betriebsstrukturen<br />
und die Teilnahme an der verstärkt <strong>in</strong>ternationalen Konkurrenz um geeignete Arbeitskräfte<br />
gesucht und diskutiert (vgl. u.a. Schneider und Ste<strong>in</strong> 2006, S. 20).<br />
Aus diesen Arbeiten lässt sich die hohe Relevanz des Humankapitals <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em rohstoffarmen<br />
Raum ableiten, <strong>in</strong> dem Wissen und Qualifikation e<strong>in</strong>e zunehmend wichtigere Rolle<br />
spielen und e<strong>in</strong>e regionale Konkurrenz um diese bestens ausgebildeten Personen verstärkt<br />
e<strong>in</strong>treten wird (vgl. Schütte 2008; Stehr 2005). Die Diskussion zum Bra<strong>in</strong> Dra<strong>in</strong> wird
E<strong>in</strong>leitung<br />
- 11 -<br />
neben der <strong>in</strong>ternationalen Ebene auch zusehends <strong>in</strong> regionalen Maßstäben geführt. Die<br />
zukünftige Rückwanderung der Hochqualifizierten, also e<strong>in</strong>e Bra<strong>in</strong> Circulation, wird dabei<br />
häufig als möglicher Lösungsweg gesehen (vgl. Friedrich und Schultz 2007, Straubhaar<br />
2000, Wohlburg 2001).<br />
Auf persönlich-<strong>in</strong>dividueller Basis wird die Entscheidung, e<strong>in</strong>e Region zu verlassen bzw.<br />
<strong>in</strong> diese wieder zurück zu kehren, durch drei wesentliche Faktoren bee<strong>in</strong>flusst: die emotionale<br />
B<strong>in</strong>dung an den jeweiligen Ort, Ausbildungserfordernisse sowie die lokalen Arbeitsmarktbed<strong>in</strong>gungen.<br />
Die beiden letzt genannten Faktoren s<strong>in</strong>d durch Ausbildungsmöglichkeiten<br />
vor Ort bzw. durch Arbeitsmarktanalysen messbar. Die stark subjektive Wahrnehmung<br />
e<strong>in</strong>es Raumes h<strong>in</strong>gegen sowie die damit verbundenen Entscheidungsprozesse der<br />
Bewohner h<strong>in</strong>sichtlich Ab- bzw. Rückwanderung s<strong>in</strong>d schwerer messbar und noch kaum<br />
erforscht (vgl. Chilla et al. 2008, S. 262).<br />
Somit wird der Forschungsauftrag zur Analyse des Fachkräftemangels im Bezirk Reutte<br />
auf das endogene Potenzial, also die angehenden Akademiker dieser Region, bezogen. Die<br />
Untersuchung des Zuzugs regionsexterner Fachkräfte wäre <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />
ebenso relevant, kann im Rahmen dieser Arbeit jedoch lediglich gestreift werden.<br />
1.5 Methodik<br />
Da zu dem vorliegenden Untersuchungsraum ke<strong>in</strong>e relevanten Daten vorhanden waren,<br />
mussten diese <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>duktiven Herangehensweise erhoben werden. Um e<strong>in</strong> umfassendes<br />
Bild über die regionalen Verhältnisse zu bekommen, welches sowohl die Sichtweise<br />
der Studierenden als auch jene der Region und deren Unternehmen mit e<strong>in</strong>bezieht,<br />
wurde e<strong>in</strong> breit gefächerter Ansatz, bestehend aus drei Untersuchungsgruppen, als zielführend<br />
erachtet. Diese Gruppen wurden aufgrund diverser E<strong>in</strong>flussfaktoren und Rollen im<br />
System des regionalen Arbeitsmarktes für Hochqualifizierte ausgewählt. Der Fokus der<br />
Untersuchung wurde auf drei Gruppen gelegt: Die derzeit an österreichischen Universitäten<br />
studierenden Außerferner, die bereits berufstätigen Absolventen des BRG Reutte sowie<br />
auf die ortsansässige Unternehmen (vgl. Abb. 1.1). Die Fragestellung und die jeweilige<br />
Größe der Gruppen, die sich aus thematischen Gründen und der Realisierbarkeit der Erhebung<br />
ergeben, erforderten verschiedene methodische Herangehensweisen, wobei es sich<br />
hierbei ausschließlich um e<strong>in</strong> Methodenspektrum der empirischen Sozialforschung handelt.
E<strong>in</strong>leitung<br />
- 12 -<br />
Abb. 1.1: Methodik<br />
Quelle: eigene Darstellung<br />
Die beschriebenen Vorschläge implizieren strukturelle Änderungen, welche naturgemäß<br />
langfristig s<strong>in</strong>d und durch die regionalen Akteure umgesetzt und von der Bevölkerung<br />
getragen werden. Darüber h<strong>in</strong>aus soll diese Arbeit als Grundlage bzw. Anstoß weiterer und<br />
vertiefenden wissenschaftlichen Analysen der Region verstanden werden.
Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund<br />
- 13 -<br />
2 Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund<br />
2.1 Diszipl<strong>in</strong>äre E<strong>in</strong>ordnung des Themas<br />
Die Fragestellung der vorliegenden Arbeit ist vielschichtig und ermöglicht verschiedene<br />
theoretische Annäherungsmöglichkeiten. Sie beschreibt zum e<strong>in</strong>en die Entwicklung und<br />
Bewertung des <strong>ländlichen</strong> Raumes und veranschaulicht zum anderen das bevölkerungsgeographische<br />
Wanderungsgeschehen, die wirtschaftliche Entwicklung e<strong>in</strong>zelner Regionen<br />
und deren Verflechtung mit anderen <strong>Räumen</strong> sowie die arbeitsmarktbezogene Ausstattung<br />
dieser Lebensbereiche.<br />
Diese Vorgänge werden vordergründig von zwei gesamtgesellschaftlichen Prozessen begleitet:<br />
dem demographischen Wandel, der <strong>in</strong>sbesondere ländliche und/oder periphere<br />
Räume vor große Herausforderungen stellt und der steigende Anteil der Akademiker, dessen<br />
Wachsen mit e<strong>in</strong>er Professionalisierung der mittleren und höheren Berufe e<strong>in</strong>hergeht,<br />
deren Zugangsbed<strong>in</strong>gung zusehends e<strong>in</strong>en Fachhochschul- oder Hochschulabschluss erfordert<br />
(vgl. Daheim 1969, S. 367; Meusburger 1998, S. 46f; Kellermann 1987, S. 62f). Diese<br />
fachliche Spezialisierung sowie e<strong>in</strong>e Verschiebung von blue collar zu white collar jobs<br />
führen unter anderem zu der so genannten Wissensgesellschaft, wobei Humanressourcen<br />
<strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> rohstoffarmen Regionen e<strong>in</strong>e große Bedeutung zugesprochen wird (vgl.<br />
u.a. Schütte 2008a).<br />
Bezüglich der Wanderungen s<strong>in</strong>d alters- und bildungsspezifische Verlagerungen des Lebensmittelpunktes<br />
sowie später folgende, dem Lebenszyklus entsprechende, räumliche<br />
Neuorientierung vorhanden. Dadurch erschließen sich weitere Teilbereiche der Humanoder<br />
Anthropogeographie, hauptsächlich jene durch Meusburger (1998) geprägte Bildungsgeographie<br />
und die Werlensche handlungszentrierte Sozialgeographie (Werlen<br />
2000). Hierbei ergibt sich e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre Verb<strong>in</strong>dung zu den Nachbarwissenschaften<br />
der Soziologie und Psychologie (vgl. Abb. 2.1).<br />
Auf Seite der wirtschaftsgeographischen Diszipl<strong>in</strong>en müssen jene Theorien e<strong>in</strong>bezogen<br />
werden, <strong>in</strong> denen die Faktoren Arbeit und der Mensch, als Träger von Qualifikation und<br />
damit verbundener Produktivität, e<strong>in</strong>e zentrale Rolle spielen. Diese E<strong>in</strong>flüsse beruhen auf<br />
der Arbeitsmarktgeographie (Fassmann und Meusburger 1997) und der zugrunde liegenden<br />
neoklassischen Arbeitsmarkttheorie, der Polarisationstheorie und der stark wirtschaftlich<br />
geprägten Humankapitaltheorie. Neben diesen wirtschaftsgeographischen Richtungen
Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund<br />
- 14 -<br />
s<strong>in</strong>d ebenso raumwirtschaftliche Theorien, welche die Entwicklung ländlicher und peripherer<br />
Regionen sowie deren Zusammenspiel mit städtischen Agglomerationen erklären, für<br />
den Problemkreis der Abwanderung junger Hochqualifizierter relevant. Da sie jedoch<br />
vorwiegend <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em größeren Maßstab und diesbezüglich eher h<strong>in</strong>tergründig wirken,<br />
werden sie <strong>in</strong> der vorliegenden Arbeit nicht näher erläutert.<br />
Abb. 2.1: Diszipl<strong>in</strong>äre E<strong>in</strong>ordnung<br />
Quelle: eigene Darstellung<br />
2.2 Bra<strong>in</strong> Dra<strong>in</strong> und Bedeutung des Wissens<br />
Der Begriff Bra<strong>in</strong> Dra<strong>in</strong> ist auf e<strong>in</strong>en Bericht der British Royal Society im Jahr 1962 zurückzuführen.<br />
Er beschreibt den dauerhaften „Verlust an akademischen und wirtschaftlichen<br />
Leistungseliten“ (Schütte 2008b, S. 93) der europäischen Industrieländer und vor<br />
allem der Entwicklungsländer zumeist an die USA (vgl. Meusburger 1998, S. 383). Durch<br />
die Abwanderung dieser Gruppe verliert der jeweilige Staat nicht nur wichtige Arbeitskräfte,<br />
welche e<strong>in</strong>e zukünftige, <strong>in</strong>novative Entwicklung ermöglichen, sondern es können<br />
ebenso die <strong>in</strong> diese Personen <strong>in</strong>vestierten Leistungen <strong>in</strong> Form von Wissensvermittlung an<br />
Hochschulen und ähnlichen E<strong>in</strong>richtungen nicht amortisiert werden.
Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund<br />
- 15 -<br />
Durch die bereits erwähnten Arbeiten von Friedrich und Schultz (2007; 2008) ist zusätzlich<br />
zu der bereits gut erforschten <strong>in</strong>ternationalen Ebene e<strong>in</strong>e Erweiterung der wissenschaftlichen<br />
Diskussion um e<strong>in</strong>en Bra<strong>in</strong> Dra<strong>in</strong> auf regionaler Ebene beobachtbar. Obwohl Geipel<br />
bereits <strong>in</strong> den 1960er Jahren auf die Bedeutung der Erforschung des regionalen Verlustes<br />
an Hochqualifizierten h<strong>in</strong>gewiesen hat, wurde dieser Ansatz lange Zeit wenig berücksichtigt<br />
(vgl. Meusburger 1998, S. 384). Heute, ca. 40 Jahre später, wird dieses Thema wieder<br />
verstärkt <strong>in</strong> die Regionalforschung e<strong>in</strong>gebunden, die sich <strong>in</strong>sbesondere mit der Gruppe der<br />
Hochqualifizierten beschäftigt, da diese für Fortschritt, Kreativität, Innovationsaktivität<br />
und Wettbewerbsfähigkeit stehen und e<strong>in</strong> Zustrom dieser Gruppe <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wissensgesellschaft<br />
auch auf regionaler Basis zunehmend erstrebenswert wird (vgl. Fromhold-Eisebith<br />
und Schrattenecker 2006, S. 259). Die Dynamik rund um den Themenkomplex des Bra<strong>in</strong><br />
Dra<strong>in</strong> wurde <strong>in</strong> den letzten Jahren durch den E<strong>in</strong>bezug weiterer Begriffe wie Bra<strong>in</strong> Ga<strong>in</strong>,<br />
Bra<strong>in</strong> Waste, Bra<strong>in</strong> Exchange, Bra<strong>in</strong> Circulation etc. ausgeweitet und somit der allgeme<strong>in</strong><br />
negative Tenor durch e<strong>in</strong>e differenzierte Abwägung zwischen positiver und negativer Effekte<br />
ergänzt (vgl. Friedrich und Schultz 2007, S. 28f). In Abb. 2.2 werden diese Begriffe<br />
schematisch erklärt.<br />
Dabei manifestiert sich<br />
e<strong>in</strong> Bra<strong>in</strong> Ga<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Gew<strong>in</strong>n an Humankapital.<br />
Unter Bra<strong>in</strong><br />
Waste wird die Vergeudung<br />
von Fachwissen<br />
und unzureichende<br />
Nutzung dieses<br />
Kapitals verstanden. Sie<br />
kann beispielsweise<br />
durch fehlende Herausforderungen<br />
<strong>in</strong> Beschäftigungen<br />
unter<br />
Abb. 2.2: Mobilitätsformen des Wissens<br />
Quelle: eigene Darstellung<br />
unterqualifizierten Verhältnissen,<br />
ungenügende (Weiter)-Bildungsmöglichkeiten oder Arbeitslosigkeit dieser<br />
Fachkräfte bed<strong>in</strong>gt werden. Bra<strong>in</strong> Exchange beschreibt den Abfluss der eigenen Humanressourcen,<br />
der jedoch durch Zufluss von Außen kompensiert wird. Es handelt sich somit<br />
um e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ation aus Bra<strong>in</strong> Dra<strong>in</strong> und Bra<strong>in</strong> Ga<strong>in</strong>. E<strong>in</strong> Beispiel hierfür ist das Ab-
Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund<br />
- 16 -<br />
wandern junger Wissenschaftler aus Deutschland, die durch osteuropäische Bra<strong>in</strong>s ersetzt<br />
werden (vgl. Straubhaar 2001, S. 10ff). Durch den Begriff Bra<strong>in</strong> Circulation, von Flüchter<br />
(1990) als u-turn-Migration bezeichnet, soll e<strong>in</strong>e zirkuläre Wanderung erklärt werden. Sie<br />
würde bei e<strong>in</strong>er starken Rückwanderung von Akademikern <strong>in</strong> ihre Heimat-region, die zu<br />
Weiterbildungszwecken zum<strong>in</strong>dest temporär abwandern müssen, zutreffen.<br />
Den Bra<strong>in</strong> Dra<strong>in</strong> fördernde Umstände s<strong>in</strong>d:<br />
• E<strong>in</strong> fehlendes Arbeitsplatzangebot (auch für Partner),<br />
• Schlechtes Image,<br />
• Fehlende Freizeit- und Kulture<strong>in</strong>richtungen,<br />
• Fehlendes Angebot an (Weiter)Bildungse<strong>in</strong>richtungen,<br />
• Räumlich periphere Lage,<br />
• Mangelhafte Wohnqualität.<br />
E<strong>in</strong> Bra<strong>in</strong> Ga<strong>in</strong> h<strong>in</strong>gegen wird durch folgende Umstände bed<strong>in</strong>gt:<br />
• Entsprechende qualitative und quantitative Ausstattung mit Bildungse<strong>in</strong>richtungen,<br />
• Entwicklung der Region,<br />
• Ger<strong>in</strong>ge Lebenserhaltungskosten und hohe Lebensqualität.<br />
Die Folgen e<strong>in</strong>es Bra<strong>in</strong> Dra<strong>in</strong> lassen sich nach Fuchs (2001) <strong>in</strong> vier Gruppen unterteilen:<br />
• Ökonomische Effekte: weniger Innovationen und Wegzug von Unternehmen,<br />
• F<strong>in</strong>anzielle Effekte: ger<strong>in</strong>gere Investitionstätigkeit und steuerliche E<strong>in</strong>nahmen,<br />
• Soziale Effekte: ger<strong>in</strong>gere Beteiligung am Vere<strong>in</strong>sleben,<br />
• Ökologische Effekte: Arbeit der Hochqualifizierten ist umweltschonender; Umweltbewusstse<strong>in</strong><br />
ist stärker verankert.<br />
Da Bra<strong>in</strong> Dra<strong>in</strong> aus der Perspektive e<strong>in</strong>zelner Länder und Regionen negativ gedeutet wird,<br />
haben sich zwei Gegenstrategien etabliert. Das Anwerben und der Zuzug regionsfremder<br />
gut ausgebildeter Arbeitskräfte, also e<strong>in</strong> Bra<strong>in</strong> Ga<strong>in</strong>, ist die erste Möglichkeit. Als Alternative,<br />
vor allem <strong>in</strong> Zeiten e<strong>in</strong>er verstärkten Internationalisierung, gilt die Rückwanderung,
Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund<br />
- 17 -<br />
also e<strong>in</strong>e Bra<strong>in</strong> Circulation, die den regionalen Bedarf an Hochqualifizierten decken soll.<br />
Dieser Ansatz sche<strong>in</strong>t vor allem für ländliche Regionen Erfolg versprechend, da diese im<br />
Allgeme<strong>in</strong>en selbst über ke<strong>in</strong>e tertiären Bildungse<strong>in</strong>richtungen verfügen und ihre Bildungswilligen<br />
daher zwangsweise ihre Heimat verlassen müssen. Der Status e<strong>in</strong>es Hochqualifizierten<br />
wird erst durch die Aneignung von Wissen an Universitäten, Akademien<br />
usw. und verstärkt auch Auslandserfahrung, welche vor allem von weltweit operierenden<br />
Unternehmen zunehmend gefragt ist (vgl. Schütte 2008b, S. 96), erreicht.<br />
Abschließend gilt die Frage zu klären, welche Personen als Bra<strong>in</strong>s bezeichnet werden. E<strong>in</strong>e<br />
mögliche Def<strong>in</strong>ition ist die Charakterisierung als überdurchschnittlich qualifizierte, meist<br />
junge Personen (vgl. Friedrich und Schultz 2007, S. 29). Im selben Kontext wird häufig<br />
von Hochqualifizierten gesprochen, worunter man Personen versteht, „die e<strong>in</strong> hohes Ausbildungsniveau<br />
und viele der für e<strong>in</strong>e berufliche Position wünschenswerte Qualifikationen<br />
aufweisen“ (Meusburger 1998, S. 79). Bei genauerer Betrachtung der Qualifikation lässt<br />
sich e<strong>in</strong>e Unterteilung <strong>in</strong> zum<strong>in</strong>dest vier Subkategorien vornehmen. Die <strong>in</strong> Abb. 2.3 dargestellte<br />
Gliederung verdeutlicht<br />
dabei e<strong>in</strong>e zunehmende<br />
Konzentration<br />
auf e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>er werdenden<br />
Personenkreis bis h<strong>in</strong><br />
zum Individuum.<br />
Bestimmte Qualifikation<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Form von Ausbildungsabschlüssen<br />
messbar und vergleichbar,<br />
andere auf der Persönlichkeit<br />
oder Erfahrung basierende<br />
h<strong>in</strong>gegen nicht. Aus Abb. 2.3: Qualifikationsformen<br />
Quelle: eigene Darstellung <strong>in</strong> Anlehnung an Meusbruger 1998, S. 78<br />
Gründen der Vere<strong>in</strong>fachung<br />
werden <strong>in</strong> der vorliegenden Studie die höchsten Bildungsabschlüsse herangezogen.<br />
Als hochqualifiziert gelten dabei jene, welche nach dem ISCED-Level (International<br />
Standard Classification of Education) auf Stufe 5a oder 6 stehen. Demzufolge handelt es<br />
sich um Absolventen von (Werk-)Meisterschulen, Kollegs, Akademien, Pädagogischen<br />
Hochschulen, Fachhochschulen oder Universitäten, Doktoratsstudien <strong>in</strong>kludiert (vgl.
Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund<br />
- 18 -<br />
Internetquelle 1). Um die Untersuchungsgruppe e<strong>in</strong>zuschränken, wurde der Schwerpunkt<br />
vor allem auf die Absolventen der Universitäten gelegt.<br />
2.3 Verhaltensweisen der Hochqualifizierten<br />
Durch handlungstheoretische Ansätze sollen die E<strong>in</strong>flüsse von Wissen, Informationen oder<br />
Kompetenzen auf die Wahrnehmung, Entscheidungsprozesse und das Handeln der Menschen<br />
erklärt werden. Dabei gilt die bewusste und unbewusste Interaktion mit anderen<br />
Menschen, also die Dase<strong>in</strong>sgrundfunktion „<strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaft leben“, als bedeutender, den<br />
Handlungsrahmen formender E<strong>in</strong>fluss auf die Bewertung und E<strong>in</strong>stellung zur Bildung (vgl.<br />
Werlen 2000, S. 193). In unterschiedlichen Studien, wobei Meusburger (1980) e<strong>in</strong>e der<br />
umfassendsten und für weitere Untersuchungen grundlegendsten ist, konnte gezeigt werden,<br />
dass bestimmte Determ<strong>in</strong>anten für den Verlauf von Ausbildungs- und Berufslaufbahn<br />
prägend s<strong>in</strong>d und das Handeln der Hochqualifizierten <strong>in</strong> vielen H<strong>in</strong>sichten vom Rest der<br />
Bevölkerung variiert.<br />
Den stärksten und unter nahezu allen politischen und sozio-ökonomischen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
wirkenden E<strong>in</strong>fluss ist der sozialen Schichtzugehörigkeit des Elternhauses beizumessen,<br />
aus dem die Betroffenen stammen. Diese Schicht kann durch verschiedene Kriterien,<br />
wie f<strong>in</strong>anziellen Situation, Ausbildungsniveau oder Beruf, beschrieben werden (vgl.<br />
Meusburger 1998, S. 273ff). Die Bildungsaspiration der Eltern führt, durch bewusste und<br />
unbewusste Übertragung der Bedeutung und des Stellenwertes von Bildung auf ihre K<strong>in</strong>der,<br />
zu der Wahl von bestimmten Bildungswegen, Besuch von bestimmten Schulen, zu der<br />
Wahl e<strong>in</strong>es Studiums oder weckt generell höhere berufliche Ambitionen. Dieses bewirkt,<br />
dass das Bildungsverhalten der K<strong>in</strong>der verschiedener Herkunftsmilieus trotz ähnlicher<br />
Veranlagung und Intelligenz unterschiedliche Übertrittsquoten <strong>in</strong> höhere Bildungswege<br />
aufweist. Dabei erfolgt die Prägung nicht zw<strong>in</strong>gend <strong>in</strong> Form der Wahl e<strong>in</strong>er konkreten<br />
Berufslaufbahn oder des dah<strong>in</strong> führenden Studiums, sondern eher durch die Vermittlung<br />
e<strong>in</strong>es allgeme<strong>in</strong>en Aspirationsniveaus (vgl. Daheim 1969, S. 375). Als wesentliche Gründe<br />
dieses Umstandes wird das größere zur Verfügung stehende Angebot zu bildungs- und<br />
arbeitsmarktbezogenen Informationen sowie räumlich weiter reichende Kontakte der Eltern<br />
aus sozial höheren Schichten gesehen (vgl. Meusburger 1980, S. 166).<br />
Weitere E<strong>in</strong>flussfaktoren auf das Bildungsverhalten s<strong>in</strong>d kulturelle und religiöse Normen,<br />
das Geschlecht, wobei der Bedeutung dieses Faktors <strong>in</strong> Industrieländer stark abgenommen
Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund<br />
- 19 -<br />
hat, das regionale Angebot an Schulen sowie F<strong>in</strong>anzierung des Schulwesens, die Verkehrsstruktur<br />
und die Schulwegbed<strong>in</strong>gungen und letztendlich die Wirtschaftsstruktur und das<br />
regionale Arbeitsplatzangebot. Letzteres gilt h<strong>in</strong>gegen nicht gleichermaßen für alle Personen<br />
e<strong>in</strong>er Region, da vor allem Eltern und Schüler aus bildungsferneren Schichten von der<br />
regionalen Nachfrage veranlasst werden, bestimmte Berufslaufbahnen e<strong>in</strong>zuschlagen.<br />
Dieser Umstand wiederum weist e<strong>in</strong>en Gradienten h<strong>in</strong>sichtlich der Geme<strong>in</strong>degröße auf,<br />
<strong>in</strong>dem niedrige soziale Schichten <strong>in</strong> größeren Städten e<strong>in</strong>e stärkere vertikale Inter-<br />
Generationen-Mobilität aufweisen als dieselben Schichten <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>eren Siedlungen oder<br />
<strong>ländlichen</strong> <strong>Räumen</strong> (vgl. Meusburger 1998, S. 291).<br />
Gemäß der vorgenommenen Def<strong>in</strong>ition stehen Hochqualifizierte nach erfolgreicher Absolvierung<br />
e<strong>in</strong>es Hochschulstudiums oder vergleichbaren Bildungse<strong>in</strong>richtungen am vorläufigen<br />
Ende des formalen Bildungsweges. H<strong>in</strong>sichtlich der Suche e<strong>in</strong>es adäquaten ersten<br />
Arbeitsplatzes weisen diese Jungakademiker ebenso e<strong>in</strong> abweichendes Verhalten auf. Zum<br />
e<strong>in</strong>en korreliert e<strong>in</strong>e zunehmende Qualifikation mit e<strong>in</strong>em wachsenden Suchradius (vgl.<br />
Fassmann und Meusburger 1997, S. 183). Das wird durch den Umstand bed<strong>in</strong>gt, dass viele<br />
spezialisierte Qualifikationen nur an vergleichsweise wenigen Standorten nachgefragt<br />
werden, wobei hier generell e<strong>in</strong> Unterschied zwischen Stadt und Land sowie Zentrum und<br />
Peripherie besteht (vgl. Kap. 2.4). Während das Zentrum als Ort der Entscheidungsfunktion,<br />
Knotenpunkt der wichtigen Transaktionen dient und somit e<strong>in</strong>e gewisse Autorität<br />
gegenüber der Peripherie besteht, wirken Agglomerationen für Hochqualifizierte attraktiver<br />
und anziehender als ländliche Räume (vgl. Meusburger 2004, S. 41).<br />
Dadurch wird e<strong>in</strong> Wanderungsgeschehen dieser Gruppe impliziert, deren Beweggründe<br />
und Ziele von jenen der Restbevölkerung divergieren. Generell wird unter e<strong>in</strong>er Wanderung<br />
die dauerhafte Verlagerung des Wohnsitzes über die Geme<strong>in</strong>degrenzen h<strong>in</strong>weg verstanden<br />
(vgl. He<strong>in</strong>eberg 2004, S. 77f). Da die zugrunde liegenden Wanderungsmotive sehr<br />
vielfältig se<strong>in</strong> können und häufig e<strong>in</strong> Überlagerung mehrerer Faktoren stattf<strong>in</strong>det, bestehen<br />
<strong>in</strong> der Literatur hierzu verschiedene Unterteilungen, welche Entscheidungsgrundlagen<br />
h<strong>in</strong>sichtlich der Verlagerung des Lebensmittelpunktes klassifizieren. Nach Schwarz (1969)<br />
können die Motive <strong>in</strong> drei Typen unterschieden werden: persönliche Motive, immaterielle<br />
Motive und materielle Motive. Fassmann und Meusburger h<strong>in</strong>gegen unterscheiden im<br />
Wesentlichen vier Bereiche: ökonomische Gründe, Ausbildungswünsche bzw. veränderungen,<br />
familienzyklisch bed<strong>in</strong>gte Motive und den damit verbundenen Lebensabschnittphasen,<br />
sowie wohnungsbezogene Gründe (vgl. Fassmann und Meusburger 1997, S. 169). Um
Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund<br />
- 20 -<br />
die konkreten, <strong>in</strong>dividuellen Gründe zu erheben, können Push-Pull-Modelle als Erklärung<br />
dienen. Dabei werden die möglichen Gew<strong>in</strong>ne und umzugsbed<strong>in</strong>gte Kosten, wobei hier<br />
auch schwer quantifizierbare Faktoren wie der Wegfall e<strong>in</strong>es bestehenden sozialen Netzwerks<br />
oder kulturelle Distanzen e<strong>in</strong>bezogen werden können, von dem Individuum gegenüber<br />
gestellt, rational abgewogen und dementsprechend folglich entschieden. Vor allem <strong>in</strong><br />
volkswirtschaftlichen Studien wird der Verdienstunterschied häufig als essentieller Faktor<br />
herangezogen (vgl. u.a. Kubis 2005).<br />
Durch den gesellschaftlichen Wandel <strong>in</strong>nerhalb der Industriestaaten von ökonomischen<br />
Zwangswanderungen zu <strong>in</strong>dividuell geprägten Migrationsstimuli, ist „e<strong>in</strong>e Analyse von<br />
Wanderungen als Individualverhalten, die die <strong>in</strong>dividuellen Entscheidungssituation von<br />
Wandernden <strong>in</strong> den Vordergrund des Erkenntnis<strong>in</strong>teresses stellt“ (He<strong>in</strong>eberg 2004, S. 86),<br />
zunehmend relevant und zielführend.<br />
Wanderungen s<strong>in</strong>d jedoch nach wie vor nicht ausschließlich durch e<strong>in</strong>e Entscheidungsfreiheit<br />
geprägt, es bestehen Zwänge, wie die Verfügbarkeit von Geld und Zeit, oder kulturelle<br />
und soziale Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, welche den Handlungsspielraum stark e<strong>in</strong>engen oder<br />
erweitern können (vgl. Bähr 1997, S. 293). Constra<strong>in</strong>-Modelle dienen hierbei der schematischen<br />
Veranschaulichung dieses Prozesses. Abb. 2.4 stellt dabei die objektiven Merkmale<br />
e<strong>in</strong>er Region den subjektiven Merkmalen bzw. Präferenzen gegenüber, wobei erstere sowohl<br />
direkt wirken, zusätzlich aber e<strong>in</strong>er Reflexion seitens der Individuen unterzogen s<strong>in</strong>d<br />
und deren Entscheidung<br />
für<br />
Attraktivität ländlicher Räume<br />
bzw. gegen e<strong>in</strong>e<br />
entsprechende Wanderung<br />
Wanderung e<strong>in</strong>en<br />
bestimmten Raum<br />
Individuelle<br />
Objektive Eigenschaften<br />
bee<strong>in</strong>flussen. An<br />
Eigenschaften junger<br />
ländlicher Räume<br />
Akademiker<br />
dieser Stelle ist e<strong>in</strong><br />
Bewertung/<br />
starker Bezug zu<br />
Wahrnehmung/<br />
Information<br />
der verhaltenstheoretischen<br />
Lifestyle junger<br />
Werte, E<strong>in</strong>stellungen,<br />
Richtl<strong>in</strong>ien, Strukturen,<br />
Programme<br />
Akademiker<br />
Sozialgeographie<br />
vorhanden, <strong>in</strong> der<br />
Abb. 2.4: Constra<strong>in</strong>-Modell<br />
die Prozesse der Quelle: eigene Darstellung <strong>in</strong> Anlehnung an He<strong>in</strong>eberg 2004, S. 87; Burnett et<br />
subjektiven al. 2001)
Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund<br />
- 21 -<br />
Raumwahrnehmung sowie der unterschiedlichen Bewertung und Images von Orten e<strong>in</strong><br />
zentrales Forschungsfeld darstellen (vgl. Werlen 2000, S. 302). Ferner wird <strong>in</strong> diesem<br />
Modell die Bedeutung der <strong>in</strong>dividuellen Informationswahrnehmung <strong>in</strong> Abhängigkeit der<br />
Persönlichkeitsmerkmale und der <strong>in</strong>ternalisierten, zunehmend stärker <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelne<br />
pen der Gesellschaft fragmentierten sozio-kulturellen Faktoren (vgl. Werlen 2000, S. 282)<br />
verdeutlicht. Der Prozess der Informationsaufnahme und Verarbeitung ist selektiv und<br />
<strong>in</strong>dividuell verschieden. Vor allem ist die Bewertung von der jeweiligen Lebenssituation<br />
abhängig, da beispielsweise die Ansprüche junger Menschen von jenen älterer<br />
nen stark abweichen. Ebenso spielt die jeweilige Berufsposition am Arbeitsmarkt mit e<strong>in</strong>,<br />
da bei e<strong>in</strong>er starken Professionalisierung e<strong>in</strong>e zunehmende Def<strong>in</strong>ition der Lebensziele als<br />
Berufsziele stattf<strong>in</strong>det (vgl. Daheim 1969, S. 365). Daher s<strong>in</strong>d für junge und<br />
zierte Menschen vor allem harte Faktoren, wie die beruflichen Möglichkeiten und damit<br />
verbundene E<strong>in</strong>flüsse der Karrieremöglichkeiten und Verdienstaussichten,<br />
dungsmöglichkeiten und die Vere<strong>in</strong>barkeit von Beruf und Familie, von großer Bedeutung.<br />
Weiche Faktoren spielen dabei e<strong>in</strong>e zunehmend wichtigere Rolle, wobei e<strong>in</strong>e gut ausgebaute<br />
Infrastruktur, ÖPNV-Angebot, die kulturellen E<strong>in</strong>richtungen, e<strong>in</strong>e attraktive Architektur,<br />
sowie das Image e<strong>in</strong>er Region als zentrale Charakteristika e<strong>in</strong>er Region erachtet<br />
werden (vgl. Brandt et al. o.J., S. 4).<br />
Für ländliche Regionen kann die aktuelle Bildungsexpansion und der damit verbundene<br />
Anstieg der Qualifikation zu gravierenden Problemen führen, da die Wirtschaft <strong>in</strong> diesen<br />
<strong>Räumen</strong> h<strong>in</strong>terherh<strong>in</strong>kt und die neue Bildungselite nicht entsprechend absorbiert werden<br />
kann (vgl. Fassmann 2002, S. 18). Somit ist e<strong>in</strong> „zu viel“ an Bildung, welches zu e<strong>in</strong>er<br />
selektiven Abwanderung führt, ebenso so schlecht wie e<strong>in</strong> „zu wenig“, wodurch die Anpassungsfähigkeit<br />
gem<strong>in</strong>dert wird (vgl. Fassmann 2002, S. 64).<br />
2.4 Räumliche Verteilung des Wissens und der Berufsgruppen<br />
Durch die beschriebenen Verhaltensmuster der Hochqualifizierten ergeben sich alters- und<br />
qualifikationsspezifische Wanderungen. Hierbei werden bestimmte Räume bevorzugt,<br />
wogegen andere überproportional gemieden werden. Die dadurch e<strong>in</strong>geleitete „Entqualifizierung<br />
der [bestimmter] Herkunftsgebiete“ (Fassmann und Meusburger 1997, S. 183)<br />
führt zu regionalen Disparitäten und trägt zu den strukturellen Gegensätzen zwischen Peripherie<br />
und Zentrum bei. Gleichzeitig schafft dieser Umstand die Bed<strong>in</strong>gungen für Wett-
Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund<br />
- 22 -<br />
bewerb, Arbeitsteilung, funktionale Differenzierung und soziale Evolution (vgl. Meusburger<br />
2005, S. 286). Im e<strong>in</strong>leitend erwähnten Konkurrenzkampf und Wettbewerb der Regionen<br />
h<strong>in</strong>sichtlich der Ausstattung mit Qualifikation und Wissen s<strong>in</strong>d jedoch nicht nur die<br />
absoluten Zahlen ausschlaggebend, sondern s<strong>in</strong>d auch dem zeitlichen und quantitativen<br />
Vorsprung an Wissen, Qualifikation, Technologie und der realen Umsetzung neuer Ideen<br />
elementare Rollen beizumessen (vgl. Meusburger 1998, S. 114). Hierfür müssen wichtige<br />
Informationen von Personen mit ausreichendem Vorwissen, also den Hochqualifizierten,<br />
erkannt, richtig <strong>in</strong>terpretiert und <strong>in</strong> der Folge durch Implementierung von Innovationen<br />
umgesetzt werden. Durch die unterschiedliche Wissensausstattung der Regionen ergeben<br />
sich selbst verstärkende divergierende Tendenzen, gleichsam e<strong>in</strong>er abwärts- bzw. aufwärtsgerichteten<br />
Spirale, da sich „verpasste“ bzw. wahrgenommene Chancen wiederholen<br />
und <strong>in</strong> der Folge die Disparitäten des Wissens zwischen Zentrum und Peripherie relativ<br />
lange bestehen bleiben oder sogar verstärken (vgl. Meusburger 2005, S. 289).<br />
Die Präferenz der Zentren als Ziel der Wanderungen von Hochqualifizierten lässt sich<br />
aufgrund der räumlichen Struktur des Arbeitsmarktes erklären. In Abb. 2.5 werden die<br />
Gradienten unterschiedlicher<br />
Arbeitsfelder verdeutlicht,<br />
wobei das erheblichste Gefälle<br />
im Bereich der Angestellten<br />
vorhanden ist. Besonders<br />
stark würde die Schiefe e<strong>in</strong>er<br />
Geraden ausfallen, welche<br />
die betrieblich-hierarchischen<br />
Position darstellt, da e<strong>in</strong>e<br />
starke Zunahme der höher<br />
qualifizierten und leitenden Abb. 2.5: Sozialrechtliche Struktur des Arbeitsplätze<br />
Positionen <strong>in</strong> Richtung der Quelle: Fassmann und Meusburger 1997, S. 129<br />
Zentren stattf<strong>in</strong>det. Weiters ist e<strong>in</strong> positiver Zusammenhang zwischen der wachsenden<br />
Qualifikationsebene und dem zentral-peripheren Gradienten vorhanden. An der Peripherie<br />
h<strong>in</strong>gegen werden vorwiegend ausführende Funktionen erfüllt. Zwar ist diese Regelhaftigkeit<br />
auch bei Beamten festzustellen, jedoch ist aufgrund des gesetzten Zieles e<strong>in</strong>e Grundausstattung<br />
mit gewissen Diensten zu gewährleisten, e<strong>in</strong>e gleichmäßigere Verteilung der
Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund<br />
- 23 -<br />
öffentlichen Hand über das Geme<strong>in</strong>degrößensystem als bei der Privatwirtschaft vorhanden<br />
(vgl. Fassmann und Meusburger 1997, S. 129f).<br />
In städtischen <strong>Räumen</strong> siedeln sich vor allem jene Branchen an, die kapitalkräftig und<br />
forschungs<strong>in</strong>tensiv s<strong>in</strong>d, sowie wirtschaftliches Wachstum aufweisen. Daraus ergibt sich<br />
e<strong>in</strong>e vergleichsweise starke und dynamische Nachfrage nach gut ausgebildeten Arbeitskräften<br />
(vgl. Fassmann und Meusburger 1997, S. 219), was wiederum dar<strong>in</strong> resultiert, dass<br />
städtische Räume als Karrierearbeitsmärkte wirken, <strong>in</strong> denen e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Verweildauer<br />
auf e<strong>in</strong>er Hierarchiestufe, schneller Aufstieg aber auch schneller Abstieg dom<strong>in</strong>ieren. In<br />
peripheren <strong>Räumen</strong> h<strong>in</strong>gegen ist die Verweildauer auf e<strong>in</strong>er Karriereebene wesentlich<br />
länger, was zu e<strong>in</strong>em hohen Anteil der stagnierenden Berufslaufbahn führt (vgl. Fassmann<br />
und Meusburger 1997, S. 140f). Aufgrund der unterschiedlichen räumlichen Verteilung<br />
des öffentlichen und des privatwirtschaftlichen Arbeitsmarktes s<strong>in</strong>d auch die Suchstrategien<br />
und Zielgebiete nach der jeweiligen Qualifikation zu unterscheiden, da beispielsweise<br />
Absolventen e<strong>in</strong>es Gesundheits- oder Lehramtsstudiums <strong>in</strong> ihrer (peripheren) Herkunftsregion<br />
eher e<strong>in</strong>en adäquaten Arbeitsplatz f<strong>in</strong>den können als Absolventen die vorwiegend <strong>in</strong><br />
der Privatwirtschaft tätig se<strong>in</strong> werden (vgl. Janssen 2001, S. 111).<br />
Der Verdienst, welcher vor allem <strong>in</strong> neoklassischen Theorien den tragenden Faktor darstellt,<br />
weist ebenso e<strong>in</strong>en zentral-peripheren Gradienten auf (vgl. Abb. 2.6). Durch die<br />
Konzentration der Nachfrage und des begrenzten Angebotes an Hochqualifizierten muss<br />
für qualifizierte Angestellte <strong>in</strong><br />
städtischen <strong>Räumen</strong> e<strong>in</strong> höheres<br />
Gehalt gezahlt werden, als<br />
<strong>in</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Räumen</strong>. Fassmann<br />
(1996) zeigte diesbezüglich<br />
für Österreich e<strong>in</strong>en Unterschied<br />
des Lohnniveaus von<br />
e<strong>in</strong>em Drittel. Der Unterschied<br />
der Löhne im Beamtensegment<br />
h<strong>in</strong>gegen fällt wesentlich Abb. 2.6: Zentral-peripherer Lohngradient<br />
ger<strong>in</strong>ger aus, während Hilfsarbeiter<br />
<strong>in</strong> allen Siedlungstypen etwa gleich viel verdienen. Folglich s<strong>in</strong>d die Wissensträger<br />
Quelle: Fassmann und Meusburger 1997, S. 196<br />
je nach Qualifikation e<strong>in</strong> mehr oder wenig mobilisierbarer Faktor, der durch entsprechende<br />
f<strong>in</strong>anzielle Anreize angeworben werden kann. Infolgedessen können vor allem jene Unter-
Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund<br />
- 24 -<br />
nehmen und Regionen kreative Menschen gew<strong>in</strong>nen, welche über entsprechende f<strong>in</strong>anzielle<br />
Ressourcen verfügen (vgl. Meusburger 1998, S. 121).<br />
Der stark diversifizierte Arbeitsmarkt <strong>in</strong> den Zentren, als e<strong>in</strong> Faktor der wirtschaftlichen<br />
Agglomerationsvorteile, ist unter anderem Ursache und Wirkung der Konzentration von<br />
Unternehmen an diesen Standorten. Ebenso s<strong>in</strong>d für beide Seiten, also den wandernden<br />
Hochqualifizierten und den Unternehmen, Fühlungsvorteile durch die räumliche Nähe und<br />
dadurch mögliche Face-to-Face-Kontakte, vorteilhaft. Zwar kann durch die technisch<br />
bed<strong>in</strong>gte erleichterte Kommunikation auch über weite Distanzen e<strong>in</strong> reger Informationsaustausch<br />
stattf<strong>in</strong>den, jedoch ist deren Bedeutung bei wichtigen ökonomischen und politischen<br />
Entscheidungen, bei sensiblen oder risikobehafteten Themen oder Bee<strong>in</strong>flussung und<br />
Motivation des Gegenübers nach wie vor groß (vgl. Meusburger 1998, S. 51f). Darüber<br />
h<strong>in</strong>aus werden durch die persönliche Anwesenheit kreative Prozesse gefördert (vgl. Jöns<br />
2005, S. 338). Somit konnte die erhoffte Effekt e<strong>in</strong>er Gegenwirkung zu der Zentralisierung<br />
durch den Ausbau der Informationsmedien nicht erfüllt werden, wichtige Entscheidungen<br />
werden nach wie vor <strong>in</strong> den Zentren beschlossen, deren Resultate s<strong>in</strong>d unmittelbar folgend<br />
auch <strong>in</strong> der Peripherie abrufbar, ihre Abhängigkeit von den Zentren bleibt jedoch nach wie<br />
vor bestehen.<br />
Bevorzugte Standorte im <strong>ländlichen</strong> Raum können trotzdem High-Tech-Firmen anlocken,<br />
wodurch die Nachfrage nach gewissen Qualifikationen wie organisatorische oder technische<br />
stark ansteigt. Da die Ebene der Rekrutierung hierbei nicht lokal, sondern regional<br />
bzw. national ist und dadurch e<strong>in</strong>e Wanderung bestimmter Bevölkerungsgruppen <strong>in</strong>itiiert<br />
wird, ist der unmittelbare Nutzen für die lokale Bevölkerung gem<strong>in</strong>dert (vgl. Woods 2005,<br />
S. 257)<br />
Somit lässt sich zusammenfassend sagen: „Regionale Unterschiede des Wissens s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e<br />
Konsequenz von räumlicher Arbeitsteilung und Machtausübung, e<strong>in</strong> Ergebnis der zeiträumlichen<br />
Diffusion verschiedener Innovationen sowie e<strong>in</strong> Resultat des ökonomischen<br />
Wettbewerbs“ (Meusburger 1998, S. 90).<br />
2.5 Zugrunde liegende wirtschaftsgeographische Theorien<br />
Da die zu erarbeitende Problematik im Wesentlichen die Verfügbarkeit, das Angebot und<br />
die Nachfrage an Hochqualifizierten umfasst und Entscheidungen der Hochqualifizierten<br />
zwar auf <strong>in</strong>dividueller Basis erfolgen, jedoch wesentlich von gegebenen wirtschaftlichen
Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund<br />
- 25 -<br />
Strukturen abhängen, s<strong>in</strong>d vor allem die neoklassische Arbeitsmarkttheorie sowie die Polarisationstheorie<br />
e<strong>in</strong>zubeziehen. Im Folgenden sollen ihre Grundaussagen, Mängel und vor<br />
allem deren unterschiedliche Sichtweise und Bedeutung der räumlichen Mobilität der betroffenen<br />
Arbeitnehmer erläutert und neue Ansätze vorgebracht werden. Abschließend<br />
wird der stark wirtschaftlich geprägte Humankapitalansatz besprochen, da er die zentralen<br />
Elemente des Bra<strong>in</strong> Dra<strong>in</strong>, die Hochqualifizierten, sowie deren wirtschaftliche Bedeutung<br />
sehr anschaulich beschreibt. Darüber h<strong>in</strong>aus gilt es zu klären, welche Faktoren zur Humankapitalbildung<br />
und –erweiterung dienlich s<strong>in</strong>d.<br />
2.5.1 Neoklassische Arbeitsmarkttheorie<br />
Die Neoklassischen Theorien beruhen auf der Annahme, dass das Arbeitskräfteangebot<br />
und die Arbeitsnachfrage <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er oder zwischen mehreren Regionen e<strong>in</strong>en Ausgleich<br />
anstreben. Räumliche Arbeitsmarktdisparitäten, welche durch differierende Arbeitskräfte-<br />
und Kapitalausstattung sowie variable E<strong>in</strong>kommens- und Arbeitslosigkeitsverhältnisse<br />
bed<strong>in</strong>gt s<strong>in</strong>d, werden durch die Wanderung der Faktoren Arbeit oder Kapital gem<strong>in</strong>dert<br />
(vgl. Bathelt und Glückler 2003, S. 68; Janssen 2001, S. 108f). Als Steuermechanismus<br />
der Wanderung der Arbeitnehmer dient der Lohn. Dieser spiegelt das Gleichgewicht<br />
zwischen dem Angebot Nachfrage (Gleichgewichtslohn) (vgl. Fassmann und Meusburger<br />
1997, S. 44f) und kann durch zwei Kurven graphisch veranschaulicht werden (vgl. Abb.<br />
2.7). Bei e<strong>in</strong>em großen Angebot an Arbeitskräften und gleich bleibender Nachfrage s<strong>in</strong>kt<br />
er, bei konjunkturellen Entwicklungen<br />
h<strong>in</strong>gegen steigt er an.<br />
Daraus resultiert die Wanderung<br />
der Arbeitskräfte aus Regionen mit<br />
e<strong>in</strong>em großen Arbeitskräfteangebot<br />
und daher niedrigem Lohnniveau,<br />
wobei hiermit vor allem Peripherien<br />
geme<strong>in</strong>t s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> Regionen<br />
mit Arbeitskräfteknappheit und<br />
e<strong>in</strong>em vergleichsweise hohen<br />
Lohnniveau, vor allem städtische Abb. 2.7: Angebots- und Nachfragekurve<br />
Räume. In den <strong>Räumen</strong>, die durch Quelle: Fassmann und Meusburger 1997, S. 46
Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund<br />
- 26 -<br />
die Abwanderung entleert werden, setzt <strong>in</strong> der Folge e<strong>in</strong> Anstieg des Lohnniveaus e<strong>in</strong> (vgl.<br />
Kulke 2004, S. 244).<br />
Die Erklärung der Dynamik des Arbeitsmarktes beruht auf folgenden Annahmen (vgl.<br />
Fassmann und Meusburger 1997, S. 46f):<br />
• Es besteht nur e<strong>in</strong> Arbeitsmarkt.<br />
• Unternehmen handeln Gew<strong>in</strong>n-maximierend und Arbeitsnehmer Nutzenmaximiert,<br />
es handelt sich somit um e<strong>in</strong>en Konkurrenzmarkt.<br />
• Es besteht vollständige und ubiquitäre Information bezüglich der Löhne und offener<br />
Stellen auf dem Arbeitsmarkt.<br />
• Der Prozess, <strong>in</strong> dem bestehende Unterschiede ausgeglichen werden, erfolgt ungeh<strong>in</strong>dert.<br />
Es besteht also e<strong>in</strong>e volle, une<strong>in</strong>geschränkte Mobilität der Arbeitnehmer.<br />
• Der Lohn ist nach unten und oben flexibel, es bestehen also ke<strong>in</strong>e Reglementierungen<br />
wie M<strong>in</strong>destlöhne oder Kollektivverträge sowie „störende E<strong>in</strong>flüsse“<br />
der Gewerkschaften.<br />
Aufgrund der zeitverzögerten Reaktion der Faktorenwanderung können sich kurzfristige<br />
Abweichungen vom Gleichgewicht ergeben. Bleiben Unterschiede jedoch bestehen, ist<br />
dieses auf e<strong>in</strong>e mangelhafte Transparenz des Marktgeschehens zurückzuführen (vgl. Fassmann<br />
und Meusburger 1997 S. 67).<br />
Die Kritikpunkte richten sich zum e<strong>in</strong>en auf die zu stark vere<strong>in</strong>fachenden Annahmen. In<br />
Realität zeigt sich, dass Faktoren nicht beliebig mobil s<strong>in</strong>d, da sie durch natürliche und<br />
<strong>in</strong>stitutionelle Barrieren gehemmt werden (vgl. Bathelt und Glückler 2003, S. 69). Weiters<br />
s<strong>in</strong>d Informationen über die Ausstattung der Regionen nicht jedem zugänglich bzw. ubiquitär<br />
oder sie werden von Entscheidungsträgern bewusst zurückgehalten. Dieses Fehlen<br />
oder der Unvollkommenheit der Information versucht die Job-Search-Theorie zu überw<strong>in</strong>den.<br />
Dabei strebt das Individuum e<strong>in</strong>e Kostenm<strong>in</strong>imierung der Arbeitssuche <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er<br />
Kosten ausgleichenden höheren Entlohnung an (vgl. Fassmann und Meusburger 1997, S.<br />
51). Am „günstigsten“ wäre es demnach, <strong>in</strong> kurzer Zeit <strong>in</strong> der Nähe des Wohnortes e<strong>in</strong>en<br />
Arbeitsplatz zu f<strong>in</strong>den.<br />
Zudem wird das rationale Handeln der Akteure kritisiert. Durch diese Theorie kann nicht<br />
erklärt werden, wie die Personen zu ihren unterschiedlichen Zielen kommen, ob sie die
Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund<br />
- 27 -<br />
Alternativen, deren Zahl und Art, kennen, welche Alternativen e<strong>in</strong>en lang- oder kurzfristigen<br />
Nutzen br<strong>in</strong>gen sowie die unbeabsichtigte Konsequenzen des Handelns (vgl. Meusburger<br />
2004 S. 36; Meusburger 1998, S. 84ff). Besonders bei e<strong>in</strong>er großen Anzahl an Möglichkeiten<br />
und E<strong>in</strong>flussfaktoren ist e<strong>in</strong>e rationale Wahl bezüglich der Wanderungsdest<strong>in</strong>ationen<br />
schwer realisierbar, da mehrere „rational ersche<strong>in</strong>ende Varianten“ (Meusburger<br />
2004, S. 37) existieren können und das Fehlen von entsprechendem fachlichen Wissen zu<br />
dem Irrtum führen kann, e<strong>in</strong> „hohes Maß an Handlungsfreiheit zu haben“ (Meusburger<br />
2004, S. 50). Fachwissen und Erfahrung können somit die Anzahl der Alternativen stark<br />
e<strong>in</strong>schränken bzw. die Entscheidung <strong>in</strong> bestimmte Bahnen lenken, wodurch das Wanderungsverhalten<br />
der Hochqualifizierten wesentlich bee<strong>in</strong>flusst wird.<br />
2.5.2 Polarisationstheorie<br />
E<strong>in</strong>en konträreren Theoriekomplex bilden polarisationsgestützte Ansätze, die im Gegensatz<br />
zu neoklassischen Theorien von e<strong>in</strong>er gegenläufigen Entwicklung e<strong>in</strong>zelner Regionen<br />
ausgehen. Grundsätzlich kann zwischen e<strong>in</strong>er sektoralen und e<strong>in</strong>er regionalen Polarisation<br />
unterschieden werden, wobei erstere durch Innovationen und Investitionen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />
Wirtschaftsbranchen zu sektoralen Wachstumspolen führt und zweitere aufgrund von positiven<br />
Rückkoppelungseffekten, kumulative sozio-ökonomische Effekte und Wachstumsprozesse<br />
sowie analog kumulative Schrumpfungsprozesse e<strong>in</strong>treten (vgl. He<strong>in</strong>eberg 2004,<br />
S. 107f). Heutige Wachstumspole s<strong>in</strong>d auf frühere Innovationsprozesse und den folgenden<br />
Wachstumsschüben zurückzuführen (vgl. Lasuén 1969, zit. <strong>in</strong>: Bathelt und Glückler 2003,<br />
S. 71). Aufgrund von Immobilität, fehlenden Informationen, unelastischen Faktorenpreisen,<br />
also all jene Kritikpunkte an der Neoklassischen Theorie (vgl. Bathelt und Glückler<br />
2003, S. 72), etabliert sich allmählich e<strong>in</strong> wirtschaftlicher und sozialer „Abstand“ zwischen<br />
den Regionen, der sich zunehmend vergrößert. Zudem entsteht mit der Zeit e<strong>in</strong> persistentes<br />
Abhängigkeitsverhältnis, da Innovationen zuerst <strong>in</strong> den zentralen <strong>Räumen</strong> aufgenommen<br />
werden und sich zeitlich verzögert an die Peripherie ausbreiten (vgl. Lasuén 1969, zit. <strong>in</strong>:<br />
Bathelt und Glückler 2003, S. 71).<br />
Die bedeutende Determ<strong>in</strong>ante ist die Mobilität der Faktoren Arbeit, Kapital und technisches<br />
Wissen. Jedoch tritt e<strong>in</strong>e Selektion e<strong>in</strong>, bei der vor allem jüngere, besser ausgebildete,<br />
<strong>in</strong>novationsbereite Personen im arbeitsaktiven Alter von der Peripherie <strong>in</strong> die Zentren<br />
wandern (vgl. Kulke 2004, S. 245). Demzufolge treten zentripetale Entzugseffekte (back-
Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund<br />
- 28 -<br />
wash effects) durch Wachstum e<strong>in</strong>er Region auf Kosten e<strong>in</strong>er anderen e<strong>in</strong>. Gegenläufige<br />
zentrifugale Ausbreitungseffekte (spread effects) haben positive Auswirkungen auf benachbarte<br />
Region e<strong>in</strong>es Zentrums, beispielsweise <strong>in</strong> Form der Ausbreitung von technischem<br />
Wissen und städtische Verhaltensweisen oder Entwicklungsimpulse im Tourismussektor<br />
und daran gekoppelte sozio-ökonomische Effekte, ohne jedoch das Wachstum des<br />
Zentrums zu bee<strong>in</strong>flussen (Schätzl 2001, S. 163).<br />
2.5.3 Segmentierung des Arbeitsmarktes<br />
Neben der regionalen Polarisation gehen neuere Ansätze, aufgrund der zunehmenden<br />
Professionalisierung und dem resultierenden Wandel von e<strong>in</strong>er homogenen Massengesellschaft<br />
zu e<strong>in</strong>er pluralistischen Gesellschaft, von e<strong>in</strong>er Segmentierung des Arbeitsmarktes<br />
aus. Dieser kann je nach Modell <strong>in</strong> zum<strong>in</strong>dest zwei Submärkte unterteilt werden. E<strong>in</strong>er der<br />
hohe Ausbildungsansprüche hat, hohe Löhne, gute Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen sowie attraktive<br />
Karrieremöglichkeiten bietet und der Zweite, der „Jedermanns-Qualifikationen“ erfordert,<br />
über un- bzw. angelernten und schlecht bezahlte Arbeiter verfügt und der hire and fire-<br />
Mentalität entspricht. Das erst genannte Segment kann weiter <strong>in</strong> berufsfachliche und betriebs<strong>in</strong>terne<br />
Arbeitsmärkte gegliedert werden (vgl. Fassmann und Meusburger 1997, S.<br />
54ff). Der wesentliche Grund für die Separierung kann humankapitaltheoretisch erklärt<br />
werden, da sich Investitionen e<strong>in</strong>es Unternehmens <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Mitarbeiter nur dann amortisieren,<br />
wenn sie entsprechend lange gebunden werden können (vgl. Fassmann und Meusburger<br />
1997, S. 62f). Daher wird vor allem bei höher qualifizierten Segmenten auf e<strong>in</strong>e betriebs<strong>in</strong>terne<br />
Rekrutierung geachtet, um betriebs<strong>in</strong>ternes Wissen zu bewahren und weiter<br />
zu entwickeln. Auf Seiten der hochqualifizierten Arbeitnehmer h<strong>in</strong>gegen ist e<strong>in</strong>e verstärkte<br />
räumliche Mobilität und teilweise e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>hergehender Wechsel des Unternehmens im Zuge<br />
von Karrierelaufbahnen zu beobachten.<br />
Die Verb<strong>in</strong>dung zu der Polarisationstheorie besteht <strong>in</strong> der Konzentration des erst genannten<br />
Segments (primärer Arbeitsmarkt) auf die Zentralräume und der zweit genannte (sekundärer<br />
Arbeitsmarkt) auf periphere Räume (vgl. Fassmann und Meusburger 1997, S.<br />
71). Diese Strukturen rufen e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>seitige Wanderungsdynamik hervor, die <strong>in</strong> peripheren<br />
<strong>Räumen</strong>, aufgrund des Verlustes der eigenen Hochqualifizierten und somit des endogenen<br />
Humankapitals e<strong>in</strong>en Mangel an Investitionsbereitschaft, Kreativität, Unternehmertum und
Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund<br />
- 29 -<br />
lokaler Kaufkraft herbeiführen kann. Wie diese Strukturierung und Problematik im Untersuchungsraum<br />
vorliegt, soll im Laufe der Arbeit noch e<strong>in</strong>gehend untersucht werden.<br />
2.5.4 Zusammenführung beider Theorien und neue Ansätze<br />
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die vorgestellten Theorien die Bedeutung der<br />
Mobilität grundsätzlich verschieden sehen. Neoklassische Theorien verstehen die räumliche<br />
Mobilität als „das notwendige und zwangsläufig auftretende Phänomen, damit langfristig<br />
e<strong>in</strong> Gleichgewicht der Produktionsfaktoren entstehen kann“ (Fassmann und Meusburger<br />
1997, S. 169), während <strong>in</strong> der Polarisationstheorie die Mobilität aufgrund ihres<br />
selektiven Charakters zu regionalen Disparitäten führt bzw. diese verstärkt.<br />
Neuere Ansätze greifen Elemente beider Theorien auf, jedoch wird neben der Konzentration<br />
auf e<strong>in</strong> Zentrum die Möglichkeit e<strong>in</strong>er dezentralen Konzentration e<strong>in</strong>geräumt. Beispielsweise<br />
wird <strong>in</strong> der von H.W. Richardson (1980) geprägten Polarization-Reversal-<br />
Hypothese e<strong>in</strong>e anfängliche Konzentration von Unternehmen und qualifizierten Arbeitnehmern<br />
aufgrund wachsender Agglomerationsnachteile von e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>terregionalen Dekonzentration<br />
der Wirtschaft und dem entsprechenden, wiederum selektiven Wanderungsverhalten,<br />
abgelöst (vgl. Schätzl 2001, S. 178ff).<br />
Die gesellschaftliche Segmentierung führt ebenso zu e<strong>in</strong>er Aufsplitterung der Gruppe der<br />
Hochqualifizierten. Besonders aus der Lifestyle-Forschung können Erklärungsansätze für<br />
selektive Wanderungsverhaltensweisen aufgrund differierender raumrelevanter Me<strong>in</strong>ungshaltungen,<br />
Wertvorstellungen und Interessen herangezogen werden. Diese wiederum hängen<br />
<strong>in</strong> vielfacher Weise mit den bereits besprochenen Lebenszyklen zusammen (vgl. He<strong>in</strong>eberg<br />
2004, S. 64). Aus diesem Grund treten neue Ersche<strong>in</strong>ungen wie die Counterurbanisierung<br />
auf, <strong>in</strong> der bewusst periphere Räume aufgesucht werden. Ob diese Entwicklung <strong>in</strong><br />
dem untersuchten Raum bereits stattf<strong>in</strong>det, ob das Außerfern überhaupt attraktiv für diese<br />
Klientel ist und welche Umstände für und wieder e<strong>in</strong>er solchen Entwicklung sprechen, soll<br />
im vorletzten Kapitel untersucht werden.<br />
Neuste Ansätze zu der erfolgreichen Entwicklung von Regionen schließen an die dezentrale<br />
Konzentration e<strong>in</strong>zelner Wachstumspole an. Zwei bedeutende Strategien s<strong>in</strong>d die der<br />
lernenden Region (u.a. Scheff 1999) und die der regionalen Kompetenzzentren (Schätzl<br />
2001). Die Geme<strong>in</strong>samkeit ist e<strong>in</strong>e starke <strong>in</strong>traregionale, vertikale und verstärkt horizontale<br />
Vernetzung der Akteure, wobei diese sowohl zwischen den Unternehmen als auch der
Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund<br />
- 30 -<br />
Politik, Bevölkerung und der Wirtschaft besteht. Durch die räumliche Nähe und dem <strong>in</strong>formellen<br />
Austausch der Akteure können Unsicherheiten im Innovationsprozess m<strong>in</strong>imiert<br />
werden und auch kle<strong>in</strong>e Unternehmen vom regional vorhandenen Wissen profitieren. Besonders<br />
<strong>in</strong> Kompetenzzentren ist e<strong>in</strong> reger Kontakt zu öffentlichen oder privaten Forschungse<strong>in</strong>richtungen<br />
elementar. Des Weiteren ist e<strong>in</strong>e kreative, gegenüber Innovationen<br />
aufgeschlossene und diese durch die Politik fördernde Atmosphäre charakteristisch. Durch<br />
diese ständige Bereitschaft Umstrukturierungsprozessen durchzuführen, kann die Anpassungs-<br />
und Lernfähigkeit der Region aufrechterhalten und Stagnationsphasen verh<strong>in</strong>dert<br />
werden (vgl. Schätzl 2001, S. 235). Große Bedeutung kommt <strong>in</strong> den beiden Ansätzen den<br />
endogenen Potenzialen zu. Diese können sich auf bestehende Strukturen, <strong>in</strong>novationsaktive<br />
Unternehmen oder die lokal verfügbaren Humanressourcen beziehen. Folglich kann die<br />
Entwicklung von Kompetenzzentren durch die Politik unterstützt werden, <strong>in</strong>dem sie Stärken<br />
fördert und anspruchsvolle Schnittstellen zwischen Innovationsakteuren, Hochschulen,<br />
Industriebetrieben und unternehmensbezogenen Dienstleistern fördert (vgl. Schätzl 2001,<br />
S. 239f). Zudem müssen sie Entwicklungsengpässe der Regionen, die mangelnde Innovationsfähigkeit<br />
der lokalen Unternehmen, der ungenügenden Qualität der Dienstleistungsstrukturen<br />
sowie der Fachkräftemangel gezielt und regionsspezifisch analysiert und behoben<br />
werden (vgl. Scheff 1999, S. 57). Den Mangel an qualifizierten Fachkräften betreffend,<br />
sollte e<strong>in</strong>e humankapitalorientierte Regionalpolitik realisiert werden. „E<strong>in</strong>e Arbeitsmarktpolitik,<br />
die die Qualifizierung von Arbeitskräften unter adäquater Berücksichtigung<br />
der Arbeitsnachfrage betreibt, vermeidet – vor dem H<strong>in</strong>tergrund der eigenen Zielsetzungen<br />
– Effizienzverluste“ (Scheff 1999, S. 58) und somit den im Kapital 2.2 beschriebenen<br />
Bra<strong>in</strong> Waste.<br />
2.5.5 Humankapital-Ansatz<br />
Der Begriff „Humankapital“ ist im Verlauf der Arbeit bereits des Öfteren verwendet worden.<br />
Das folgende Kapitel soll ihn genauer beleuchten und zugrunde liegende Annahmen<br />
beschreiben. Der Humankapital-Ansatz geht im Gegensatz zu der Neoklassischen Theorie<br />
von e<strong>in</strong>em heterogenen Arbeitsmarkt aus, <strong>in</strong> dem unterschiedliche Qualifikationen bestehen<br />
und gewisse Arbeitskräfte produktiver s<strong>in</strong>d als andere. Darüber h<strong>in</strong>aus s<strong>in</strong>d diese Personen,<br />
sobald sie über betriebsspezifisches Wissen verfügen, ke<strong>in</strong> variabler Faktor mehr<br />
und daher nicht ohne weiteres ersetzbar (vgl. Maier 2005, S. 487).
Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund<br />
- 31 -<br />
„E<strong>in</strong> unbestrittener Treibmotor des Wirtschaftswachstum ist das Humankapital“ (Burda<br />
2001, S. 11), lautet der Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>es Beitrages des Ökonomen Burda <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Beitrag zu<br />
dem Buch „Bildung und Beschäftigung“ (vgl. Weizäcker 2001). Besitzt e<strong>in</strong> Land, e<strong>in</strong>e<br />
Region, e<strong>in</strong> Unternehmen die entsprechenden Humanressourcen können Neuerungen<br />
schneller aufgenommen und umgesetzt und folglich e<strong>in</strong> Vorsprung gegenüber der Konkurrenz<br />
erreicht werden. Das Besondere am Humankapital ist jedoch, dass es von e<strong>in</strong>em<br />
Unternehmen nicht nach Belieben erworben und genutzt werden kann, da es an Personen<br />
gebunden ist, die es über Jahre h<strong>in</strong>weg akkumuliert haben. Da e<strong>in</strong> Arbeitgeber nicht vollends<br />
abschätzen kann, über welches Wissen und dessen Umfang der Arbeitnehmer verfügt,<br />
muss e<strong>in</strong> Unternehmen Humankapital zunächst akkumulieren, um es nutzen zu können.<br />
Anzeichen für Humankapital s<strong>in</strong>d dabei zum e<strong>in</strong>en Bildungsabschlüsse, die vor allem<br />
bei der beruflichen Erstplatzierung relevante Entscheidungsgrundlagen des Arbeitgebers<br />
s<strong>in</strong>d, welche für bzw. gegen Anstellungen sprechen (vgl. Meusburger 1998, S. 77f) und<br />
zum anderen diverse zusätzliche Qualifikationen, die sich der Arbeitnehmer im Laufe der<br />
Zeit angeworben hat. E<strong>in</strong>e weitere Besonderheit des Humankapitals ist die Unmöglichkeit<br />
der direkten Weitergabe und die Begrenztheit des Bestehens auf die Lebensdauer des Trägers<br />
(vgl. Straubhaar 2000, S. 14). Daher s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>dividuelle Fähigkeiten, Erfahrungen, Qualifikation<br />
als „<strong>in</strong>nere Strukturen“ (Meusburger 1998, S. 97) zu erachten.<br />
Humankapitalbildung erfolgt durch verschiedene, meist langwierige und teils kosten<strong>in</strong>tensive<br />
Investitionen, die das<br />
eigene Wissen und die<br />
Fertigkeiten erweitern.<br />
Zum e<strong>in</strong>en handelt es sich<br />
um allgeme<strong>in</strong>es, überbetriebliches<br />
Wissen, das<br />
vor allem <strong>in</strong> Schulen und<br />
höher bildenden E<strong>in</strong>richtungen<br />
vermittelt wird, von<br />
Becker (1993, S. 51ff) als<br />
school<strong>in</strong>g bezeichnet, und<br />
aufgrund se<strong>in</strong>er Heterogenität<br />
<strong>in</strong> vielen verschiedenen<br />
Unternehmen ange- Quelle: Pfeiffer und Reuß 2008, S.<br />
Abb. 2.8: Veränderung des Humankapitals im Lebenszyklus<br />
47
Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund<br />
- 32 -<br />
wendet werden kann. Das überbetriebliche Wissen kann weiters nach Berufen, beispielsweise<br />
für Manager, <strong>in</strong> fachliche, persönliche, methodische, sozial-kommunikative und<br />
konzeptionelle Qualifikationen unterteilt werden (vgl. Meusburger 1998, S. 78 <strong>in</strong> Anlehnung<br />
an Best und Compere (1993). Zum anderen besteht das Humankapital aus spezifischem<br />
Wissen, welches während des Arbeitsprozesses und durch Weiterbildung angeeignet<br />
wird, nach Becker (1993, S. 30ff) on-the-job-tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g genannt. Es ist somit arbeitsplatzspezifisch<br />
und daher schwer auf andere Unternehmen transferierbar. E<strong>in</strong>en<br />
chen E<strong>in</strong>fluss hat das Alter des Trägers von Humankapital, da erstens e<strong>in</strong>e Steigerung des<br />
Kapitals durch kont<strong>in</strong>uierliche Anreicherung von Wissen und Fertigkeiten e<strong>in</strong>tritt, jedoch<br />
zweitens gleichzeitig aufgrund der im Alter e<strong>in</strong>setzenden Demenz und des Verlernens von<br />
Fähigkeiten e<strong>in</strong> Verlust dieses Kapitals, <strong>in</strong> streng wirtschaftlichen S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>e „Abnutzung<br />
oder Abschreibung“ (Burda 2001, S. 14), erfolgt. Ebenso können technologische<br />
gen e<strong>in</strong>en Bedeutungsverlust des Humankapitals, <strong>in</strong> beispielhafter Form von handwerklichen<br />
Fähigkeiten, herbeiführen.<br />
In e<strong>in</strong>em Modell zeigen Pfeiffer und Reuß (2008) den Anstieg des Humankapitals im Laufe<br />
des Lebens durch Investition <strong>in</strong> kognitive und nicht-kognitive Fähigkeiten sowie <strong>in</strong><br />
Selbstproduktivität und Mobilität (vgl. Abb. 2.8). Geeicht ist das Modell auf den durchschnittlichen<br />
Jahresverdienst von 32.000€ im Alter von 38 Jahren e<strong>in</strong>es westdeutschen<br />
Industriearbeiters. Es repräsentiert somit zwar nicht die <strong>in</strong> der vorliegenden Studie betrachtete<br />
Gruppe, jedoch ist es an dieser Stelle für die Darstellung des zeitlichen Verlaufs des<br />
Humankapitals angemessen. Der Klimax wird dabei bei rund 55 Jahren erreicht. Gleichzeitig<br />
wird die Investition <strong>in</strong> das Humankapital <strong>in</strong> unterschiedlichen Lebensphasen dargestellt,<br />
wobei sich diese vor allem <strong>in</strong> jungen Jahren am profitabelsten erweist. Ferner ist aus dieser<br />
Abbildung e<strong>in</strong>e weitere zentrale Eigenschaft des Humankapitals erkennbar: die positive<br />
Korrelation des E<strong>in</strong>kommens mit dem Humankapital (vgl. Möller 2002, S. 47f). Demzufolge<br />
kann das Individuum als Träger des Humankapitals durch Forderung e<strong>in</strong>es höheren<br />
Gehaltes und besseren Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen von se<strong>in</strong>en Fähigkeiten profitieren (vgl.<br />
Straubhaar 2000, S. 14). Auf Seiten des jeweiligen Unternehmens wächst <strong>in</strong>folgedessen<br />
der Wert der Fähigkeiten mit steigender Anzahl der Arbeitsjahre und damit verbundenen<br />
Erweiterung des Wissens. Die Rentabilität liegt hierbei <strong>in</strong> der problembezogenen Anwendung<br />
des Wissens für e<strong>in</strong>e Produktivitätssteigerung bzw. -optimierung oder Entwicklung<br />
neuer Produkte (vgl. Bathelt und Glückler 2003, S. 57), wobei diese Vorteile auch auf<br />
Dienstleistungen übertragbar s<strong>in</strong>d. Die Gew<strong>in</strong>nschöpfung erfolgt jedoch meist zeitverzö-
Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund<br />
- 33 -<br />
gert, da das bestehende, durch school<strong>in</strong>g erworbene Humankapital durch on-the-jobtra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />
ergänzt und spezifiziert wird, wodurch sich <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>lernungsphase e<strong>in</strong>e schwache<br />
Rentabilität bzw. unter Umständen sogar e<strong>in</strong> zeitlich begrenzter Verlust ergeben kann<br />
(vgl. Becker 1993, S. 37).<br />
Daher kann zusammenfassend die zentrale Aussage der Humankapitaltheorie als e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>vestitionsbed<strong>in</strong>gte<br />
und personenbezogene Erhöhung des Wertes der zu erbr<strong>in</strong>genden Arbeitsleistungen<br />
bezeichnet werden, welche persönliche und wirtschaftliche Vorteile <strong>in</strong><br />
Form e<strong>in</strong>er stärkeren Produktivität und e<strong>in</strong>es höheren Verdienstes mit sich br<strong>in</strong>gt.<br />
Die E<strong>in</strong>flussnahme der Mobilität auf das Wachsen bzw. M<strong>in</strong>dern des Humankapitals ist<br />
differenziert zu sehen. Zum e<strong>in</strong>en kann es unter bestimmten Voraussetzungen zu e<strong>in</strong>er<br />
Entwertung des Humankapitals kommen, wie beispielsweise bei e<strong>in</strong>em temporären Ausstieg<br />
aus dem Berufsleben oder Arbeitslosigkeit (vgl. Möller 2002, S. 48). Weiters kann<br />
bei e<strong>in</strong>er grenzüberschreitenden Migration der Fall e<strong>in</strong>er unvollständigen Inwertsetzung<br />
des eigenen Humankapitals e<strong>in</strong>treten, was vor allem durch den Differenzierungsgrad zwischen<br />
Herkunfts- und Zielland bezüglich Wirtschafts- und Produktionsstruktur sowie Kultur<br />
und Sprache abhängt (vgl. Friedberg 2000, S. 246, zit. <strong>in</strong> Möller 2002, S. 49). Andererseits<br />
kann räumliche Mobilität <strong>in</strong> starkem Maße zu der Humankapitalbildung beitragen, da<br />
Arbeitskräfte durch Wanderungen Arbeitsplätze f<strong>in</strong>den können, welche für sie e<strong>in</strong>e höhere<br />
Produktivität bieten und komparative Vorteile genutzt werden können (Pfeiffer und Reuß<br />
2008, S. 4ff). Dieser Umstand führt gerade <strong>in</strong> Zeiten der Globalisierung, der damit verbundenen<br />
erleichterten weltweiten Mobilität und aufgrund des ohneh<strong>in</strong> bereits bestehenden<br />
größeren Suchradius’ nach entsprechenden Arbeitsplätzen von Hochqualifizierten, zu e<strong>in</strong>er<br />
Vervielfachung und räumlichen Erweiterung der Möglichkeiten, das eigene Humankapital<br />
am gew<strong>in</strong>nbr<strong>in</strong>gendsten zu nutzen (vgl. Straubhaar 2001, S. 17).<br />
Die Messung des Humankapitals erfolgt aus Gründen der Vergleichbarkeit über die höchsten<br />
vorzuweisenden Bildungsabschlüsse. Nachteile dieser Methode s<strong>in</strong>d verschiedene<br />
nationale Bildungssysteme und Niveauunterschiede und die dadurch erschwerte Vergleichbarkeit<br />
(vgl. OECD 2007, S. 136).
Analyse des Untersuchungsraums<br />
- 34 -<br />
3 Analyse des Untersuchungsraums<br />
In den vorhergehenden Kapiteln wurde bereits auf die Besonderheit und Individualität der<br />
e<strong>in</strong>zelnen Regionen h<strong>in</strong>gewiesen. Daher ist e<strong>in</strong>e auf die Fragestellung und die besprochenen<br />
Theorien bezogene Analyse des Untersuchungsraums unter verschiedenen Gesichtspunkten<br />
erforderlich. Die besondere Lage und funktionale Verflechtung, die Wirtschaftsstruktur<br />
und der damit zusammenhängende Arbeitsmarkt, die Ausstattung mit Humankapital<br />
sowie die Bevölkerungsstruktur, h<strong>in</strong>sichtlich der grundlegenden Kennzahlen<br />
und des Wanderungsgeschehens, müssen dafür gesondert betrachtet werden. Hieraus soll<br />
die Problematik, welche bereits e<strong>in</strong>leitend <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em größeren Maßstab beschrieben wurde,<br />
an der vorliegenden Untersuchungsregion analysiert werden. Besonders <strong>in</strong> Bezug auf den<br />
Verlust von Humankapital, der aus den amtlichen Statistiken zu der Wanderungsdynamik<br />
aufgrund fehlender Angaben des Bildungsniveaus der wandernden Bevölkerung nicht<br />
direkt abgeleitet werden kann, soll der Versuch unternommen werden, diesen <strong>in</strong>direkt<br />
anhand bestehender Daten zu erfassen.<br />
Unter der Region wird aus Gründen der Datenvergleichbarkeit, die <strong>in</strong> der Regel an adm<strong>in</strong>istrative<br />
Grenzen gebunden s<strong>in</strong>d, der politische Bezirk verstanden. Des Weiteren stellt er<br />
die unterste Ebene der Untergliederung seitens der EU <strong>in</strong> NUTS-E<strong>in</strong>heiten (Nomenclature<br />
des unités territoriales statistiques) dar: die NUTS-3 Region Außerfern.<br />
3.1 Räumliche Lage und Funktionale E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung<br />
Als westlichster Bezirk Tirols liegt das Außerfern, trotz räumlicher Nähe zu der Landeshauptstadt<br />
Innsbruck (ca. 100 km), aufgrund der vergleichsweise schlechten Anb<strong>in</strong>dung<br />
über den Individualverkehr und den ÖPV, an der Peripherie des Bundeslandes. Der angrenzende<br />
süddeutsche Raum mit den Regionen Oberallgäu, Ostallgäu und Garmisch-<br />
Partenkirchen wird von der regionalen Politik und Bevölkerung häufig als bedeutender<br />
Ausweitungsraum der Außerferner Wirtschaft gesehen. Ebenso wird die Region von der<br />
EU durch das Programm INTEREGG IV, e<strong>in</strong> Programm zu Förderung der grenzüberschreitenden<br />
Zusammenarbeit, unterstützt. Jedoch handelt es sich bei diesem Grenzraum<br />
ebenso um e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nerdeutsche Peripherie. Die Verkehrsanb<strong>in</strong>dung zu dem süddeutschen<br />
Raum wurde mit der Fertigstellung der deutschen Autobahn A7, die direkt an der Staatsgrenze<br />
endet, erheblich verbessert. Dadurch rückt vor allem die knapp 60 Kilometer und
Analyse des Untersuchungsraums<br />
- 35 -<br />
direkt über die genannte Autobahn zu erreichende Stadt Kempten zunehmend <strong>in</strong> das Interessenfeld<br />
des Bezirkes, da die dortigen Bildungse<strong>in</strong>richtungen, besonders die Hochschule<br />
mit e<strong>in</strong>em konzentrierten Studienangebot (genaueres vgl. Internetquelle 2), e<strong>in</strong> mögliches<br />
Potenzialfeld darstellen könnten. Die nächste Metropole ist mit rund 120 Kilometer Entfernung<br />
München und somit bef<strong>in</strong>det sich diese nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er täglichen Pendeldistanz.<br />
Im Zentralitätssystem nach Bobek ist der Bezirkshauptort Reutte auf der fünften von neun<br />
Ebenen, was e<strong>in</strong>er mittleren Zentralitätsstufe mit „mäßiger“ Ausstattung entspricht (vgl.<br />
Bobek 1983, S. 83). Die Marktgeme<strong>in</strong>de verfügt dementsprechend über wesentliche regionale<br />
Funktionen im Bildungsbereich, Wirtschaft und wirtschaftnaher Dienstleistungen,<br />
F<strong>in</strong>anzwesen sowie Politik und Verwaltung und könnte daher nach der Theorie e<strong>in</strong>er polyzentrischen<br />
Entwicklung e<strong>in</strong>en Wachstumspol darstellen. Der Rest des Außerferns h<strong>in</strong>gegen<br />
ist auf der untersten, dörflichen Ebene e<strong>in</strong>zuordnen (vgl. Höfle 1984, S. 130f). Diese<br />
Zentralisierung und Fokussierung auf den Bezirkshauptort kann <strong>in</strong> der Folge zu e<strong>in</strong>er<br />
strukturellen Schwächung des dörflichen Umfeldes führen, da sich Leistungen der Dase<strong>in</strong>svorsorge<br />
aus der Fläche zurückziehen und sich Arbeitsplätze aus den Siedlungen der<br />
untersten Stufe zusehend <strong>in</strong> höherrangige Stufen verschieben. Dieser Entwicklung wird<br />
unter Raumordnungsgesichtspunkten als langfristig problematisch angesehen (vgl. Favry<br />
2006, S. 14f).<br />
Gemäß der Kategorisierung der OECD ist das Außerfern fast zur Gänze Teil des <strong>ländlichen</strong><br />
Raums Österreichs und stellt aufgrund des hohen Bevölkerungsanteils (ca. 90%) der<br />
<strong>in</strong> dieser Raumkategorie lebenden Menschen, den österreichweit fünft ländlichsten Raum<br />
dar. E<strong>in</strong> weiteres Indiz für die räumliche und strukturelle Lage ist das europäischen Programm<br />
Leader, durch das der Bezirk unterstützt wird. Die f<strong>in</strong>anzielle Unterstützung von<br />
der EU richtet sich gezielt auf die Entwicklung ländlicher Regionen, wobei damit <strong>in</strong>dividuelle<br />
Projekte unterstützt werden, die endogene Potenziale erfordern bzw. fördern.<br />
3.2 Wirtschaftliche Entwicklung, Arbeitsmarkt und Ausstattung mit<br />
Humankapital<br />
Trotz des <strong>ländlichen</strong> Charakters s<strong>in</strong>d lediglich 1,8% (2001) der Erwerbstätigen im primären<br />
Sektor tätig, e<strong>in</strong> Wert der im Tiroler Vergleich als sehr niedrig e<strong>in</strong>zustufen ist. Der<br />
sekundäre Sektor ist mit 37,6% (2001) der anteilig höchste <strong>in</strong> Tirol, wobei dieser <strong>in</strong> den<br />
letzten 30 Jahren erheblich (ca. -12%) zugunsten des Dienstleistungssektors abgenommen
Analyse des Untersuchungsraums<br />
- 36 -<br />
hat (vgl. Internetquelle 3). Im tertiären Wirtschaftssegment dom<strong>in</strong>iert der Tourismus, wobei<br />
dieser im Gegensatz zu anderen Tiroler Regionen meist nicht <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Massentourismus<br />
betrieben wird.<br />
Der vergleichsweise hohe Anteil des produzierenden Sektors ist hauptsächlich auf die<br />
Dom<strong>in</strong>anz des Bauwesens, der Herstellung von Metallerzeugnissen (Plansee Group) und<br />
des Masch<strong>in</strong>enbaus zurückzuführen. Die größten Unternehmen s<strong>in</strong>d die Plansee Group <strong>in</strong><br />
Breitenwang, Koch Media <strong>in</strong> Höfen, kdg mediatech <strong>in</strong> Elbigenalp, Schretter & Cie <strong>in</strong> Vils<br />
und Multivac <strong>in</strong> Lechaschau. Weiters s<strong>in</strong>d im Dienstleistungsbereich vor allem zahlreiche<br />
Bankenunternehmen, allen voran das Bankhaus Jungholz als Teil der Raiffeisenbank Reutte,<br />
mehrere große Tourismusbetriebe sowie sehr know-how-<strong>in</strong>tensive, <strong>in</strong>dustriebezogene<br />
Betriebe wie Moll & Bentley Associates GmbH ansässig.<br />
Abb. 3.1: Entwicklung des Bruttoregionalprodukts (BRP) <strong>in</strong> Österreich: 1995-2005<br />
Quelle: Dax et al. 2009, S. 21<br />
Das BIP/Kopf ist mit rund 26.800 € vergleichsweise hoch und dadurch belegt die Region<br />
auf NUTS-3 Ebene alpenweit Rang 32 (vgl. Internetquelle 4). In Abb. 3.1 ist e<strong>in</strong> vergleichsweise<br />
starkes Wachstum des Bruttoregionalprodukts ersichtlich, was als e<strong>in</strong> Zeichen<br />
für die prosperierende Wirtschaft <strong>in</strong>terpretiert werden kann. Dieses kommt den Angestellten<br />
zugute, da im Zuge der Interviews mit den lokalen Betrieben e<strong>in</strong> vergleichsweise hohes<br />
Lohnniveau festgestellt wurde (vgl. Kap. 5.3.4). Dieser Umstand widerspricht dem <strong>in</strong> Kap.<br />
2.5 vorgestellten zentral-peripheren Gefälle der Verdiensthöhe, daher wird auf dieses Charakteristikum<br />
im Verlauf der Arbeit noch genauer e<strong>in</strong>gegangen.
Analyse des Untersuchungsraums<br />
- 37 -<br />
Die Arbeitslosigkeit lag 2006 noch bei e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>gen Wert von 4,9% (vgl. Internetquelle<br />
5). Im Zuge der Wirtschaftskrise ist dieser vor allem Jahr 2009 erheblich um 36% im Vergleich<br />
zum Vorjahr angestiegen, wobei dieses Wachstum das höchste <strong>in</strong> Tirol ist (vgl.<br />
Internetquelle 6).<br />
Abb. 3.2: Erwerbsquote von Frauen <strong>in</strong> Österreich: 2001<br />
Quelle: Dax et al. 2009, S. 21<br />
E<strong>in</strong> arbeitsmarktbezogener Indikator für die Ländlichkeit bzw. die sich ausbreitende Urbanisierung<br />
ist die Frauenerwerbsquote, da sie erheblich durch traditionell geschlechtsspezifische<br />
Arbeitsmuster geprägt ist (vgl. Schmitt 2007, S. 7). Diese ist <strong>in</strong> dem Untersuchungsraum<br />
relativ ger<strong>in</strong>g, wobei festzuhalten ist, dass das Außerfern zu jenen Regionen gehört,<br />
<strong>in</strong> denen e<strong>in</strong> besonders großer Unterschied zwischen der Erwerbsquote der Männer und der<br />
Frauen besteht (vgl. Abb. 3.2). Österreichweit zeichnet sich allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> langsamer Aufholprozess<br />
der Frauen ab (vgl. Dax et al. 2009, S. 24). Durch e<strong>in</strong>e starke Zunahme der<br />
Erwerbsquote der Frauen und die damit verbundene Aktivierung e<strong>in</strong>es wesentlichen endogenen<br />
Potenzials kann e<strong>in</strong> wirtschaftliches Wachstum e<strong>in</strong>geleitet und die Stärkung e<strong>in</strong>es<br />
Teilaspektes der zeitgerechten Lebensqualität, <strong>in</strong> der sowohl Männer als auch Frauen die<br />
gleichen beruflichen Möglichkeiten haben, unterstützt werden.<br />
Wie bereits <strong>in</strong> Kapital 2.5.5 beschrieben wurde, ist e<strong>in</strong>e positive Korrelation zwischen dem<br />
formalen Ausbildungsniveau und der Humankapital vorhanden. In Bezug auf die räumliche<br />
Verteilung der Bevölkerung mit e<strong>in</strong>em tertiären Bildungsabschluss ist <strong>in</strong> Österreich<br />
e<strong>in</strong>e Konzentration vor allem auf die Städte und deren Umland festzustellen (vgl. Abb.<br />
3.3). In dieser Gegenüberstellung schließt der Bezirk Reutte unterdurchschnittlich ab, ver-
Analyse des Untersuchungsraums<br />
- 38 -<br />
gleichbar mit anderen Bezirken der Steiermark oder des Burgenlandes. Bemerkenswert ist<br />
der auffallend hohe Wert des Bezirks Lienz, der jedoch e<strong>in</strong>zig auf das überdurchschnittliche<br />
Abschneiden des Hauptortes zurückzuführen ist.<br />
Abb. 3.3: Bildungsniveau – Hochschulabschluss <strong>in</strong> Österreich: 2001<br />
Quelle: Kartengrundlage: ÖROK-Onl<strong>in</strong>e-Atlas; eigene Bearbeitung<br />
Bei e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>räumigeren, auf das Außerfern fokussierten Betrachtungsebene, ist e<strong>in</strong>e<br />
ähnliche Konzentration auch um den zentralen Ort Reutte (ca. 8% der Bevölkerung mit<br />
tertiärem Abschluss) <strong>in</strong>nerhalb des Außerferns feststellbar. Dieser Umstand wurde bereits<br />
1984 durch Höfle (1984, S. 45) beobachtet, was trotz des hohen Anteils an Berufstätigen<br />
im sekundären Sektor damals schon beachtlich war und vor allem e<strong>in</strong>en Verdienst des<br />
Metallwerk Plansee darstellt. Anhand dieses Beispiels kann gezeigt werden, wie e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziger<br />
Betrieb zu e<strong>in</strong>er deutlichen Anhebung des regionalen Bildungsniveaus führen kann<br />
(vgl. Höfle 1984, S. 45).
Analyse des Untersuchungsraums<br />
- 39 -<br />
Aufgrund der zunehmend<br />
<strong>in</strong>ternationalen Konkurrenz<br />
der Regionen um Hochqualifizierte<br />
ist e<strong>in</strong> alpenweiter<br />
Vergleich h<strong>in</strong>sichtlich der<br />
Bildung relevant. Keller<br />
(2008) weist <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Dissertation<br />
zur Lebensqualität<br />
<strong>in</strong> den Alpen auf Ebene der<br />
NUTS-3 erhebliche Unterschiede<br />
<strong>in</strong> den Alpenregionen<br />
nach, <strong>in</strong> denen weite schluss im Alpenraum: 2001<br />
Abb. 3.4: Bildungsniveau – Matura-Niveau und Hochschulab-<br />
Teile Österreichs, darunter Quelle: Keller 2008<br />
auch das Außerfern, vergleichsweise schlecht abschneiden (vgl. Abb. 3.4). Zu beachten ist<br />
Kellers Verständnis e<strong>in</strong>es hohen Bildungsabschluss, welches sowohl das Matura- als auch<br />
das Hochschulniveau umfasst. Nach dieser Klassifikation bef<strong>in</strong>det sich die Region auf<br />
Platz 96 der 100 Alpenregionen. E<strong>in</strong> zusätzlich wichtiger Indikator h<strong>in</strong>sichtlich des regionalen<br />
Bildungsniveaus ist der Anteil der Pflichtschulabsolventen. Mit e<strong>in</strong>em Anteil relativ<br />
hohen Anteil von rund 40% liegt das Außerfern im letzten Viertel der Alpenregionen und<br />
schneidet somit vergleichsweise schlecht ab.<br />
3.3 Bevölkerungsstruktur<br />
Wie e<strong>in</strong>leitend festgestellt wurde, tritt zeitgleich zu den wirtschaftlichen Bestrebungen<br />
junge, kreative und qualifizierte Arbeitskräfte anzuwerben trotz Bildungsexpansion e<strong>in</strong>e<br />
demographische Verknappung dieses wichtigen Teiles der Bevölkerung e<strong>in</strong>.<br />
Vorweg ist festzuhalten, dass die Untersuchungsregion rund 32.000 E<strong>in</strong>wohner aufweist<br />
und ist mit e<strong>in</strong>er Bevölkerungsdichte von 26 E<strong>in</strong>wohnern pro km² e<strong>in</strong>e der dünnst besiedelten<br />
Räume der Alpen (vgl. Internetquelle 7), wodurch e<strong>in</strong>e gewisse Sonderstellung<br />
verdeutlicht wird.<br />
Als e<strong>in</strong> relevanter Indikator für die Ländlichkeit gelten höhere Geburtenziffern sowie e<strong>in</strong>e<br />
<strong>in</strong>sgesamt im Vergleich zu städtischen <strong>Räumen</strong> junge Bevölkerung (vgl. Henkel 1995, S.<br />
39). Anhand der Abb. 3.5 ist e<strong>in</strong> bisweilen relativ hoher Anteil an K<strong>in</strong>dern und Jugend-
Analyse des Untersuchungsraums<br />
- 40 -<br />
lichen im Bezirk Reutte vorhanden. Auf e<strong>in</strong>er Österreich-weiten Ebene ist e<strong>in</strong> deutliches<br />
West-Ost-Gefälle feststellbar. Der Bezirk Reutte schneidet hierbei im Tiroler Vergleich<br />
leicht unterdurchschnittlich ab.<br />
Im Zuge des Wandels von e<strong>in</strong>er Agrar-, über e<strong>in</strong>er Industrie- bis h<strong>in</strong> zu der heutigen<br />
Dienstleistungsgesellschaft ist jedoch e<strong>in</strong>e Ausbreitung ger<strong>in</strong>ger Geburtenziffern ausgehend<br />
von den städtischen <strong>Räumen</strong> zu erkennen, welche folglich, durch e<strong>in</strong>e allmähliche<br />
Verschiebung der Altersstruktur, zu e<strong>in</strong>er Alterung der Bevölkerung führt (vgl. Henkel<br />
1995, S. 38f). Diese Tendenzen s<strong>in</strong>d im Außerfern bereits erkennbar und e<strong>in</strong>e Alterung ist<br />
<strong>in</strong> Prognosen für die kommenden zwei Jahrzehnte absehbar. Anhand Abb. 3.6 ist diese<br />
Entwicklung durch e<strong>in</strong>e allmähliche Verschiebung der älteren, geburtenstarken Jahrgänge<br />
nach oben bei gleichzeitiger Verschmälerung des Sockels erkennbar – gemäß bevölkerungsgeographischer<br />
Sichtweise also e<strong>in</strong>e Entwicklung von e<strong>in</strong>er Tropfen- h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er<br />
Urnenform. Somit wird die Region vor e<strong>in</strong> längerfristiges Problem gestellt, <strong>in</strong> Folge dessen<br />
vor allem Seitentäler und kle<strong>in</strong>e, abgelegene und touristisch kaum erschlossene Dörfer<br />
besonders betroffen se<strong>in</strong> werden.<br />
Abb. 3.5: Altersstruktur – Anteil der jungen Bevölkerung <strong>in</strong> Österreich: 2001<br />
Quelle: Kartengrundlage ÖROK-Onl<strong>in</strong>e-Atlas; eigene Bearbeitung
Analyse des Untersuchungsraums<br />
- 41 -<br />
Abb. 3.6: Demographischer Wandel anhand der aktuellen und prognostizierten Altersverteilung im<br />
Bezirk Reutte: 2001 und 2031<br />
Quelle: Tirol Atlas<br />
Wie bereits mehrfach erwähnt, ist das Bildungsniveau gesamtgesellschaftlich <strong>in</strong> den letzten<br />
Jahren stark angestiegen. Beg<strong>in</strong>nend mit e<strong>in</strong>em Anstieg der Übertrittsraten <strong>in</strong> höher bildende<br />
Schulen und entsprechend wachsender Zahl der Maturanten, absolviert nun e<strong>in</strong> zunehmender<br />
Anteil e<strong>in</strong>es Altersjahrgangs e<strong>in</strong> Studium an e<strong>in</strong>er Universität oder Fachhochschule.<br />
Die Untersuchungsregion weist <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf den Besuch höher bildenden Schulen<br />
e<strong>in</strong>en vergleichsweise ger<strong>in</strong>gen Wert auf. Während im österreichischen Mittel 55,7%<br />
der 15-19 Jährigen aktuell e<strong>in</strong>e Schule besuchen s<strong>in</strong>d es im Außerfern unter 50% (vgl.<br />
Internetquelle 8). In Anbetracht der Teilnahme an tertiärer Bildung weist das Bundesland<br />
Tirol mit e<strong>in</strong>er Studierendenquote von 19,7% (Österreich-weit liegt dieser Wert bei rund<br />
24%) e<strong>in</strong>e leicht unterdurchschnittliche Entwicklung auf (Werte beziehen sich auf die<br />
<strong>in</strong>ländische Bevölkerung zwischen 18 und 25 Jahren). Abb. 3.7 zeigt die räumliche Verteilung<br />
der Studierenden <strong>in</strong>nerhalb des Dauersiedlungsraums, wobei zu beachten ist, dass<br />
e<strong>in</strong>e, im Vergleich zu den vorher genannten Werten, e<strong>in</strong>geschränkte Bevölkerungsgruppe<br />
betrachtet wird. Grundsätzlich ist e<strong>in</strong>e theoriekonforme Konzentration auf die Städte und<br />
die umliegenden Gebiete zu erkennen. Das Außerfern h<strong>in</strong>gegen, weist e<strong>in</strong>en sehr ger<strong>in</strong>gen<br />
Anteil an Studierenden auf.
Analyse des Untersuchungsraums<br />
- 42 -<br />
Somit kann e<strong>in</strong> erstes Resümee gezogen werden: trotz der ger<strong>in</strong>gen Zahl an Studenten ist<br />
der relative Anteil an Hochqualifizierten im Bezirk Reutte vergleichsweise hoch, es muss<br />
also e<strong>in</strong> Zuzug dieser Gruppe <strong>in</strong> die Region bestehen. E<strong>in</strong>e Untersuchung der Wanderungsdynamik<br />
soll weiterführende Erkenntnisse liefern.<br />
Abb. 3.7: Studiumspartizipation <strong>in</strong> Österreich: 2001<br />
Quelle: Internetquelle 8<br />
3.4 Bevölkerungsdynamik<br />
Anhand der Abb. 3.8 kann e<strong>in</strong> klarer Kontrast zwischen den stark wachsenden Bezirken<br />
auf der e<strong>in</strong>en Seite und jenen<br />
mit e<strong>in</strong>em sehr ger<strong>in</strong>gem bis<br />
negativen Wachstum auf der<br />
anderen Seite festgestellt<br />
werden. Das Außerfern<br />
verzeichnete <strong>in</strong> den letzten<br />
acht Jahren <strong>in</strong>sgesamt das<br />
ger<strong>in</strong>gste Wachstum. Obwohl<br />
die leicht positive<br />
Geburtenbilanz die Gesamtbilanz<br />
etwas verbessern Abb. 3.8: Entwicklung der Wohnbevölkerung <strong>in</strong> den Tiroler Bezirken<br />
konnte, bleibt sie die Ger<strong>in</strong>gste<br />
<strong>in</strong> Tirol. Wesentli- nach Veränderungskomponenten: 2001-2008<br />
Quelle: Amt der Tiroler Landesregierung 2009, S. 6
Analyse des Untersuchungsraums<br />
- 43 -<br />
che Bevölkerungsgew<strong>in</strong>ne durch Zuwanderung konnten lediglich Reutte und dessen Umgebung<br />
sowie die Hauptorte der Seitentäler erzielen. Besonders häufig s<strong>in</strong>d Lechtaler Geme<strong>in</strong>den<br />
von e<strong>in</strong>er Abwanderung betroffen.<br />
Bei dem Vergleich dieser<br />
Werte mit jenen aus ganz<br />
Österreich bzw. dem gesamten<br />
Alpenraum (vgl. Abb.<br />
3.9) fällt e<strong>in</strong>e mäßige Entwicklung<br />
des Außerferns<br />
auf, sich die Situation jedoch<br />
(noch) nicht mit jenen<br />
bereits bekannten problematischen<br />
steirischen oder<br />
niederösterreichischen Regionen<br />
vergleichen lässt. 2002-2005<br />
Abb. 3.9: Wanderungsrate auf NUTS-3 Ebene im Alpenraum:<br />
Quelle: Keller 2008<br />
Die Sonderrolle des Bezirkes<br />
wird durch die umliegenden NUTS-3-Regionen mit e<strong>in</strong>er stärker positiven Wanderungsrate<br />
unterstrichen.<br />
Mit dem Ziel, die Wanderungsdynamik des Außerferns genauer zu analysieren, wurden die<br />
Zu- und Wegzüge <strong>in</strong> bzw. von der Region der letzten fünf Jahre gegenübergestellt und<br />
deren Differenz berechnet. Aus dieser Analyse wird die Problematik besonders stark verdeutlicht.<br />
Anhand Abb. 3.10 ist e<strong>in</strong> erheblicher Verlust <strong>in</strong> den Altersklassen von 18 bis<br />
unter 30 Jahren festzustellen. Wanderungsgew<strong>in</strong>ne fanden <strong>in</strong> diesem Zeitraum lediglich<br />
zwischen 30 und 50 Jahren statt, dem Alter der meisten Erwerbstätigen, sowie unter 18<br />
Jahre, wobei es sich hierbei vermutlich um deren Nachwuchs handelt. Wichtigstes Ziel der<br />
Abwandernden s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>nerösterreichische Gebiete, allen voran Tirol (vgl. Amt der Tiroler<br />
Landesregierung 2009, S. 52).
Analyse des Untersuchungsraums<br />
- 44 -<br />
65 und älter<br />
50 bis unter 65<br />
30 bis unter 50<br />
25 bis unter 30<br />
18 bis unter 25<br />
unter 18<br />
-200 -100 0 100<br />
Saldo (absolut)<br />
Abb. 3.10: Kumuliertes Wanderungssaldo im Bezirk Reutte: 2003-2008<br />
Quelle: Datengrundlage: Land Tirol – Abteilung Raumordnung und Statistik;<br />
eigene Darstellung<br />
65 und älter<br />
50 bis unter 65<br />
30 bis unter 50<br />
25 bis unter 30<br />
18 bis unter 25<br />
unter 18<br />
0 50 100 150 200 250 300 350<br />
Saldo (absolut)<br />
Abb. 3.11: Kumuliertes Wanderungssaldo der grenzüberschreitenden<br />
Wanderungen im Bezirk Reutte: 2003-2008<br />
Quelle: Datengrundlage: Land Tirol – Abteilung Raumordnung und Statistik;<br />
eigene Darstellung<br />
In Abb. 3.11 h<strong>in</strong>gegen s<strong>in</strong>d ausschließlich jene Wanderungen berücksichtigt, die über die<br />
Staatsgrenze führten und Teil der Gesamtwanderung s<strong>in</strong>d. Folgernd wird e<strong>in</strong> starker <strong>in</strong>nerösterreichischer<br />
Bevölkerungsverlust durch e<strong>in</strong>en den Zuzug aus dem Ausland gem<strong>in</strong>dert.<br />
Diese Wanderungsdynamik der Bevölkerung f<strong>in</strong>det ebenso auf der Tiroler Ebene statt,<br />
wobei das Hauptherkunftsland Deutschland darstellt (vgl. Amt der Tiroler Landesregierung<br />
2009, S. 46). Aus diesen Aufstellungen lassen sich jedoch direkt ke<strong>in</strong>e Aussagen über die<br />
Qualifikation der Zu- bzw. Abgewanderten ableiten.
Analyse des Untersuchungsraums<br />
- 45 -<br />
3.5 Folgerungen für die Untersuchung<br />
Das Außerfern erweist sich als e<strong>in</strong>e Region mit sehr unterschiedlichen Tendenzen und es<br />
zeigt sich, dass der ländliche Raum nicht (mehr) existiert. Daher ist e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige Kategorisierung,<br />
wie sie gemäß der ÖROK für ländliche Räume vorgenommen wurde (vgl.<br />
Tab. 1), schwer möglich.<br />
Ländliche Gebiete<br />
<strong>in</strong> urbanisierten<br />
Regionen<br />
Ländliche Gebiete geprägt<br />
durch Intensivtourismus<br />
Lage Stadtumland Westliche Alpengebiete<br />
Österreichs<br />
Dynamik<br />
Herausforderung<br />
Hohe Entwicklungsdynamik<br />
Geordnete räumliche<br />
Entwicklung<br />
Hohe Dynamik, jedoch<br />
starke Abhängigkeit von<br />
Tourismusentwicklung<br />
E<strong>in</strong>bezug der ökologischen<br />
Sensibilität <strong>in</strong> der Planung<br />
Periphere ländliche<br />
Gebiete<br />
Südliche und östliche<br />
Alpengebiete sowie<br />
ehemalige Ostgrenzen<br />
Österreichs<br />
Ger<strong>in</strong>ge Wirtschaftskraft;<br />
abnehmende Bevölkerungszahlen<br />
F<strong>in</strong>den von Wegen aus<br />
der „Negativspirale“<br />
Beispiel Rhe<strong>in</strong>tal P<strong>in</strong>zgau - Pongau Murau; Südburgenland<br />
Tab. 1: Kategorisierung ländlicher Räume<br />
Quelle: Dax et al. 2009, S. 8; eigene Darstellung<br />
Auf der e<strong>in</strong>en Seite weist die Region e<strong>in</strong> wirtschaftliches Wachstum und Vielseitigkeit auf,<br />
was schon seit geraumer Zeit e<strong>in</strong>en erheblichen Arbeitskräftebedarf bed<strong>in</strong>gt. Dieser wird<br />
nach wie vor durch den Zuzug von Hilfsarbeitern und heute vor allem Fachkräften aus dem<br />
Ausland zu decken versucht. Die Bevölkerungsdynamik kann dieses durch den starken<br />
Zuzug aus dem Ausland ansatzweise bestätigen. Durch diesen Zufluss von Außen s<strong>in</strong>d vor<br />
allem im Hauptort schon relativ früh urbane Lebensformen, mit all ihren Vor- und Nachteilen,<br />
aufgetreten. Andererseits sieht sich die Region mit längerfristig problematischen und<br />
womöglich sich selbst verstärkenden Tendenzen konfrontiert. Durch die Alterung der Bevölkerung,<br />
relativ ger<strong>in</strong>gen sekundären und tertiären Bildungspartizipation bei gleichzeitigem<br />
Wanderungsdefizit der jungen Kohorten, läuft die Gesamtbevölkerung vor Ort aufgrund<br />
des Mangels an der demographischen und humankapitalbezogenen Basis zunehmend<br />
Gefahr, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Abhängigkeit von Außen zu geraten. Durch die anhaltende Bildungsexpansion<br />
und höherer Partizipation an tertiären Ausbildungswegen, wird e<strong>in</strong> wachsender<br />
Teil der Maturanten die Region aufgrund des Fehlens von entsprechenden E<strong>in</strong>richtungen<br />
verlassen müssen. Jedoch ist gerade e<strong>in</strong>e junge, dynamische und kreative Bevölkerung e<strong>in</strong>
Analyse des Untersuchungsraums<br />
- 46 -<br />
wesentlicher Faktor für das Funktionieren der bereits beschriebenen lernenden Regionen<br />
unerlässlich. Das regionale Bildungsniveau, wobei der Fokus möglichst auf endogenen<br />
Humanressourcen liegen sollte, ist dabei ebenso e<strong>in</strong> wesentlicher Standortfaktor für Neugründungen<br />
und Erweiterung von Unternehmen.<br />
Da das formale Bildungsniveau und die wirtschaftliche Bedeutung der Humanressourcen<br />
eng zusammenhängen, ist die B<strong>in</strong>dung der aktuell Studierenden aus dem Außerfern, die e<strong>in</strong><br />
immanenter Bestandteil der Entwicklung der Region s<strong>in</strong>d, an ihre Heimat von großer Bedeutung.<br />
Ihre angestrebte Qualifikation kann die Rückkehr ermöglichen oder verh<strong>in</strong>dern,<br />
wobei e<strong>in</strong>e Vielzahl weiterer, teils sehr subjektiver Faktoren mitspielen. Durch die Analyse<br />
dieser Entscheidungsprozesse und das daraus gewonnene Wissen, können Strategien entwickelt<br />
werden, mithilfe derer die Bildungswege bee<strong>in</strong>flusst und e<strong>in</strong>e Rückkehr <strong>in</strong> Form<br />
des Bra<strong>in</strong> Circulation-Typs verstärkt werden.
Empirische Untersuchung<br />
- 47 -<br />
4 Empirische Untersuchung<br />
Wie bereits gezeigt wurde, umfasst das vorliegende Thema e<strong>in</strong>e vielseitige und vielschichtige<br />
Problematik. Um e<strong>in</strong>en umfassenden E<strong>in</strong>blick zu bekommen, wurde e<strong>in</strong> breiter Ansatz<br />
gewählt, sprich der E<strong>in</strong>bezug beider wesentlicher Komponenten, lokale Unternehmen auf<br />
der Arbeitsgeber- und Fachkräftenachfrageseite zum e<strong>in</strong>en und Studierende bzw. bereits<br />
arbeitstätige Hochqualifizierte auf der Seite des potentiellen Fachkräfteangebotes zum<br />
anderen. E<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>gehende Untersuchung dieser Teilbereiche sowie deren Wechselwirkungen<br />
s<strong>in</strong>d zur Erklärung der <strong>in</strong> der Untersuchungsregion stattf<strong>in</strong>denden Prozesse vonnöten.<br />
Im Folgenden sollen die drei Untersuchungsgruppen sowie die angewandte Methodik<br />
beschrieben werden.<br />
4.1 Studierende Außerferner<br />
4.1.1 Beschreibung der Gruppe und Aufbau des Fragebogens<br />
Die größte und für die Arbeit bedeutendste Untersuchungsgruppe bilden die derzeitigen<br />
Außerferner Studenten an den Österreichischen Universitäten. Sie stellen jene Gruppe dar,<br />
die sich durch die Aneignung von Fachwissen zu hochqualifizierten Arbeitskräften entwickeln.<br />
Da tertiäre Bildungse<strong>in</strong>richtungen im Bezirk Reutte fehlen, müssen sie für diesen<br />
Ausbildungsweg die Region verlassen, wobei e<strong>in</strong>e klare Bevorzugung der nächst gelegenen<br />
Universitätsstadt Innsbruck zukommt. Im S<strong>in</strong>ne des im vorhergehenden Kapitel beschriebenen<br />
endogenen Potenzials spielen diese Personen e<strong>in</strong>e bedeutende Rolle für e<strong>in</strong>e<br />
prosperierende Zukunft. Durch die zum<strong>in</strong>dest temporäre Abwesenheit von der Region s<strong>in</strong>d<br />
sie als Young Potentials dem erwähnten Kampf der Regionen um die besten Köpfe verstärkt<br />
ausgesetzt. Die genaue Kenntnis ihres Verhaltens, ihrer E<strong>in</strong>stellungen und Entscheidungsabläufe<br />
s<strong>in</strong>d dabei trotz bestehender emotionaler B<strong>in</strong>dung an das Außerfern für e<strong>in</strong><br />
Behalten bzw. Rückgew<strong>in</strong>n zunehmend wichtig. Um dieses zu bewerkstelligen, wurde e<strong>in</strong><br />
Fragebogen (siehe Anhang), bestehend aus fünf Fragenkomplexen, konzipiert. Diese Teilbereiche,<br />
welche jeweils durch e<strong>in</strong>e Leitfrage betitelt wurden, sollen die wesentlichen<br />
Facetten des untersuchten Phänomens aus Sicht der zukünftigen Arbeitnehmer abdecken.<br />
Trotzdem muss bedacht werden, dass die analysierten und dafür aggregierten Verhaltensmuster<br />
auf sehr <strong>in</strong>dividuellen Entscheidungen basieren und anhand folgender Interpretatio-
Empirische Untersuchung<br />
- 48 -<br />
nen lediglich Tendenzen aufgezeigt werden können, die aufgrund von <strong>in</strong>haltlichen und<br />
statistischen Analysen der Daten resultieren.<br />
a) Welche Assoziationen verb<strong>in</strong>den die Außerferner Studierenden ich mit ihrem Heimatbezirk?<br />
Um e<strong>in</strong>en generellen E<strong>in</strong>druck der Befragten bezüglich dem Image des Außerferns zu<br />
bekommen und sie <strong>in</strong> das Thema mental e<strong>in</strong>zuführen, werden die Befragten aufgefordert,<br />
„weiche“ Standortfaktoren sowie die <strong>in</strong>frastrukturelle Ausstattung zu bewerten. Die Frage<br />
welches Bild die Studenten, die nun <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ganz anderen, städtischen Umfeld leben, vom<br />
Außerfern haben, lässt auf Schwachstellen <strong>in</strong> der Region schließen. Ist die Lebensqualität<br />
wirklich so gut, wie sie im allgeme<strong>in</strong>en Diskurs im Bezirk nach Innen und Außen vermittelt<br />
wird? Was bedeutet „Lebensqualität“ überhaupt für junge, hochqualifizierte Personen?<br />
b) Wie stark ist ihre B<strong>in</strong>dung an das Außerfern?<br />
Der zweite Fragenkomplex ist den verschiedenen Formen sozialer B<strong>in</strong>dungen gewidmet,<br />
wodurch geklärt werden soll, wie stark diese s<strong>in</strong>d und durch welche Faktoren sie im Wesentlichen<br />
bed<strong>in</strong>gt werden.<br />
Die B<strong>in</strong>dung an die Heimatregion weist dabei verschiedene Dimensionen auf. Familie,<br />
Freunde, Vere<strong>in</strong>e, Erholung usw. nehmen dabei wesentliche und <strong>in</strong>dividuell verschiedene<br />
Bedeutungen e<strong>in</strong>. Diese B<strong>in</strong>dung kann man jedoch nicht nur am Heimatwohnort erkennen,<br />
sondern auch anhand der Kontakthäufigkeit zu Studenten am Studienort, deren Herkunftsregion<br />
die selbe ist.<br />
c) Welche Faktoren bee<strong>in</strong>flussen Studenten bei ihrer Studienrichtungswahl?<br />
Im dritten Teil wird auf das jeweilige Studium e<strong>in</strong>gegangen. Die Wahl e<strong>in</strong>er Studienrichtung<br />
ist meist ausschlaggebend für den weiteren Verlauf des Lebens. Nicht nur die Karriere<br />
wird davon bee<strong>in</strong>flusst, sondern auch private Lebensbereiche, wie die Wahl des Wohnortes,<br />
da die Ausübung gewisser Berufe an bestimmten Orten gebunden ist. An dieser Stelle<br />
soll geprüft werden, wie stark die Wechselwirkung zwischen der Region und deren Bewohner<br />
bzw. der lokalen Wirtschaft und der Höheren Schulen ist. Treffen die Maturanten<br />
die Wahl ihres Studiums auf Grundlage von lokal verfügbaren Informationen und Möglichkeiten<br />
am Außerferner Arbeitsmarkt oder studieren sie ausschließlich nach persönlichem<br />
Interesse? Dadurch wäre möglicherweise e<strong>in</strong>e Rückkehr bereits <strong>in</strong> diesem frühen<br />
Stadium ausgeschlossen. Zum anderen soll die Häufigkeit und Auswirkung studienrelevanter<br />
Kontakte <strong>in</strong> Form von Praktika und diversen universitären Arbeiten analysiert werden.
Empirische Untersuchung<br />
- 49 -<br />
d) Ist e<strong>in</strong>e Rückkehr <strong>in</strong> das Außerfern <strong>in</strong> absehbarer Zeit möglich bzw. <strong>in</strong> Aussicht?<br />
Die Fragen dieses Blocks befassen sich mit der beruflichen Zukunft. An dieser Stelle werden<br />
Gründe für bzw. gegen e<strong>in</strong>e Rückkehr untersucht sowie e<strong>in</strong>e Bewertung des Arbeitsmarktes<br />
sowohl <strong>in</strong> arbeitsplatzbezogener Sicht, als auch die Bedeutung und Bewertung der<br />
Vere<strong>in</strong>barkeit von Beruf und Familie vorgenommen. Die zentrale Fragestellung ist, ob und<br />
unter welchen Bed<strong>in</strong>gungen die Studierenden wieder <strong>in</strong> den Bezirk Reutte zurückkehren<br />
würden. Daran s<strong>in</strong>d E<strong>in</strong>schätzungen der Karrierechancen und Verdienstmöglichkeiten<br />
sowie der E<strong>in</strong>tritt von Veränderungswünschen gekoppelt. S<strong>in</strong>d die Studenten e<strong>in</strong>er Rückkehr<br />
tendenziell nicht abgeneigt, könnten diese durch entsprechende Maßnahmen zurück<br />
gewonnen und somit e<strong>in</strong>e Bra<strong>in</strong> Circulation <strong>in</strong> Gang gesetzt werden. Ist e<strong>in</strong>e grundlegend<br />
fehlende Motivation feststellbar, müssen entsprechende Schritte e<strong>in</strong>geleitet werden, um die<br />
aufgezeigten Nachteile der Region im Ausmaß der Möglichkeiten zu m<strong>in</strong>dern.<br />
e) Welchen E<strong>in</strong>fluss haben Geschlecht, Studium, Studienfortschritt sowie Bildungsniveau<br />
der Eltern auf die untersuchten Phänomene?<br />
Die im abschließenden Teil des Fragebogens gestellten Fragen sollen diverse statistische<br />
Angaben und Aussagen bezüglich Repräsentativität und Vergleichbarkeit mit anderen<br />
Studien möglich machen. Gleichzeitig wird dadurch die Möglichkeit geboten, Abhängigkeiten<br />
h<strong>in</strong>sichtlich des Geschlechts oder des gewählten Studiums festzustellen. Zusätzlich<br />
soll geprüft werden, ob sich gewisse E<strong>in</strong>stellungen im Laufe des Studiums ändern.<br />
Die Angaben zu dem höchsten Bildungsabschluss der Eltern dienen der, <strong>in</strong> dieser Forschungsrichtung<br />
verbreiteten Untersuchung der „Vererbung von Wissen“ bzw. die Weitergabe<br />
von bestimmten beruflichen Aspirationen. Trifft dieser Umstand, den Meusburger<br />
(1984) auf Ebene des Bundeslandes Vorarlberg nachgewiesen hat, auch auf den Bezirk<br />
Reutte zu?<br />
4.1.2 Durchführung, Rücklauf und Repräsentativität<br />
Im Vorfeld der Aussendung der Fragebögen wurden die Hauptuniversitäten <strong>in</strong> den österreichischen<br />
Städten Innsbruck, Salzburg, L<strong>in</strong>z, Klagenfurt, Wien und Leoben sowie die<br />
mediz<strong>in</strong>ischen Universitäten <strong>in</strong> den Städten Innsbruck und Wien kontaktiert. Erwähnenswert<br />
ist der Umstand, dass die e<strong>in</strong>zelnen Fakultäten der österreichischen Universitäten<br />
unterschiedliche Zuordnungen aufweisen. An der Innsbrucker Universität s<strong>in</strong>d alle Fakul-
Empirische Untersuchung<br />
- 50 -<br />
täten Bestandteil derselben Universität, während <strong>in</strong> Wien, Graz und L<strong>in</strong>z e<strong>in</strong>e weitere Unterteilung<br />
<strong>in</strong> technische, wirtschaftliche und künstlerische Universitäten mit den jeweiligen<br />
Fakultäten gegliedert s<strong>in</strong>d, wobei die Unterteilung an der jeweiligen Universität <strong>in</strong>dividuell<br />
stattf<strong>in</strong>det. Zwar fehlen die entsprechenden Studierenden, jedoch ist der weitaus größte<br />
Anteil der Studierenden an der Universität Innsbruck <strong>in</strong>skribiert und dieses Fehlen somit<br />
das Ergebnis nur ger<strong>in</strong>gfügig bee<strong>in</strong>flusst.<br />
Aus Datenschutzgründen fungierten die kontaktierten Universitäten als Mittler zwischen<br />
Verfasser des Fragebogens und den befragten Studenten. Diese wurden anhand e<strong>in</strong>es zugesandten<br />
E-Mails und dem dar<strong>in</strong> <strong>in</strong>tegrierten Hyperl<strong>in</strong>k direkt zum Fragebogen geleitet. Die<br />
Auswahl der entsprechenden Studenten seitens der Universitäten erfolgte durch die Abfrage<br />
ihrer Datenbanken, nach der Postleitzahl beg<strong>in</strong>nend mit den Ziffern 66, welche für den<br />
Bezirk Reutte stehen.<br />
Es wurde darauf geachtet, e<strong>in</strong>en technisch möglichst e<strong>in</strong>fachen Fragebogen zu erstellen,<br />
wodurch e<strong>in</strong> problemloses und unkompliziertes Ausfüllen durch die Befragten gewährleistet<br />
werden sollte. Das Dokument konnte von allen gängigen Browsern geöffnet und gelesen<br />
werden, wobei die Darstellung stets dieselbe blieb. Dadurch konnte die Objektivität der<br />
Umfrage gewährleistet werden.<br />
Dieser Kommunikationsweg erlaubte im Zeitraum zwischen 15. Juni 2009 und 30 Juli<br />
2009 sowie zeitlich verzögert an der Universität Salzburg zwischen 25. August und 30.<br />
September 2009 <strong>in</strong>sgesamt 409 der aktuell studierenden Außerferner zu kontaktieren. Da<br />
für das Jahr 2009 ke<strong>in</strong>e Daten von Seiten der Abteilung für Raumplanung und Statistik des<br />
Landes Tirol zu Verfügung standen, wurde der letztjährige Wert herangezogen. Nach diesem<br />
beträgt die Grundgesamtheit 674 als studierend gemeldete Personen aus Bezirk Reutte<br />
an allen Österreichischen Universitäten im Jahr 2008. Insgesamt gab es 247 Rückmeldungen<br />
(vgl. Abb. 4.1), was e<strong>in</strong>er Rücklaufquote von rund 60% entspricht. Von diesen Rückmeldungen<br />
waren elf Fragebögen leer, da sie vermutlich lediglich durchgeklickt wurden.<br />
Acht Personen waren über 35 Jahre alt und wurden daher <strong>in</strong> die weiteren Analysen nicht<br />
mit e<strong>in</strong>bezogen. Folglich blieben 222 größten Teils gänzlich beantwortete Fragebögen für<br />
die Auswertungen übrig. Demzufolge konnte durch diesen Fragebogen rund e<strong>in</strong> Drittel<br />
aller derzeitig <strong>in</strong> Österreich studierenden Außerferner h<strong>in</strong>sichtlich ihrer E<strong>in</strong>stellung zu dem<br />
untersuchten Themenkomplex erhoben werden, wodurch e<strong>in</strong>e gute Repräsentativität gegeben<br />
ist.
Empirische Untersuchung<br />
- 51 -<br />
Universität Innsbruck<br />
Mediz<strong>in</strong>ische Universität Wien<br />
Mediz<strong>in</strong>ische Universität Innsbruck<br />
Universität Klagenfurt<br />
Montanuniversität Leoben<br />
Universität Graz<br />
Universität Wien<br />
Universität L<strong>in</strong>z<br />
Universität Salzburg<br />
0 50 100 150 200 250 300 350<br />
Respondenten<br />
Adressaten<br />
Abb. 4.1: Rücklauf der Onl<strong>in</strong>e-Umfrage an der jeweiligen Universität: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebungen<br />
4.2 Absolventen des BRG-Reutte – Abschlussjahrgang 1997/98<br />
4.2.1 Beschreibung der Gruppe und Aufbau des Fragebogens<br />
Die Zielgruppe der zweiten Erhebung besteht aus bereits berufstätigen Absolventen des<br />
BRG-Reutte. Stellvertretend wurde der Abschlussjahrgang 1997/98 gewählt, wobei dar<strong>in</strong><br />
die achte Klasse des Metallurgischen Zweiges, welche e<strong>in</strong>e Dauer über neun Schulstufen<br />
aufweist und erst im darauf folgenden Jahr maturierte, enthalten ist. Insgesamt umfasst<br />
dieser Jahrgang 57 ehemalige Schüler, welche mittlerweile ca. 30 Jahre alt s<strong>in</strong>d und sich<br />
somit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er entscheidenden Lebensphase bef<strong>in</strong>den. Es ist anzunehmen, dass sie ihr Studium<br />
großteils beendet und bereits den ersten Arbeitsplatz, häufig <strong>in</strong>, oder zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> der<br />
Nähe der jeweiligen Universitätsstadt, angetreten haben. Das Privatleben ist durch gefestigte<br />
B<strong>in</strong>dungen, vielfach mit Partnern außerhalb der eigenen Heimatregion stammend,<br />
geprägt.<br />
Da es sich um Abschnitte von Lebensläufen und somit um sehr <strong>in</strong>dividuelle Sachverhalte<br />
handelt, wurde die Methodik e<strong>in</strong>es Telefon<strong>in</strong>terviews gewählt, da so neben quantitativen<br />
Daten auch qualitative und <strong>in</strong>dividuelle Charakteristika erhoben werden konnte. Aus technischen<br />
Gründen war e<strong>in</strong>e Aufzeichnung der Gespräche und folgende Transkription nicht<br />
möglich. Daher wurde die Antworten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en vorgefertigten Fragebogen mit e<strong>in</strong>er Auswahl<br />
an potentiellen Antwortmöglichkeiten sowie zusätzlich schriftliche Notizen e<strong>in</strong>getragen.
Empirische Untersuchung<br />
- 52 -<br />
Aufgrund der Ähnlichkeit dieser und der vorhergehenden Gruppe, ergeben sich entsprechende<br />
Fragenkomplexe, deren Aussagen mit den Ergebnissen des quantitativen Fragebogens<br />
verglichen und geprüft bzw. relativiert werden können.<br />
Die Fragen des teilstrukturierten Interviews lassen sich wie im vorhergehenden Fall <strong>in</strong> fünf<br />
Teilbereiche gliedern:<br />
a) Welche Studienrichtungen bzw. welche Ausbildung wurden nach der Matura gewählt?<br />
Das abgeschlossene Studium spielt e<strong>in</strong>e wesentliche Rolle h<strong>in</strong>sichtlich e<strong>in</strong>er möglichen<br />
Rückkehr <strong>in</strong> das Außerfern oder e<strong>in</strong>er bereits im Vorfeld ausgeschlossen Option. Es soll<br />
untersucht werden, ob gewisse akademische Ausbildungen verstärkt zu e<strong>in</strong>er Rückwanderung<br />
führen oder ob persönliche Faktoren und B<strong>in</strong>dungen e<strong>in</strong>e größere Rolle spielen.<br />
b) Wo bef<strong>in</strong>det sich das derzeitiges Lebensumfeld?<br />
In diesem Fragenbündel wird analysiert, wo die Befragten zum Zeitpunkt des Interviews<br />
leben und arbeiten. Welche Räume werden von den Jungakademikern bevorzugt? Kann,<br />
wie <strong>in</strong> der Literatur beschrieben, e<strong>in</strong>e Konzentration auf städtische Gebiete festgestellt<br />
werden oder wird e<strong>in</strong> ländliches Umfeld bevorzugt? Falls diese Personen e<strong>in</strong>en <strong>ländlichen</strong><br />
Raum außerhalb des Bezirkes Reutte aufsuchen, ist zu klären, welche Präferenzen vorhanden<br />
s<strong>in</strong>d und wor<strong>in</strong> die wesentlichen Unterschiede zwischen Herkunfts- und Zielregion<br />
bestehen. Es gilt der Frage nachzugehen, welche E<strong>in</strong>flussfaktoren bei der Arbeitsplatzsuche<br />
e<strong>in</strong>fließen und ob bzw. <strong>in</strong> welcher Form der Außerferner Arbeitsmarkt explizit e<strong>in</strong>bezogen<br />
wird.<br />
c) Wie wird die zukünftige Situation gesehen?<br />
Da es sich bei dem derzeitigen Lebensmittelpunkt, sei es <strong>in</strong>nerhalb oder außerhalb des<br />
Außerferns, nicht um e<strong>in</strong>e endgültige Positionierung handelt und e<strong>in</strong> Wechsel dieser meist<br />
hochqualifizierten Personen, wie <strong>in</strong> Kap. 2.3 beschrieben, sehr wahrsche<strong>in</strong>lich ist, wird auf<br />
die Möglichkeit e<strong>in</strong>er Zu- oder Abwanderung e<strong>in</strong>gegangen. Wiederum wird nach Bed<strong>in</strong>gungen,<br />
welche e<strong>in</strong>e Rückkehr realistischer gestalten würden, gefragt. Des Weiteren stellt<br />
sich die Frage, welche Faktoren bei e<strong>in</strong>em Umzug <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e beliebige Region von großer<br />
Bedeutung s<strong>in</strong>d. Dom<strong>in</strong>ieren berufliche oder private Präferenzen?
Empirische Untersuchung<br />
- 53 -<br />
d) Wie stark ist die B<strong>in</strong>dung an das Außerferns und wie wird der Bezirk subjektiv bewertet?<br />
Da die Wurzeln der Gruppe <strong>in</strong> der Region liegen, werden persönliche B<strong>in</strong>dungen und<br />
ausschlaggebenden Gründe dafür untersucht. Handelt es sich ausschließlich um soziale<br />
Faktoren oder spielen auch andere, wie beispielsweise die Erholungsfunktion e<strong>in</strong>e Rolle?<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus wird e<strong>in</strong>e Bewertung der Infrastruktur und des Images der Region, vergleichbar<br />
mit jener aus dem Onl<strong>in</strong>e-Fragebogen, vorgenommen. Anhand dieser E<strong>in</strong>schätzungen<br />
sollen wiederum Schwachstellen aufgedeckt werden, aus denen Handlungsvorschläge<br />
abgeleitet werden können.<br />
e) Statistische Merkmale<br />
Im letzten Teil werden statistische Angaben zum Geschlecht und der Herkunftsregion<br />
erhoben.<br />
4.2.2 Durchführung, Rücklauf und Repräsentativität<br />
Der Erstkontakt zu dieser Gruppe erfolgte durch die Zusendung e<strong>in</strong>es E-Mails an die e<strong>in</strong>zelnen<br />
Personen woraufh<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Term<strong>in</strong> für die Durchführung des Telefon<strong>in</strong>terviews festgelegt<br />
wurde. Die vollständigen E-Mail-Adresslisten dieses Jahrgangs wurden mit Hilfe der<br />
Klassensprecher oder anderer ehemaliger Schüler dieser Klassen zusammengestellt. Da die<br />
Kontaktaufnahme im Juli 2009 erfolgte, also zeitgleich mit Ferienbeg<strong>in</strong>n, erstreckte sich<br />
der Befragungszeitraum auf die Monate Juni bis Oktober 2009. Die Dauer der e<strong>in</strong>zelnen<br />
telefonischen Interviews betrug rund 15 M<strong>in</strong>uten.<br />
Mit Hilfe dieser Methode konnten 21 Personen befragt werden, was e<strong>in</strong>er Rücklaufquote<br />
von 39% entspricht. Da es sich um e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Stichprobe e<strong>in</strong>er großen Grundgesamtheit<br />
handelt und der Schwerpunkt auf qualitativen, mit den Ergebnissen der Onl<strong>in</strong>e-Befragung<br />
vergleichbaren und ergänzenden Angaben, liegt, wird hier ke<strong>in</strong> Anspruch auf Repräsentativität<br />
gestellt.
Empirische Untersuchung<br />
- 54 -<br />
4.3 Experten<strong>in</strong>terviews/Unternehmerbefragung<br />
Befragtes Unternehmen: Arbeitnehmer:<br />
Plansee Group 2043<br />
Raiffeisenbank Reutte 293<br />
Bezirkskrankenhaus Reutte 278<br />
Schretter & Cie 190<br />
Koch Media 179<br />
Architekt Walch 25<br />
Tab. 2: Untersuchte Unternehmen im<br />
Außerfern: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
4.3.1 Beschreibung der Gruppe<br />
Die dritte und kle<strong>in</strong>ste Gruppe setzt sich aus den<br />
lokal ansässigen Unternehmen zusammen. Durch<br />
ihre Informationen soll der Bedarf an Fachkräften<br />
und die aktuellen Strategien, um diese anzuwerben,<br />
eruiert werden. Ferner wurde e<strong>in</strong> lokaler Arbeitsmarktexperte<br />
und der Direktor des BRG-Reutte<br />
<strong>in</strong>terviewt. Bei der Auswahl wurden jene Betriebe<br />
berücksichtigt, welche als <strong>in</strong>novative und expansive<br />
Unternehmen gelten und bei denen gleichzeitig e<strong>in</strong><br />
gewisser Personalwechsel auf der Führungsebene<br />
anzunehmen war. Darüber h<strong>in</strong>aus wurde e<strong>in</strong>e möglichst<br />
gute Abdeckung der Betriebsgrößenkategorien angestrebt (vgl. Tab. 2). Als geeignete<br />
Interviewpartner stellte sich e<strong>in</strong> Stellvertreter der Kle<strong>in</strong>betriebe mit relativ hohem<br />
Anspruch an qualifizierte Arbeitnehmer, zwei stellvertretende Mittelbetriebe, von denen<br />
e<strong>in</strong>es auf Rohstoffveredelung spezialisiert ist und das andere Softwareproduktion und<br />
Market<strong>in</strong>g betreibt, und zuletzt Großunternehmen heraus, wobei das letzt Genannte erst<br />
seit relativ kurzer Zeit dieser Kategorie beigeordnet werden kann. Als Spezialist auf dem<br />
Metallverarbeitungsgebiet konnte die sich die Plansee Group durch e<strong>in</strong>e starke Internationalisierung<br />
als kle<strong>in</strong>er Gigant (vgl. Hayter et al. 1999, zit. <strong>in</strong> Bathelt und Glückler 2003, S.<br />
173) zu e<strong>in</strong>em Großunternehmen entwickeln.<br />
Jeder dieser Betriebe wurde im Bezirk gegründet, wobei ihre Expansion <strong>in</strong> das In- und<br />
Ausland auf e<strong>in</strong>en wirtschaftlichen Erfolg schließen lässt. Das untersuchte Software-<br />
Unternehmen konnte sogar von der aktuellen Wirtschaftskrise profitieren, da Konkurrenten<br />
den Betrieb e<strong>in</strong>stellen mussten oder aufgekauft wurden. Des Weiteren wurde das Bezirkskrankenhaus<br />
und die Raiffeisenbank Reutte besucht, da der Fachkräftemangel <strong>in</strong> diesen<br />
Betrieben sowohl regional als auch <strong>in</strong> Fachliteratur bekannt ist (vgl. Kerber 2009, S. 6).
Empirische Untersuchung<br />
- 55 -<br />
4.3.2 Themenfelder der Interviews und Durchführung<br />
Die Experten<strong>in</strong>terviews wurden <strong>in</strong> Form von Leitfadengesprächen und Tiefen<strong>in</strong>terviews zu<br />
folgenden Aspekten rund um das Thema Nachfragestruktur nach Fachkräften untersucht:<br />
a) Wie stark ist das Ausmaß der Nachfrage und wo liegen die Qualifikationsschwerpunkte?<br />
E<strong>in</strong> wichtiges Indiz des regionalen Arbeitsmarktes für Hochqualifizierte ist die Nachfragestruktur.<br />
Erst das Angebot entsprechender beruflicher Optionen bietet die Grundlage e<strong>in</strong>er<br />
potenziellen Rückkehr.<br />
b) Welche Rekrutierungsstrategien werden angewendet?<br />
Die zunehmende <strong>in</strong>ternationale Tätigkeit der Unternehmen lässt ebenso die Ausweitung<br />
und Professionalisierung der Anwerbungsstrategien vermuten. Es stellen sich folglich die<br />
Fragen <strong>in</strong> welchen <strong>Räumen</strong> bevorzugt geworben wird, wo die Schwierigkeiten des Zuzugs<br />
von auswärtigen qualifizierten Arbeitskräften liegen und ob Anreize bereitgestellt werden<br />
müssen, um die Entscheidung zusätzlich zu bee<strong>in</strong>flussen. S<strong>in</strong>d diese Anreize ebenso für<br />
Hochqualifizierte aus dem Außerfern relevant?<br />
c) Welche Bedeutung kommt dem Außerferner Arbeitsmarkt zu?<br />
Die oben vorgestellten Frageblöcke führen zu der Frage <strong>in</strong>wieweit der Bezirk Reutte sowie<br />
dessen unmittelbares Umland den Bedarf an Hochqualifizierten decken. Wie stark s<strong>in</strong>d die<br />
Unternehmen <strong>in</strong> dem regionalen Arbeitsmarkt verankert und wie hoch ist der Anteil der<br />
Außerfern-stämmigen Akademiker?<br />
d) Wie stark ist die Kontakt<strong>in</strong>tensität zu den Schulen vor Ort und den Universitäten?<br />
Der letzte Fragenkomplex betrifft den Kontakt zu den Bildungse<strong>in</strong>richtungen im Bezirk,<br />
aber auch jene tertiären Bildungs<strong>in</strong>stitute außerhalb der Region. Es gilt zu klären wie stark<br />
die Intensität ist und welche Wege genutzt werden um an die Schulen etc. heranzutreten.<br />
Die Interviews wurden im Laufe des Sommers 2009 durchgeführt, wobei die e<strong>in</strong>zelnen<br />
Gespräche e<strong>in</strong>e Dauer zwischen 30 M<strong>in</strong>uten bis zu e<strong>in</strong>er Stunde aufwiesen. Die digital<br />
gespeicherten Aufnahmen wurden transkribiert und anschließend <strong>in</strong>haltlich analysiert,<br />
<strong>in</strong>terpretiert und verglichen.
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 56 -<br />
5 Ergebnisse der empirischen Untersuchungen<br />
Da sich die e<strong>in</strong>zelnen Untersuchungen der vorliegenden Arbeit h<strong>in</strong>sichtlich der Methodik<br />
teils erheblich unterscheiden und um e<strong>in</strong>er differenzierten Sichtweise der Problematik<br />
Genüge zu tun, werden Ergebnisse <strong>in</strong> dem folgenden Abschnitt erst gesondert behandelt,<br />
um sie dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em abschließend Kapitel zusammen zu führen und zu vergleichen. Die<br />
Aufarbeitung der Untersuchungen erfolgt dabei nicht anhand der <strong>in</strong> Kap. 4 beschriebenen<br />
Themenkomplexen des Fragebogens, Telefon<strong>in</strong>terviews bzw. Leitfadengesprächs, sondern<br />
nach <strong>in</strong>haltlichen Gesichtspunkten, welche sich erst durch die Komb<strong>in</strong>ation verschiedener<br />
Fragestellungen ergeben.<br />
5.1 Aktuell Studierende<br />
5.1.1 Grundlegende Statistiken<br />
Aus Tab. 3 1 ist e<strong>in</strong>e Geschlechtsproportion zu Gunsten der weiblichen Befragten feststellbar.<br />
Zwar bestehen ke<strong>in</strong>e Daten zu diesem Verhältnis auf Ebene der Grundgesamtheit,<br />
jedoch können diese Werte, aufgrund der Dom<strong>in</strong>anz der LFU Innsbruck als meist besuchte<br />
Universität, mit den entsprechenden<br />
Daten verglichen werden. Diesen zu<br />
Folge studierten zum Zeitpunkt der<br />
Befragung im Studienjahr 2008/2009<br />
53,7% weibliche und 46,3% männliche<br />
Personen (vgl. Internetquelle 9). Somit<br />
kann e<strong>in</strong> Teil der E<strong>in</strong>seitigkeit erklärt<br />
werden. Zum anderen sche<strong>in</strong>t das<br />
Übergewicht auch aus e<strong>in</strong>er höheren<br />
Bereitschaft der weiblichen Studieren-<br />
Geschlecht<br />
Häufigkeit Häufigkeit Gültige<br />
(absolut) (<strong>in</strong> %) Prozente<br />
Männlich 81 36,5 38,9<br />
Weiblich 127 57,2 61,1<br />
Gesamt 208 93,7 100,0<br />
Fehlend 14 6,3<br />
Gesamt 222 100,0<br />
Tab. 3: Geschlechtsproportion der Außerferner<br />
Studierenden: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
1 Die Prozentwerte der Gruppe „Häufigkeit (<strong>in</strong> %)“ beziehen sich auf alle Antworten, also auch jene Personen<br />
welche diese Frage nicht beantworteten. In der Gruppe „Gültige Prozent“ s<strong>in</strong>d h<strong>in</strong>gegen nur jene Personen<br />
enthalten, welche diese Frage beantwortet haben. Im den folgenden Abbildungen und Tabellen wurde<br />
aus Gründen der Übersichtlichkeit auf die Darstellungen der fehlenden Werte verzichtet. Anhand der Angabe<br />
der Anzahl der Antworten (n) kann auf die Fehlwerte rückgeschlossen werden.
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 57 -<br />
den an e<strong>in</strong>er Teilnahme der Umfrage zu resultieren, was ebenso <strong>in</strong> den parallel<br />
führten Telefon<strong>in</strong>terviews (siehe Kap. 5.2.1) beobachtet werden kann.<br />
Die Altersverteilung der Befragten weist e<strong>in</strong>e deutliche Mehrheit zwischen 20 und 24 Jahren<br />
auf (vgl. Abb. 5.1), wobei das durchschnittliche Alter 23,2 Jahre beträgt. Diese Werte<br />
entsprechen etwa der<br />
Verteilung aller Studierenden<br />
an der LFU 30<br />
35<br />
Innsbruck.<br />
Häufigkeit (absolut)<br />
25<br />
Anhand der Anzahl<br />
der bereits studierten<br />
20<br />
15<br />
Semester wurde der<br />
10<br />
Fortschritt im jeweiligen<br />
5<br />
Studium <strong>in</strong> drei<br />
Klassen unterteilt: Anfänger<br />
(1. Bis 2. Semester),<br />
0<br />
18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 34<br />
Alter<br />
Fortgeschrit-<br />
Abb. 5.1: Altersverteilung der Außerferner Studierenden: 2009<br />
tene (3. bis 6. Semester)<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
und jene Studierende nahe dem Abschluss (7. Semester und höher). Aus Abb. 5.2 ist<br />
zu entnehmen, dass sich mehr als die Hälfte der befragten Studenten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em höheren<br />
Semester und somit am Ende des Studiums bef<strong>in</strong>den, wobei der Abschluss bei e<strong>in</strong>em erheblichen<br />
Anteil zum Zeitpunkt der Befragung<br />
unmittelbar bevorstand. Somit<br />
können die Ergebnisse dieser Befragung<br />
Anfänger<br />
als sehr relevant für weitere Planungsmaßnahmen<br />
erachtet werden, da diesem<br />
nahe dem<br />
Teil der Studenten der Antritt des ersten<br />
Abschluss<br />
Arbeitsplatzes unmittelbar bevorsteht und<br />
die Entscheidung <strong>in</strong> welcher Region nach<br />
Fortgeschrittene<br />
entsprechenden Arbeitsmöglichkeiten gesucht<br />
n=193<br />
wird <strong>in</strong> naher Zukunft liegt. Da e<strong>in</strong><br />
Großteil der Befragten <strong>in</strong> Innsbruck studiert<br />
(82,2%), wurden die Angaben zu den<br />
Abb. 5.2: Studienfortschritt der Außerferner Studierenden:<br />
2009<br />
e<strong>in</strong>zelnen Studienrichtungen gemäß der Quelle: eigene Erhebung
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 58 -<br />
Fakultätszugehörigkeit an dieser Universität sowie zusätzlich den Richtungen Mediz<strong>in</strong> und<br />
Montan-Fächer klassifiziert.<br />
Betriebswirtschaft<br />
Bildungswissenschaften<br />
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät<br />
Mathematik, Informatik und Physik<br />
Psychologie und Sportwissenschaft<br />
Architektur<br />
Mediz<strong>in</strong><br />
Rechtswissenschaftliche Fakultät<br />
Biologie<br />
Chemie und Pharmazie<br />
Philosophisch-Historische Fakultät<br />
Politikwissenschaft und Soziologie<br />
Geo- und Atmosphärenwissenschaften<br />
Montan-Fächer<br />
Katholisch-Theologische<br />
Bau<strong>in</strong>genieurwissenschaften<br />
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45<br />
n=202 Häufigkeit (absolut)<br />
Abb. 5.3: Häufigkeit der Studienrichtungen der Außerferner Studierenden: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
Nach dieser E<strong>in</strong>teilung werden die beiden Richtungen Betriebswirtschaft und Bildungswissenschaften<br />
am häufigsten studiert. H<strong>in</strong>sichtlich des Studiums Wirtschaftspädagogik, welches<br />
von sechs Befragten studiert wird und der Fakultät für Betriebswirtschaft beizuordnen<br />
ist, wurde durch Nachfrage am entsprechenden Institut ermittelt, dass rund die Hälfte der<br />
Absolventen dieses Studiums als Lehrer an Schulen mit<br />
Wirtschaftsschwerpunkt tätig werden. Somit würde sich<br />
Studienort<br />
Häufigkeit<br />
der Anteil der Schulpädagogen <strong>in</strong> obiger Abbildung<br />
entsprechend erhöhen. Die Zweige der Philologisch-<br />
Kulturwissenschaftlichen Fakultät und der Fakultät für<br />
Mathematik, Informatik und Physik stellen die dritthäufigsten<br />
Studienrichtungen dar. Lediglich neun der<br />
Befragten gaben an, e<strong>in</strong> zweites Studienfach zu studieren,<br />
für die weiteren Analysen wurde jedoch nur das erst<br />
genannte Studium als Hauptfach herangezogen.<br />
Anhand Tab. 4 ist h<strong>in</strong>sichtlich der bevorzugten Univer-<br />
Innsbruck 181<br />
Salzburg 2<br />
L<strong>in</strong>z 3<br />
Wien 7<br />
Graz 6<br />
Leoben 3<br />
Klagenfurt 2<br />
Sonstiger Ort 2<br />
Gesamt 206<br />
Tab. 4: Studienorte der Außerferner<br />
Studierenden: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 59 -<br />
sitätssorte e<strong>in</strong> starker Regionalitätsgrad der studierenden Außerferner zu erkennen. Dieser<br />
Grad gibt den Anteil jener Studenten e<strong>in</strong>er Region an, der <strong>in</strong> der nächstgelegen Universität<br />
studiert (vgl. Geissler 1965, zit. <strong>in</strong> Meusburger 1998, S. 443). Dieser Umstand ist typisch<br />
für periphere und ländliche Gegenden, <strong>in</strong> denen meist e<strong>in</strong>e starke emotionale B<strong>in</strong>dung<br />
vorzuf<strong>in</strong>den ist. Ob die Herkunft aus <strong>ländlichen</strong> und peripheren <strong>Räumen</strong> auch mit niedrigen<br />
Ansprüchen an e<strong>in</strong>e berufliche Entfaltung <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>e Karrierelaufbahn sowie der<br />
sozialen Herkunft zusammenhängt und von Meusburger bereits nachgewiesen wurde, ist<br />
im vorliegenden Fall schwer nachweisbar. Die Zahl der nicht <strong>in</strong> Innsbruck studierenden<br />
Außerferner ist zu ger<strong>in</strong>g, um daraus sichere Abhängigkeiten nachweisen zu können.<br />
70<br />
60<br />
Häufigkeit (<strong>in</strong> %)<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Reutte und<br />
Umgebung<br />
Lechtal Tannheimer Tal Zw ischentoren<br />
n=207<br />
Studierende<br />
Wohnbevölkerung<br />
Abb. 5.4: Vergleich der regionalen Herkunft der Außerferner Studierenden mit der Wohnbevölkerung:<br />
2001<br />
Quelle: Datengrundlage Wohnbevölkerung: Statistik Austria; eigene Erhebung<br />
Der Großteil der Befragten stammt erwartungsgemäß aus dem regionalen Zentrum und<br />
bevölkerungsreichstem Raum des Außerferns sowie dessen Umgebung (vgl. Abb. 5.4).<br />
Beim Vergleich zwischen der Herkunftsregion und der Wohnbevölkerung (Stand 2001) ist<br />
e<strong>in</strong>e Diskrepanz im Falle des Tannheimer Tales auffallend, da diese Teilregion mit dem<br />
ger<strong>in</strong>gsten relativen Anteil an Studierenden vertreten ist.<br />
5.1.2 Soziale Herkunft der Studenten<br />
Bedeutende Grundste<strong>in</strong>e für zukünftige Entscheidungen h<strong>in</strong>sichtlich der beruflichen Laufbahn<br />
werden bereits während der K<strong>in</strong>dheit durch das soziale Umfeld geprägt. Im familiären<br />
Umfeld, Freundeskreis und <strong>in</strong> der Schule werden Aspirationen und grundlegende Ziele
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 60 -<br />
vermittelt, welche die Ausbildungswege und damit verbundene räumliche Mobilität bee<strong>in</strong>flussen.<br />
Da nach Meusburger diesbezüglich dem E<strong>in</strong>fluss Familie die größte Bedeutung<br />
beizumessen ist (vgl. 1998, S. 387), wurde die höchste Ausbildung der Eltern der Befragten<br />
erhoben. Weitere Indikatoren h<strong>in</strong>sichtlich des sozialen Umfeldes bzw. der Schichtzugehörigkeit,<br />
wie E<strong>in</strong>kommen oder kulturelle Milieu, ist anhand des Onl<strong>in</strong>e-Fragebogens<br />
vergleichsweise schwierig zu erheben.<br />
In Abb. 5.5 werden die Ausbildungen der Eltern des Untersuchungssamples und der Ausserferner<br />
Bevölkerung über 15 Jahren gegenüber gestellt. Es zeichnet sich e<strong>in</strong> Bild ab, das<br />
alle Facetten von e<strong>in</strong>er starken Unterrepräsentierung im Pflichtschulbereich (ca. 8% der<br />
Studenten haben e<strong>in</strong> Vater mit Pflichtschulabschluss), über e<strong>in</strong>e Angleichung auf Lehrniveau<br />
bis h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er starken Überrepräsentierung auf tertiärer Bildungsebene (ca. 28%<br />
der Studenten haben e<strong>in</strong>en Vater mit Universitäts- oder Fachhochschulabschluss) umfasst.<br />
60<br />
Häufigkeit (<strong>in</strong> %)<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Pflichtschule Lehre Fachschule Matura Uni/FH<br />
n=204<br />
Onl<strong>in</strong>e-Befragung – Väter<br />
männliche Bevölkerung im Außerfern über 15 Jahren (2001)<br />
Onl<strong>in</strong>e-Befragung – Mütter<br />
w eibliche Bevölkerung im Außerfern über 15 Jahren (2001)<br />
Abb. 5.5: Zusammenhang zwischen Bildungsniveau der Eltern und Studiumspartizipation der<br />
Außerferner Studierenden: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
Demzufolge nimmt die Partizipation der K<strong>in</strong>der an e<strong>in</strong>em Studium mit zunehmendem<br />
Bildungsniveau der Eltern zu, Bildung wird gewisser Weise „vererbt“. Somit kann im<br />
vorliegenden Fall nicht von e<strong>in</strong>er Bildungschancengleichheit gesprochen werden. Forderungen<br />
wie jene der OECD, nach denen „die Entscheidung, ob e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d später e<strong>in</strong>e Hochschule<br />
besuchen kann oder nicht, auf se<strong>in</strong>e Begabungen und Fähigkeiten gründen und nicht<br />
von se<strong>in</strong>em familiären H<strong>in</strong>tergrund abhängig se<strong>in</strong> [soll]“ (OECD 2007, S. 145), gelten<br />
nach wie vor als langfristige Ziele.
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 61 -<br />
Die Ausbildung der Eltern spielt jedoch mit zunehmender Größe des Wohnortes e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere<br />
Rolle, da K<strong>in</strong>der durch e<strong>in</strong>e potenziell stärkere Interaktion mit anderen Bildungsschichten<br />
zu e<strong>in</strong>em höheren Bildungsabschluss als ihre Eltern tendieren (Meusburger 1998,<br />
S. 302). E<strong>in</strong>e hohe Ausbildung der Eltern h<strong>in</strong>gegen schwächt wiederum die Auswirkungen<br />
des Umfelds, Agrarstruktur und Größe der Siedlung ab (vgl. Meusburger 1980, S. 173).<br />
Die Anwendung dieser Analysen auf die vorliegende Untersuchung wäre jedoch aufgrund<br />
der großen Dom<strong>in</strong>anz e<strong>in</strong>er Herkunftsregion nicht aussagekräftig.<br />
5.1.3 Image des Außerferns<br />
Da die befragte Gruppe zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>en erheblichen Teil ihrer Schullaufbahn im Bezirk<br />
Reutte verbracht hat, stellt sich die Frage, welche Assoziationen sie aufgrund ihrer Erfahrungen<br />
und Erlebnisse mit dem Außerfern verb<strong>in</strong>den. Das Image e<strong>in</strong>er Region ist <strong>in</strong>dividuell<br />
verschieden und somit auch das Resultat e<strong>in</strong>er subjektiven Sichtweise, die sich aus<br />
aktiven Empf<strong>in</strong>dungen, ungeprüfter Übernahme von Klischees etc. zusammensetzt und<br />
zusätzlich e<strong>in</strong>em zeitlichen Wandel unterworfen ist. Daher muss dieses Bild nicht zwangsläufig<br />
der Realität entsprechen, jedoch schw<strong>in</strong>gt diese Wahrnehmung e<strong>in</strong>es Raumes bei<br />
allen Entscheidungen <strong>in</strong> diesem Kontext mit. Somit fließt diese Perzeption auch <strong>in</strong> die<br />
Überlegung der möglichen Rückkehr nach dem Studium e<strong>in</strong>.<br />
Für die Darstellung des Images wurde e<strong>in</strong> Polaritätsprofil gewählt, welches den Mittelwert<br />
aller Befragten zur jeweiligen Eigenschaft wiedergibt. Die durchschnittliche Streuung,<br />
welche anhand der Standardabweichung berechnet wird, beträgt knapp e<strong>in</strong>en Bewertungsgrad.
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 62 -<br />
sehr attraktiv<br />
unattraktiv<br />
zentral<br />
abgelegen<br />
cool, aufregend<br />
langw eilig<br />
fortschrittlich<br />
rückständig<br />
günstig h<strong>in</strong>sichtlich<br />
Wohnen<br />
hohe Lebensqualität<br />
teuer<br />
ger<strong>in</strong>ge<br />
Lebensqualität<br />
familienfreundlich<br />
n=222<br />
familienunfreundlich<br />
1 2 3 4 5<br />
Abb. 5.6: Image der Region unter den Außerferner Studierenden: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
Der am schlechtesten bewertete Punkt ist die räumliche Abgelegenheit. Diese Sichtweise<br />
entspricht der verbreiteten Me<strong>in</strong>ung der Bevölkerung <strong>in</strong>nerhalb und außerhalb des Außerferns.<br />
Der Name spricht für sich, <strong>in</strong>dem er e<strong>in</strong>e lang andauernde Sonderstellung dieser<br />
Region widerspiegelt. Unter den befragten Studenten könnte dieser Umstand zusätzlich<br />
durch ihre erschwerte Mobilität zum jeweiligen Studienort bee<strong>in</strong>flusst se<strong>in</strong>, da sie zum<strong>in</strong>dest<br />
zu Beg<strong>in</strong>n ihres Studiums, über ke<strong>in</strong> Auto verfügen und ersatzweise e<strong>in</strong>e wesentlich<br />
längere Zugfahrt <strong>in</strong> Kauf nehmen oder Fahrgeme<strong>in</strong>schaften gründen müssen.<br />
E<strong>in</strong> weiterer Grund für die schlechte Note könnte die Methode an sich darstellen, da ausschließlich<br />
Studenten an den österreichischen Unis angeschrieben wurden. Der Frage, ob<br />
diese Bewertung von Außerferner Studierenden im süddeutschen Raum, deren Zahl jedoch<br />
wesentlich ger<strong>in</strong>ger se<strong>in</strong> dürfte, ähnlich schlecht ausfallen würde, oder es sich hierbei um<br />
e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e und <strong>in</strong> gewisser Weise „traditionelle“, stark auf Österreich konzentrierte<br />
E<strong>in</strong>stellung handelt, <strong>in</strong> der Staatsgrenzen trotz Internationalisierung unterschiedlicher Lebensbereiche<br />
nach wie vor e<strong>in</strong>e wesentliche Rolle <strong>in</strong> der Bewertung und Abgrenzung e<strong>in</strong>es<br />
Raumes spielen, kann <strong>in</strong> dieser Studie nicht geklärt werden.<br />
Die Wohnkosten wurden als durchschnittlich bewertet. Tatsächlich s<strong>in</strong>d im Tiroler Vergleich<br />
Mietwohnungen und Baugrundstücke im Bezirk Reutte jedoch am günstigsten. Nur<br />
Eigentumswohnungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Osttirol zu e<strong>in</strong>em noch niedrigeren Preis erwerbbar. Die<br />
Kosten <strong>in</strong>nerhalb des Bezirkes variieren zwischen 110 €/m² und 380 €/m² im touristisch
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 63 -<br />
geprägten Ehrwald. Die Preise im Raum Innsbruck liegen dagegen zwischen 160 €/m² und<br />
550 €/m² (vgl. Tiroler Tageszeitung 28.05.2009). Somit besteht e<strong>in</strong> wesentlicher Vorteil<br />
gegenüber den Agglomerationen, der jedoch offensichtlich bei den Studierenden nur unzureichend<br />
bekannt ist und möglicherweise auf ungenügende Informationen schließen lässt.<br />
Im Spitzenfeld der Bewertungen liegen die familienfreundliche Atmosphäre sowie die<br />
Lebensqualität. Letztgenannter Begriff ist sehr dehnbar und wird von sehr unterschiedlichen<br />
Faktoren bee<strong>in</strong>flusst. Im vorliegenden Fall korrelieren h<strong>in</strong>sichtlich der <strong>in</strong>frastrukturellen<br />
Ausstattungen der Region vor allem die Freizeitmöglichkeiten und das kulturelle Angebot<br />
mit der Bewertung der Lebensqualität.<br />
Die sehr gute E<strong>in</strong>stufung der Familienfreundlichkeit, welche jedoch erst zu e<strong>in</strong>em späteren<br />
Lebensabschnitt relevanter wird, steht e<strong>in</strong>er Bewertung als eher langweilig und rückständig<br />
gegenüber, die vor allem dem jüngeren Teil der Bevölkerung von Bedeutung ist. Meusburger<br />
wies anhand des Mirkozensus von 1977 nach, dass die familienzyklischen Wohnsitzwechsel<br />
vor allem bei unteren Ausbildungsniveaus e<strong>in</strong>e wichtige Rolle spielen. Die<br />
berufsorientierten Wohnsitzwechsel h<strong>in</strong>gegen wurden hauptsächlich von Personen mit<br />
Matura oder Universitätsabschluss vollzogen (vgl. Meusburger 1980, S. 183). Somit könnten<br />
diese, auch außerhalb der vorliegenden Studie häufig genannten Vorteile, die das Ausserfern<br />
bietet, e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere Rolle für die Ab- bzw. Zuwanderung spielen, als weitläufig<br />
angenommen wird.<br />
E<strong>in</strong>e thematisch ähnliche, vor wenigen Jahren <strong>in</strong> Sachsen-Anhalt durchgeführte Studie<br />
lieferte ebenso e<strong>in</strong>e sehr positive Beurteilung der Lebensbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> der Heimatregion<br />
der Fortzügler (vgl. Friedrich und Schultz 2007, S. 28ff). Friedrich und Schultz sehen die<br />
positiven Assoziationen zwar als Basis e<strong>in</strong>er möglichen Rückkehr, dennoch s<strong>in</strong>d die<br />
„westdeutschen“ Verdienstaussichten vorrangig (zu der Bewertung der Verdienstmöglichkeiten<br />
im Außerfern siehe Kap. 5.1.8).<br />
5.1.4 Angebotene Infrastruktur<br />
Die materiellen Entitäten e<strong>in</strong>er Region und die damit verbundenen Funktionen, können<br />
wesentliche Gründe für e<strong>in</strong>e räumliche Verwurzelung und B<strong>in</strong>dung der Individuen darstellen<br />
(vgl. Meusburger 2005, S. 280). Die Bewertung der vorhandenen Infrastruktur kann<br />
dabei Rückschlüsse liefern, wobei zu bedenken ist, dass die jeweiligen Lebensumstände<br />
und Erfahrungen der Studierenden e<strong>in</strong>en erheblichen E<strong>in</strong>fluss haben. Da sich die Studenten
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 64 -<br />
zum Zeitpunkt der Befragung <strong>in</strong> städtischen <strong>Räumen</strong> befanden, werden ihre E<strong>in</strong>schätzungen<br />
vermutlich durch e<strong>in</strong>en Vergleich beider Räume geprägt se<strong>in</strong>.<br />
Häufigkeit (absolut)<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
n=222<br />
1 2 3 4 5<br />
Beurteilung (1 sehr gut; 5 sehr schlecht)<br />
Freizeit/Naherholung<br />
Kultur<br />
öffentlicher Verkehr<br />
Anb<strong>in</strong>dung durch Verkehrs<strong>in</strong>frastruktur nach Außen<br />
Weiterbildungsmöglichkeiten<br />
Abb. 5.7: Beurteilung der regionalen Infrastruktur durch Außerferner Studierende: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
H<strong>in</strong>sichtlich der Ausstattung der Region mit diversen E<strong>in</strong>richtungen zeigt sich e<strong>in</strong>e klare<br />
Dom<strong>in</strong>anz der Freizeit und Naherholung. Dax et al. (2002, S. 171) stoßen <strong>in</strong> ihren Untersuchungen<br />
zur <strong>ländlichen</strong> Jugend <strong>in</strong> Österreich auf ähnliche Ergebnisse und deuten diese als<br />
e<strong>in</strong> typisches Phänomen junger Menschen im <strong>ländlichen</strong> Raum. Die auffallend positive<br />
Bewertung der Sportmöglichkeiten <strong>in</strong> der ursprünglichen Natur wird auf den oben angeschnittenen<br />
subjektiven Vergleich mit den urbanen Nachteilen zurückgeführt.<br />
Das kulturelle Angebot schneidet durchschnittlich bis leicht negativ ab. Ob die Befragten<br />
unter Kultur e<strong>in</strong>e traditionelle, klassische oder jugendspezifische verstehen, kann alle<strong>in</strong> aus<br />
diesen Ergebnissen nicht abgeleitet werden. Aufgrund der ger<strong>in</strong>gen Partizipation an lokalen<br />
Traditionen <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Vere<strong>in</strong>smitgliedschaft (vgl. Abb. 5.10) und der Ausbreitung<br />
von städtischer Lebensformen auf ländliche Regionen, ist jedoch e<strong>in</strong> zunehmend urban<br />
geprägtes Verständnis anzunehmen.<br />
Sowohl die verkehrstechnische Erschließung <strong>in</strong>nerhalb des Außerferns, als auch die Anb<strong>in</strong>dung<br />
nach Außen, wurde überwiegend als mangelhaft bis schlecht e<strong>in</strong>gestuft. Dieses<br />
weist möglicherweise wiederum auf e<strong>in</strong>e starke Fokussierung der Anb<strong>in</strong>dung an die österreichischen<br />
Universitätsstädte h<strong>in</strong>, wobei die Erreichbarkeit des süddeutschen Raums und<br />
dessen Zentren e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>gen E<strong>in</strong>fluss e<strong>in</strong>zunehmen sche<strong>in</strong>t.
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 65 -<br />
5.1.5 Soziale und Emotionale B<strong>in</strong>dung an das Außerfern<br />
Soziale Kontakte spielen h<strong>in</strong>sichtlich der E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung und Verwurzelung <strong>in</strong> die Region e<strong>in</strong>e<br />
wesentliche Rolle. Es ist vor allem bei jenen Studenten mit e<strong>in</strong>er stark ausgeprägten sozialen<br />
B<strong>in</strong>dung e<strong>in</strong>e überdurchschnittliche örtliche Verwurzelung zu erwarten, während bei<br />
jenen mit e<strong>in</strong>er schwächeren sozialen B<strong>in</strong>dung das Gegenteil e<strong>in</strong>tritt.<br />
In Abb. 5.8 wird e<strong>in</strong>e überwiegend starke familiäre B<strong>in</strong>dung der Befragten verdeutlicht,<br />
während die Kontakt<strong>in</strong>tensität zu dem Freundeskreis <strong>in</strong> der Region schwächer ist. Differenziert<br />
man zwischen den Geschlechtern, ist die Dom<strong>in</strong>anz familiärer B<strong>in</strong>dungen der<br />
weiblicher Befragten offenkundig, während die B<strong>in</strong>dung zum Freundeskreis bei den Männern<br />
stärker ausgeprägt ist. Nur e<strong>in</strong> Viertel aller Befragten hat kaum bzw. gar ke<strong>in</strong>e sozialen<br />
Kontakte zum Außerfern, was <strong>in</strong> Anbetracht des großen Anteils an höhersemestrigen<br />
Befragten bemerkenswert wenig ist.<br />
sehr stark<br />
stark<br />
mittelmäßig<br />
schw ach<br />
ke<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>dung<br />
0 10 20 30 40 50 60<br />
Häufigkeit (<strong>in</strong> %)<br />
n=208<br />
familiäre B<strong>in</strong>dung männlich<br />
B<strong>in</strong>dung zu Freundeskreis männlich<br />
familiäre B<strong>in</strong>dung w eiblich<br />
B<strong>in</strong>dung zu Freundeskreis w eiblich<br />
Abb. 5.8: Soziale B<strong>in</strong>dungen nach Geschlecht der Außerferner Studierenden: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
Als e<strong>in</strong> weiteres Indiz für die B<strong>in</strong>dung an die Heimatregion kann die durchschnittliche<br />
Häufigkeit der Heimfahrten herangezogen werden. Angesichts der Anb<strong>in</strong>dung, welche<br />
zum e<strong>in</strong>en über öffentliche Verkehrsmittel sehr zeitaufwendig und zum anderen über die<br />
Straße stark von dem saisonabhängigen Verkehrsaufkommen e<strong>in</strong>geschränkt ist, wurde e<strong>in</strong><br />
tägliches Pendeln ausgeschlossen und im Fragebogen monatliche Mittelwerte als Antwortmöglichkeiten<br />
angegeben. Die Ergebnisse können <strong>in</strong> zwei ähnlich große Gruppen<br />
unterteil werden: jene, die regelmäßig (Kategorien: „fast jedes Wochenende“ und „häufig“)<br />
(ca. 52%) und jene, die seltener (Kategorien: „gelegentlich“, „selten“ und „nie“) (ca.
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 66 -<br />
48%) nach Hause fährt. Somit bleibt knapp mehr als die Hälfte der Befragten <strong>in</strong> regelmäßigem<br />
Kontakt mit dem Außerfern.<br />
Nahe dem Abschluss<br />
Fortgeschrittene<br />
Anfänger<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
Häufigkeit (<strong>in</strong> %)<br />
n=193<br />
fast jedes Wochenende häufig gelegentlich selten nie<br />
Abb. 5.9: Häufigkeit der Heimfahrten nach Studienfortschritt der Außerferner<br />
Studierenden: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
In Abb. 5.9 wurde die Häufigkeit der Heimfahrten dem Studienfortschritt gegenüber gestellt.<br />
Daraus lässt sich e<strong>in</strong> Rückgang der Heimfahrten im Laufe des Studiums ablesen.<br />
Studienanfänger fahren 77% regelmäßig heim, Fortgeschrittene 60% und Studenten nahe<br />
ihrem Abschluss nur mehr 44%. Statistisch korreliert die Heimfahrhäufigkeit stärker mit<br />
der B<strong>in</strong>dung zu dem Freundeskreis im Bezirk als mit jener zur Familie, was folglich zu der<br />
Annahme führt, dass die Kontakte zum Freundeskreis, trotz oben beschriebener zweitrangiger<br />
Platzierung, verstärkt durch regelmäßige Rückfahrten gepflegt werden. Die B<strong>in</strong>dung<br />
zu anderen Außerfernern am Studienort ist relativ stark und weist im Gegensatz zu der<br />
vorigen Analyse ke<strong>in</strong>e Abhängigkeit von dem Studienfortschritt auf.<br />
E<strong>in</strong>e weitere Form der sozialen B<strong>in</strong>dung stellen Vere<strong>in</strong>e dar, deren Rolle vor allem <strong>in</strong> <strong>ländlichen</strong><br />
<strong>Räumen</strong> nach wie vor groß ist. Sie dienen als Kommunikationsplattform und f<strong>in</strong>den<br />
unter der Bevölkerung e<strong>in</strong>e starke Befürwortung und erfreuen sich e<strong>in</strong>er regen Teilnahme.<br />
Henkel bezeichnet daher die ländliche Kultur als e<strong>in</strong>e „Aktiv-Kultur“, während es sich bei<br />
der städtischen um e<strong>in</strong>e „Passiv-Kultur“ handelt, welche vor allem auf e<strong>in</strong>en Konsum der<br />
Kultur abzielt (vgl. Henkel 1988, zit. <strong>in</strong> Henkel 1995, S. 249). Da es sich dabei um e<strong>in</strong>en<br />
Gradienten handelt, der e<strong>in</strong>en fließenden Übergang je nach dem Ausmaß der Verstädterung<br />
der Lebensweise beschreibt, wurde e<strong>in</strong>en Aufgliederung nach der jeweiligen Herkunftsregion<br />
vorgenommen (vgl. Abb. 5.10).
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 67 -<br />
Zw ischentoren<br />
Tannheimer Tal<br />
Lechtal<br />
Reutte und Umgebung<br />
0 20 40 60 80 100 120 140<br />
Häufigkeit (absolut)<br />
n=205<br />
ja<br />
ne<strong>in</strong><br />
Abb. 5.10: Vere<strong>in</strong>stätigkeit <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Regionen des Bezirkes der Außerferner<br />
Studierenden: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
Während das Verhältnis der vere<strong>in</strong>stätigen Studenten aus den ländlicheren Gebieten des<br />
Bezirkes jeweils recht ausgeglichen ist, s<strong>in</strong>d die Studenten aus dem Hauptort zu e<strong>in</strong>em weit<br />
größeren Anteil ke<strong>in</strong>em Vere<strong>in</strong> tätig. In Summe ist nur rund e<strong>in</strong> Drittel der Befragten <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em Vere<strong>in</strong> aktiv, wobei der meist Genannte mit knapp 46% der Sportvere<strong>in</strong> ist, gefolgt<br />
von den Musikvere<strong>in</strong>en mit 31,1% und den anderen Vere<strong>in</strong>en (Klassifizierung siehe Anhang).<br />
Der hohe Wert der letzt genannten Gruppe kommt aufgrund der großen Diversität<br />
der Vere<strong>in</strong>slandschaft zustande.<br />
5.1.6 Wahl des Studiums – Ausstattung mit Humankapital<br />
Die Wahl des Studiums ist h<strong>in</strong>sichtlich der Möglichkeit e<strong>in</strong>er Rückkehr der Studenten <strong>in</strong><br />
Komb<strong>in</strong>ation mit der Nachfrage nach gewissen Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt e<strong>in</strong><br />
zentrales, <strong>in</strong> die Zukunft wirkendes Kriterium. Je besser beide Faktoren übere<strong>in</strong>stimmen,<br />
attraktive berufliche Optionen und wirtschaftlich <strong>in</strong>teressante Ausbildungen, desto eher<br />
wird e<strong>in</strong>e Rückkehr <strong>in</strong> Betracht gezogen. Darüber h<strong>in</strong>aus kann im Falle e<strong>in</strong>er entsprechenden<br />
Ausbildung schon während des Studiums e<strong>in</strong> Kontakt zwischen den lokalen Unternehmen<br />
und den Studenten zustande kommen. Ebenso spielen, wie bereits erwähnt, die<br />
Berufsaussichten bei e<strong>in</strong>em Wechsel des Lebensmittelpunktes der Hochqualifizierten generell<br />
e<strong>in</strong>e zentrale Rolle. Der Grundste<strong>in</strong> dieser Entwicklung wird bereits mit dem Studium<br />
gelegt. Es ist zu prüfen, ob die Wahl des jeweiligen Studienganges von der Region abhängt<br />
bzw. durch sie bee<strong>in</strong>flusst werden kann.
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 68 -<br />
H<strong>in</strong>sichtlich der Informationsquellen zu möglichen Studiengängen (vgl. Abb. 5.11) ist e<strong>in</strong>e<br />
Dom<strong>in</strong>anz der Homepages der Universitäten (28,5%) und mündlicher Quellen (22,5%)<br />
gegeben. E<strong>in</strong> zweites Cluster ergaben die Tage der offenen Türen an den Unis (16,5%),<br />
sowie das jeweilige familiäre Umfeld und Gespräche mit Lehrern bzw. Informationsveranstaltungen<br />
an den Schulen (jeweils 13,3%). Indessen haben während der Schulferien<br />
absolvierte Praktika e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Bedeutung. Informationen über den Arbeitsmarkt via<br />
spezielle Pr<strong>in</strong>tmedien und Stellenausschreibungen werden kaum herangezogen.<br />
Arbeitsmarktbeurteilungen <strong>in</strong><br />
Fachzeitschriften und speziellen<br />
Homepages der Unis<br />
Gespräche mit<br />
Lehrern/Informationsveranstaltungen<br />
Mundpropaganda<br />
Familiäres Umfeld<br />
Praktika w ährend Schulferien<br />
Tag der offenen Tür an den Unis<br />
Stellenausschreibungen <strong>in</strong> regionalen<br />
Medien<br />
sonstiges<br />
0 20 40 60 80 100 120 140 160<br />
n=519 Häufigkeit (absolut)<br />
Abb. 5.11: Informationsquellen zu Studienmöglichkeiten der Außerferner<br />
Studierenden: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 69 -<br />
Persönliches Interesse<br />
Berufschancen auf dem Arbeitsmarkt<br />
(standortungebunden)<br />
Berufschancen auf dem Außerferner<br />
Arbeitsmarkt<br />
Familiäre Gründe (z.B. Mitarbeit im<br />
Familienunternehmen; Übernahme etc.)<br />
Sonstige<br />
0 50 100 150 200 250<br />
n=285 Häufigkeit (absolut)<br />
Abb. 5.12: Ausschlaggebende Kriterien für die Wahl des jeweiligen Studiums der<br />
Außerferner Studierenden: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
E<strong>in</strong> ähnliches Bild zeigen die Kriterien der konkreten Wahl des Studienfaches (vgl. Abb.<br />
5.12). Knapp zwei Drittel der Befragten hat das Studium ausschließlich durch persönliches<br />
Interesse gewählt. 26,2% der Befragten gaben an, (unter anderem) den standortunabhängigen<br />
Arbeitsmarkt bei der Wahl des Studiums berücksichtigt zu haben, während der Außerferner<br />
Arbeitsmarkt für lediglich 1,4% wichtig war. Der generelle Arbeitsmarkt floss nur<br />
bei rund 32,2% der Befragten <strong>in</strong> die Entscheidung e<strong>in</strong>. Aus familiären Gründen, wie beispielsweise<br />
der Übernahme des Betriebes der Eltern, spielt kaum e<strong>in</strong>e Rolle. Ob daraus auf<br />
e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge fortlaufende Qualifizierung der Kle<strong>in</strong>- und Mittelbetriebe geschlossen werden<br />
kann, ist fraglich, da zu diesem Zweck möglicherweise eher spezifische Institutionen wie<br />
Fachhochschullehrgänge besucht werden.<br />
Inwiefern die Wahl des Studiums von dem Maturatyp (HAK oder BRG) abhängt, wurde<br />
nicht untersucht. Aus anderen Studien, wie beispielsweise Schmidt (2000) zu e<strong>in</strong>er ähnlichen<br />
Thematik im Untersuchungsraum Vorarlberg, ist zu entnehmen, dass knapp 37% der<br />
HAK-Absolventen e<strong>in</strong> Studium als weiterführende Ausbildung wählten. Diese Ergebnisse<br />
konnten <strong>in</strong> der vorliegenden Analyse durch die Experten<strong>in</strong>terviews der lokalen Betriebe<br />
bestätigt werden, da die Gruppe der ehemaligen HAK-Schüler <strong>in</strong> verstärkter Form direkt<br />
nach der Matura e<strong>in</strong>e Ausbildung beispielsweise <strong>in</strong> der untersuchten Bank absolvieren.<br />
Da Studien vorwiegend nach persönlichem Interesse und weniger gemäß der Nachfrage<br />
nach bestimmten Qualifikationen gewählt werden, sche<strong>in</strong>t der Arbeitsmarkt bei den be-
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 70 -<br />
fragten Studenten ke<strong>in</strong> wichtiges Kriterium bezüglich der Wahl des Studiums darzustellen.<br />
Trotzdem schätzen 60% der Befragten ihre Qualifikation ihre Qualifikation am Ausserferner<br />
Arbeitsmarkt als nachgefragt e<strong>in</strong> (vgl. Abb. 5.13). Somit ist diese Übere<strong>in</strong>stimmung<br />
zwischen gewählter und als nachgefragt angenommener Qualifikation als eher zufällig<br />
e<strong>in</strong>zustufen.<br />
Die Gruppe jener Befragten, die h<strong>in</strong>sichtlich<br />
ihrer Qualifikation nicht weiß,<br />
ob diese <strong>in</strong> der Region nachgefragt wird,<br />
weist e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Bereitschaft auf zurück<br />
zu kehren (ca. 79% dieser Gruppe<br />
sehen ihre berufliche Zukunft nicht im<br />
Außerfern). Demzufolge bedarf es <strong>in</strong>sbesondere<br />
bei dieser Gruppe e<strong>in</strong>er verstärkten<br />
Informationsvermittlung im<br />
H<strong>in</strong>blick auf das Angebot an attraktiven<br />
Arbeitsplätzen bzw. auf die Nachfrage<br />
nach den jeweiligen Qualifikationen im<br />
Bezirk. Hiermit soll die, aus Sicht der<br />
Region, negative Haltung gem<strong>in</strong>dert und<br />
fehlend<br />
weiß nicht<br />
ne<strong>in</strong><br />
ja<br />
n=222<br />
Abb. 5.13: E<strong>in</strong>schätzung der Arbeitsmöglichkeiten im<br />
Außerfern entsprechend der eigenen Qualifikation<br />
der Außerferner Studierenden: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
die Rückwanderungswahrsche<strong>in</strong>lichkeit erhöht werden.<br />
Differenziert man diese E<strong>in</strong>schätzung nach Studienrichtungen (vgl. Abb. 5.14) zeigt sich<br />
vor allem bei angehenden Biologen und Studenten der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen<br />
Fakultät e<strong>in</strong> hoher Anteil an fehlenden Informationen zu Arbeitsmöglichkeiten.<br />
Des Weiteren sehen die Studenten dieser Studienrichtungen zusammen mit<br />
jenen der Rechtswissenschaftlichen Fakultät am häufigsten ke<strong>in</strong>e Arbeitsmöglichkeit im<br />
Bezirk.
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 71 -<br />
Architektur<br />
Bau<strong>in</strong>genieurw issenschaften<br />
Betriebsw irtschaft<br />
Bildungsw issenschaften<br />
Biologie<br />
Chemie und Pharmazie<br />
Geo- und<br />
Atmosphärenw issenschaften<br />
Mathematik, Informatik und<br />
Physik<br />
Politikw issenschaft und<br />
Soziologie<br />
Psychologie und<br />
Sportw issenschaft<br />
Katholisch-Theologische F.<br />
Philologisch-<br />
Kulturw issenschaftliche F.<br />
Philosophisch-Historische F.<br />
Rechtsw issenschaftliche F.<br />
Mediz<strong>in</strong><br />
Montan-Fächer<br />
0 5 10 15 20 25 30 35 40<br />
n=194<br />
Häufigkeit (<strong>in</strong> %)<br />
ne<strong>in</strong> ja weiß nicht<br />
Abb. 5.14: E<strong>in</strong>schätzung der Arbeitsmöglichkeiten <strong>in</strong> der Region nach Studienrichtung<br />
der Außerferner Studierenden: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
5.1.7 Kontakt zu Unternehmen über Praktika<br />
Praktika s<strong>in</strong>d sowohl für Studenten s<strong>in</strong>nvoll, da so schon während des Studiums e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>blick<br />
<strong>in</strong> praktische Arbeitsfelder gewonnen werden kann, als auch für Arbeitgeber, die über<br />
diesen Weg potentielle Fachkräfte kennen lernen und möglicherweise schon früh an das<br />
Unternehmen b<strong>in</strong>den können. Zusätzlich soll mittels der E<strong>in</strong>führung von Pflichtpraktika <strong>in</strong><br />
zahlreichen Studienrichtungen, den Studierenden der bevorstehende Berufse<strong>in</strong>stieg durch<br />
die praxisbezogene Ergänzung zum theoretischen universitären Wissen erleichtert werden.
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 72 -<br />
Im vorliegenden Fall hat lediglich knapp<br />
e<strong>in</strong> Drittel der Befragten e<strong>in</strong> berufsrelevantes<br />
Praktikum <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Außerferner<br />
Betrieb absolviert (vgl. Abb. 5.15). Die<br />
Plansee Group, als der größte Arbeitsgeber<br />
der Region, verfügt ebenso über die<br />
weitaus meisten Praktikanten unter<br />
Praktikum<br />
absolviert<br />
fehlend<br />
ke<strong>in</strong><br />
Praktikum<br />
den befragten Studenten (vgl. Tab. 5). Er<br />
wurde vor allem von Betriebswirtschaftsstudenten<br />
(7 Personen) gefolgt von Studenten<br />
n=222<br />
aus den Studienrichtungen Mathe-<br />
matik, Physik und Informatik (4 Personen)<br />
Abb. 5.15: Praktikumstätigkeit der Außerferner<br />
besucht. Der zweithäufigst genannte<br />
Studierenden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Außerferner Unternehmen:<br />
2009<br />
Bereich ist das Gesundheitswesen, wobei<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
sieben davon Mediz<strong>in</strong> studieren und die<br />
Famulatur e<strong>in</strong>en wesentlichen<br />
Unternehmen<br />
Nennungen<br />
Bestandteil des Studiums darstellt.<br />
Trotz der gesammelten<br />
Plansee 27<br />
Sonstige größere Betriebe (Koch, Schretter &<br />
4<br />
Erfahrung und berufsrelevanten Cie, Datarius, E-Werke)<br />
Kontakte, sehen diese Mediz<strong>in</strong>studenten<br />
ihre berufliche Zukunft<br />
Banksektor<br />
BRG/HAK<br />
3<br />
7<br />
nicht <strong>in</strong> der Region. Auf<br />
Architekturbüros 3<br />
Lebenshilfe/Bezirkskrankenhaus 12<br />
diese Problematik wurde ebenso<br />
Sonstige (Rechtskanzlei, BFI, Gastronomie etc.) 7<br />
im Gespräch mit dem Personalverantwortlichen<br />
Gesamt 63<br />
des Bezirks-<br />
Tab. 5: Verteilung der Praktika der Außerferner Studieren-<br />
krankenhauses h<strong>in</strong>gewiesen den auf Unternehmen: 2009<br />
(vgl. Kap. 5.3.2).<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
H<strong>in</strong>sichtlich ihres Studiums weisen die Praktikanten e<strong>in</strong>e breite Streuung auf, was möglicherweise<br />
bei e<strong>in</strong>igen Befragten, auf e<strong>in</strong> Missverständnis bzw. breite Interpretation des<br />
Begriffes „berufsrelevant“ schließen lässt.<br />
Im H<strong>in</strong>blick auf die meist genutzten Informationsquellen zu den absolvierten Praktika, ist<br />
e<strong>in</strong> gewisser E<strong>in</strong>fluss des <strong>ländlichen</strong>, durch <strong>in</strong>formelle Kontakte geprägten, Raumes zu<br />
erkennen, da die meisten Praktika aufgrund e<strong>in</strong>es persönlichen Bezugs zum Unternehmen
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 73 -<br />
und mündliche Vermittlung zustande kamen (vgl. Abb. 5.16). Die Strategie der Unternehmen<br />
ist h<strong>in</strong>gegen <strong>in</strong> verschiedener H<strong>in</strong>sicht abweichend. Zwei der sechs untersuchten Betriebe<br />
verfolgen die Anwerbung von Praktikanten über Kontakt zu den Universitäten bzw.<br />
zu spezifischen Instituten sowie über das Internet. Diese Wege werden jedoch von den<br />
Außerferner Studenten nur untergeordnet beansprucht. Somit ist anzunehmen, dass sich die<br />
Kontakte nicht über das jeweilige Studium herauskristallisieren, sondern schon vorher<br />
bestanden haben.<br />
Persönlicher Bezug zu Unternehmen<br />
Mundpropaganda<br />
Veranstaltungen an Unis<br />
Persönliches Gespräch mit ProfessorenInnen<br />
Homepage des jew eiligen Unternehmens<br />
Sonstiges<br />
Inserate <strong>in</strong> lokalen Zeitungen<br />
Inserate <strong>in</strong> überregionalen Zeitungen<br />
n=92<br />
0 5 10 15 20 25 30 35 40<br />
Häufigkeit (absolut)<br />
Abb. 5.16: Informationsquellen der Außerferner Studierenden zu Praktika: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
Neben bzw. parallel zu Praktika kann der Kontakt zu der lokalen Wirtschaft auch über<br />
universitäre Abschlussarbeit zustande kommen. Diese Möglichkeit wird jedoch im vorliegenden<br />
Fall von 92,8% der Befragten nicht <strong>in</strong> Anspruch genommen. Somit planen lediglich<br />
fünf Befragte, e<strong>in</strong>e Abschlussarbeit bei e<strong>in</strong>em Außerferner Betrieb zu schreiben bzw.<br />
s<strong>in</strong>d mit damit bereits beschäftigt. Thematisch befassen sich diese vor allem mit sozialen<br />
oder touristischen Fragestellungen.<br />
Abschließend gilt es zu klären, ob Praktika die gewünschte Wirkung <strong>in</strong> Form der Rückkehr<br />
nach abgeschlossenem Studium erzielen.<br />
Zwar kann aus Abb. 5.17 e<strong>in</strong>e gewisse Abhängigkeit abgeleitet werden, jedoch ist diese<br />
statistisch relativ schwach. Knapp 33% der Befragten mit Praktikumserfahrung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Außerferner Betrieb gaben an, ihre berufliche Zukunft im Außerfern zu sehen, während<br />
von der komplementären Gruppe nur rund 25% voraussichtlich zurückkehren wird.
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 74 -<br />
Somit spielen <strong>in</strong> dieser Untersuchungsgruppe Praktika <strong>in</strong> Summe gesehen e<strong>in</strong>e überraschend<br />
ger<strong>in</strong>ge Rolle. Zwar führen sie zu e<strong>in</strong>er leicht höheren Rückkehrbereitschaft, ihre<br />
Bedeutung für die Region sche<strong>in</strong>t jedoch aufgrund des ger<strong>in</strong>gen Ausmaßes unwichtig zu<br />
se<strong>in</strong>.<br />
berufliche Zukunft im<br />
Außerfern<br />
berufliche Zukunft nicht<br />
im Außerfern<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
Häufigkeit (<strong>in</strong> %)<br />
n=209<br />
ke<strong>in</strong> Praktikum absolviert<br />
Praktikum absolviert<br />
Abb. 5.17: Abhängigkeit der beruflichen Zukunft der Außerferner Studierenden von deren<br />
Praktika <strong>in</strong> regionalen Unternehmen: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
5.1.8 Beurteilung beruflicher Aspekte und des Arbeitsmarktes<br />
Auf die große Bedeutung beruflicher Aspekte <strong>in</strong> Bezug auf e<strong>in</strong>e Verlagerung des Wohnsitzes<br />
von Hochqualifizierten, wurde bereits mehrfach h<strong>in</strong>gewiesen. Im folgenden Abschnitt<br />
soll die Bewertung des Arbeitsmarktes unter verschiedenen Gesichtspunkten aufgezeigt<br />
und analysiert werden.<br />
Aus Abb. 5.18 ist e<strong>in</strong>e überwiegend mittelmäßige Bewertung der Verdienst- und Karrieremöglichkeiten<br />
zu entnehmen, wobei erstere e<strong>in</strong>e positive Tendenz und zweitere e<strong>in</strong>e<br />
negative Tendenz aufweisen. Darüber h<strong>in</strong>aus konnte e<strong>in</strong> relativ starker statistischer Zusammenhang<br />
zwischen den beiden Merkmalen festgestellt werden. Diese subjektiven<br />
Wahrnehmungen entsprechen jedoch nur teilweise dem Status Quo <strong>in</strong> der Region. In Kap.<br />
5.4.3.4 wird dieser Aspekt noch ausführlicher behandelt.
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 75 -<br />
60<br />
50<br />
Häufigkeit (<strong>in</strong> %)<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
sehr gut gut mittelmäßig eher schlecht schlecht<br />
n=210<br />
Karrieremöglichkeiten<br />
Verdienstmöglichkeiten<br />
Abb. 5.18: Beurteilung beruflicher Aspekte <strong>in</strong> der Region durch die Außerferner<br />
Studierenden: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
Im Zuge des aktuellen Anstiegs des Anteils berufstätiger Frauen im Generellen und verstärkter<br />
Partizipation an tertiären Bildungswegen im Speziellen, muss die Vere<strong>in</strong>barkeit<br />
von Beruf und Familie zunehmend ermöglicht werden. Dazu bestehen diverse Möglichkeiten,<br />
beg<strong>in</strong>nend mit Tagesmüttern, K<strong>in</strong>derkrippen, ganztags geöffnete K<strong>in</strong>dergärten usw.<br />
Hierbei ist besonders <strong>in</strong> jenen <strong>Räumen</strong>, <strong>in</strong> denen traditionelle Rollenmuster vorherrschen,<br />
e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>barkeit von Beruf und Familie seltener gegeben (vgl. Schmitt 2007, S. 7).<br />
Trotz der Annahme, dass die befragten Studenten größtenteils selbst noch ke<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>der<br />
haben, wird die Vere<strong>in</strong>barkeit von rund 92% als wichtig oder sehr wichtig e<strong>in</strong>gestuft. Abb.<br />
5.19 verdeutlicht e<strong>in</strong>e stärkere Gewichtung dieses Aspektes bei den weiblichen Teilnehmern<br />
der Befragung.<br />
w eiblich<br />
männlich<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Häufigkeit (<strong>in</strong> %)<br />
n=208<br />
sehr w ichtig wichtig eher unw ichtig nicht relevant<br />
Abb. 5.19: Bedeutung der Vere<strong>in</strong>barkeit von Beruf und Familie der Außerferner<br />
Studierenden: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 76 -<br />
Als e<strong>in</strong> generell wichtiger Faktor bei e<strong>in</strong>em Umzug <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e andere Region gelten bei Akademiker-Paaren<br />
entsprechende Berufsaussichten beider Lebenspartner <strong>in</strong> der Zielregion.<br />
Da anzunehmen ist, dass bereits während des Studiums zahlreiche feste Beziehungen entstehen,<br />
wurden die Befragten aufgefordert e<strong>in</strong>e Beurteilung der jeweiligen Arbeitschancen<br />
des Partners auf dem Außerferner Arbeitsmarkt vorzunehmen, wobei ebenso die Option<br />
bestand, das Feld „S<strong>in</strong>gle“ zu wählen. Diese Gruppe ist <strong>in</strong> Abb. 5.20 mit rund 31% am<br />
stärksten vertreten (dunkelblaue Säulen), während die anderen Antwortmöglichkeiten ohne<br />
klare Tendenz gewählt wurden, was entweder auf e<strong>in</strong>e sehr breite Streuung der Studiengänge<br />
der Partner oder auf fehlende Informationen zum lokalen Arbeitsmarkt schließen<br />
lässt. E<strong>in</strong>e stark abweichende Verteilung ergibt sich h<strong>in</strong>gegen bei jenen Befragten, die den<br />
Partner als sehr wichtigen oder wichtigen Grund ansehen, nicht <strong>in</strong> die Region zu ziehen<br />
(vgl. Abb. 5.20, hellblaue Säulen). Sie stufen die Berufschancen des Partners als überwiegend<br />
negativ e<strong>in</strong>. Somit kann dieser Faktor als e<strong>in</strong> wesentlicher Beweggrund für bzw.<br />
gegen e<strong>in</strong>en potenziellen Umzug angesehen werden.<br />
Häufigkeit (<strong>in</strong> %)<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
n=209<br />
n=48<br />
sehr gut gut mittelmäßig eher schlecht schlecht S<strong>in</strong>gle<br />
Berufschancen des Partners<br />
Berufschancen des Partners (Partner ist w ichtiger Grund nicht <strong>in</strong> die Region zu ziehen)<br />
Abb. 5.20: Beurteilung der Berufschancen des Partners der Außerferner Studierenden<br />
im Außerfern: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
5.1.9 Bewertung des Außerferns h<strong>in</strong>sichtlich Berufszukunft und Berufschancen<br />
Im folgenden Abschnitt soll auf die zentrale Frage nach dem Ort der beruflichen Zukunft,<br />
ob im Außerfern oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er anderen Region, e<strong>in</strong>gegangen werden. In der Frage mit zwei<br />
Antwortmöglichkeiten, <strong>in</strong> der die Befragten unabhängig von Zeitpunkt des Berufsantrittes<br />
angeben sollten wo sie ihre berufliche Zukunft sehen, gaben lediglich 25,8% an, aus heutiger<br />
Sicht im Außerfern beruflich tätig zu werden. Da diese Aussage für sich alle<strong>in</strong> kaum<br />
Interpretationsraum bietet, wurden zum e<strong>in</strong>en die Befragten im zweiten Teil der Frage 14
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 77 -<br />
(vgl. Anhang) aufgefordert e<strong>in</strong>e Rangordnung zu erstellen, bei dem jeder Wert nur e<strong>in</strong> Mal<br />
vorkommen durfte. Zwar wurde diese Frage <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Fällen nicht entsprechend beantwortet,<br />
trotzdem ist e<strong>in</strong>e gewisse Relevanz gegeben, da auch bei jenen e<strong>in</strong>e vergleichbare<br />
Wertung vorliegt. Weiters wurden, trotz positiver bzw. negativer beruflichen Zukunftsaussichten<br />
im Außerfern, <strong>in</strong> wenigen Fällen sowohl befürwortende als auch ablehnende Gründe<br />
angegeben. Diese wurden entsprechend der vorher gestellten Frage korrigiert. Zum<br />
anderen können die Antworten durch statistische Analysen überprüft und ergänzt werden,<br />
<strong>in</strong>dem Zusammenhänge zwischen der beruflichen Zukunft und anderen Fragen untersucht<br />
werden.<br />
Lebensqualität<br />
Soziale Gründe<br />
(Familie, Freunde,<br />
Partner)<br />
Gute Berufsaussichten<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Häufigkeit (<strong>in</strong> %)<br />
n=50<br />
Rang 1 Rang 2 Rang 3<br />
Abb. 5.21: Gründe für die Wahl der beruflichen Zukunft im Außerfern der Außerferner<br />
Studierenden: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
Die <strong>in</strong> Abb. 5.21 dargestellte Rangordnung verdeutlicht die Dom<strong>in</strong>anz des sozialen Faktorenbündels.<br />
Durch den statistischen Vergleich mit anderen Fragen kann dieses Ergebnis<br />
gestützt werden, wobei der Kontakt zu dem Außerferner Freundeskreis den stärksten E<strong>in</strong>fluss<br />
hat (vgl. Abb. 5.22). E<strong>in</strong> ähnlich starkes Indiz bezüglich der Rückkehrwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />
ist die Häufigkeit der Heimfahrten (vgl. Abb. 5.23). Der E<strong>in</strong>fluss der Familie sowie<br />
die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>in</strong> das Vere<strong>in</strong>sleben spielen <strong>in</strong> diesem Zusammenhang e<strong>in</strong>e untergeordnete<br />
Rolle.<br />
Das zweitwichtigste Motiv stellen gute Berufsaussichten dar, gefolgt von der Lebensqualität,<br />
die <strong>in</strong> den meisten Fällen den dritten Rang belegt. Bemerkenswert ist die durchschnittlich<br />
um e<strong>in</strong>en Grad bessere Bewertung der Image-Faktoren Attraktivität und Reiz der Region<br />
(vgl. Kap. 5.1.3) jener Personen, denen die Lebensqualität e<strong>in</strong> wichtiger Grund ist
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 78 -<br />
(Rang 1) <strong>in</strong> die Region zurück zu kehren. Die Differenz dieser E<strong>in</strong>schätzungen ist somit<br />
sogar größer als jene der im Image explizit angegebenen Lebensqualität im Ausserfern.<br />
berufliche Zukunft im<br />
Außerfern<br />
berufliche Zukunft nicht<br />
im Außerfern<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Häufigkeit (<strong>in</strong> %)<br />
n=209<br />
sehr stark stark mittelmäßig schw ach ke<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>dung<br />
Abb. 5.22: Rückkehrbereitschaft <strong>in</strong> Abhängigkeit der sozialen B<strong>in</strong>dung zum Freundeskreis<br />
der Außerferner Studierenden: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
berufliche Zukunft im<br />
Außerfern<br />
berufliche Zukunft nicht<br />
im Außerfern<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Häufigkeit (<strong>in</strong> %)<br />
n=209<br />
fast jedes Wochenende häufig gelegentlich selten nie<br />
Abb. 5.23: Rückkehrbereitschaft <strong>in</strong> Abhängigkeit der Häufigkeit der Heimfahrten der<br />
Außerferner Studierenden: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 79 -<br />
Me<strong>in</strong>(e) Partner(<strong>in</strong>) kommt aus e<strong>in</strong>er anderen<br />
Region.<br />
fehlende Karrieremöglichkeiten im Außerfern<br />
Ich habe kaum/ke<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>dungen an das Außerfern.<br />
Ich w ill etw as Neues sehen/erleben.<br />
Me<strong>in</strong>e Qualifikation w ird <strong>in</strong> der Region nicht<br />
nachgefragt.<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Häufigkeit (<strong>in</strong> %)<br />
n=144<br />
Rang 1 Rang 2 Rang 3 Rang 4 Rang 5<br />
Abb. 5.24: Gründe gegen die Wahl der beruflichen Zukunft im Außerfern der Außerferner<br />
Studierenden: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
Die Befragten, deren Zukunft nach eigenen Angaben nicht im Außerfern liegt (74,2%),<br />
suchen vorwiegend neue Herausforderungen und Erlebnisse. Dieses Ergebnis kann durch<br />
die Bewertung jener Aspekte des Images, wie das Erlebnispotenzial oder die Fortschrittlichkeit<br />
der Region, denen jungen Menschen besondere Bedeutung e<strong>in</strong>räumen, gestützt<br />
werden (vgl. Kap. 5.1.3). Die Region sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>em Großteil dieser Gruppe nicht der aktuellen<br />
Lebensphase zu entsprechend. Stattdessen werden, wie <strong>in</strong> Kap. 2.3 beschrieben,<br />
städtische Agglomerationen aufgesucht, <strong>in</strong> denen e<strong>in</strong>e große Angebotsvielfalt, sowohl<br />
h<strong>in</strong>sichtlich Arbeitsmöglichkeiten, als auch Freizeit und Kultur, gegeben ist.<br />
Mit Hilfe des E<strong>in</strong>gangs gezeigten semantischen Differentials, kann die Gruppe der Heimkehrbereiten<br />
ihrem Pendant gegenübergestellt werden (vgl. Abb. 5.25). Tendenziell ist e<strong>in</strong><br />
ähnlicher Verlauf vorhanden, wobei jene Personen deren voraussichtliche berufliche Zukunft<br />
<strong>in</strong> der Region liegt, generell e<strong>in</strong> besseres Bild aufweisen. Die stärksten Unterschiede<br />
s<strong>in</strong>d bei den Bewertungen der Lebensqualität und der Attraktivität vorhanden, also zwei<br />
sehr weiche Faktoren, während der härtere Wohnkosten-Faktor sehr ähnlich e<strong>in</strong>geschätzt<br />
wird.
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 80 -<br />
sehr attraktiv<br />
unattraktiv<br />
zentral<br />
abgelegen<br />
cool, aufregend<br />
langw eilig<br />
fortschrittlich<br />
rückständig<br />
günstig h<strong>in</strong>sichtlich<br />
Wohnen<br />
hohe Lebensqualität<br />
teuer<br />
ger<strong>in</strong>ge<br />
Lebensqualität<br />
familienfreundlich<br />
1 2 3 4 5<br />
familienunfreundlich<br />
n=209 Berufliche Zukunft im Außerfern Berufliche Zukunft nicht im Außerfern<br />
Abb. 5.25: Vergleich des Images unter den Außerferner Studierenden h<strong>in</strong>sichtlich der regionalen<br />
Wahl der beruflichen Zukunft: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
Als zweitwichtigster Grund der Abwendung von der Region werden die fehlenden Karrieremöglichkeiten<br />
angeführt (vgl. Abb. 5.24). Auffallend hoch ist der Anteil <strong>in</strong> dieser Gruppe,<br />
der nicht weiß, ob die im Studium erworbene Qualifikation auf dem regionalen Arbeitsmarkt<br />
nachgefragt wird (vgl. Abb. 5.26). Demzufolge besteht wiederum e<strong>in</strong> Informationsdefizit,<br />
da trotz fehlendem Wissen e<strong>in</strong>e konsequenzreiche (Fehl-)Entscheidung<br />
getroffen werden kann. Aus eben dieser Graphik ist die große Bedeutung der beruflichen<br />
Gründe e<strong>in</strong>es Umzuges von Hochqualifizierten zu entnehmen, da die fehlenden Arbeitsmöglichkeiten<br />
mit e<strong>in</strong>er gewichtigen Stellung der Karrieremöglichkeiten e<strong>in</strong>hergehen.<br />
es bestehen ke<strong>in</strong>e Arbeitsmöglichkeiten für<br />
Qualifikation<br />
es bestehen Arbeitsmöglichkeiten für<br />
Qualifikation<br />
w eiß es nicht<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Häufigkeit (<strong>in</strong> %)<br />
n=144<br />
Rang 1 Rang 2 Rang 3 Rang 4 Rang 5<br />
Abb. 5.26: Wichtigkeit der fehlenden Karrieremöglichkeit der Außerferner Studierenden<br />
<strong>in</strong> Abhängigkeit der E<strong>in</strong>schätzung der Nachfrage der eigenen Qualifikation: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 81 -<br />
Karriere<br />
berufliche Zukunft im<br />
Außerfern<br />
berufliche Zukunft nicht<br />
im Außerfern<br />
Verdienst<br />
berufliche Zukunft im<br />
Außerfern<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Häufigkeit (<strong>in</strong> Prozent)<br />
berufliche Zukunft nicht<br />
im Außerfern<br />
0 20 40 60 80 100<br />
n=208<br />
Häufigkeit (<strong>in</strong> %)<br />
sehr gut gut mittelmäßig eher schlecht schlecht<br />
Abb. 5.27: Rückkehrbereitschaft der Außerferner Studierenden <strong>in</strong> Abhängigkeit von der<br />
Beurteilung beruflicher Aspekte: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
Die genauere Analyse der Rückkehrbereitschaft <strong>in</strong> Abhängigkeit der bereits gesondert<br />
betrachteten beruflichen Aspekte Karriere und Verdienst (vgl. Ergebnisse aus Kap. 5.1.8)<br />
zeigt sich e<strong>in</strong>e relativ starke Korrelation. Jene Studenten welche die Karrieremöglichkeiten<br />
als sehr gut oder gut e<strong>in</strong>stufen, sehen ihre berufliche Zukunft zu 55% im Außerfern (vgl.<br />
Abb. 5.27). E<strong>in</strong> ähnliches Verhältnis ist ebenso <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf den Verdienst gegeben. Die<br />
Studenten, deren berufliche Zukunft nicht <strong>in</strong> der Region liegt, bewerten beide Faktoren<br />
wesentlich schlechter. Somit spielen die beruflichen Assoziationen, welche die Studenten<br />
mit der Region verknüpfen, e<strong>in</strong>e wesentliche Rolle bezüglich der Rückkehrbereitschaft,<br />
wobei der Karrieremöglichkeit e<strong>in</strong> wichtigeres Maß e<strong>in</strong>geräumt werden kann.<br />
Als eher unwichtige Gründe nicht <strong>in</strong> die Region zurück zu kehren, gelten die fehlende<br />
B<strong>in</strong>dung an das Außerfern und e<strong>in</strong> Partner, dessen regionale Herkunft sich von der eigenen<br />
unterscheidet (vgl. Abb. 5.24). Hierbei ist der hohe Anteil der S<strong>in</strong>gles <strong>in</strong> dieser Gruppe<br />
(vgl. Abb. 5.28) zu beachten, die diesem Aspekt naturgemäß eher wenig Bedeutung beimisst<br />
und somit die Darstellung der durchschnittlichen Reihenfolge erheblich bee<strong>in</strong>flusst.<br />
Die Befragten, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er partnerschaftlichen Beziehung leben und bei der vorliegenden<br />
Frage ihren Partner als ke<strong>in</strong>en wesentlichen Grund für die fehlende Rückkehrbereitschaft<br />
angeben, bewerten die Arbeitsmöglichkeiten für ihn größtenteils als durchschnittlich
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 82 -<br />
(17,2%). Die Analyse der komplementären Gruppe, die den Partner als sehr wichtigen oder<br />
wichtigen Grund ansieht, nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Region zu ziehen (48 Befragte) wurde bereits <strong>in</strong> der<br />
Abb. 5.20 graphisch dargestellt. Sie zeigt e<strong>in</strong>en Anteil von knapp 50% dieser Untergruppe,<br />
der die Berufschancen des Partners im Außerfern als schlecht oder sehr schlecht e<strong>in</strong>stuft.<br />
Des Weiteren zeigen sowohl Abb. 5.28 als auch statistische Korrelationswerte e<strong>in</strong>e vergleichsweise<br />
starke Abhängigkeit der Berufschancen des Partners mit der Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />
e<strong>in</strong>er Rückkehr im Zuge des Berufsantritts.<br />
berufliche Zukunft im<br />
Außerfern<br />
berufliche Zukunft nicht<br />
im Außerfern<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Häufigkeit (<strong>in</strong> %)<br />
n=207<br />
sehr gut gut mittelmäßig eher schlecht schlecht S<strong>in</strong>gle<br />
Abb. 5.28: Rückkehrbereitschaft der Außerferner Studierenden <strong>in</strong> Abhängigkeit der<br />
beruflichen Möglichkeiten des Partners: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
Trotz der generell stärkeren Mobilitätsbereitschaft der Frauen im Alter von 15-30 Jahre im<br />
gesamten Bundesland Tirol (vgl. Amt der Tiroler Landesregierung 2009, S. 49), jenem<br />
Alter also <strong>in</strong> dem sich 96,5% der Befragten bef<strong>in</strong>den, ist die Rückkehrbereitschaft im vorliegenden<br />
Fall beider Geschlechter sehr ähnlich (vgl. Abb. 5.29).<br />
w eiblich<br />
männlich<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Häufigkeit (<strong>in</strong> %)<br />
n=206<br />
berufliche Zukunft liegt nicht im Außerfern<br />
berufliche Zukunft liegt im Außerfern<br />
Abb. 5.29: Rückkehrbereitschaft der Außerferner Studierenden <strong>in</strong> Abhängigkeit des<br />
Geschlechts: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebungen
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 83 -<br />
Zw ischentoren<br />
29 Personen<br />
10 P.<br />
Tannheimer Tal<br />
4 P.<br />
2 P.<br />
Lechtal<br />
27 P.<br />
11 P.<br />
Reutte und Umgebung<br />
94 P.<br />
29 P.<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Häufigkeit (<strong>in</strong> %)<br />
n=206<br />
berufliche Zukunft liegt nicht im Außerfern<br />
berufliche Zukunft liegt im Außerfern<br />
Abb. 5.30: Rückkehrbereitschaft der Außerferner Studierenden <strong>in</strong> Abhängigkeit der<br />
Herkunftsregion: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
In Abb. 5.30 wird die Rückkehrbereitschaft der regionalen Herkunft gegenüber gestellt.<br />
Zwar sehen Studenten aus der Region Reutte und Umgebung ihre berufliche Zukunft vergleichsweise<br />
zu den Studenten aus den Seitentälern, dabei vor allem die weniger stark<br />
touristisch geprägten Gebiete Lechtal und Tannheimer Tal, die eher rückkehrbereit s<strong>in</strong>d,<br />
ihre berufliche Zukunft selten im Außerfern, jedoch s<strong>in</strong>d die Fallzahlen <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen<br />
Klassen zu ger<strong>in</strong>g, um statistisch abgesicherte Wirkungen zu belegen.<br />
Da der Arbeitsmarkt durch e<strong>in</strong> zentral-peripheres Gefälle der Berufsstrukturen geprägt ist<br />
(vgl. Kap. 2.4), stellt sich die Frage, ob Absolventen bestimmter Studienrichtungen eher<br />
e<strong>in</strong>e Rückkehr präferieren als andere.
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 84 -<br />
Betriebswirtschaft<br />
Mathematik, Informatik und Physik<br />
Philologisch-Kulturwissenschaftliche F.<br />
Bildungswissenschaften<br />
Biologie<br />
Architektur<br />
Rechtswissenschaftliche F.<br />
Psychologie und Sportwissenschaft<br />
Mediz<strong>in</strong><br />
Chemie und Pharmazie<br />
Geo- und Atmosphärenwissenschaften<br />
Politikwissenschaft und Soziologie<br />
Philosophisch-Historische F.<br />
Katholisch-Theologische F.<br />
Montan-Fächer<br />
Bau<strong>in</strong>genieurwissenschaften<br />
-25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20<br />
Häufigkeit (absolut)<br />
n=193<br />
sehen berufliche Zukunft im Außerfern<br />
sehen berufliche Zukunft nicht im Außerfern<br />
Abb. 5.31: Rückkehrbereitschaft der Außerferner Studierenden <strong>in</strong> Abhängigkeit ihres Studiums: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
In Abb. 5.31 s<strong>in</strong>d die wesentlichen Fachkräftegew<strong>in</strong>ne <strong>in</strong> den betriebswirtschaftlichen und<br />
bildungswissenschaftlichen Studiengängen zu verzeichnen. Somit werden voraussichtlich<br />
vor allem Studenten mit wirtschaftlich vielseitig e<strong>in</strong>setzbaren Qualifikationen sowie angehende<br />
Lehrer <strong>in</strong> die Region zurückkehren. Dieses Ergebnis kann zum Teil durch die Aussagen<br />
des Gymnasialdirektors bestätigt werden, da es sich an dieser AHS vorwiegend um<br />
Außerferner Lehrer handelt, während die Fluktuation der auswärtigen Lehrer relativ hoch<br />
ist.<br />
Zu letzt gilt zu klären, ob die Entscheidung zur Rückkehr e<strong>in</strong>em zeitlichen Wandel im<br />
Laufe des Studiums unterworfen ist. Obwohl Abb. 5.32 e<strong>in</strong>e leichte Abnahme der Rückkehrbereitschaft<br />
zeigt, besteht ke<strong>in</strong>e statistisch signifikante Abhängigkeit. Daher ist zu
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 85 -<br />
vermuten, dass trotz zeitbed<strong>in</strong>gter Änderungen anderer Aspekte, wie beispielsweise der<br />
leichten Reduktion der Heimfahrten, die E<strong>in</strong>stellung zur Rückkehr schon relativ früh feststeht<br />
und der Suchradius und –fokus nach Berufse<strong>in</strong>stiegsmöglichkeiten entsprechend<br />
gelegt wird.<br />
Anfänger<br />
Fortgeschrittener<br />
nahe dem Abschluss<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Häufigkeit (<strong>in</strong> %)<br />
n=193<br />
berufliche Zukunft liegt nicht im Außerfern<br />
berufliche Zukunft liegt im Außerfern<br />
Abb. 5.32: Rückkehrbereitschaft der Außerferner Studierenden <strong>in</strong> Abhängigkeit des<br />
Fortschritts im Studium: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
5.1.9 Zirkulierende Wanderung und Rückkehrbed<strong>in</strong>gungen<br />
Im Gegensatz zu Frage 14 wurde bei Frage 20 (vgl. Anhang) neben der Option e<strong>in</strong>er positiv<br />
bzw. negativ zu beantwortenden Frage, e<strong>in</strong>e Abstufung zwischen der pr<strong>in</strong>zipiellen Bereitschaft,<br />
jedoch unter gewissen, von der Region zu erfüllenden Voraussetzungen und der<br />
späteren Rückkehr nach vorübergehender Berufsausübung außerhalb der Region, bereitgestellt.<br />
Grund hierfür ist die e<strong>in</strong>leitend beschriebene Annahme, dass Bra<strong>in</strong> Circulation<br />
pr<strong>in</strong>zipiell erwünscht ist, <strong>in</strong>folgedessen Akademiker mit Berufserfahrung und e<strong>in</strong>er weiteren<br />
„Veredelung“ im S<strong>in</strong>ne der Humankapitaltheorie zurück wandern.<br />
Die <strong>in</strong> Abb. 5.33 dargestellten Ergebnisse offerieren im Vergleich zu der Frage h<strong>in</strong>sichtlich<br />
der beruflichen Zukunft im vorigen Kapitel e<strong>in</strong>e differenziertere Verteilung. Der Anteil<br />
jener Studenten, die def<strong>in</strong>itiv nicht zurückkehren wollen, ist zwar ger<strong>in</strong>g, aber trotzdem<br />
etwas höher als jener der sicher Zurückkehrenden. Die weitaus umfangreichste Gruppe<br />
stellt h<strong>in</strong>gegen jene dar, die der Rückkehr pr<strong>in</strong>zipiell aufgeschlossen ist, diese Option jedoch<br />
erst nach e<strong>in</strong>igen Berufsjahren außerhalb des Bezirkes <strong>in</strong> Erwägung zieht. Die wenigsten<br />
Befragten geben an, nur unter bestimmten Änderungen bzw. Voraussetzungen <strong>in</strong><br />
die Region berufstätig zu werden. Darüber h<strong>in</strong>aus äußert sich diese Gruppe h<strong>in</strong>sichtlich der<br />
Karriere- und Verdienstmöglichkeiten kritischer als die Vertreter e<strong>in</strong>er zirkulierenden
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 86 -<br />
Wanderung, also jene Personen, die nach e<strong>in</strong>igen Berufsjahren wieder <strong>in</strong> die Region zurückkehren<br />
wollen.<br />
E<strong>in</strong>e Auffälligkeit der pr<strong>in</strong>zipiell rückkehrbereiten Studenten tritt <strong>in</strong> Bezug auf deren E<strong>in</strong>schätzung<br />
der Nachfrage nach der eigenen Qualifikation im Bezirk auf (vgl. Abb. 5.34).<br />
Mangelnde Kenntnisse über die tatsächliche Nachfrage s<strong>in</strong>d somit Indizien für e<strong>in</strong>e verstärkte<br />
Informationsvermittlung von Kopplung von Schule bzw. Studium und Wirtschaft.<br />
Erwartungsgemäß stark ist der Zusammenhang der beiden e<strong>in</strong>deutigen Antwortmöglichkeiten<br />
(auf jeden Fall bzw. ke<strong>in</strong>esfalls) und der E<strong>in</strong>schätzung der Nachfrage nach der eigenen<br />
Qualifikation im Außerfern.<br />
100<br />
Häufigkeit (absolut)<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
n=208<br />
0<br />
Ke<strong>in</strong>esfalls<br />
Nicht sofort nach<br />
dem Studium, aber<br />
nach e<strong>in</strong>igen<br />
Berufsjahren<br />
Pr<strong>in</strong>zipiell ja, jedoch<br />
müssten<br />
Veränderungen im<br />
Außerfern e<strong>in</strong>treten<br />
Auf jeden Fall<br />
Abb. 5.33: Rückkehr<strong>in</strong>tention der Außerferner Studierenden: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
Auf jeden Fall<br />
Pr<strong>in</strong>zipiell ja, jedoch müssten Veränderungen im<br />
Außerfern e<strong>in</strong>treten<br />
Nicht sofort nach dem Studium, aber nach e<strong>in</strong>igen<br />
Berufsjahren außerhalb der Region<br />
Ke<strong>in</strong>esfalls<br />
n=208<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Häufigkeit (<strong>in</strong> %)<br />
Eigene Qualifikation w ird nachgefragt<br />
Eigene Qualifikation w ird nicht nachgefragt<br />
Weiß nicht<br />
Abb. 5.34: Rückkehr<strong>in</strong>tention der Außerferner Studierenden <strong>in</strong> Abhängigkeit der<br />
e<strong>in</strong>geschätzten Nachfrage der eigenen Qualifikation: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 87 -<br />
Ke<strong>in</strong>e Änderungen notw endig<br />
Bessere K<strong>in</strong>derbetreuung<br />
Vielseitigeres Kulturangebot<br />
Vielseitigeres Freizeitangebot<br />
Städtischere Lebensw eise und E<strong>in</strong>stellungen der<br />
Bew ohner<br />
Bessere verkehrtechnische Erschließung an die<br />
nächstgelegenen Zentren (München, Innsbruck,<br />
Kempten, Stuttgart)<br />
Höherer Verdienst<br />
Bessere Arbeitsmarktsituation<br />
n=201<br />
0 5 10 15 20 25<br />
Häufigkeit (<strong>in</strong> %)<br />
männlich w eiblich<br />
Abb. 5.35: Die Rückkehr der Außerferner Studierenden begünstigende Änderungen<br />
<strong>in</strong> der Region: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
E<strong>in</strong> wichtiger H<strong>in</strong>weis auf die spezifischen Anforderungen der angehenden Akademiker,<br />
liefern deren Angaben zu Änderungswünschen als Voraussetzung e<strong>in</strong>er möglichen beruflichen<br />
Rückkehr <strong>in</strong> die Region. Aus Abb. 5.35 s<strong>in</strong>d die beiden am häufigsten genannten<br />
Anforderungen e<strong>in</strong>e günstigere verkehrstechnische Erschließung sowie e<strong>in</strong>e bessere Arbeitsmarktsituation.<br />
H<strong>in</strong>sichtlich der Erschließung werden diese Ergebnisse durch das<br />
bereits besprochene Image der Region (vgl. Kap. 5.2.1) bestätigt. Die häufige Nennung des<br />
Arbeitsmarktes überrascht h<strong>in</strong>gegen, zumal <strong>in</strong> Kap. 5.1.6 e<strong>in</strong>e relativ gute Deckung der<br />
angestrebten bzw. gegebenen Qualifikation und der Nachfrage <strong>in</strong> der Region festgestellt<br />
wurde. Weiters gehen aus der Abbildung geschlechtsspezifische Nennungen hervor. Die<br />
markantesten s<strong>in</strong>d zum e<strong>in</strong>en die überwiegend von den weiblichen Befragten genannten<br />
Forderungen nach e<strong>in</strong>er besseren K<strong>in</strong>derbetreuung. Dieses Ergebnis entspricht den oben<br />
erbrachten Antworten bezüglich der hohen Relevanz der Vere<strong>in</strong>barkeit von Beruf und<br />
Familie.<br />
Unter Berücksichtigung e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> Zukunft verstärkt emanzipierten Wissensgesellschaft<br />
werden dadurch Forderungen an e<strong>in</strong>e strategische Planung der entsprechenden E<strong>in</strong>rich-
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 88 -<br />
tungen <strong>in</strong> der Region gestellt. Zum anderen zeigt sich e<strong>in</strong>e Dom<strong>in</strong>anz der männlichen Teilnehmer<br />
h<strong>in</strong>sichtlich besseren Verdienstmöglichkeiten und e<strong>in</strong>es vielseitigeren Freizeitangebotes.<br />
5.2 Abschlussjahrgang des Jahrgangs 1997/1998 im BRG-Reutte<br />
5.2.1 Grundlegende Statistiken<br />
Im Vergleich zu der vorigen Untersuchungsgruppe besteht diese aus e<strong>in</strong>er wesentlich<br />
kle<strong>in</strong>erer Anzahl von Befragten. Dementsprechend wurde die Erhebungsform e<strong>in</strong>es teilstandardisierten<br />
Tiefen<strong>in</strong>terviews verwendet. H<strong>in</strong>sichtlich der Geschlechtsproportion ist<br />
wiederum e<strong>in</strong>e Dom<strong>in</strong>anz der weiblichen Befragten festzustellen, wobei dieses Verhältnis<br />
ebenso im gesamten Jahrgang gegeben ist (vgl. Abb. 5.36).<br />
w eiblich<br />
männlich<br />
0 5 10 15 20 25 30 35<br />
Häufigkeit (absolut)<br />
n=57 bzw . 21<br />
Jahrgang 1997/1998<br />
Telefon<strong>in</strong>terview<br />
Abb. 5.36: Grundgesamtheit und durchgeführte Telefon<strong>in</strong>terviews nach Geschlecht: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
Die regionale Herkunft betreffend stammen 17 Personen aus dem Raum Reutte und Umgebung,<br />
drei aus Zwischentoren und e<strong>in</strong>e aus dem Lechtal, woh<strong>in</strong>gegen aus dem Tannheimer<br />
Tal niemand befragt werden konnte.<br />
5.2.2 Ausbildung der Befragten<br />
Im vorliegenden Fall stellte die Matura bei ke<strong>in</strong>em der Befragten das vorläufige Ende der<br />
Bildungslaufbahn dar, da alle e<strong>in</strong> Studium oder e<strong>in</strong>e weiterführende Ausbildung absolviert<br />
oder zum<strong>in</strong>dest begonnen hatten bzw. haben. Diese Bildungsabschlüsse werden <strong>in</strong> Abb.<br />
5.37 dargestellt, wobei die <strong>in</strong> absehbarer Zukunft abgeschlossenen Ausbildungen als be-
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 89 -<br />
reits absolviert angesehen werden. In Bezug auf die pädagogischen Akademien ist zu ergänzen,<br />
dass diese seit 2007 als pädagogische Hochschulen bezeichnet werden, doch aufgrund<br />
der Absolvierung der Befragten an Instituten mit der früheren Bezeichnung ebendiese<br />
gewählt wurde.<br />
Zum Zeitpunkt der Befragung s<strong>in</strong>d 17 der 21 <strong>in</strong>terviewten Absolventen des Jahrgangs<br />
bereits arbeitstätig, wobei zwei von ihnen selbstständig s<strong>in</strong>d. Vier der Befragten bef<strong>in</strong>den<br />
sich noch <strong>in</strong> Ausbildung, wobei es sich um e<strong>in</strong>en Hörer der Pädagogischen Akademie und<br />
drei Dissertanten handelt, zwei von ihnen s<strong>in</strong>d an der Uni Leoben angestellt. E<strong>in</strong>e Befragte<br />
hat bereits promoviert. Zuzüglich der oben erwähnten drei Doktoranden werden somit vier<br />
Personen über diesen höchsten Bildungsabschluss verfügen. Wie <strong>in</strong> Kap. 2.4 beschrieben,<br />
steigt mit zunehmender Professionalisierung e<strong>in</strong>e Konzentration auf die Zentren. Ländliche<br />
Räume h<strong>in</strong>gegen, wie das Außerfern, werden verstärkt nur bei spezifischen Angeboten<br />
aufgesucht. Inwieweit dieses im vorliegenden Fall zutrifft, soll im anschließenden Kapitel<br />
geklärt werden.<br />
Zwei Absolventen haben ihr Studium abgebrochen und üben derzeit e<strong>in</strong>en studienverwandten<br />
Beruf im Außerfern aus. Ihre, wenn auch im formalen S<strong>in</strong>n nicht abgeschlossene Qualifikation,<br />
stellte e<strong>in</strong>e grundlegende berufliche Orientierungshilfe dar.<br />
Die Studiengänge s<strong>in</strong>d weit gestreut, jedoch liegt der Schwerpunkt deutlich auf dem Lehramtsstudium<br />
bzw. der pädagogischen Ausbildung für Volks- und Hauptschulen. Ergebnisse<br />
vergleichbarer Studien (Meusburger<br />
1980 und Schmidt 2000) wiesen e<strong>in</strong>e Dom<strong>in</strong>anz<br />
dieser tertiären Ausbildungen <strong>in</strong><br />
10<br />
5 Personen<br />
Personen<br />
<strong>ländlichen</strong> Gebieten Vorarlbergs nach.<br />
Im vorliegenden Fall haben <strong>in</strong>sgesamt<br />
zwei Drittel e<strong>in</strong> Hochschulstudium absolviert<br />
(vgl. Abb. 5.37), wobei die meisten<br />
<strong>in</strong> Tirol studiert bzw. ihre Ausbildung<br />
absolviert haben. Als zweithäufigster Studienort<br />
wurde Wien gewählt. Als Hauptgrund<br />
für die Wahl des jeweiligen Studiums<br />
wurde das persönliche Interesse<br />
genannt. Jene Absolventen, welche die<br />
4 Personen<br />
2 Personen<br />
Universitätsstudium<br />
Abgebrochenes Studium<br />
Doktorat<br />
n=21 Pädagogische Akademie im Pflichtschulbereich<br />
Abb. 5.37: Qualifikation der befragten BRG-<br />
Absolventen: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 90 -<br />
beruflichen Möglichkeiten auf dem Außerferner Arbeitsmarkt bei der Studienwahl mit<br />
e<strong>in</strong>bezogen hatten, kehrten nach abgeschlossenem Studium zurück.<br />
Der schulische E<strong>in</strong>fluss auf die Studienwahl gilt aufgrund der relativ häufigen Nennung als<br />
e<strong>in</strong> wichtiger Faktor, jedoch besteht nur e<strong>in</strong> schwacher Zusammenhang mit der Rückkehrwahrsche<strong>in</strong>lichkeit.<br />
Es handelt sich dabei meistens um das Wecken von Interessen und<br />
nicht um Informationsvermittlung über die Qualifikationsnachfrage. Erstaunlich ist, dass<br />
der E<strong>in</strong>fluss der Schule nur bei zwei der fünf Absolventen des metallurgischen Zweiges<br />
e<strong>in</strong>e bedeutende Rolle spielte. Trotz der technischen, thematisch der Plansee Group nahen<br />
Ausbildung, haben nur wenige e<strong>in</strong> entsprechendes Studium, wie beispielsweise an der<br />
Montan Universität Leoben, abgelegt. E<strong>in</strong>e dieser Personen plant, nach dem Abschluss des<br />
Doktorats <strong>in</strong> das Außerfern zurück zu kehren. Als H<strong>in</strong>dernis des anderen Montanuniversitäts-Absolventen<br />
wurde der fehlende diversifizierte Arbeitsmarkt angegeben, da nur e<strong>in</strong><br />
Arbeitsgeber (die Plansee Group) <strong>in</strong> Frage kommen würde.<br />
Sowohl der Arbeitsmarkt im Allgeme<strong>in</strong>en und der Außerferner im Speziellen wurden vorwiegend<br />
von jenen Personen als e<strong>in</strong> entscheidendes Kriterium h<strong>in</strong>sichtlich der Studienwahl<br />
angegeben, die derzeit im Lehrberuf tätig s<strong>in</strong>d bzw. demnächst se<strong>in</strong> werden.<br />
Der familiäre E<strong>in</strong>fluss ist ausschließlich vom Beruf der Eltern bzw. die damit zusammenhängenden<br />
vermittelten Werte abhängig, wobei dieses Kriterium vor allem auf die im<br />
Lehrberuf tätigen Befragten zutrifft. Die Mitarbeit oder Übernahme e<strong>in</strong>es elterlichen Betriebes<br />
hat <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Untersuchungsfall stattgefunden.<br />
E<strong>in</strong> weiterer häufig genannter Grund für die Studienwahl, ist die Möglichkeit mit der erworbenen<br />
Qualifikation Mobilität zu erlangen und diese an verschiedenen Orten anwenden<br />
zu können. Diese Studenten leben derzeit nicht <strong>in</strong> der Region, wobei e<strong>in</strong>e Rückkehr weder<br />
ganz sicher, noch völlig unrealistisch ist und somit ihre gewonnene Mobilität durchaus<br />
e<strong>in</strong>e pr<strong>in</strong>zipielle Bra<strong>in</strong> Circulation ermöglicht. Insbesondere bei dieser Gruppe bedarf es<br />
e<strong>in</strong>er starken Präsenz und Kontaktpflege, da die berufliche Rekrutierung wesentlich leichter<br />
fallen wird, als bei regionsfremden Personen.<br />
Mehr als die Hälfte der Befragten hatte während dem Studium e<strong>in</strong>en studienrelevanten<br />
Kontakt mit dem Außerfern. Sechs davon s<strong>in</strong>d im Außerfern berufstätig, während diejenigen,<br />
welche derzeit außerhalb des Außerferns leben, e<strong>in</strong>er Rückkehr positive gegenüberstehen.<br />
Dieses steht im krassen Gegensatz zu jenen, welche ke<strong>in</strong>en Kontakt zu der<br />
Region hatten, da ke<strong>in</strong>er von ihnen e<strong>in</strong>e Rückkehr <strong>in</strong> Betracht zieht, woh<strong>in</strong>gegen nur e<strong>in</strong>
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 91 -<br />
Absolvent, der e<strong>in</strong> Praktikum im Außerfern absolviert hat, wahrsche<strong>in</strong>lich nicht zurückzukehren<br />
wird. Diese Person lebt derzeit, nach kurzem Ausüben ihres Berufes im Außerfern,<br />
nun <strong>in</strong> Australien.<br />
Im Allgeme<strong>in</strong>en bestand der Kontakt über diverse Praktika. Vor allem Lehrer nutzten diese<br />
Möglichkeit, da es vergleichsweise leicht war, e<strong>in</strong>e Praktikumstelle zu bekommen. Schriftliche<br />
Arbeiten im Zuge von Sem<strong>in</strong>aren oder Diplomarbeiten wurden kaum <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />
mit Institutionen oder Betrieben im Außerfern oder über e<strong>in</strong>e regional bedeutsame<br />
Thematik verfasst.<br />
5.2.3 Derzeitiger und zukünftiger Lebensmittelpunkt<br />
Die berufliche Erstplatzierung wird maßgeblich durch die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen des Arbeitsplatzangebots<br />
bee<strong>in</strong>flusst (vgl. Schmidt 2000, S. 72). Bestehen ke<strong>in</strong>e adäquaten Arbeitsplätze,<br />
fühlen sich die Hochqualifizierten gezwungen, die jeweilige Region zu verlassen.<br />
Im Falle dieser Untersuchung handelt es sich nicht bei allen Befragten um den ersten<br />
Arbeitsplatz, da e<strong>in</strong>ige noch studieren bzw. e<strong>in</strong> aufbauendes Doktorat absolvieren und<br />
andere schon verschiedene Arbeitsplätze an unterschiedlichen Orten belegt haben.<br />
Derzeitige Wohnregion Personen<br />
Außerfern 6<br />
Wien 5<br />
Innsbruck 5<br />
Steiermark 2<br />
Deutschland 2<br />
Restliches Ausland 2<br />
Tab. 6: Wohnort der befragten BRG-<br />
Absolventen: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
Aus Tab. 6 ist e<strong>in</strong> Anteil von knapp e<strong>in</strong>em Drittel<br />
der Befragten, die derzeit im Außerfern leben, zu<br />
entnehmen. E<strong>in</strong>e weitere Person ist zwar im angrenzenden<br />
Ausland wohnhaft, arbeitet jedoch ebenso im<br />
Außerfern.<br />
Von dieser Gruppe ist die Hälfte als Lehrer von<br />
Haupt- oder Volksschulen tätig, zwei Personen haben<br />
ihr Studium abgebrochen. Drei weitere Personen,<br />
die derzeit außerhalb des Bezirkes leben, werden voraussichtlich wieder zurückkehren.<br />
Zwei davon bef<strong>in</strong>den sich noch im Studium bzw. verfassen e<strong>in</strong>e Dissertation.
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 92 -<br />
In Tab. 7 werden die <strong>in</strong> absehbarer<br />
Zukunft im Ausserfern lebenden<br />
Befragten nach ihrer Qualifikation<br />
aufgeschlüsselt. Vor allem die Studienabbrecher<br />
und die Absolventen<br />
e<strong>in</strong>er Pädagogischen Akademie<br />
kehren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em hohen Maße zurück,<br />
woh<strong>in</strong>gegen die Befragten mit<br />
e<strong>in</strong>em Hochschulabschluss sowie<br />
jene welche e<strong>in</strong> Doktorat abgeschlossen<br />
haben (werden) zu e<strong>in</strong>em<br />
Voraussichtlicher Lebensmittelpunkt<br />
Ausbildung<br />
außerhalb des<br />
Bezirkes im Bezirk<br />
Universitätsstudium<br />
8 2<br />
Abgebrochenes Studium<br />
0 2<br />
Doktorat<br />
3 1<br />
Pädagogische Akademie<br />
im Pflichtschulbereich<br />
1 4<br />
Gesamt 12 9<br />
Tab. 7: Abhängigkeit der Rückkehr der befragten<br />
BRG-Absolventen von der Ausbildung: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
sehr großen Anteil wahrsche<strong>in</strong>lich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er anderen Region sesshaft werden.<br />
Unter Berücksichtigung der ger<strong>in</strong>gen Anzahl an Befragten ist e<strong>in</strong>e leichte Tendenz h<strong>in</strong>sichtlich<br />
des Zusammenhangs der Entfernung des jetzigen Lebensmittelpunktes und der<br />
Rückkehr <strong>in</strong> das Außerfern feststellbar, da lediglich zwei der acht weiter weg lebenden<br />
Personen, worunter e<strong>in</strong> Radius bis ca. 100 Kilometer verstanden wird, unter den aktuellen<br />
Umständen e<strong>in</strong>e pr<strong>in</strong>zipielle Rückkehr <strong>in</strong> Betracht ziehen.<br />
Die Zentralität betreffend werden von den Befragten e<strong>in</strong>deutig städtische Räume bevorzugt.<br />
Derzeit leben 15 der 21 Interviewpartner <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em urbanen Umfeld, wobei knapp die<br />
Hälfte davon <strong>in</strong> ihrer Studienstadt lebt. Grund hierfür war der berufliche Kontakt zu Unternehmen<br />
bereits während des Studiums sowie das im Laufe der Studienzeit aufgebaute<br />
soziale Netz. Die restlichen Befragten dieser Untergruppe s<strong>in</strong>d nach dem Studium maßgeblich<br />
aus beruflichen Gründen <strong>in</strong> andere Städte gezogen. Ländliche Regionen h<strong>in</strong>gegen<br />
wurden, abgesehen vom Außerfern, von ke<strong>in</strong>en Absolventen aufgesucht. Folglich kann der<br />
Theorie entsprechend e<strong>in</strong>e Wanderung <strong>in</strong> die Zentren und zwischen den Zentren beobachtet<br />
werden.<br />
5.2.4 Derzeitiger Arbeitsplatz und Suchradius nach entsprechenden Arbeitsmöglichkeiten<br />
Anknüpfend an das vorige Kapitel ist der Wohnort bei der Hälfte der bereits berufstätigen<br />
Befragten nicht mit dem Arbeitsort ident, was auf e<strong>in</strong> starkes Pendelverhalten schließen<br />
lässt. Drei Personen arbeiten zum<strong>in</strong>dest temporär im Außerfern, leben jedoch außerhalb
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 93 -<br />
des Bezirkes, wobei nur bei e<strong>in</strong>er Person e<strong>in</strong>e dauerhafte arbeitstätige B<strong>in</strong>dung zu erwarten<br />
ist.<br />
Da der überwiegende Teil der Befragten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Beruf tätig ist, der dem Qualifikationsbild<br />
des jeweiligen Studiums entspricht, dieses aber gleichermaßen auch auf Absolventen<br />
„exotischer Studien“ und auf Studienabbrecher zutrifft und nur e<strong>in</strong>e Person ihr Studium<br />
gewechselt hat, könnte dies e<strong>in</strong> Indiz für e<strong>in</strong>e reife Überlegung der Studienwahl se<strong>in</strong>. Aufgrund<br />
dieses e<strong>in</strong>geschränkten beruflichen Spielraums, lässt sich mit gewisser Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />
anhand des jeweiligen Studiums bereits ansatzweise ableiten, ob e<strong>in</strong> Absolvent des<br />
BRG Reutte <strong>in</strong> der Region e<strong>in</strong>e entsprechende Arbeit f<strong>in</strong>den wird. Daraus kann auf die<br />
pr<strong>in</strong>zipielle Möglichkeit der Rückkehr geschlossen bzw. im Falle e<strong>in</strong>er fehlenden Nachfrage<br />
nach dieser Qualifikation die Rückkehr ausgeschlossen werden. Die Voraussetzung für<br />
diese Annahmen ist die fehlende Bereitschaft e<strong>in</strong>en Beruf außerhalb der qualifikationsbed<strong>in</strong>gt<br />
vorgeschriebenen Rahmen auszuüben, wobei sich dieser je nach Studium unterschiedlich<br />
gestaltet – e<strong>in</strong> Umstand der <strong>in</strong> der vorliegenden Untersuchung nachgewiesen<br />
werden konnte.<br />
Zusätzlich spielt die räumliche Ausdehnung bzw. der Schwerpunkt bei der Suche des ersten<br />
Arbeitsplatzes e<strong>in</strong>e große Rolle. Aus unterschiedlichen Studien (u.a. Schmidt 2000)<br />
lässt sich bei Hochqualifizierten e<strong>in</strong> großes, oft Staatsgrenzen überschreitendes Suchgebiet<br />
erkennen. In der vorliegenden Studie variiert der Suchradius der e<strong>in</strong>zelnen Befragten stark.<br />
Jene, die nur am Studienort gesucht haben, weisen e<strong>in</strong>e tendenziell starke B<strong>in</strong>dung an den<br />
derzeitigen Wohnort auf. Darüber h<strong>in</strong>aus werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em sukzessiven Übergang vom<br />
Studium <strong>in</strong> das Berufsleben, durch begleitende Praktika oder Teilzeitjobs, berufliche Kontakte<br />
aufgebaut, die ebenso als e<strong>in</strong> b<strong>in</strong>dender Faktor fungieren und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Vollzeitbeschäftigung<br />
nach Ende des Studiums münden. Lediglich drei Personen legten ihren<br />
Hauptfokus der Arbeitsuche auf das Außerfern. Hierbei zeigte sich bei den weiblichen<br />
Befragten teilweise die Schwierigkeit adäquate Berufsmöglichkeiten sowohl für sich als<br />
auch den Partner zu f<strong>in</strong>den. E<strong>in</strong> Umzug wäre nur bei entsprechenden Stellenangeboten<br />
beider Partner relevant.<br />
Der Großteil der heute im Außerfern arbeitenden Absolventen hat sich neben der Tiroler<br />
und/oder österreichweiten Ebene auch explizit auf dem Außerferner Arbeitsmarkt nach<br />
Erwerbsmöglichkeiten erkundigt. Demzufolge kehrten vor allem jene Befragten zurück,<br />
welche diese Option ausdrücklich <strong>in</strong> Betracht gezogen hatten. Der Anteil der Absolventen<br />
dieses Jahrgangs h<strong>in</strong>gegen, der dem Bezirk im Zuge der Suche ke<strong>in</strong>e besondere Beachtung
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 94 -<br />
schenkte und nur aufgrund e<strong>in</strong>es entsprechenden Berufsangebotes heute im Außerfern<br />
se<strong>in</strong>em Beruf ausübt, ist ger<strong>in</strong>g. Die Folgerungen s<strong>in</strong>d vielfältig, da zum e<strong>in</strong>en soziale<br />
B<strong>in</strong>dungen am Studienort bzw. fehlende zu der Heimatregion e<strong>in</strong>fließen. Zum anderen<br />
könnte diese Beobachtung für e<strong>in</strong>e relativ schwache Konkurrenz der Berufsoptionen zu<br />
anderen Regionen sprechen. Weiteres könnte dieser Aspekt im H<strong>in</strong>blick auf die nachgefragte<br />
Qualifikation auf e<strong>in</strong>e, <strong>in</strong> wenigen Wirtschaftssparten spezialisierte Konkurrenz<br />
für Hochqualifizierte, h<strong>in</strong>weisen. Im Falle e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>ternationalen Suchradius wird dieses<br />
Bild noch deutlicher, da zwei der drei Personen, deren Suche nach adäquaten Arbeitsplätzen<br />
über die Grenzen Österreichs h<strong>in</strong>weg reichte, heute im Ausland leben und arbeiten.<br />
5.2.5 Außerhalb des Bezirkes wohnhafte Absolventen<br />
Mit dem Ziel e<strong>in</strong>es verstärkten Zuzugs von Außerferner Akademikern ist vor allem die<br />
E<strong>in</strong>stellung und Motivationsanalyse der bereits Abgewanderten von Bedeutung. Zu beachten<br />
ist bei dieser Gruppe, dass drei Personen ihr Studium noch nicht abgeschlossen haben<br />
oder e<strong>in</strong> Doktorat an der jeweiligen Universität ablegen. Da ihr erster Arbeitsplatz noch<br />
bevorsteht, werden sie <strong>in</strong> den folgenden Ausführungen außer Acht gelassen.<br />
Auf die Frage, welches die wesentlichen Gründe waren, nicht <strong>in</strong> den Bezirk zurück zu<br />
kehren, wurde sehr häufig der prov<strong>in</strong>zielle Charakter angeführt (vgl. Abb. 5.38). Des Weiteren<br />
waren persönliche B<strong>in</strong>dungen, welche aus den oben beschriebenen, auf die jeweilige<br />
Universitätsstadt beschränkten Suchradien resultieren, bedeutende Gründe. Ferner wurden<br />
die fehlenden Arbeitsmöglichkeiten im Außerfern angeführt, wobei es sich zwar um Berufe<br />
handelt die pr<strong>in</strong>zipiell <strong>in</strong> der Region vorhanden s<strong>in</strong>d, die Nachfrage h<strong>in</strong>gegen, aufgrund<br />
der ger<strong>in</strong>gen Stellenanzahl, ger<strong>in</strong>g ist. Als Beispiele gelten Absolventen der Studienfächer<br />
Jura, Vermessungstechnik, Architektur, Theologie mit dem Ziel des Priesteramtes. Zwei<br />
Personen verfügen über stark spezialisierte Qualifikationen, die lediglich <strong>in</strong> städtischen<br />
Agglomerationen nachgefragt werden (Berufe im künstlerischen Bereich). Darüber h<strong>in</strong>aus<br />
wurde die Problematik von Neugründung von Unternehmen angesprochen. Durch die<br />
Dom<strong>in</strong>anz e<strong>in</strong>zelner Betriebe sei es für Jungunternehmer oft sehr schwierig, auf dem regionalen<br />
Markt Fuß zu fassen.
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 95 -<br />
Prov<strong>in</strong>zieller Charakter<br />
Persönliche B<strong>in</strong>dungen am Studienort oder<br />
anderem Ort<br />
Fehlende Arbeitsmöglichkeit<br />
Ke<strong>in</strong> Interesse am Außerfern<br />
Mangelhafte Infrastruktur<br />
Zu ger<strong>in</strong>ge Karrierechancen<br />
n=11<br />
0 1 2 3 4 5 6 7<br />
Häufigkeit (absolut)<br />
Abb. 5.38: Gegen e<strong>in</strong>e Rückkehr der befragten BRG-Absolventen sprechende Gründe: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
Aus diesen beiden Gründen könnte resultieren, dass die fehlenden oder ger<strong>in</strong>gen Karrieremöglichkeiten<br />
e<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle spielen, da es für e<strong>in</strong>ige Hochqualifizierte generell<br />
schwer ist, auf dem lokalen Arbeitsmarkt unterzukommen. Drei der elf heute nicht <strong>in</strong><br />
der Region lebenden, berufstätigen Befragten erhielten nach Abschluss ihres Studiums<br />
Arbeitsangebote im Außerfern. Diese wurden jedoch abgeschlagen, aus Gründen wie der<br />
fehlenden Lebensvielfalt, dem Wunsch nach e<strong>in</strong>em neuen Lebensumfeld oder der Abneigung<br />
an jener Schule berufstätig zu werden, die von ihnen selbst besucht wurde.<br />
Zwei Personen dieser Gruppe, haben nach Abschluss des Studiums bzw. der Ausbildung<br />
im Außerfern gelebt. Die nicht vorhandenen Arbeitsmöglichkeiten, wobei hier explizit die<br />
mangelhafte Unterstützung und Informationsvermittlung durch das AMS angegeben wurde,<br />
sowie der Wunsch nach neuen Lebenserfahrungen führten zu e<strong>in</strong>er neuerlichen und<br />
vermutlich endgültigen Abwanderung dieser Befragten.<br />
Besonders problematisch ist die E<strong>in</strong>stellung von ca. drei viertel der heute außerhalb des<br />
Bezirkes lebenden Befragten, da sie eher nicht bzw. sicher nicht <strong>in</strong> das Außerfern zurückziehen<br />
werden. Somit ergibt sich schon sehr früh das Ausschließen der Möglichkeit e<strong>in</strong>er<br />
Rückkehr der Absolventen nach Abschluss ihres Studiums.<br />
Auf die Frage welche Änderungen gegeben se<strong>in</strong> sollten, damit e<strong>in</strong>e Rückkehr eher stattf<strong>in</strong>det,<br />
wurden vorwiegend weiche Faktoren genannt. Erwünscht war nicht nur e<strong>in</strong>e städtischere<br />
Lebensweise, was e<strong>in</strong> sehr dehnbarer und differenziert <strong>in</strong>terpretierbarer Begriff ist,<br />
sondern auch e<strong>in</strong>e offenere und freundlichere Grunde<strong>in</strong>stellung und e<strong>in</strong>e vielseitigere Gesellschaft<br />
gewünscht. In e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>geren Maße wurde e<strong>in</strong> breiteres und spezifischeres
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 96 -<br />
Kulturangebot gefordert, welches den besonderen Ansprüchen dieser meist Jungakademiker<br />
entspricht. Als e<strong>in</strong> weiterer wichtiger Aspekt stellte sich e<strong>in</strong> Arbeitsmarkt der sowohl<br />
den Befragten selbst als auch deren Partnern attraktive berufliche Möglichkeiten bietet<br />
heraus. Zusätzlich wurde e<strong>in</strong>e bessere verkehrstechnische Erschließung gewünscht, was<br />
sich vor allem auf die <strong>in</strong>nerösterreichische Anb<strong>in</strong>dung bezieht, wobei e<strong>in</strong>ige der Befragten<br />
wohlwissend auf die schwere Realisierbarkeit dieser Forderung h<strong>in</strong>wiesen.<br />
Die emotionale B<strong>in</strong>dung dieser Gruppe an das Außerfern ist vorwiegend mittelmäßig oder<br />
schwach und wird besonders von sozialen Kontakten zur Familie (von allen Befragten<br />
genannt) und den Freunden (von der Hälfte dieser Gruppe genannt) getragen. Weiters<br />
spielt das Außerfern als Ort der Erholung für die Hälfte der derzeit nicht im Außerfern<br />
lebenden Personen e<strong>in</strong>e Rolle, im Zuge dessen die Heimatregion mehr oder weniger regelmäßig<br />
besucht wird.<br />
5.2.6 Im Bezirk bzw. <strong>in</strong> der angrenzenden Region wohnhafte Absolventen<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus s<strong>in</strong>d das Äquivalent der eben beschriebenen Gruppe sowie deren Entscheidungsgrundlagen<br />
für e<strong>in</strong>e ganzheitliche Sichtweise erforderlich. Durch die Eruierung der<br />
positiven Faktoren des Bezirks und die Rückkehr begünstigende Sachverhalte können<br />
Stärken profiliert und ausgebaut werden.<br />
Soziale Gründe (Familie,<br />
Freunde, Partner)<br />
Gute Berufsaussichten/<br />
konkretes Angebot<br />
Sonstige Gründe<br />
Lebensqualität<br />
n=7<br />
0 1 2 3 4 5 6 7<br />
Häufigkeit (absolut)<br />
Abb. 5.39: Rückkehrgründe der <strong>in</strong> der Region lebenden befragten BRG-Absolventen: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 97 -<br />
Die Rückkehr <strong>in</strong> das Außerfern wurde vorrangig von sozialen Gründen bzw. B<strong>in</strong>dungen<br />
e<strong>in</strong>geleitet (vgl. Abb. 5.39). Der Lebenspartner spielte dabei <strong>in</strong> den meisten Fällen e<strong>in</strong>e<br />
wesentliche Rolle, da alle Befragten, mit Ausnahme e<strong>in</strong>er Person, die derzeit <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er<br />
Partnerschaft steht, e<strong>in</strong>en aus dem Außerfern stammenden Partner haben, der im Bezirk<br />
arbeitstätig ist. Ob es sich dabei um Beziehungen handelt, welche schon vor bzw. während<br />
des Studiums bestanden haben, ist nicht bekannt.<br />
Berufliche Möglichkeiten bzw. konkrete Angebote wurden am zweit häufigsten genannt.<br />
Auffallend ist dabei, dass trotz der guten Bewertung der Arbeitsmöglichkeiten der Lehrer,<br />
diese nur bei e<strong>in</strong>er Person ausschlaggebende Gründe waren, <strong>in</strong> die Region zurück zu kehren.<br />
Weitere <strong>in</strong>dividuelle Gründe stellen für e<strong>in</strong>en Selbstständigen das während des Studiums<br />
aufgebaute Kundennetzwerk sowie für e<strong>in</strong>e Ärzt<strong>in</strong> die beruflichen Möglichkeiten<br />
und Weiterbildungen im BKH Reutte dar. E<strong>in</strong> ansprechendes berufliches Angebot war<br />
lediglich für e<strong>in</strong>e Person der entscheidende Anlass zu der Rückkehr. Es handelt sich hierbei<br />
um e<strong>in</strong>en derzeit im Banksektor, e<strong>in</strong>e Arbeitsmarktsparte <strong>in</strong> der Region mit relativ<br />
hohem Fachkräftemangel, arbeitenden Absolventen e<strong>in</strong>es wirtschaftswissenschaftlichen<br />
Studiums. E<strong>in</strong>e weitere Person wird höchstwahrsche<strong>in</strong>lich nach ihrer Dissertation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
technischen Fachgebiet im Metallwerk Plansee tätig werden, wobei es sich hiermit wiederum<br />
um e<strong>in</strong>en Arbeitsmarktbereich mit e<strong>in</strong>er sehr spezifischen Qualifikationsnachfrage<br />
handelt.<br />
Bezüglich der zukünftigen Situation gaben alle Befragten dieser Gruppe an, <strong>in</strong> der Region<br />
bleiben zu wollen, was auf e<strong>in</strong>e starke Verankerung und Zufriedenheit mit der Berufssituation<br />
zurückzuführen ist.<br />
Die emotionale B<strong>in</strong>dung an das Außerfern ist stark bis sehr stark ausgeprägt und wird vor<br />
allem auf die Familie bezogen, während der Lebenspartner ke<strong>in</strong>e dom<strong>in</strong>ante Rolle e<strong>in</strong>nimmt.<br />
Dieses sche<strong>in</strong>t auf den ersten Blick im Widerspruch zu obiger Feststellung zu stehen,<br />
da h<strong>in</strong>sichtlich der Rückkehr der Außerferner Partner e<strong>in</strong>e wichtige Rolle spielte.<br />
Möglicherweise wird dieser jedoch räumlich nicht mit dem Außerfern zusammenhängend<br />
gesehen, sondern als pr<strong>in</strong>zipiell mobil. Würden beide, wie bereits <strong>in</strong> ähnlicher Form mehrfach<br />
erwähnt, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er anderen Region bessere berufliche Optionen sehen, ist e<strong>in</strong> Umzug<br />
grundsätzlich möglich.
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 98 -<br />
5.2.7 Image des Außerferns und Bewertung der Infrastruktur<br />
E<strong>in</strong>e generelle Beschreibung des Images wurde bereits <strong>in</strong> Kap. 5.1.3 vorgenommen. In<br />
dieser empirischen Teilerhebung wurde der Fokus auf die E<strong>in</strong>schätzung der Offenheit<br />
gegenüber Kreativität und Innovation <strong>in</strong> der Region gelegt. Die h<strong>in</strong>tergründig bestehenden<br />
Erfahrungen aus den Universitätsstädten, wo Kreativität im Wesen immanent ist bzw. se<strong>in</strong><br />
sollte und das wirtschaftliche Umfeld durch verschiedene Interaktionen e<strong>in</strong>en profitablen<br />
Wissensvorsprung gegenüber anderen Städten und peripheren <strong>Räumen</strong> erlangen kann,<br />
prägt diese Sichtweise und hat die Maßstäbe vermutlich erheblich verschoben. Wenn auch<br />
ländliche Räume nach der allgeme<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>schätzung e<strong>in</strong>e konservative Grundhaltung<br />
nachgesagt wird, f<strong>in</strong>det hier e<strong>in</strong> Wandel statt, im Zuge dessen städtische Formen übernommen<br />
werden bzw. die ländliche Bevölkerung ihre Normen selbst neu def<strong>in</strong>iert (vgl.<br />
Henkel 1995, S. 64). Somit handelt es sich hierbei nicht um e<strong>in</strong>en existenten oder <strong>in</strong>existenten<br />
Zustand bestimmter Wertevorstellungen und gesellschaftlicher Gewohnheiten und<br />
Pflichten, sondern um e<strong>in</strong>e veränderbare Bandbreite, die je nach Ausprägung Hochqualifizierte<br />
anspricht oder abstößt.<br />
Die <strong>in</strong> Abb. 5.40 dargestellten Ergebnisse zeigen e<strong>in</strong>e überwiegende Mehrheit, die diese<br />
mittelmäßig bis eher schlecht e<strong>in</strong>stuft. Dieses Manko wurde <strong>in</strong> ähnlicher Form bereits zu<br />
früheren Zeitpunkten der Gespräche angedeutet.<br />
10<br />
9<br />
8<br />
Häufigkeit (absolut)<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
n=21<br />
0<br />
kaum Spielraum<br />
gegeben<br />
im Vergleich eher<br />
schlecht<br />
mittelmäßig gut sehr offene<br />
E<strong>in</strong>stellung<br />
Abb. 5.40: Bewertung der Kreativität und Offenheit gegenüber Innovationen im Außerfern<br />
durch die befragten BRG-Absolventen: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
Folglich wird mehr Offenheit <strong>in</strong> unterschiedlicher H<strong>in</strong>sicht vom Großteil der Befragten<br />
gefordert, wodurch das diesbezügliche Image der Region gehoben werden würde. E<strong>in</strong>e
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 99 -<br />
thematisch verwandte Studie mit Schwerpunkt im steirischen Murau, zeigte h<strong>in</strong>sichtlich<br />
des Images das Gefühl der fehlenden persönlichen Entscheidungsfreiheit <strong>in</strong> diesem <strong>ländlichen</strong><br />
Raum, wobei e<strong>in</strong> Bruch mit den feststehenden Traditionen <strong>in</strong> der Region oft nicht<br />
möglich ist und nur durch e<strong>in</strong>en Wegzug vollzogen werden kann (vgl. Dax und Machold<br />
2002, S. 93).<br />
Die Bewertung der regionalen Infrastruktur hat ebenso e<strong>in</strong>en großen E<strong>in</strong>fluss auf die Handlungsoptionen<br />
der e<strong>in</strong>zelnen Individuen. Generell wird von sehr hohen Ansprüchen jener<br />
Personen mit hohem beruflichen Status ausgegangen, wobei die Infrastruktur sowohl den<br />
eigenen Zwecken als auch jenen der Familienangehörigen dienlich se<strong>in</strong> soll. Die Erhebung<br />
der Beurteilung wurde mithilfe e<strong>in</strong>er ähnlichen methodischen Form vorgenommen, <strong>in</strong> dem<br />
die Befragten die e<strong>in</strong>zelnen Faktoren auf e<strong>in</strong>er fünfteiligen Skala bewerten sollten. Aus<br />
Abb. 5.41 ist e<strong>in</strong>e sehr gute E<strong>in</strong>stufung der Freizeitmöglichkeiten feststellbar, wobei dieses<br />
sowohl auf die im als auch außerhalb des Außerferns lebenden Personen zutrifft.<br />
Weiterbildungsmöglichkeiten<br />
Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>dbetreuung<br />
Bildungsmöglichkeiten für<br />
K<strong>in</strong>der<br />
Anb<strong>in</strong>dung durch die<br />
Verkehrs<strong>in</strong>frastruktur nach<br />
Außen<br />
Öffentlicher Verkehr <strong>in</strong> der<br />
Region<br />
Kultur<br />
Freizeit<br />
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18<br />
Häufigkeit (absolut)<br />
n=21<br />
sehr gut<br />
mittelmäßig<br />
sehr schlecht<br />
gut<br />
eher schlecht<br />
weiß nicht<br />
Abb. 5.41: Bewertung der Infrastruktur im Außerfern durch die Befragten<br />
BRG-Absolventen: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 100 -<br />
Das kulturelle Angebot h<strong>in</strong>gegen wird durchschnittlich mittelmäßig und tendenziell von<br />
den im Außerfern lebenden Befragten schlechter beurteilt. Ländlich geprägte Räume bieten<br />
im allgeme<strong>in</strong>en Verständnis e<strong>in</strong> k<strong>in</strong>dergerechtes Umfeld fernab „städtischer Abwege“<br />
sowie e<strong>in</strong> Netzwerk starker sozialer Kontrolle. Dabei spielen Qualität und Quantität der<br />
Bildungsmöglichkeiten für K<strong>in</strong>der von Hochqualifizierten vor Ort e<strong>in</strong>e entscheidende<br />
Rolle, wie <strong>in</strong> den Gesprächen mit den Personalverantwortlichen der untersuchten Betriebe<br />
mehrfach betont wurde. Durch das eigene hohe Bildungsniveau hat Bildung e<strong>in</strong>en hohen<br />
Stellenwert und somit kann das Schulangebot <strong>in</strong> der Region für oder gegen e<strong>in</strong>e Rückkehr<br />
sprechen. Gleichzeitig wird dadurch auch der Zuzug von regionsfremden Personen bee<strong>in</strong>flusst.<br />
Im vorliegenden Fall wurden diese als durchschnittlich gut bewertet. E<strong>in</strong>e flexible<br />
K<strong>in</strong>derbetreuung nimmt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er emanzipierten Gesellschaft mit e<strong>in</strong>em hohen Anteil an<br />
arbeitstätiger Frauen e<strong>in</strong>e zentrale Rolle e<strong>in</strong>. Nur durch e<strong>in</strong> entsprechendes Angebot können<br />
Frauen ihrem, durch das Studium <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e bestimmte Richtung gelenkten Beruf nachgehen.<br />
Die Beurteilung der K<strong>in</strong>derbetreuung im Bezirk Reutte fiel e<strong>in</strong>em Großteil der Befragten<br />
schwer, was vor allem durch die e<strong>in</strong>stweilige K<strong>in</strong>derlosigkeit und daher fehlende<br />
Relevanz bed<strong>in</strong>gt ist. Der ger<strong>in</strong>ge Anteil der Befragten, welcher vorgab, das Angebot beurteilen<br />
zu können, bewertete ihn durchschnittlich als gut.<br />
Das Angebot von Weiterbildungsmaßnahmen ist recht unterschiedlich. Es reicht von<br />
Sprach- und Softwarekursen, branchenspezifischen Schulungen bis zum Erlernen von Soft<br />
Skills. Fortbildungen können entweder <strong>in</strong>nerbetrieblich oder extern angeboten bzw. wahrgenommen<br />
werden und dienen nicht nur e<strong>in</strong>er persönlichen Weiterentwicklung, sondern<br />
können auch als e<strong>in</strong>e wirtschaftlich gew<strong>in</strong>nbr<strong>in</strong>gende Humankapitalanreicherung fungieren.<br />
In der telefonischen Befragung wurde vor allem auf das Angebot von außerbetrieblichen<br />
Angeboten e<strong>in</strong>gegangen, wie die der Wirtschaftskammer oder des AMS, da betriebs<strong>in</strong>terne<br />
Weiterbildungen für Außenstehende oft nicht leicht e<strong>in</strong>sehbar s<strong>in</strong>d und somit e<strong>in</strong>e<br />
E<strong>in</strong>schätzung nicht erfolgen kann. Dieses Angebot wird vorwiegend als mittelmäßig bis<br />
schlechten e<strong>in</strong>gestuft.<br />
Eher schlecht bis sehr schlecht wird der öffentliche Verkehr <strong>in</strong>nerhalb der Region benotet.<br />
Vor allem jene Befragten, welche <strong>in</strong> der Region arbeitstätig s<strong>in</strong>d, brachten verschiedene<br />
Beispiele für schlechte Anb<strong>in</strong>dungen und überteuerte Preise, welche letztendlich den Nutzen<br />
m<strong>in</strong>imieren und den eigenen PKW als das wichtigste Beförderungsmittel zum Arbeitsplatz<br />
def<strong>in</strong>ieren.
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 101 -<br />
Die Anb<strong>in</strong>dung über die Verkehrs<strong>in</strong>frastruktur nach Außen wird von den Befragten <strong>in</strong><br />
zahlreichen Fällen <strong>in</strong> Straßen- und Schienenanb<strong>in</strong>dung unterteilt, wobei zwar beide als<br />
eher schlecht, erstere dennoch tendenziell besser bewertet wird.<br />
H<strong>in</strong>sichtlich der Vere<strong>in</strong>barkeit von Beruf und Familie ist e<strong>in</strong> durchgehend hoher Stellenwert<br />
zu beobachten, wobei wiederum e<strong>in</strong>e größere Bedeutung dieses Faktors den weiblichen<br />
Befragten zukommt.<br />
5.2.8 Entscheidende Kriterien im Zuge e<strong>in</strong>es Wohnortwechsel<br />
E<strong>in</strong>e weitere zentrale Fragestellung sollte, von der Untersuchungsregion unabhängig, die<br />
E<strong>in</strong>flussfaktoren der Entscheidung e<strong>in</strong>es Umzuges <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e beliebige Region analysieren.<br />
Hierfür wurden die Befragten aufgefordert, e<strong>in</strong>e Rangordnung mit den Kriterien: besserer<br />
Verdienst, bessere Karrieremöglichkeiten, Familienfreundlichkeit sowie die Lebensqualität<br />
der Zielregion zu erstellen. Zusätzlich konnten eigene Kriterien h<strong>in</strong>zugefügt werden.<br />
Besserer Verdienst<br />
Karriere<br />
Familienfreundlichkeit der Zielregion<br />
Lebensqualität der Zielregion<br />
Sonstiges<br />
0 5 10 15 20 25<br />
Häufigkeit (absolut)<br />
n=21<br />
Rang 1 Rang 2 Rang 3 Rang 4 Rang 5<br />
Abb. 5.42: Rangfolge der entscheidenden Kriterien e<strong>in</strong>er Wanderung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e beliebige<br />
Region: 2009<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
Als wichtigste Entscheidungsgrundlage wird die Lebensqualität gesehen, wobei den Karrierechancen<br />
e<strong>in</strong> nahezu gleich hoher Stellenwert beigemessen wird. Der zweitwichtigste<br />
Aspekt ist die Familienfreundlichkeit der Zielregion. Die ger<strong>in</strong>gste Bedeutung wird e<strong>in</strong>em<br />
besseren Verdienst beigemessen, wobei dies stark durch die niedrige Bewertung der Lehrer<br />
bed<strong>in</strong>gt ist, deren Gehalt im Allgeme<strong>in</strong>en nicht von der Region abhängt. Für die beiden<br />
„klassischen“ Bra<strong>in</strong> Circulation-Fälle war dies nach der Karrieremöglichkeit der zweitwichtigste<br />
Faktor, was die Bewertung e<strong>in</strong>er potentiellen Zielregion betrifft. Bei dem Ver-
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 102 -<br />
gleich zwischen den bereits im Außerfern Lebenden bzw. jenen Personen die höchstwahrsche<strong>in</strong>lich<br />
<strong>in</strong> naher Zukunft dort leben werden, mit den voraussichtlich nicht Zurückkehrenden,<br />
messen die erst Genannten dem besseren Verdienst e<strong>in</strong> größeres Gewicht bei, was<br />
für die Bestätigung der Strategie höherer Gehaltangebote zur „Anlockung“ hochqualifizierter<br />
Arbeitskräfte sprechen könnte. Die Lebensqualität h<strong>in</strong>gegen ist bei beiden Gruppen der<br />
wichtigste bzw. zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong> sehr bedeutender Faktor. Da jedoch nur knapp die Hälfte<br />
der befragten Absolventen aller Voraussicht nach im Bezirk Reutte leben und/oder arbeiten<br />
wollen, sche<strong>in</strong>t die Lebensqualität des Außerfern e<strong>in</strong>em erheblichen Anteil der Befragten<br />
für e<strong>in</strong>e Rückkehr als unzureichend. Des Weiteren ist die Wichtigkeit dieses Faktors durch<br />
vorhergehende Ergebnisse zu relativieren, da die Lebensqualität nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fall e<strong>in</strong> bedeutender<br />
Grund für die tatsächliche Rückkehr darstellte (vgl. Kap. 5.2.6). Unter den sonstigen<br />
Faktoren wurden teils gegensätzliche Punkte wie die Aufgeschlossenheit und Innovation<br />
(!), e<strong>in</strong> ansprechendes und herausforderndes Arbeitsumfeld, e<strong>in</strong> vorhandener Bekanntenkreis,<br />
konkrete Berufschancen des Lebenspartners, Heimatnähe oder die Möglichkeit<br />
neue Erfahrungen zu sammeln, angeführt.<br />
5.3 Untersuchte Betriebe<br />
Im folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse der Tiefen<strong>in</strong>terviews, die <strong>in</strong> den Unternehmen<br />
durchgeführt wurden, dargestellt. Aus Datenschutzgründen wird auf die Wiedergabe<br />
bestimmter betriebsspezifischer Angaben verzichtet. In Kap. 5.3.7 am Ende dieses Abschnittes<br />
werden die Ergebnisse der e<strong>in</strong>zelnen Interviews nach Themengebieten zusammenfassend<br />
gegenüber gestellt. In der folgenden <strong>in</strong>haltlichen Analyse wird auf diese Darstellung<br />
mehrfach Bezug genommen und ist daher parallel zu gebrauchen. Die Angaben<br />
und Wertungen <strong>in</strong> der Gegenüberstellung wurden <strong>in</strong> den jeweiligen Gesprächen erhoben.<br />
Sie stellen weiters e<strong>in</strong>en Vergleich der Betriebe dar und s<strong>in</strong>d somit fallspezifisch und nur<br />
auf die vorliegende Untersuchung bezogen. Die Angaben <strong>in</strong>nerhalb der Klammern s<strong>in</strong>d nur<br />
e<strong>in</strong>geschränkt gültig.<br />
5.3.1 Bedarf an Hochqualifizierten<br />
Mit dem Ziel, die Nachfrage nach Hochqualifizierten auf dem Außerferner Arbeitsmarkt<br />
zu erheben, wurden sechs Unternehmen h<strong>in</strong>sichtlich Qualifikationsschwerpunkt und Quan-
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 103 -<br />
tität der Nachfrage analysiert. Je nach Fachgebiet bzw. Produktionspalette weisen die Betriebe<br />
e<strong>in</strong>en Hochqualifizierten-Anteil zwischen 5% <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em rohstoffverarbeitenden Unternehmen<br />
und über 50% im Architekturbereich auf. Aufgrund der regen Forschungs<strong>in</strong>tensität<br />
der beiden Betriebe Plansee Group und Schretter & Cie handelt es sich hierbei neben<br />
Führungspositionen und Tätigkeiten mit hohen Qualifikationsanforderungen um e<strong>in</strong>en<br />
relativ hohen Anteil an Arbeitsplätzen, deren Beschäftigungsschwerpunkt <strong>in</strong> der Produktund<br />
Produktionsweiterentwicklung bzw. –erweiterung liegt. Demzufolge s<strong>in</strong>d die nachgefragten<br />
Qualifikationen weit gestreut, wobei betriebswirtschaftliche Fächer h<strong>in</strong>sichtlich der<br />
Quantität dom<strong>in</strong>ieren. Daneben richtete sich die Nachfrage nach branchenspezifischen<br />
Qualifikationen. Während das Architekturbüro den größten relativen Anteil an Hochqualifizierten<br />
aufweist, werden bei der Plansee Group absolut die meisten Hochschulabsolventen<br />
beschäftigt und nachgefragt. Wie bereits erwähnt, handelt es sich im vorliegenden Fall<br />
um e<strong>in</strong>en stabilen Arbeitsmarkt mit e<strong>in</strong>er, abgesehen von der aktuellen wirtschaftlichen<br />
Situation, konstanten Nachfrage nach Fachkräften. Somit ist ke<strong>in</strong>e, für periphere Räume<br />
pr<strong>in</strong>zipiell typische, stark schwankende Arbeitskräftenachfrage feststellbar, welche durch<br />
zentral-periphere Abhängigkeitsbeziehungen hervorgerufen wird (vgl. Fassmann und<br />
Meusburger 1997, S. 72). Andererseits wird <strong>in</strong> absehbarer Zeit voraussichtlich ke<strong>in</strong>e verstärkte<br />
Nachfrage nach entsprechenden Berufen stattf<strong>in</strong>den und die Erschließung neuer<br />
Teilarbeitsmärkte wird nur auf e<strong>in</strong>em sehr e<strong>in</strong>geschränkten Niveau erfolgen. Dieser Umstand<br />
könnte zwar im S<strong>in</strong>ne der Produktzyklustheorie als e<strong>in</strong>e sehr starke Stabilität und<br />
Flexibilität gedeutet werden, welche für e<strong>in</strong>e Veränderung und Anpassung h<strong>in</strong>derlich ist,<br />
jedoch ist Beständigkeit und „organisches Wachsen ohne Quantensprünge“ [3] möglicherweise<br />
längerfristig zielführender.<br />
5.3.2 Fachkräftemangel<br />
Derzeit weisen drei Betriebe e<strong>in</strong>e erhebliche Nachfrage nach Akademikern auf, wobei<br />
dieser Aspekt nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fall (BKH) als wirklicher Fachkräftemängel bezeichnet wurde.<br />
Diese Institution deckt aufgrund der räumlich peripheren Lage verschiedenste mediz<strong>in</strong>ische<br />
Fachgebiete ab, was e<strong>in</strong>e dementsprechend breite Qualifizierung der Ärzte bed<strong>in</strong>gt<br />
und somit als Ausbildungsstätte beliebt ist. Problematisch ist das Ausbilden von angehenden<br />
Fachärzten und somit das Investieren von Zeit und Geld, also e<strong>in</strong>e Form der Humankapitalausstattung,<br />
ohne davon <strong>in</strong> der Folge profitieren zu können. E<strong>in</strong> Personalverantwortlicher<br />
bezeichnet diese Misslage mit Bezug auf die Außerferner Arbeitskräfte wie
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 104 -<br />
folgt: „[…] <strong>in</strong> der Regel machen sie, wenn sie bei uns waren, sehr schnell wo anders Karriere,<br />
ob das <strong>in</strong> Innsbruck ist oder <strong>in</strong> den anderen Krankenhäusern. Wer hier sozusagen <strong>in</strong><br />
der Selbstständigkeit usw. gearbeitet hat, ist also schnell so weit oben, dass er nicht mehr<br />
zu uns zurückkommt. […] Wir haben sehr viele ausgebildet, auch Fachärzte, und haben<br />
nur e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Ausbeute“ [8]. Das Krankenhaus versucht diese „Fehl<strong>in</strong>vestitionen“, vor<br />
allem bei Fortbildungen der Ärzte durch die gezielte Förderung regional „verwurzelter“<br />
Fachkräften zu verh<strong>in</strong>dern. Ebenso wird im Bankensektor bei Bewerbungen versucht, jene<br />
Personen herauszufiltern, deren Lebensmittelpunkt über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum <strong>in</strong> der<br />
Region liegen wird: „Uns ist es wichtig, dass derjenige schon dauerhaft bleibt. Da haben<br />
wir e<strong>in</strong>en Fokus drauf. Ist aber schwierig“ [5].<br />
Die Interviews zeigten, dass es sich nur <strong>in</strong> wenigen Fällen um e<strong>in</strong>en generellen Fachkräftemangel<br />
handelt. Viel eher besteht e<strong>in</strong>e Hürde, spezifische Arbeitsstellen, deren Anforderungen<br />
qualitativ sehr anspruchsvoll und spezialisiert s<strong>in</strong>d, zu besetzten. Dazu e<strong>in</strong>e Personalverantwortliche<br />
der Raiffeisenbank: „Den Fachkräftemangel sehe ich <strong>in</strong> dieser Form <strong>in</strong><br />
der Breite nicht mehr so vorherrschen, sektoral […] mit Sicherheit.“ [5].<br />
Es ist jedoch nicht nur der Mangel an qualifiziertem Personal, der Betriebe vor schwierige<br />
Aufgaben stellt, sondern ebenso e<strong>in</strong>e Fluktuation der Arbeitsnehmer. Diese ist aufgrund<br />
der hohen beruflichen Mobilität der Hochqualifizierten <strong>in</strong> <strong>Räumen</strong> mit e<strong>in</strong>er relativ ger<strong>in</strong>gen<br />
Anzahl an Akademikern schwerwiegender, da im Gegensatz zu Ballungsräumen e<strong>in</strong><br />
größerer Aufwand betrieben werden muss, diese Stellen neu zu besetzen. Die Fluktuation<br />
<strong>in</strong> den befragten Unternehmen ist meist ger<strong>in</strong>g. Der Grund hierfür liegt laut den <strong>in</strong>terviewten<br />
Personen <strong>in</strong> der langwierigen Rekrutierung seitens des Unternehmens, <strong>in</strong> der angestrebt<br />
wird, Personen zu gew<strong>in</strong>nen, deren Aufenthalt von Dauer ist. Des Weiteren spielt die <strong>in</strong>terne<br />
Besetzung von Führungspositionen e<strong>in</strong>e große Rolle, wobei hier wiederum auf die<br />
oben beschrieben „Verwurzelung“ geachtet wird. Die Fluktuation wird auf Seite der Arbeitnehmer<br />
durch die Zuwanderung bestimmter Personen <strong>in</strong> das Außerfern, deren Entscheidungsgrundlage<br />
neben dem beruflichen Aspekt e<strong>in</strong>e Bevorzugung ländlicher Regionen<br />
zugrunde liegt, gebremst.
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 105 -<br />
5.3.3 Räumlicher Schwerpunkt der Anwerbung und Charakteristik der Angeworbenen<br />
Die Suchstrategie nach Arbeitskräften hängt wesentlich von der zu besetzenden Stelle ab.<br />
In den meisten Betrieben zeigte sich, dass die Deckung der Nachfrage nach allgeme<strong>in</strong>en<br />
Ausbildungen und Qualifikationen durch das regional vorhandene Angebot möglich ist. Je<br />
höher die Anforderung an den jeweiligen Arbeitsplatz ist, desto größer muss der Suchradius<br />
und differenzierter die Anpassung der dafür verwendeten Kommunikationswege<br />
se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e professionelle und räumlich weit reichende Rekrutierungsstrategie erweist sich<br />
hierbei als zielführend. Wird h<strong>in</strong>gegen der Fokus zu eng gesetzt, ist die Anwerbung zwar<br />
billiger, jedoch kann die Stelle nicht optimal besetzt werden bzw. die Suche dauert ungleich<br />
länger.<br />
Bei gleicher Qualifikation der Bewerber werden <strong>in</strong> fünf der sechs befragten Unternehmen<br />
Arbeitskräfte aus der Region bevorzugt. E<strong>in</strong>e leitende Person e<strong>in</strong>es Großbetriebes hierzu:<br />
„Wenn wir Leute aus dem Außerfern bekommen, nehmen wir sie. Bei ähnlicher Qualifikation<br />
nehmen wir auf jeden Fall E<strong>in</strong>heimische, weil wir das Gefühl haben, sie bleiben uns“<br />
[7]. E<strong>in</strong> weiterer Interviewter antwortete auf die Frage: „Dann wird schon der aus der Region<br />
bevorzugt, ziemlich klar sogar. Bei Gleichwertigkeit, was auch die Persönlichkeit<br />
e<strong>in</strong>schließt, entscheidet schon die Region“ [3]. Lediglich das größte Unternehmen der<br />
Region bevorzugt im Bereich der Akademiker ke<strong>in</strong>e Personen aus dem Außerfern. Dabei<br />
darf jedoch nicht der Ansche<strong>in</strong> erweckt werden, dass es sich <strong>in</strong> diesem Fall um e<strong>in</strong> von der<br />
Region abgekoppeltes Unternehmen handelt. Die Prägung dieses Unternehmens ist auf den<br />
gesamten Bezirk bezogen sowohl h<strong>in</strong>sichtlich der vorhandenen Arbeitsplätze als auch<br />
h<strong>in</strong>sichtlich der Bildung und Ausbildung überaus stark. Aufgrund der betrieblichen Umstrukturierungen,<br />
der starken Internationalisierung im Zuge des wirtschaftlichen Anwachsens<br />
und e<strong>in</strong>er Spezialisierung der Tätigkeitsfelder gilt der Slogan des Unternehmens, der<br />
auch auf die spezialisierten, grenzübergreifenden Nachfragestruktur nach entsprechenden<br />
Qualifikationen zutrifft: „Unsere Wurzeln s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Tirol – unser Markt ist die Welt“.<br />
In Komb<strong>in</strong>ation mit der oben genannten räumlichen Rekrutierungsebene weist die akademische<br />
Belegschaft der Unternehmen e<strong>in</strong>en, je nach Zusammenspiel der e<strong>in</strong>zelnen Faktoren,<br />
unterschiedlichen Anteil an Außerferner Akademiker auf (vgl. Kap. 5.3.7). Vor allem<br />
<strong>in</strong> den größeren Unternehmen ist dieser relativ ger<strong>in</strong>g. Somit kann die <strong>in</strong> Kap. 3.4 beschriebene<br />
Wanderungsdynamik, geprägt durch e<strong>in</strong>en relativ starken Zuzug aus dem Ausland,<br />
zum<strong>in</strong>dest ansatzweise h<strong>in</strong>sichtlich der Ausbildung der Wandernden durch e<strong>in</strong>en
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 106 -<br />
Gew<strong>in</strong>n von gut qualifizierten, ausländischen Arbeitskräften beschrieben werden. Die<br />
Hochqualifizierten bevorzugen jedoch je nach Menschentyp und Lifestyle ganz bestimmte<br />
Räume, andere Regionen werden h<strong>in</strong>gegen außer Acht gelassen. Folglich ist der Pool an<br />
potenziellen Arbeitskräften e<strong>in</strong>geschränkt. E<strong>in</strong> Verantwortlicher beschrieb die Situation <strong>in</strong><br />
der Region wie folgt: „Wir leben hier <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sehr <strong>ländlichen</strong> Gegend und es gibt Leute die<br />
bezeichnen sich selber als urbane Typen. Die würden niemals herkommen. Das ist e<strong>in</strong>e Art<br />
Selbstselektion […]. Aber Leute, die sich selber e<strong>in</strong>deutig als urbane Typen def<strong>in</strong>ieren,<br />
me<strong>in</strong>en, drei Mal <strong>in</strong> der Woche <strong>in</strong>s Theater zu müssen, Konzerte zu hören, obwohl wir<br />
Konzerte hervorragender Weise selber bieten, die e<strong>in</strong>en Kick haben wollen und die Excitements<br />
der Stadt suchen, die kommen entweder nicht hierh<strong>in</strong> oder bleiben nicht da“ [6].<br />
E<strong>in</strong> ähnliches Phänomen zeigt sich auch im Krankenhaus: „Die Ärzte die herkommen,<br />
haben schon e<strong>in</strong> besonderes Profil […]. Wer hier bleibt, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Regel Leute, die speziell<br />
hier se<strong>in</strong> wollen; das heißt also <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>ländlichen</strong> Raum se<strong>in</strong> wollen, schon im Vornhere<strong>in</strong><br />
sagen: ‚weil me<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>der sollen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sauberen Umwelt aufwachsen’“ [8]. In<br />
beiden Zitaten wurden zusätzlich zu den Merkmalen der Zuwanderer zwei weitere bedeutende<br />
Punkte angesprochen, durch die versucht wird, diese ländliche Region aufzuwerten.<br />
Zum e<strong>in</strong>en ist es e<strong>in</strong> Angebot städtischer Konsum-Kultur <strong>in</strong> Form der regelmäßig stattf<strong>in</strong>denden<br />
klassischen Plansee-Konzerte, mithilfe derer e<strong>in</strong>em „Bildungsbürgertum“ e<strong>in</strong>e<br />
ansprechende Unterhaltung geboten und e<strong>in</strong>e „hochkulturelle Abgeschiedenheit“ gem<strong>in</strong>dert<br />
werden soll. Zum anderen wurde die Bedeutung der teilweise Klischee-behafteten<br />
ruhigen Lebensweise und Lebensqualität im <strong>ländlichen</strong> Raum angesprochen. Straubhaar<br />
(2001) beschreibt die Anforderungen der Hochqualifizierten detaillierter, jedoch ohne<br />
dabei e<strong>in</strong>en Bezug zur Ländlichkeit aufzubauen: „Quality of life is very important for the<br />
highly skilled. They want to live where the weather is nice and the environment is clean.<br />
Safety, freedom of choice, flexibility to do and to move, secured property rights and<br />
friendly surround<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> which they can raise healthy children are additional factors that<br />
<strong>in</strong>fluence the decisions. Therefore, <strong>in</strong> addition to natural attributes, such as clean air and<br />
water, man-made political and social factors play a role <strong>in</strong> attract<strong>in</strong>g the highly skilled”<br />
(Straubhaar 2001, S. 18). Ergänzend hierzu kann der von der Plansee Group verwendete<br />
Slogan zur Anwerbung von Hochqualifizierten angeführt werden, der stark auf die touristischen<br />
Qualitäten der Region anspielt: „Dort Arbeiten, Karriere machen, wo andere Urlaub<br />
machen“ [6]. Im H<strong>in</strong>blick auf die Familien der Akademiker wurden <strong>in</strong>sbesondere die vorhandenen<br />
Bildungsmöglichkeiten für deren K<strong>in</strong>der unterstrichen. Diese seien für die angeworbene<br />
Klientel, deren Bildungsaspirationen im Allgeme<strong>in</strong>en überdurchschnittlich
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 107 -<br />
s<strong>in</strong>d, sehr wichtig. Durch e<strong>in</strong>e ansprechende Bildungslandschaft wird e<strong>in</strong> bedeutungsvoller<br />
Anreiz geschaffen, der die Entscheidung e<strong>in</strong>es Zuzugs <strong>in</strong> die Region wesentlich bee<strong>in</strong>flusst.<br />
5.3.4 Verdienstsituation und Karrieremöglichkeiten<br />
Gemäß der Neoklassischen Theorie ist dem Unterschied der Gehälter e<strong>in</strong>e essentielle Rolle<br />
beizumessen. Ist dieser vergleichsweise hoch, wird e<strong>in</strong> Zuzug <strong>in</strong>itiiert. Folglich kann e<strong>in</strong><br />
hohes Lohnniveau als Anreiz gelten, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Region, sei es die Heimatregion oder e<strong>in</strong>e<br />
fremde, zu ziehen.<br />
Im vorliegenden Fall wurde <strong>in</strong> fünf der sechs besuchten Unternehmen e<strong>in</strong> überdurchschnittliches<br />
Gehalt festgestellt. Die Gründe hierfür s<strong>in</strong>d vielfältig, da zum e<strong>in</strong>en die<br />
Nähe zu Deutschland das Lohnniveau hebt. Zum anderen wirkt sich im Architekturbereich<br />
die fehlende Konkurrenz <strong>in</strong> der Region positiv auf die Löhne aus, während sich die Plansee<br />
Group aufgrund ihrer <strong>in</strong>ternationalen Orientierung an e<strong>in</strong>em überregionales und relativ<br />
hohes Verdienstniveau anpasst, wobei es der Personalverantwortliche des Unternehmens<br />
folgendermaßen formulierte: „Da wir weltweit e<strong>in</strong> attraktiver Arbeitgeber se<strong>in</strong> wollen,<br />
adjustieren wir unsere Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> Richtung des gesuchten Publikums“ [6]. E<strong>in</strong><br />
anderes Unternehmen gab an, bewusst e<strong>in</strong> höheres Gehalt zu zahlen, um e<strong>in</strong>em Fachkräftemangel<br />
entgegen zu wirken. Trotz dieses Angebotes sei es jedoch schwierig, entsprechend<br />
qualifizierte Arbeitskräfte zu gew<strong>in</strong>nen. Infolgedessen lässt sich ansatzweise der<br />
Entwicklungsprozess von e<strong>in</strong>er Niedriglohnniveau-Region mit e<strong>in</strong>em großen Angebot an<br />
e<strong>in</strong>fachen Arbeitskräften zu e<strong>in</strong>er Hochlohnniveau-Region, allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em gemäßigten<br />
Ausmaß, feststellen, <strong>in</strong> der nun Kapital hauptsächlich <strong>in</strong> Form von Gütern exportiert wird<br />
und qualifizierte Arbeitskräfte benötigt werden. Somit kann das Heckscher-Ohl<strong>in</strong>-<br />
Theorem, dessen Kernaussage e<strong>in</strong>en langfristigen Ausgleich zwischen Regionen mit unterschiedlicher<br />
Ausstattung der Produktionsfaktoren durch Wanderung von Kapital und Arbeitskräften<br />
prognostiziert (vgl. Fassmann und Meusburger 1997, S. 177f), auch im vorliegenden<br />
Beispiel beobachtet werden.<br />
Die Karrieremöglichkeiten <strong>in</strong> den Betrieben s<strong>in</strong>d differenziert gegeben. In kle<strong>in</strong>en Unternehmen<br />
s<strong>in</strong>d flache Hierarchien vorhanden, <strong>in</strong> denen die Dauer der e<strong>in</strong>zelnen Karriereabschnitte<br />
lang ist. In den größeren Unternehmen h<strong>in</strong>gegen ist die Dynamik stärker. Hier<br />
ist die oben erwähnte <strong>in</strong>terne Rekrutierung von großer Bedeutung. In fünf der sechs Unter-
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 108 -<br />
nehmen wird versucht, frei werdende oder neu entstandene Führungspositionen mit Personen<br />
des bestehenden Mitarbeiterstabs zu besetzen.<br />
Aufgrund der Kle<strong>in</strong>heit der meisten Betriebe und der Überschaubarkeit der Region ergibt<br />
sich e<strong>in</strong> besonderes Verhältnis zu den Mitarbeitern. „Man kennt ja die Mitarbeiter bestens,<br />
man kennt auch deren Verhältnisse und weiß, wenn man e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> persönliches Problem<br />
hat, wie man mit dem Umgehen soll, oder auch nicht […]. Oder man begegnet den Mitarbeitern<br />
ständig auch <strong>in</strong> dem Umfeld“ [3]. Diese fehlende Anonymität kann fördernd wirken,<br />
da durch den persönlichen Bezug e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle Besetzung von Arbeitsplätzen<br />
erfolgt und e<strong>in</strong> starker beruflicher Ansporn hervorgerufen wird. Jedoch kann dieser Umstand<br />
ebenso zu e<strong>in</strong>er als negativ und unangenehm empfundener Überschneidung von<br />
Beruf und Arbeit führen und das Arbeitsverhältnis belasten.<br />
5.3.5 Kontakt zu den Schulen und Universitäten<br />
Die untersuchten Unternehmen weisen großteils e<strong>in</strong>e schwache bis moderate Kontakt<strong>in</strong>tensität<br />
zu den Schulen vor Ort auf. Berührungspunkte bestehen zum e<strong>in</strong>en zu jenen Institutionen,<br />
an denen entsprechende Qualifikationen vermittelt werden. Diese Komb<strong>in</strong>ation ist<br />
zwischen der Raiffeisenbank und der Handelsakademie und (historisch bed<strong>in</strong>gt) zwischen<br />
der Plansee Group und dem Bundesrealgymnasium gegeben. Im ersten Fall erfolgt diese<br />
durch die Präsentation des eigenen Unternehmens sowie weiterführender, unternehmensspezifischer<br />
Ausbildungsmöglichkeiten. Diese Methode kann als e<strong>in</strong>e unverb<strong>in</strong>dliche Rekrutierungsform<br />
angesehen werden, <strong>in</strong> der den angehenden Maturanten berufliche Möglichkeiten<br />
sowie e<strong>in</strong>e, <strong>in</strong> der Region nachgefragte, tertiäre Weiterbildung aufgezeigt werden.<br />
Diese Form der Präsenz bei potenziellen Hochqualifizierten und das Aufzeigen möglicher<br />
Ausbildungswege, die mit e<strong>in</strong>em Hochschuldiplom enden, werden als zukunftsweisend<br />
gesehen. Ebenso ist die Methode e<strong>in</strong>es anderen Unternehmens erfolgversprechend,<br />
bei dem Maturanten die Möglichkeit e<strong>in</strong>es „Schnupperpraktikums“ von nur zwei bis drei<br />
Tagen Dauer angeboten wird [4]. Hier können sie die Vielseitigkeit der Ausübung e<strong>in</strong>es<br />
Berufes erfahren und ihre Studienwahl <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e entsprechende Richtung lenken.<br />
Die restlichen drei Unternehmen führen zwar sporadisch Projekte mit den Schulen durch,<br />
sie alle stehen jedoch e<strong>in</strong>er Zusammenarbeit sehr aufgeschlossen gegenüber. Der entscheidende<br />
Anstoß wird von Seiten der Schulen erwartet. An dieser Stelle wäre e<strong>in</strong>e verstärkte<br />
Kooperation vorstellbar, <strong>in</strong>dem fachspezifische Themen des jeweiligen Unternehmens <strong>in</strong>
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 109 -<br />
den Schulen behandelt, durch den Betrieb begleitet und abschließend wirksam präsentiert<br />
werden. Dadurch können die Schüler höherer Bildungse<strong>in</strong>richtungen schon früh e<strong>in</strong>en<br />
E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> das Berufsleben e<strong>in</strong>es Akademikers gew<strong>in</strong>nen und zusätzlich die Potenziale<br />
und Vielseitigkeit der lokalen Wirtschaft praxisnah erfahren.<br />
Der Kontakt zu den Universitäten ist etwas stärker als jener zu den Schulen. Erstens werden<br />
Forschungsaktivitäten an den Universitäten durch Preise f<strong>in</strong>anziell unterstützt. Dadurch<br />
können vor allem Neuerungen vorangetrieben werden, die direkt oder <strong>in</strong>direkt dem<br />
eigenen Unternehmen zugute kommen, jedoch für deren Entwicklung ke<strong>in</strong> eigenes Personal<br />
beansprucht wird. Die zweite Form besteht aus dem Kontakt zu bestimmten Universitäten,<br />
deren Qualifikationsschwerpunkt den Anforderungen des jeweiligen Unternehmens<br />
entspricht. Für die Plansee Group ist dabei „Leoben unsere Fokus-Universität, zu den<br />
werkstoffwissenschaftlichen Instituten im deutschsprachigen Raum haben wir vielfältige<br />
Kontakte, wir kennen die relevanten Professoren, Dozenten, wir fördern und ermöglichen<br />
Diplom-/Doktorarbeiten, wir laden regelmäßig komplette Semester e<strong>in</strong>“ [6]. E<strong>in</strong>e dritte<br />
Möglichkeit um <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit Universitäten zu stehen, ist auf universitären Karrieremessen<br />
vertreten zu se<strong>in</strong>, wie beispielsweise der jährlich <strong>in</strong> Innsbruck stattf<strong>in</strong>denden Career<br />
and Competence-Messe. Diese Option wird jedoch nur von e<strong>in</strong>em Unternehmen <strong>in</strong><br />
Anspruch genommen. Der <strong>in</strong>terviewte Personalverantwortliche bezeichnete dieses als<br />
„e<strong>in</strong>e unserer Bewerbungsstrategien auf Universitätsmessen mit e<strong>in</strong>em eigenen Stand vertreten<br />
zu se<strong>in</strong>“ [6]. Über diesen Weg kann das Unternehmen e<strong>in</strong>er Vielzahl an Studenten<br />
und Jungakademiker vorgestellt werden und es entstehen dadurch Netzwerke. E<strong>in</strong>e weitere<br />
Möglichkeit der Kontaktpflege zu Universitäten und vor allem deren Studenten besteht im<br />
Angebot von Praktika. Mit Ausnahme e<strong>in</strong>es Unternehmens sehen alle untersuchten Unternehmen<br />
<strong>in</strong> dieser, meist e<strong>in</strong>ige Monate dauernden Arbeitszeit, e<strong>in</strong>e gute Möglichkeit potenzielle<br />
qualifizierte Arbeitskräfte kennen zu lernen. Die Plansee Group verfügt dabei mit<br />
rund 50 Praktikastellen über die größte Anzahl <strong>in</strong> dem Bezirk. E<strong>in</strong>e besondere Form der<br />
praktischen Berufserfahrung wird von der Raiffeisenbank <strong>in</strong> Form studienbegleitender<br />
Praktika angeboten. In regelmäßigen Abständen s<strong>in</strong>d Studenten der Berufsakademie (seit<br />
1.3.2009 Dualen Hochschule Baden-Württemberg bezeichnet), deren praxisnahe Ausbildung<br />
<strong>in</strong> Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnerunternehmen e<strong>in</strong> grundlegendes Konzept<br />
darstellt (vgl. Internetquelle 10), <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er der Filialen dieser Bank tätig. Vergleichbar<br />
ist die Famulatur anzusehen, e<strong>in</strong> 16-wöchiges Pflichtpraktikum während des Studiums.<br />
Das BKH Reutte wird dabei vor allem von Mediz<strong>in</strong>studenten aus der Region sowie Westti-
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 110 -<br />
rols präferiert. Nach Möglichkeit und bei Bewährung während der Praktika werden diese<br />
Studenten nach Abschluss ihres Studiums <strong>in</strong> den weiteren beruflichen Etappen, wie beispielsweise<br />
des Turnus oder der Facharztausbildung, bevorzugt herangezogen.<br />
E<strong>in</strong> Unternehmen der Region bietet dagegen nur vere<strong>in</strong>zelt Praktikastellen an, da „es mehr<br />
Mühe als Vorteil ist“ [7], sie für e<strong>in</strong>en relativ kurzen Zeitraum zu beschäftigen.<br />
5.3.6 Unternehmensstandort Außerfern<br />
Alle analysierten Unternehmen wurden <strong>in</strong> der Region gegründet, wobei diesbezüglich dem<br />
BKH e<strong>in</strong>e Sonderrolle zukommt, da es sich um e<strong>in</strong>e wirtschaftlich unabhängige Gründung<br />
handelt. Fünf dieser Unternehmen verfügen mittlerweile über Standorte außerhalb des<br />
Bezirkes bzw. deren Hauptsitz wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e andere Region verlegt und der Standort im<br />
Außerfern zum e<strong>in</strong>em Nebenstandort deklariert. Es handelt sich hierbei um e<strong>in</strong> Unternehmen<br />
der Computer-gestützten Unterhaltungs<strong>in</strong>dustrie, dessen Headquarter und Produktentwicklungsstandort<br />
<strong>in</strong> den Münchener Ballungsraum verlegt wurden. Basierten frühere<br />
Gunstfaktoren der untersuchten Region noch auf natürlichen Ressourcen, wobei sie bei<br />
e<strong>in</strong>em der besuchten Unternehmen noch heute dom<strong>in</strong>ant s<strong>in</strong>d, rückt nun zunehmend die<br />
grenznahe Lage <strong>in</strong> das Interessenfeld. Besonders der Banksektor profitiert von diesem<br />
Umstand, was <strong>in</strong> der Exklave Jungholz zu der höchsten Bankendichte Österreichs führt,<br />
wobei dieses auf verschiedene Vorteile Deutscher Kunden zurückzuführen ist (vgl. Internetquelle<br />
11).<br />
Daher kann die vielfach angeführte räumliche Abgelegenheit, wie sie auch <strong>in</strong> den beiden<br />
vorhergehenden empirischen Erhebungen festgestellt wurde, durch die Gespräche mit den<br />
lokalen Betrieben relativiert werden. Zwar ist e<strong>in</strong>e gewisse Randlage zutreffend, die Anb<strong>in</strong>dung<br />
an das Verkehrsnetz ist jedoch gegeben. Für den größten Betrieb im Außerfern<br />
haben Zulieferungen von Rohstoffen und Abtransport von Fertigprodukten, sowie der<br />
Transport von halbfertigen Produkten, welche <strong>in</strong> den weltweiten Tochterbetrieben weiterverarbeitet<br />
werden, e<strong>in</strong>e große Bedeutung und bedürfen e<strong>in</strong>er dementsprechenden verkehrstechnischen<br />
Erschließung. Diese wurde von e<strong>in</strong>em stellvertretenden Sprecher des<br />
Unternehmens als „e<strong>in</strong>e vernünftige, ausreichend gute Autobahnanb<strong>in</strong>dung“ [6] e<strong>in</strong>gestuft.<br />
Die untersuchten Unternehmen wiesen sowohl dem Absatzmarkt und den wirtschaftlichen<br />
Beziehungen als auch dem Arbeitsmarkt e<strong>in</strong>e starke Orientierung <strong>in</strong> Richtung des süddeutschen<br />
Raumes auf, der durch die Fertigstellung der A7, welche unmittelbar vor der Staats-
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 111 -<br />
grenze endet, noch besser erreichbar ist. Darüber h<strong>in</strong>aus wurde die Nähe anderer Staaten,<br />
wie der Schweiz und Frankreich, hervorgehoben. Es sei „e<strong>in</strong>e Frage der Identität“ [3]<br />
me<strong>in</strong>te e<strong>in</strong> Unternehmer im H<strong>in</strong>blick auf die gesamte Bevölkerung der Region, ob man das<br />
Außerfern am Rande Österreichs sehen würde, oder als e<strong>in</strong>e ländliche Region, welche<br />
jedoch räumlich e<strong>in</strong>en zentralen Punkt darstellt. Weiter stellte dieselbe Person fest: „Vielleicht<br />
macht die ganze Region den Fehler, dass sie das zu wenig darstellt.“ [3]. E<strong>in</strong> konträres<br />
Bild zu der räumlichen Lage bot e<strong>in</strong>e anderer Verantwortlicher, der die relative <strong>in</strong>nerösterreichische<br />
Abgeschiedenheit als „Vorteil und Nachteil zugleich“ [7] sah, da deswegen<br />
e<strong>in</strong>e starke Fluktuation verh<strong>in</strong>dert werden würde. Diese Aussage lässt sich <strong>in</strong> Anbetracht<br />
der starken Rekrutierungskonzentration auf das Außerfern und dem damit verbundenen<br />
hohen Anteil an Akademikern aus der Region relativieren, da sich die Frage e<strong>in</strong>es Umzuges<br />
bei dieser Gruppe ohneh<strong>in</strong> tendenziell seltener stellt als bei regionsfremden Personen.
Ergebnisse der empirischen - 112 -<br />
Untersuchungen<br />
5.3.7 Vergleich der Betriebe h<strong>in</strong>sichtlich Bezug und Kontakt zu Bildungse<strong>in</strong>richtungen und potenziellen Arbeitskräften<br />
Unternehmen Beschäftigte (2009) Anteil Hochqualifizierte aus dem Außerfern Anwerbungsstrategie Regionaler Schwerpunkt<br />
Walch 25 44% >50% <strong>in</strong>formelle Verb<strong>in</strong>dungen Tiroler Oberland<br />
Schretter 190 5% 40% professionell Österreich/Süddeutschland<br />
Koch Media 179 15% 80% <strong>in</strong>formell/formell Außerfern<br />
Krankenhaus 278 16% 5% <strong>in</strong>formelle/formell Tirol<br />
Plansee Group 2.034 20% ca. 15% professionell Europa<br />
Raiffeisen 293 15% 5% (professionell) Tirol<br />
Unternehmen nachgefragte Qualifikationen Außerferner bevorzugt Fluktuation Karriere Verdienst im Vergleich<br />
Walch Architektur ja ger<strong>in</strong>g schwach Gut<br />
Schretter Natur-/Montanwissenschaften (ja) ger<strong>in</strong>g schwach Gut<br />
Koch Media Betriebswirtschaft, Wirtschaftswissenschaften<br />
ja moderat moderat Moderat<br />
Krankenhaus Mediz<strong>in</strong> ja ger<strong>in</strong>g moderat Gut<br />
Plansee Group<br />
Werkstoffwissenschaftler; Ingenieure und<br />
Techniker; (Betrieb)Wirtschaftswissenschaften,<br />
Jura, Sozialwissenschaften<br />
ne<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>g stark sehr gut<br />
Raiffeisen Betriebswirtschaft (ja) moderat moderat (nicht bekannt)<br />
Unternehmen Kontakt zu Schulen Kontakt zu Universitäten Praktika Forschungs<strong>in</strong>tensität Fachkräftemangel<br />
Walch moderat moderat stark nicht vorhanden ne<strong>in</strong><br />
Schretter moderat stark stark moderat ne<strong>in</strong><br />
Koch Media schwach gar nicht schwach schwach moderat<br />
Krankenhaus schwach moderat stark nicht vorhanden eher stark<br />
Plansee Group moderat/stark stark sehr stark stark kaum<br />
Raiffeisen moderat moderat (stark) nicht vorhanden moderat<br />
Quelle: eigene Erhebung
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 113 -<br />
5.4 Zusammenführung und Diskussion der wichtigsten Ergebnisse<br />
5.4.1 Push-Pull-Modell<br />
Im folgenden Abschnitt sollen die Ergebnisse der drei Teilerhebungen zusammengeführt<br />
und verglichen sowie die <strong>in</strong> Kap. 1.3 beschriebenen Hypothesen verifiziert bzw. falsifiziert<br />
werden. Es bestehen verschieden Möglichkeiten, sich der komplexen Struktur des Phänomens<br />
e<strong>in</strong>es endogenen <strong>Humankapitalverlust</strong>es anzunähern. Zum e<strong>in</strong>en kann dieses durch<br />
e<strong>in</strong>e handlungszentrierte Sichtweise, welche dem <strong>in</strong>dividuellen Verhalten der Akteure<br />
große Beachtung schenkt (vgl. He<strong>in</strong>eberg 2004, S. 86) geschehen. Die e<strong>in</strong>fließenden Faktoren<br />
können beispielsweise durch e<strong>in</strong> Push-Pull-Modell beschrieben werden. Da weiche<br />
Standortbed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>e zunehmende Bedeutung verzeichnen (vgl. Brandt o.J., S. 4), ist<br />
deren E<strong>in</strong>bezug und entsprechende Klassifikation angebracht.<br />
Abb. 5.43: Push-Pull-Modell auf Grundlage der Onl<strong>in</strong>e-Befragung und Telefon<strong>in</strong>terviews<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
Abb. 5.43 basiert auf den Ergebnissen der aktuell Studierenden sowie dem Abschlussjahrgang<br />
1997/1998 des BRG und zeigt die Wichtigkeit der e<strong>in</strong>zelnen Faktoren. Da hier<br />
sowohl statistische Analysen als auch der Vergleich der teils widersprüchlichen teils er-
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 114 -<br />
gänzenden Ansichten beider Erhebungen e<strong>in</strong>fließen, handelt es sich um e<strong>in</strong>e zusammenfassende<br />
Interpretation der wichtigsten Faktoren. Im E<strong>in</strong>zelfall kann das Bild h<strong>in</strong>sichtlich<br />
Zusammensetzung und Stärke der Wirkungse<strong>in</strong>flüsse selbstverständlich abweichen. E<strong>in</strong>e<br />
Diskussion der e<strong>in</strong>zelnen Faktoren wird im weiteren Verlauf vorgenommen.<br />
5.4.2 Gesamtregionaler Bezugsrahmen<br />
Da e<strong>in</strong> bedeutender Bestandteil <strong>in</strong> obiges Modell nicht e<strong>in</strong>fließt, namentlich die lokalen<br />
Unternehmen, welche die Humankapitalzusammensetzung<br />
und –bewegung<br />
der Region grundlegend<br />
steuern, muss e<strong>in</strong>e Ergänzung weiterer<br />
Faktoren erfolgen. Zusätzlich<br />
werden hierdurch e<strong>in</strong>zelne E<strong>in</strong>flüsse<br />
bestärkt, andere wiederum relativiert.<br />
Anhand der vorliegenden Untersuchung<br />
können drei Komponentengruppen<br />
unterschieden werden:<br />
berufliche, soziale und auf das regionale<br />
Umfeld bezogene (vgl. Abb.<br />
5.44). In Komb<strong>in</strong>ation mit dem<br />
Push-Pull-Modell kann die Wirkungsweise<br />
und –stärke im E<strong>in</strong>zelnen<br />
festgestellt und somit e<strong>in</strong>e möglichst<br />
vollständige Beschreibung der<br />
Problematik erfolgen. In den anschließenden<br />
Kapiteln sollen die<br />
e<strong>in</strong>zelnen Komponenten näher beschrieben<br />
werden.<br />
Quelle: eigene<br />
Abb. 5.44: Wanderungsbee<strong>in</strong>flussende Faktoren<br />
Darstellung
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 115 -<br />
5.4.3 Berufliche Komponenten<br />
Die beruflichen Möglichkeiten und Entwicklungschancen spielen e<strong>in</strong>e zentrale Rolle. Je<br />
nach Vorhandense<strong>in</strong> oder Fehlen von entsprechenden Arbeitsmöglichkeiten wird e<strong>in</strong>e<br />
Verlagerung des Lebensmittelpunktes begünstigt oder verh<strong>in</strong>dert. Somit s<strong>in</strong>d „Wanderungen<br />
von Arbeitskräften weitgehend ‚fremdbestimmt’“ (Rohr-Zänker 2001, S. 87 nach<br />
Buttler et al. 1977, S. 54) und hängen wesentlich von lokalen Wirtschaftsstrukturen ab.<br />
Zwar lieferten beide Erhebungen zu dem regionalen Hochqualifiziertenpotenzial e<strong>in</strong> Ergebnis<br />
mit überraschend großer Bedeutung von sozialen Faktoren, welche jene der beruflichen<br />
Aspekte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Fällen übertraf, jedoch kann aus der Literatur und Untersuchungen<br />
zu ähnlichen Themen entnommen werden, das e<strong>in</strong> pr<strong>in</strong>zipielles Übergewicht<br />
der beruflichen Faktoren besteht.<br />
5.4.3.1 Angebot und Nachfrage der Qualifikation<br />
E<strong>in</strong> erstrebenswertes Ziel ist es, e<strong>in</strong>e möglichst gute Deckung des Angebotes und der<br />
Nachfrage der Ausbildung zu erreichen, um letztendlich Widersprüchlichkeiten bzw.<br />
schlechte Übere<strong>in</strong>stimmungen (mismatches) zwischen Qualifikationsanforderung der Betriebe<br />
und Qualifikationsprofil der Arbeitsnehmer zu m<strong>in</strong>imieren. Die Realisierung dieses<br />
Ziels wird mit steigendem Bildungsniveau zunehmend schwieriger (vgl. Bellmann 2006, S.<br />
45).<br />
Bereits <strong>in</strong> der Grundlage dieses Prozesses bestehen Probleme, da die Wahl des Studiums<br />
von vagen Faktoren bee<strong>in</strong>flusst wird, während die Orientierung am Arbeitsmarkt und wirtschaftlichen<br />
Rahmenbed<strong>in</strong>gungen h<strong>in</strong>gegen nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em sehr ger<strong>in</strong>gen Ausmaß erfolgt.<br />
Zwar ist die Entscheidung für e<strong>in</strong> Studium aus Interessengründen nachvollziehbar, jedoch<br />
wird die starke Dom<strong>in</strong>anz dieser Entscheidungsgrundlage als ungünstig e<strong>in</strong>gestuft. In diesem<br />
Zusammenhang kommt den Schulen der Region e<strong>in</strong>e große Bedeutung zu, da sie<br />
durch Vermittlung von Allgeme<strong>in</strong>wissen und überbetrieblichem Humankapital, Verb<strong>in</strong>dung<br />
zu Unternehmen <strong>in</strong> Form von Betriebsbesichtigungen, Vorstellungen der Unternehmen<br />
an den Schulen, Projekten usw. e<strong>in</strong>en Entscheidungsrahmen setzen. Hier<strong>in</strong> wird<br />
die Richtung des BRG Reutte kritisch betrachtet, da zwar e<strong>in</strong>e Orientierung an veränderten<br />
Bedarfsstrukturen stattf<strong>in</strong>det, sei es <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tensivierten Nutzung moderner Medien<br />
oder Ausbau der Teamfähigkeit und des vernetzten Denkens, jedoch wird diese bewusst<br />
nur auf Veränderungen e<strong>in</strong>es größeren wirtschaftlichen Maßstabs bezogen [2]. Indessen
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 116 -<br />
wird der regionale Arbeitsmarkt, dessen Potenzial und Nachfrage, weder <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er<br />
kompetenten Berufsberatung an der Schule vermittelt, noch werden Tätigkeitsfelder unterschiedlicher<br />
akademischer Berufe durch Projekte oder Praktika den Schülern dieser Schule<br />
näher gebracht. Durch e<strong>in</strong>e verstärkte Informationsvermittlung zu den tertiären Bildungsmöglichkeiten<br />
und Berufsprofilen könnte neben der verbesserten Deckung zwischen Angebot<br />
und Nachfrage die Drop-Out-Quote während des Studiums oder anschließend im<br />
Berufsleben, welche beispielsweise im mediz<strong>in</strong>ischen Bereich relativ hoch ist [8], gem<strong>in</strong>dert<br />
werden.<br />
H<strong>in</strong>sichtlich des Qualifikationsangebotes wurde e<strong>in</strong>e Dom<strong>in</strong>anz der wirtschaftswissenschaftlichen<br />
Studienrichtungen und des Lehramts festgestellt (vgl. Kap. 5.1.1). In Bezug<br />
auf erstere Qualifikation ist e<strong>in</strong>e gute Deckung vorhanden, da e<strong>in</strong> erheblicher Anteil der<br />
nachgefragten Qualifikationen <strong>in</strong> diesem Bereich liegt. Das Lehramt, welches <strong>in</strong> beiden<br />
Gruppen e<strong>in</strong>en sehr hohen Stellenwert e<strong>in</strong>nimmt, weist e<strong>in</strong>e besondere Charakteristik auf.<br />
Zum e<strong>in</strong>en ist e<strong>in</strong>e hohe Fluktuation des Lehrkörpers am BRG beobachtbar [2] und somit<br />
die Nachfrage nach entsprechenden Qualifikationen relativ groß. Zum anderen weisen<br />
sowohl aus dem Bezirk stammende Pflichtschullehrer als auch Lehrer für höhere Bildungse<strong>in</strong>richtungen<br />
e<strong>in</strong>e vergleichsweise beachtliche Rückkehrbereitschaft auf. 70% der Lehrer<br />
sehen ihre berufliche Zukunft im Außerfern, 45% wollen auf jeden Fall nach Studiumsabschluss<br />
<strong>in</strong> die Region zurückkehren; nahezu alle Personen im Lehrerberuf des Vergleichsjahrgangs<br />
(v.a. Pflichtschulbereich) s<strong>in</strong>d zurückgekehrt. Diesen Ergebnissen zufolge<br />
kann der hohe Anteil der Außerferner Lehrer von rund 40% an der oben erwähnten Schule<br />
[2] erklärt werden.<br />
Die aktuell Studierenden sehen für ihre angestrebte Qualifikation überraschend häufig<br />
entsprechende Arbeitsmöglichkeiten <strong>in</strong> der Region (vgl. Kap. 5.1.6). Jedoch ist das Augenmerk<br />
vor allem auf jene zu richten, die nicht wissen, ob ihre Qualifikation nachgefragt<br />
wird, da sie ihrer Rückkehrbereitschaft zu e<strong>in</strong>em hohen Prozentsatz negativ ausfällt.<br />
Die Nachfrage nach hochqualifizierten Arbeitskräften richtet sich neben den meist breit<br />
e<strong>in</strong>setzbaren wirtschaftswissenschaftlichen Qualifikationen an unternehmensspezifische,<br />
von dem Produktportfolio vorgegeben Ausbildungen. In den meisten Fällen äußert sich der<br />
Fachkräftemangel <strong>in</strong> der schwierigen Besetzung stark spezialisierter Arbeitsplätze mit<br />
hohen Ausbildungsansprüchen. Im H<strong>in</strong>blick auf die Studierenden ist jedoch gerade <strong>in</strong> den<br />
naturwissenschaftlichen Studienrichtungen e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Rückkehrbereitschaft gegeben<br />
(vgl. Kap. 5.1.9). Des Weiteren weist der untersuchte Jahrgang e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ge
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 117 -<br />
Rückkehrbereitschaft der Universitätsabsolventen auf, was somit die Ergebnisse der Onl<strong>in</strong>e-Umfrage<br />
bestätigt.<br />
Die quantitativen Ausmaße der Nachfrage nach Hochqualifizierten lässt sich anhand drei<br />
Komponenten ableiten: dem Anteil der Belegschaft mit Hochschulabschluss, Veränderungen<br />
der Unternehmensstruktur oder Produkterweiterungen und der Fluktuation der Arbeitskräfte.<br />
Der Anteil der Akademiker <strong>in</strong> den untersuchten Unternehmen liegt zwischen 5% und<br />
knapp 50%. Absolut handelt es sich bei den sechs untersuchten Betrieben um über 500<br />
Arbeitsplätze mit Hochschulniveauanforderungen. Trotzdem ist die absolute Nachfrage <strong>in</strong><br />
den meisten Fällen sehr ger<strong>in</strong>g, da die Betriebe langsam wachsen und große Erweiterungen<br />
der Produktion sowie die schnelle Erschließung neuer Märkte nur <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gem Ausmaß<br />
stattf<strong>in</strong>det und die Fluktuation im Allgeme<strong>in</strong>en sehr ger<strong>in</strong>g ist. Lediglich e<strong>in</strong> Betrieb weist<br />
zum Zeitpunkt der Befragung e<strong>in</strong>e Unterbesetzung auf und sucht verstärkt nach Akademikern,<br />
wobei durchaus auch Absolventen, die erst am Anfang der Berufslaufbahn stehen<br />
und noch wenig Berufserfahrung ausweisen können, aufgenommen werden. Es handelt<br />
sich dabei teils um e<strong>in</strong>e wachstumsbed<strong>in</strong>gte Nachfrage, da der Betrieb trotz Wirtschaftskrise<br />
Gew<strong>in</strong>ne verzeichnen konnte. Interessanterweise verfügt dieses Unternehmen über e<strong>in</strong>en<br />
ger<strong>in</strong>gen Kontakt zu universitären E<strong>in</strong>richtungen und ist h<strong>in</strong>sichtlich des Suchradius stark<br />
auf die Region fixiert.<br />
Somit kann die dritte Hypothese, nach der die mangelhafte Vernetzung von Schule und<br />
Wirtschaft zu e<strong>in</strong>er schlechten Übere<strong>in</strong>stimmung von nachgefragten und regional vorhandenen<br />
Qualifikationen führt und somit e<strong>in</strong>en Grund für den Fachkräftemangel darstellt<br />
(vgl. Kap. 1.3), nur teilweise verifiziert werden. Zwar weist die gewählte Qualifikation der<br />
Studenten e<strong>in</strong>e große Bandbreite auf, welche auch nicht nachgefragte Studienrichtungen <strong>in</strong><br />
der Region be<strong>in</strong>haltet, jedoch ist zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> wirtschaftswissenschaftlichen Schwerpunkten<br />
e<strong>in</strong>e gute Deckung zwischen Angebot und Nachfrage gegeben. Bewahrheitet hat sich<br />
allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Fällen der ger<strong>in</strong>ge Kontakt zu den Schulen und Universitäten.<br />
5.4.3.2 Berufliche Verwirklichung des Partners<br />
In allen drei Teiluntersuchungen wurde die hohe Bedeutung des Lebenspartners hervorgehoben.<br />
Angesichts aktueller Entwicklungen, <strong>in</strong> denen Frauen das andere Geschlecht<br />
h<strong>in</strong>sichtlich höherer Bildungsabschlüsse bereits überholt haben und e<strong>in</strong>e Quotenregelung
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 118 -<br />
zwar noch gesetzlich vorgeschrieben, aber langfristig sich von selber e<strong>in</strong>pendeln wird,<br />
f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e grundlegende Veränderung der Familienstrukturen statt. E<strong>in</strong>e zunehmend elementare<br />
Prämisse der Verlagerung des Lebensmittelpunktes <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e andere Region, stellen<br />
attraktive berufliche Möglichkeiten beider Teile e<strong>in</strong>er Partnerschaft dar. Fehlen diese, wird<br />
e<strong>in</strong>e Rückkehr vorwiegend nicht durchgeführt (vgl. Kap. 5.1.8). Folglich haben sich die<br />
beruflichen Optionen des Partners im vorliegenden Fall vor allem als Push-Faktor erwiesen.<br />
Die große Rolle des Partners wurde von e<strong>in</strong>igen Unternehmen bereits erkannt. E<strong>in</strong> Personalverantwortlicher<br />
formulierte den Umstand folgendermaßen: „Die meisten Berufsentscheidungen<br />
auf dem Level werden heute von der Frau getroffen“ [6]. Daher ladet dieses<br />
Unternehmen die Frauen zum Bewerbungsgespräch der Männer mit e<strong>in</strong>, um dadurch<br />
fallspezifisch auf ihre Bedürfnisse bezüglich Berufs-, Weiterbildungs- sowie Freizeitmöglichkeiten<br />
e<strong>in</strong>zugehen und etwaigen Image-bezogenen Vorbehalten, im Gegensatz zu<br />
Pr<strong>in</strong>t<strong>in</strong>formationen und ähnlichen nicht responsiven Medien, effektiver entgegenzutreten.<br />
Diese Entwicklung impliziert weitere Anforderungen, welche sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er hohen Relevanz<br />
der Vere<strong>in</strong>barkeit von Beruf und Familie widerspiegeln (vgl. Kap. 5.1.8). Demzufolge<br />
muss e<strong>in</strong>e entsprechende familienbezogene Infrastruktur vorhanden se<strong>in</strong>. Als Teil des<br />
regionalen Umfeldes wird dieser Punkt im weiteren Verlauf noch e<strong>in</strong>mal aufgegriffen.<br />
Relativierend auf die Anforderungen e<strong>in</strong>er familiengerechten Arbeitsatmosphäre wirkt das<br />
zu erwartende höhere Heirats- und Familiengründungsalter dieser Gruppe, das aufgrund<br />
ihres Bildungsniveaus gegeben ist (vgl. Schmitt 2007, S. 4). Somit werden auch die berücksichtigten<br />
Kriterien bezüglich Evaluation und Entscheidung für bzw. gegen e<strong>in</strong>en<br />
Arbeitsplatzantritt, e<strong>in</strong>hergehend mit e<strong>in</strong>er räumlichen Verlagerung des Lebensmittelpunktes,<br />
bee<strong>in</strong>flusst.<br />
5.4.3.3 B<strong>in</strong>dung von (potenziellen) Mitarbeitern<br />
E<strong>in</strong>e unverb<strong>in</strong>dliche und früh ansetzende Form der Mitarbeiterb<strong>in</strong>dung stellen Praktika dar.<br />
Diese temporär begrenzten Arbeitsverhältnisse bieten für beide Seiten bedeutende Vorteile.<br />
Für e<strong>in</strong> untersuchtes Unternehmen ist es „e<strong>in</strong>e der hervorragenden Bewerberrouten […],<br />
potenzielle <strong>in</strong>teressante Mitarbeiter kennen zu lernen, um sie schon sehr früh an das Unternehmen<br />
zu b<strong>in</strong>den“ [6] (vgl. Kap. 5.3.5). Die kont<strong>in</strong>uierliche Kontaktpflege zu den ehemaligen<br />
Praktikanten mündet häufig <strong>in</strong> längerfristigen Anstellungen. Fünf der sechs unter-
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 119 -<br />
suchten Unternehmen bieten Praktikastellen an, wobei der größte Betrieb auch über die<br />
meisten Stellen (ca. 50) verfügt. Die restlichen Betriebe bieten jährlich jeweils unter 10<br />
Stellen an. Nur e<strong>in</strong> Unternehmen ist trotz se<strong>in</strong>er vergleichsweise großen Struktur gegenüber<br />
dem Anbieten von Praktika eher negativ e<strong>in</strong>gestellt. Vor allem <strong>in</strong> den kle<strong>in</strong>eren Betrieben<br />
stammt e<strong>in</strong> Großteil der Volontäre aus der Region, was folglich unter dem Aspekt<br />
der Förderung des regional vorhandenen Potenzials wichtig ersche<strong>in</strong>t.<br />
Die Verteilung der absolvierten Praktika unter den aktuell Studierenden entspricht <strong>in</strong> etwa<br />
jener der tatsächlich angebotenen Volontariatsstellen (vgl. Kap. 5.1.7). Diese Gruppe weist<br />
jedoch ke<strong>in</strong>e statistisch belegbare verstärkte Rückkehrbereitschaft auf. Konträr dazu und<br />
von den Unternehmen bestätigt ist die Anzahl der tatsächlich zurückgekehrten Absolventen<br />
des untersuchten BRG-Jahrgangs, bei denen e<strong>in</strong> starker Zusammenhang zwischen e<strong>in</strong>em<br />
studienrelevanten Kontakt, meistens <strong>in</strong> Form von Praktika, bestand (vgl. Kap. 5.2.2). Insofern<br />
erweist sich dieser Weg auch für Arbeitnehmer als e<strong>in</strong> attraktiver und beruflicher<br />
relevanter Weg, schon während des Studiums die wirtschaftlich nachgefragten Spezialisierungsrichtungen<br />
kennen zu lernen und den weiteren Verlauf des Studiums entsprechend zu<br />
lenken.<br />
Zusätzlich zu den Volontariaten können Diplomarbeiten, Doktorate und ähnliche wissenschaftliche<br />
Arbeiten <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit den Unternehmen zu e<strong>in</strong>er B<strong>in</strong>dung an e<strong>in</strong><br />
Unternehmen und die Region führen. Deren Bedeutung wurde ausschließlich von den<br />
Unternehmen unterstrichen, während die Analyse der beiden anderen Untersuchungsgruppen<br />
zwar e<strong>in</strong>e höhere Bereitschaft zur Rückkehr der betreffenden Personen ergab, solche<br />
Arbeiten jedoch generell sehr selten verfasst werden.<br />
E<strong>in</strong>e besondere Form der Aneignung von Berufserfahrung während des Studiums weißt die<br />
Raiffeisen Bank Reutte auf. Durch regen Kontakt mit der Dualen Hochschule Baden-<br />
Württemberg, deren Charakteristikum e<strong>in</strong>e praxisnahe Ausbildung ist, werden regelmäßig<br />
Praktikanten angestellt. Dieser Weg wird aktuell als zukunftsweisend gesehen und vor<br />
allem von Fachhochschulen gewählt.<br />
E<strong>in</strong>e Möglichkeit, Mitarbeiter e<strong>in</strong>es längerfristigen Arbeitsverhältnisses zu b<strong>in</strong>den, liegt <strong>in</strong><br />
diversen Weiterbildungsmaßnahmen. Unter dem Schlagwort des politischen Geschehens<br />
„lebenslanges Lernen“ dienen sie zusätzlich der Anreicherung von allgeme<strong>in</strong>em und betriebsspezifischem<br />
Humankapital und werden als e<strong>in</strong> bevorzugter Weg der <strong>in</strong>ternen Rekrutierung<br />
gesehen (vgl. Bellmann 2006, S. 61). Die Relevanz dieser Anwerbungsstrategie <strong>in</strong>
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 120 -<br />
den untersuchten Unternehmen soll im folgenden Kapitel noch detaillierter beleuchtet<br />
werden.<br />
5.4.3.4 Karriere und Verdienst<br />
Berufliche Möglichkeiten können vere<strong>in</strong>facht über die Faktoren Karriere und Verdienst<br />
charakterisiert werden. Obwohl städtische Regionen im Gegensatz zu <strong>ländlichen</strong> <strong>Räumen</strong><br />
als Karrierearbeitsmärkte bezeichnet werden (vgl. Kap. 2.4), s<strong>in</strong>d Möglichkeiten e<strong>in</strong>er<br />
beruflichen Laufbahn ebenso <strong>in</strong> der Untersuchungsregion vorhanden, welche anhand der<br />
untersuchten Betriebe als moderat e<strong>in</strong>zustufen s<strong>in</strong>d. In zwei befragten Unternehmen ist e<strong>in</strong><br />
temporärer Arbeitsplatzwechsel <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Tochterunternehmen e<strong>in</strong>e mögliche Stufe der Karrierelaufbahn.<br />
Dieser Erfahrungsgew<strong>in</strong>n <strong>in</strong> Zweigbetrieben und Tochterunternehmen wird<br />
vielfach gewünscht und kann als Grundlage e<strong>in</strong>es erfolgreichen Karriereverlaufes fungieren.<br />
Gleichzeitig würde laut e<strong>in</strong>em Personalverantwortlichen der untersuchten Betriebe<br />
e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ternationale Tätigkeit, „auch die Facette e<strong>in</strong>es attraktiven Arbeitgebers [se<strong>in</strong>], wenn<br />
er über se<strong>in</strong>e Vernetzung <strong>in</strong>teressante Tätigkeiten <strong>in</strong> anderen Ländern im gleichen Konzern<br />
anbietet. Das ist heute e<strong>in</strong> Attraktivitätsmerkmal“ [6]. Darüber h<strong>in</strong>aus können die Karrieremöglichkeiten<br />
durch e<strong>in</strong>e starke und attraktive Weiterbildung <strong>in</strong> den Unternehmen erweitert<br />
und die Motivation der Mitarbeiter gestärkt werden.<br />
Die Sichtweise der befragten Studenten wird durch e<strong>in</strong>e tendenziell mittelmäßig bis<br />
schlechte Bewertung dieses Faktors geprägt (vgl. Kap. 5.1.8). Des Weiteren spielten die<br />
Karrieremöglichkeiten zwar ke<strong>in</strong>e bedeutende Rolle h<strong>in</strong>sichtlich der Rückkehr <strong>in</strong> den Bezirk,<br />
allerd<strong>in</strong>gs tritt e<strong>in</strong>e diesbezüglich hohe Relevanz bei e<strong>in</strong>em Umzug <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e beliebige<br />
Region hervor (vgl. Kap. 5.2.8).<br />
Um ländliche, periphere Räume für Hochqualifizierte attraktiv zu gestalten, kann e<strong>in</strong> vergleichsweise<br />
hoher Verdienst angeboten werden. Zwar konnte e<strong>in</strong> relativ hohes Lohnniveau<br />
<strong>in</strong> den meisten der untersuchten Betriebe beobachtet werden, allerd<strong>in</strong>gs wird diese<br />
Maßnahme nur von e<strong>in</strong>em Unternehmen als e<strong>in</strong>e gezielte Anwerbungsstrategie verwendet.<br />
Dieser Umstand ist bei den aktuell Studierenden bekannt und führt zu e<strong>in</strong>er tendenziell<br />
eher guten Bewertung (vgl. Kap. 5.1.8).<br />
In Bezug auf die Rückkehr bzw. das Vorhaben der Berufsausübung an e<strong>in</strong>em anderen Ort<br />
wird im Vergleich beider Aspekte den Karrieremöglichkeiten e<strong>in</strong>e größere Bedeutung<br />
beigemessen. Dieser Umstand ist <strong>in</strong> beiden Untersuchungsgruppen zu erkennen. Somit ist
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 121 -<br />
die Prämisse der neoklassischen Arbeitsmarktheorie, nach der unterschiedliche regionale<br />
Lohnniveaus die Mobilität von Arbeitskräften entscheidend prägen, nur bed<strong>in</strong>gt gültig.<br />
Berufliche Entwicklungsmöglichkeiten spielen h<strong>in</strong>gegen e<strong>in</strong>e größere Rolle. Da die vorhandenen<br />
Karrieremöglichkeiten sowie die hierfür e<strong>in</strong>gesetzten Maßnahmen seitens der<br />
Unternehmen (Weiterbildung, <strong>in</strong>terne Rekrutierung usw.) oft nur ger<strong>in</strong>gfügig über die<br />
Grenzen des Unternehmens h<strong>in</strong>aus bekannt s<strong>in</strong>d, ist e<strong>in</strong>e starke Kommunikation, sowohl <strong>in</strong><br />
die Breite als auch zielgruppenspezifisch, erstrebenswert.<br />
5.4.3.5 Suche nach Arbeitskräften und Arbeitsplätzen<br />
Die vorliegende Untersuchung ergab auf Seiten der Arbeitnehmer e<strong>in</strong>e Abhängigkeit des<br />
Suchradius von der jeweiligen Qualifikation e<strong>in</strong>er Person. Ähnliche Strukturen wurden <strong>in</strong><br />
den Rekrutierungsstrategien der Unternehmen festgestellt. Je höher die Qualifikation ist,<br />
desto weiträumiger ist die Suche und desto stärker die Konzentration der hochqualifizierten<br />
Arbeitsnehmer auf die Zentren. Dieser Umstand erfordert die Nutzung entsprechender<br />
Rekrutierungswege der Unternehmen, bei denen nicht nur regional, sondern auch zielgerichtet<br />
überregional geworben wird. E<strong>in</strong>e Option ist es, Kontakte zu Universitäten aufzubauen.<br />
Das im Vorfeld der Untersuchung der Betriebe durchgeführte Interview mit e<strong>in</strong>em<br />
lokalen Arbeitsmarktexperten ergab, dass die Kommunikation zwischen Universitäten und<br />
Unternehmen vor allem beim größten Arbeitgeber der Region <strong>in</strong>tensiv sei und dieser Austausch<br />
jedoch bei den kle<strong>in</strong>en und mittleren Unternehmen fehle [1]. Die vorliegende Studie<br />
ergab bei zwei Unternehmen e<strong>in</strong>en direkten Kontakt zu den österreichischen Universitäten.<br />
Zum e<strong>in</strong>en richtet sich der Kontakt an zukünftige Arbeitnehmer und wird <strong>in</strong> Form des<br />
Besuchs von universitätsnahen Karrieremessen bewerkstelligt und zum anderen aus Forschungs<strong>in</strong>teressen<br />
zu entsprechenden Instituten oder durch Ausschreibungen von Förderpreisen.<br />
Als e<strong>in</strong> weiterer relevanter Aspekt des Außerferner Arbeitsmarktes wurde die Rolle des<br />
regionalen Potenzials an Hochqualifizierten untersucht. Unter diesem Potenzial wird im<br />
vorliegenden Fall der Pool an (angehenden) Akademikern verstanden. Diese Personen s<strong>in</strong>d<br />
jedoch meist nicht dauerhaft <strong>in</strong> der Region anwesend, da sie im Zuge der tertiären Ausbildung<br />
die Region verlassen müssen. Die meisten Unternehmen bevorzugen bei gleicher<br />
Qualifikation verschiedener Bewerber jene Personen, die aus dem Bezirk stammen, da e<strong>in</strong>e<br />
längere Verweildauer erwartet wird. Bemerkenswert ist die Unabhängigkeit von der Be-
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 122 -<br />
triebsgröße, wobei das größte Unternehmen (die Plansee Group) e<strong>in</strong>e Ausnahme darstellt.<br />
Durch die zunehmend <strong>in</strong>ternationale Ausrichtung <strong>in</strong> Produktion und Forschung fand dementsprechend<br />
auch im H<strong>in</strong>blick auf die Personalrekrutierung für den Hauptstandort Reutte<br />
e<strong>in</strong>e Internationalisierung statt.<br />
Folglich ist zu fragen, ob sich die derzeit außerhalb der Region lebenden Young Potentials<br />
überhaupt b<strong>in</strong>den lassen wollen. Auf der e<strong>in</strong>en Seite konnte e<strong>in</strong>e hohe pr<strong>in</strong>zipielle Bereitschaft<br />
zur Rückkehr <strong>in</strong> das Außerfern festgestellt werden, die jedoch erst nach e<strong>in</strong>igen<br />
Berufsjahren erfolgen wird. Aus Sicht der Unternehmen wäre diese Rückkehr zu e<strong>in</strong>em<br />
späteren Zeitpunkt vorteilhaft, da so die nachgefragten spezifisch ausgebildeten Fachkräfte,<br />
welche bereits über e<strong>in</strong>ige Jahre an beruflichen Erfahrungen verfügen, gedeckt<br />
werden könnte. Allerd<strong>in</strong>gs zeigte die parallele Untersuchung des Abschlussjahrgangs e<strong>in</strong>e<br />
starke Abnahme dieser Bereitschaft bereits kurz nach Antritt des ersten Arbeitsplatzes<br />
außerhalb der Region. Daher ersche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht die Umsetzung e<strong>in</strong>er Bra<strong>in</strong> Circulation<br />
als kaum gegeben. Da sich der Suchradius der Außerferner Akademiker weit<br />
ausdehnt und der Bezirk Reutte von ihnen meist nicht primär angepeilt wird, liegt es besonders<br />
an den Unternehmen, auf die Studenten zuzugehen. Als Unternehmen genügt es<br />
nicht, auf e<strong>in</strong>en großen Bekanntheitsgrad unter den Studenten als <strong>in</strong>teressanter Arbeitsgeber<br />
zu setzen.<br />
Neben der Rekrutierung des regional vorhandenen Potenzials bzw. das Bestreben hierzu,<br />
werden Fachkräfte zu e<strong>in</strong>em erheblichen Anteil außerhalb der Region angeworben. Dieses<br />
führt je nach Ausmaß und regionaler Schwerpunktsetzung zu e<strong>in</strong>em Anteil der Außerferner<br />
Akademiker zwischen 5% und 80%.<br />
Die regionsfremden Akademiker betreffend, wurde vielfach e<strong>in</strong>e berufsunabhängige Bevorzugung<br />
des Außerferns von bestimmten Lifestyle-Typen <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er „Selbstselektion“<br />
festgestellt. Hier<strong>in</strong> ist die große Bedeutung des regionalen Umfeldes impliziert,<br />
deren Teilkomponenten <strong>in</strong> Kap. 5.4.5 besprochen werden. Der hohe Anteil auswärtiger<br />
Hochqualifizierter, als Teil der starken Zuwanderung aus dem Ausland, kann daher als e<strong>in</strong>e<br />
Form des Bra<strong>in</strong> Exchange gedeutet werden.<br />
Neben der Anwerbung von Außen wurde <strong>in</strong> den meisten Unternehmen e<strong>in</strong>e zunehmende<br />
Fokussierung auf die <strong>in</strong>terne Rekrutierung beobachtet. Durch Weiterbildungen soll die<br />
dafür erforderliche Qualifizierung entweder im Unternehmen oder durch Beauftragung<br />
e<strong>in</strong>es externen Bildungs<strong>in</strong>stitutes ermöglicht werden. Für diesen Zweck werden Mitarbeiter
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 123 -<br />
zeitweilig auch freigestellt. Dadurch werden die Bedeutung des vorhandenen Humankapitals<br />
sowie e<strong>in</strong>e konsequente Entwicklung durch Weiterbildung unterstrichen.<br />
Entsprechende Handlungsmöglichkeiten und Gegenstrategien wurden von e<strong>in</strong>igen Betrieben<br />
aufgezeigt. Die <strong>in</strong>dividuellen Weiterbildungen werden durch zwei Faktoren gesteuert:<br />
Zum e<strong>in</strong>en durch die strategische Betriebsleitung, welche <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er mittel- bis langfristigen<br />
Planung kommende betriebsspezifische und allgeme<strong>in</strong>e Qualifikationsanforderungen<br />
decken sollen. Zum anderen wird die Entscheidung auf persönlich-<strong>in</strong>dividueller Basis,<br />
gemäß eigener Interessen und Stärken, getroffen. Beide Wege führen aus Sicht der Unternehmen<br />
zu e<strong>in</strong>em Heranreifen des betriebs<strong>in</strong>ternen Humankapitals. Was an diesem Punkt<br />
erfolgen muss, ist e<strong>in</strong>e starke Mitarbeiterb<strong>in</strong>dung, da e<strong>in</strong> Abfließen dieses neu entstandenen<br />
bzw. erhöhten Humankapitals, dessen Bildung und Entwicklung häufig zur Gänze oder<br />
zum<strong>in</strong>dest teilweise vom Betrieb f<strong>in</strong>anziell unterstützt wird, zu e<strong>in</strong>em Verlust oder gar<br />
Schwächung gegenüber Konkurrenten führen kann.<br />
Folglich kann die zweite Hypothese, nach der die Deckung des Fachkräftemangels nicht<br />
nur durch das vorhandene Potenzial gedeckt werden kann (vgl. Kap. 1.3), verifiziert werden.<br />
Das regionale Angebot an hochqualifizierten Arbeitskräften entspricht nicht dem<br />
Ausmaß der Nachfrage und es muss neben dem vorhandenen Angebot regionsfremdes<br />
Personal angeworben werden. Gleichzeitig wird versucht, neue Strategien zu f<strong>in</strong>den, um<br />
diese Arbeitskräfte langfristig zu b<strong>in</strong>den. Bei der Suche nach entsprechend qualifizierten<br />
Arbeitskräften wird der Fokus vielfach nur unzureichend bewusst auf das regionale Potenzial<br />
gelegt, welches an tertiären Bildungs<strong>in</strong>stituten außerhalb der Region se<strong>in</strong> Humankapital<br />
anreichert. Somit ist der zweite Teil der dritten Hypothese, welche e<strong>in</strong>en Teilaspekt des<br />
Fachkräftemangels auf die unspezifische und unzureichend zielgerichtete Rekrutierungsstrategie<br />
zurückführt, im Falle e<strong>in</strong>zelner Unternehmen bestätigt worden.<br />
5.4.4 Soziale Komponenten<br />
Dem komplexen Wirkungsgeflecht sozialer E<strong>in</strong>flussfaktoren konnte <strong>in</strong> den Teiluntersuchungen<br />
zu den (angehenden) Hochqualifizierten der Region e<strong>in</strong>e bedeutende Rolle<br />
beigemessen werden. Vor allem die anteilig sehr rückkehrbereiten Lehrer (vgl. Kap.<br />
5.4.3.1) werden vorwiegend aus sozialen Gründen veranlasst, <strong>in</strong> der Region arbeitstätig zu<br />
se<strong>in</strong> bzw. sie s<strong>in</strong>d es bereits schon. Ihre konkreten Berufsaussichten spielen zwar e<strong>in</strong>e<br />
wichtige aber sekundäre Rolle.
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 124 -<br />
Die e<strong>in</strong>zelnen sozialen B<strong>in</strong>dungsfaktoren s<strong>in</strong>d gemäß ihrer Relevanz: der Lebenspartner,<br />
sowohl <strong>in</strong> der Region lebend als auch regionsfremd, der Freundeskreis sowie das soziale<br />
Netzwerk am Studienort, die Familie und zu letzt die Teilnahme an regionalen Kulturformen<br />
und damit E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>in</strong> die örtliche Gesellschaft. E<strong>in</strong>e weitere, die B<strong>in</strong>dung <strong>in</strong>direkt<br />
verdeutlichende, Komponente ist die Häufigkeit der Heimfahrten. Es konnte dabei<br />
e<strong>in</strong> starker Zusammenhang zwischen diesem Kriterium und der Bereitschaft der Rückkehr<br />
<strong>in</strong> das Außerfern festgestellt werden. F<strong>in</strong>den demnach Heimfahrten häufig statt, wird mit<br />
höherer Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit e<strong>in</strong>e Rückkehr der betreffenden Person e<strong>in</strong>treten.<br />
Die vierte Hypothese, <strong>in</strong> der den beruflichen Entscheidungskriterien die dom<strong>in</strong>ante Rolle<br />
beigemessen und die Rückkehr auf fehlende Informationen zu den beruflichen Optionen <strong>in</strong><br />
der Region zurückgeführt wurde, hat sich daher nur teilweise bewahrheitet. In der vorliegenden<br />
Untersuchung traten die sozialen B<strong>in</strong>dungen als sehr wichtige Entscheidungsgrundlagen<br />
hervor. Des Weiteren s<strong>in</strong>d es nicht lediglich die fehlende Informationen, welche<br />
e<strong>in</strong>e Rückwanderung verh<strong>in</strong>dern, sondern auch persönliche Präferenzen und der jeweilige<br />
Lebensstil. Nachteilig für die Region erwies sich der hohe Anteil der befragten Studenten,<br />
der bei fehlender Kenntnis der Nachfrage der eigenen Qualifikation vergleichsweise<br />
selten zu e<strong>in</strong>er Rückkehr bereit war.<br />
5.4.4.1 Lebenspartner<br />
Die wichtigste soziale Komponente der räumlichen Mobilität bzw. der B<strong>in</strong>dung an bestimmte<br />
Räume kommt dem jeweiligen Lebenspartner zu. Dabei ist zwischen jenen Partnern<br />
zu unterscheiden, die bereits <strong>in</strong> der Region leben bzw. von hier stammen und den<br />
regionsfremden. In allen drei empirischen Erhebungen konnte die hohe Relevanz des Partners<br />
nachgewiesen werden. Aufgrund der B<strong>in</strong>dung an den Partner sowie der hohen beruflichen<br />
Aspirationen meist beider Partner, wird e<strong>in</strong> Umzug nur bei entsprechenden beruflichen<br />
und familiengerechten Rahmenbed<strong>in</strong>gungen realisiert. Vergleichbare Schlussfolgerungen<br />
s<strong>in</strong>d aus dem starken Zusammenhang zwischen der E<strong>in</strong>schätzung der beruflichen<br />
Chancen des Partners <strong>in</strong> der Region und der Rückkehrbereitschaft ableitbar (vgl. Kap.<br />
5.1.8). E<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Region lebender Partner wurde zwar häufig als e<strong>in</strong> wichtiger Grund für<br />
die Rückkehr genannt, jedoch sche<strong>in</strong>t der Partner ke<strong>in</strong>en räumlichen B<strong>in</strong>dungsfaktor an das<br />
Außerfern darzustellen (vgl. Kap. 5.2.6). Als bedeutender Rückkehrgrund <strong>in</strong> das Außerfern<br />
gilt eher die B<strong>in</strong>dung an den Partner und nicht an die Region. Der Partner ist dagegen als
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 125 -<br />
relativ mobil e<strong>in</strong>zustufen, wodurch dessen Wegzug das Wanderungsverhalten des anderen<br />
Partners bee<strong>in</strong>flusst werden kann.<br />
5.4.4.2 Freundeskreis <strong>in</strong> der Region<br />
Als e<strong>in</strong> weiterer wichtiger regionaler B<strong>in</strong>dungsfaktor wurde <strong>in</strong> beiden untersuchten Gruppen<br />
der Freundeskreis deklariert. Er ist sowohl statistisch mit der Rückwanderung korrelierend,<br />
als auch e<strong>in</strong> häufig genannter Grund der tatsächlich Heimgekehrten. Desgleichen<br />
kann e<strong>in</strong> vergleichbares soziales Netzwerk auch an dem aktuellen Wohn- und Arbeitsort,<br />
<strong>in</strong> den meisten Fällen die jeweilige Universitätsstadt, e<strong>in</strong>e Rückkehr verh<strong>in</strong>dern (vgl. Kap.<br />
5.2.5).<br />
5.4.4.3 Familiäre und gesellschaftliche B<strong>in</strong>dung<br />
Die familiäre B<strong>in</strong>dung ist fast ausschließlich auf die Heimatregion bezogen. Sie ist generell<br />
stark. Die Rückkehr <strong>in</strong> den Bezirk Reutte wird jedoch durch sie nur unmerklich bee<strong>in</strong>flusst.<br />
Der E<strong>in</strong>fluss der Vere<strong>in</strong>stätigkeit erwies sich als unbedeutender Rückkehrgrund,<br />
wobei e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong> sehr ger<strong>in</strong>ge Teilnahme beobachtet wurde.<br />
Aus diesen drei Subkapiteln lässt sich die fünfte Hypothese, <strong>in</strong> der e<strong>in</strong>e erhöhte Rückkehrbereitschaft<br />
im Falle starker sozialer B<strong>in</strong>dungen zu der Familie, dem Freundeskreis und<br />
Lebenspartner sowie der Involvierung im lokalen Gesellschaftsleben angenommen wurde,<br />
ebenso nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Aspekten verifizieren. Im Gegensatz zu der B<strong>in</strong>dung an den<br />
Freundeskreis <strong>in</strong> der Region führt die Familie und Teilnahme an dem Vere<strong>in</strong>sleben kaum<br />
zu e<strong>in</strong>er verstärkten Rückkehr. Die Rolle des Partners ist differenziert zu sehen, da er zwar<br />
als sehr wichtiger B<strong>in</strong>dungsgrund dient und <strong>in</strong> der zweiten Untersuchungsgruppe, den<br />
BRG-Absolventen des Abschlussjahrgangs 1997/98, häufig zu e<strong>in</strong>er Rückkehr <strong>in</strong> die Region<br />
führte, jedoch ke<strong>in</strong>e dauerhafte räumliche B<strong>in</strong>dung impliziert.<br />
5.4.5 Region als Umfeld<br />
Das regionale Umfeld kann als Rahmen gesehen werden, der die e<strong>in</strong>zelnen Personen, aufgrund<br />
<strong>in</strong>dividueller Wahrnehmung, sehr unterschiedlich bee<strong>in</strong>flusst. Wichtig ist dabei
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 126 -<br />
nicht die gute Bewertung e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zelnen Faktors, sondern e<strong>in</strong> ausgewogenes Gesamtbild.<br />
Da sich Regionen teils beträchtlich h<strong>in</strong>sichtlich ihrer <strong>in</strong>frastruktureller Ausstattung, der<br />
Traditionalität oder der räumlichen Lage unterscheiden, werden bei Wanderungen gewisse<br />
Regionen bevorzugt und wiederum anderen wenig Beachtung geschenkt. Auch bildungsund<br />
altersspezifische Präferenzen wirken selektiv.<br />
5.4.5.1 Räumliche Lage<br />
Die Lage im Raum kann je nach Bezugsrahmen bzw. Maßstab und eigenem Handlungsraum<br />
sehr unterschiedlich gesehen werden. Dem Außerfern kommt dabei e<strong>in</strong>e Sonderrolle<br />
zu, da es <strong>in</strong>nerösterreichisch relativ abgeschieden ist, wie der Name schon ausdrückt. In<br />
der vorliegenden Studie wurden dabei sehr gegensätzliche Anschauungen aufgezeigt. Studierende<br />
und bereits hochqualifizierte Berufstätige sehen das Außerfern als abgelegen und<br />
schlecht durch öffentliche und private Verkehrsmittel zu erreichen (vgl. Kap. 5.1.3). Im<br />
Gegensatz dazu steht die Sichtweise der meisten Unternehmen: Sie sehen das Außerfern <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er zentralen Lage, <strong>in</strong>mitten e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>ternationalen Wirtschaftsraumes (vgl. Kap. 5.3.6).<br />
Diese divergierenden Assoziationen, e<strong>in</strong>erseits Abgeschiedenheit und schwere Erreichbarkeit,<br />
andererseits gute Anb<strong>in</strong>dungen zu außerösterreichischen Großregionen, bedeuten<br />
möglicherweise, dass die oben genannte, sehr negative Bewertung des Außerferns ungerechtfertigt<br />
ist und Staatsgrenzen <strong>in</strong> diesem Fall von e<strong>in</strong>em Teil der Befragten nach wie vor<br />
eher als e<strong>in</strong> ausschließender denn e<strong>in</strong> verb<strong>in</strong>dender Faktor empfunden wird. Das Außerfern<br />
bef<strong>in</strong>det sich dieser Gruppe zufolge <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er peripheren Randlage. Gewisse Wirtschaftsbranchen,<br />
welche auf schnelle Verb<strong>in</strong>dungen an die Agglomerationen angewiesen s<strong>in</strong>d,<br />
müssten daher diese verme<strong>in</strong>tliche Abgelegenheit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ähnlichen Form spüren und<br />
aufgrund fehlender Kontakte wirtschaftliche E<strong>in</strong>bußen bzw. Konkurrenzunfähigkeit h<strong>in</strong>nehmen.<br />
Dennoch ist e<strong>in</strong>e gewisse wirtschaftliche Bandbreite im Außerfern gegeben, was<br />
für e<strong>in</strong>en Gunstfaktor spricht. Jedoch handelt es sich bei den Betrieben vor allem um traditionsreiche<br />
Unternehmen mit Hauptsitz <strong>in</strong> Reutte, während betriebliche Neuansiedlungen<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>gen Ausmaß zu beobachten s<strong>in</strong>d, was wiederum auf fehlende Anreize für<br />
regionsexterne Unternehmer schließen lässt.
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 127 -<br />
5.4.5.2 Image/Flair<br />
Das Image der Region wird unter den Studenten durch e<strong>in</strong> rurales Bild geprägt. Damit<br />
werden familienfreundliche, attraktive und günstige Wohnverhältnisse sowie zahlreiche<br />
Freizeitgestaltungsmöglichkeiten verbunden. Die Relevanz dieser Kennzeichen gew<strong>in</strong>nt<br />
jedoch erst zu e<strong>in</strong>em späteren Zeitpunkt an Bedeutung. Der Reiz der Region sowie deren<br />
Fortschrittlichkeit werden h<strong>in</strong>gegen unterdurchschnittlich bewertet (vgl. Kap. 5.1.3). E<strong>in</strong><br />
ähnliches Bild zeichnet sich bei den bereits berufstätigen Befragten ab, welche darüber<br />
h<strong>in</strong>aus die Offenheit gegenüber Innovationen und Veränderungen als vergleichsweise<br />
schlecht e<strong>in</strong>stufen (vgl. Kap. 5.2.7).<br />
Diesen Assoziationen zufolge wird die fehlende Bereitschaft zur Rückkehr <strong>in</strong> die Region<br />
stark durch den Wunsch nach Veränderungen des Umfelds sowie durch das Verlangen<br />
nach neuen Erfahrungen dom<strong>in</strong>iert (vgl. Kap. 5.1.9).<br />
5.4.5.3 Selbstselektion<br />
Die Selbstselektion wird maßgeblich durch das regionale Umfeld bee<strong>in</strong>flusst. Sie ist also<br />
das Resultat äußerer E<strong>in</strong>flüsse, deren <strong>in</strong>dividueller Wahrnehmung und Reflexion. Auf<br />
Grundlage dieser Prozesse wird die Entscheidung für oder gegen e<strong>in</strong>e Wanderung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />
andere Region getroffen. Mehrere Personalverantwortliche sahen dabei e<strong>in</strong>e Abneigung<br />
„urbaner Typen“ gegenüber dem Außerfern. Die Präferenzen dieser Menschen lägen vorwiegend<br />
<strong>in</strong> hochkulturellen Angeboten, welche vorwiegend <strong>in</strong> städtischen <strong>Räumen</strong> angeboten<br />
werden. E<strong>in</strong> Unternehmer sah diese Anforderungen vor allem bei regionsfremden<br />
hochqualifizierten Arbeitskräften: „Mit Leuten von Außen haben wir schlechte Erfahrungen<br />
gemacht. Irgendwann fällt denen die Decke auf den Kopf. Es fehlt dann das Umfeld,<br />
wie Theater, Oper. Die Hochqualifizierten stehen eben auf solche Sachen“ [7]. Ob dieser<br />
Umstand nur auf zugewanderte Akademiker zutrifft, sei dah<strong>in</strong>gestellt.<br />
5.4.5.4 Kulturelle Angebote<br />
Die oben beschriebene Bevorzugung hochkultureller, im Gegensatz zu <strong>ländlichen</strong> Formen,<br />
meist passiver Kulturangebote seitens der Hochqualifizierten kann ansatzweise durch die<br />
beiden Befragungen belegt werden. Das Angebot an kulturellen Veranstaltungen wurde<br />
tendenziell mittelmäßig bis eher schlecht bewertet (vgl. Kap. 5.1.4 und 5.2.7). In den Ge-
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 128 -<br />
sprächen mit bereits berufstätigen Hochschulabsolventen wurde dabei vor allem die unzureichende<br />
Ausstattung bzw. Offenheit gegenüber qualitativ hochwertigen jugendspezifischen<br />
Angeboten bemängelt.<br />
Ansatzweise f<strong>in</strong>det allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e Verbesserung des regionalen Kulturangebotes statt, die<br />
teilweise von den Unternehmen selbst getragen wird. Beispielsweise bietet das Unternehmen<br />
mit dem höchsten Akademikerbesatz regelmäßig klassische Konzerte an, wodurch<br />
auch „urbanen Typen“ neben e<strong>in</strong>em attraktiven Arbeitsplatz e<strong>in</strong> entsprechendes kulturelles<br />
Rahmenprogramm geboten werden soll.<br />
5.4.5.5 Lebensqualität<br />
Die Rolle der Lebensqualität ist differenziert zu sehen. Zum e<strong>in</strong>en kann anhand der angeführten<br />
„Selbstselektion“ e<strong>in</strong>e unterschiedliche Auffassung beobachtet werden. Die Stärken<br />
der Region liegen hierbei sicherlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em großen, sportzentrierten Freizeitangebot.<br />
Zum anderen zeigte die Analyse der Außerferner Studenten e<strong>in</strong>en beachtlichen Unterschied<br />
<strong>in</strong> der Bewertung dieses Faktors, da jene Befragten, deren berufliche Zukunft voraussichtlich<br />
<strong>in</strong> der Region liegt, die Lebensqualität wesentlich besser e<strong>in</strong>schätzen (vgl.<br />
Kap. 5.1.9). Darüber h<strong>in</strong>aus war die Lebensqualität zwar ke<strong>in</strong> bedeutender Grund für die<br />
tatsächliche Rückkehr, h<strong>in</strong>gegen gilt sie bei e<strong>in</strong>em Umzug <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e beliebige Region als e<strong>in</strong><br />
wichtiges Kriterium. Das Außerfern erweist sich somit häufig als Erholungsgebiet, das<br />
gerne <strong>in</strong> der Freizeit aufgesucht wird.<br />
Die untersuchten Unternehmen, die Hochqualifizierte außerhalb der Region anwerben,<br />
nutzen die lokal vorhandenen Vorzüge der Lebensqualität als Werbemittel sehr <strong>in</strong>tensiv.<br />
„Dort Arbeiten wo andere Urlaub machen“ soll als Anreiz fungieren, regionsfremde Akademiker<br />
zur Annahme e<strong>in</strong>er Arbeitsstelle zu bewegen.<br />
Folglich ist die Lebensqualität sowohl Push- als auch e<strong>in</strong> Pull-Faktor, da e<strong>in</strong>e gewisse<br />
E<strong>in</strong>seitigkeit mit Schwerpunkt auf sportlichen Freizeitmöglichkeiten zwar bestimmte<br />
Lifestyle-Gruppen anspricht, andere Gruppen sich jedoch dadurch wenig angezogen fühlen.
Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchungen<br />
- 129 -<br />
5.4.5.6 Familienbezogene Infrastruktur<br />
Die Familienstruktur hochqualifizierter Personen erfordert <strong>in</strong>sbesondere bei Berufstätigkeit<br />
beider Partner spezifische Angebote. In zahlreichen Bewerbungsgesprächen der analysierten<br />
Unternehmen kristallisierte sich vor allem die Nachfrage nach e<strong>in</strong>em entsprechenden<br />
Schulangebot heraus. Die Gründe dafür liegen <strong>in</strong> der großen Bedeutung der Bildung unter<br />
den Hochqualifizierten (vgl. Kap. 2.3). Des Weiteren spielt die K<strong>in</strong>derbetreuung e<strong>in</strong>e wesentliche<br />
Rolle. Zwar wird diese erst zu e<strong>in</strong>em späteren Lebenszeitpunkt der aktuell Studierenden<br />
und bereits Arbeitstätigen relevant, jedoch ist deren Mangel <strong>in</strong> der Region bereits<br />
jetzt erkennbar. Vor allem die weiblichen Befragten fordern e<strong>in</strong> diesbezüglich besseres<br />
Angebot (vgl. Kap. 5.1.9). Weiters wurde unter den Befragten des untersuchten Abschlussjahrgangs<br />
e<strong>in</strong> Informationsdefizit h<strong>in</strong>sichtlich Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>derbetreuungse<strong>in</strong>richtungen<br />
und ähnlicher Infrastrukturen festgestellt. Folglich müssen diese Informationen ebenso<br />
stark vermittelt werden, wie es bei regionsextern angeworbenen Hochqualifizierten erfolgt.<br />
Dies setzt selbstverständlich e<strong>in</strong> bestehendes Angebot voraus. Dieselbe Untersuchungsgruppe<br />
wertete das regionale Schulangebot, vermutlich stark durch die eigenen Erfahrungen<br />
<strong>in</strong> dem Außerfern geprägt, als durchschnittlich gut.
Handlungsvorschläge<br />
- 130 -<br />
6 Handlungsvorschläge<br />
Im folgenden Abschnitt sollen auf Grundlage der e<strong>in</strong>leitend diskutierten theoretischen<br />
Modelle und der vorliegenden, empirisch erhobenen Ergebnisse diverse Ansätze und<br />
Handlungsvorschläge erörtert werden. Ziel dieser Strategien ist die Abschwächung des<br />
Verlustes von Humankapital. Des Weiteren sollen die Handlungsvorschläge zu e<strong>in</strong>em<br />
Gew<strong>in</strong>n der Young Potentials beitragen, um letztendlich e<strong>in</strong>em Fachkräftemangel <strong>in</strong> dem<br />
Bezirk Reutte entgegenzuwirken. Hier handelt es sich jedoch um ke<strong>in</strong>e Patentrezepte,<br />
sondern um Denkanstöße und Diskussionsgrundlagen für weiterführende Projekte. Zu<br />
beachten ist die Langfristigkeit dieser Ziele, deren Erfolg nicht unmittelbar gemessen werden<br />
kann. Die meisten dieser Prozesse gehen über Entwicklungszyklen von Unternehmen<br />
oder Wahlperioden h<strong>in</strong>aus. Allerd<strong>in</strong>gs ist e<strong>in</strong>e möglichst frühe Initiierung unbed<strong>in</strong>gt erforderlich,<br />
da im Falle e<strong>in</strong>es Entwicklungsdefizits das Aufholen anderer progressiver Regionen<br />
aufgrund häufig „verpasster Chancen“ zunehmend schwieriger wird (vgl. Kap. 2.4).<br />
Die Strategien erfordern die Beteiligung aller regionalen Akteure. Dazu zählen die Entscheidungsträger<br />
der Wirtschaft, der Unternehmen und der Öffentlichkeit und zusätzlich<br />
Regionalentwickler und -planer sowie die Bevölkerung. Im S<strong>in</strong>ne „lernender“ Regionen ist<br />
für e<strong>in</strong>e ganzheitliche Erfassung des Problems die Etablierung regionaler Netzwerke erforderlich<br />
(vgl. Scheff 1999, S. 147), da nur so e<strong>in</strong>e breite Beteiligung und Wirkung umgesetzt<br />
und e<strong>in</strong>e monokausale Sichtweise verh<strong>in</strong>dert werden kann.<br />
• E<strong>in</strong>em Bra<strong>in</strong> Dra<strong>in</strong>, dem Verlust der regionseigenen, gut ausgebildeten Talenten<br />
und (wirtschaftlichen) Hoffnungsträgern, kann pr<strong>in</strong>zipiell über zwei Wege entgegengewirkt<br />
werden. Zum e<strong>in</strong>en durch e<strong>in</strong>en Bra<strong>in</strong> Ga<strong>in</strong>, das heißt dem Zuzug regionsfremder<br />
gut ausgebildeter Arbeitskräfte. Zum anderen durch e<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>dung der<br />
heimischen Hochqualifizierten. Aufgrund der Internationalisierung der Wirtschaft<br />
und zunehmend auch der Gesellschaft s<strong>in</strong>d diese Personen verstärkt mobil, wobei<br />
diese Mobilität positiv zu sehen ist. Das Studium, Absolvieren von Praktika und<br />
Sammeln von Berufserfahrungen an verschiedenen Orten liefern wertvolle Beiträge<br />
zum fachlichen Wissen und dessen problembezogene Anwendung. E<strong>in</strong> steter Kontakt<br />
zu diesen Personen soll letztendlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Rückwanderung münden, also<br />
Bra<strong>in</strong> Circulation.
Handlungsvorschläge<br />
- 131 -<br />
• Da das junge kreative und hochqualifizierte Potenzial zu Ausbildungszwecken die<br />
Region verlassen muss und e<strong>in</strong>e mehr oder weniger starke B<strong>in</strong>dung zu dem neuen<br />
Umfeld aufbaut und gleichzeitig der Bezug zur Heimatregion meist ger<strong>in</strong>ger wird,<br />
müssen diese Personen an jenem Ort „abgeholt“ werden, sei es Universität oder der<br />
erste Arbeitsplatz, an dem sie sich derzeit bef<strong>in</strong>den. Nur auf ihre emotionale B<strong>in</strong>dung<br />
und dadurch e<strong>in</strong>geleitete Rückkehr zu vertrauen, sowie deren Kenntnis der<br />
regionalen Arbeitsmöglichkeiten, ist nicht ausreichend.<br />
• Zwar weisen die befragten Studenten großteils ke<strong>in</strong>e Rückkehrabsichten <strong>in</strong> beruflicher<br />
H<strong>in</strong>sicht nach ihrem Studiumsabschluss auf, sie s<strong>in</strong>d jedoch gegenüber e<strong>in</strong>er<br />
Rückkehr nach e<strong>in</strong>iger Zeit im Berufsleben, e<strong>in</strong>er Bra<strong>in</strong> Circulation, positiv e<strong>in</strong>gestellt.<br />
Diese potentielle Rückkehrbereitschaft gilt es seitens der Unternehmen und<br />
der Region zu nutzen. Informelle Verb<strong>in</strong>dungen und Anwerbungswege erweisen<br />
sich hierbei oft als zielführen. E<strong>in</strong> Unternehmen muss jedoch, wenn es professionelle<br />
Arbeitskräfte für sich gew<strong>in</strong>nen will, auch professionelle Rekrutierungsstrategien<br />
wählen. Insbesondere bei der Anwerbung regionsfremder, hochqualifizierter<br />
Arbeitskräfte ist dies e<strong>in</strong> entscheidendes Kriterium. Weiters ist von<br />
den aktuell studierenden Außerfernern die Wahl anspruchsvoller und tendenziell<br />
geschlechtsunabhängiger Berufe zu erwarten. Die Suche nach entsprechenden Arbeitsmöglichkeiten<br />
ist räumlich weit gestreut. Das Außerfern wird hierbei nicht gezielt<br />
e<strong>in</strong>bezogen und die Ansprüche an das regionale Umfeld s<strong>in</strong>d meist hoch.<br />
• Sowohl die Wahl entsprechender Medien sowie deren räumliche Verbreitung und<br />
Fokussierung als auch die zeitgemäß moderne Profilierung des eigenen Unternehmens<br />
helfen bei e<strong>in</strong>er erfolgreichen Rekrutierung der Fachkräfte. Aufgrund der<br />
theoretisch beschriebenen Unvollständigkeit der Informationen am Arbeitsmarkt<br />
(vgl. Kap. 2.5.1), müssen die Akteure <strong>in</strong>tensiv über verschiedene Medien angesprochen<br />
werden, um ihnen offene Stellen, Karrieremöglichkeiten sowie das vergleichsweise<br />
hohe Lohnniveau zu vermitteln.<br />
• Zur Förderung der Kreativität <strong>in</strong> der Region, dem wirtschaftlichen Wachstum sowie<br />
der Fähigkeit e<strong>in</strong>er ständigen Veränderung, Anpassung und Aufrechterhaltung<br />
des Wissensvorsprungs, muss neben der Rekrutierung des regional vorhandenen<br />
Potenzials ebenso die Anwerbung von Außen gefördert werden. Die Region soll<br />
dadurch „durchlüftet“ werden und neuen Ideen genügend Entfaltungsfreiraum gegeben<br />
werden.
Handlungsvorschläge<br />
- 132 -<br />
• Bereits der erste Kontakt des Unternehmens mit dem Anzuwerbenden ist entscheidend.<br />
Hier soll das Interesse, <strong>in</strong> dem die Vorteile und Wesenszüge des Arbeitgebers<br />
und der Region überzeugend vermittelt werden, geweckt werden. Hierzu können<br />
entsprechende, weiterführende Informationen zu diversen regionalen Angeboten<br />
zur Verfügung gestellt werden. Dies erfordert e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensive Zusammenarbeit mit<br />
den Tourismusverbänden, Geme<strong>in</strong>den und regionalen Entwicklungse<strong>in</strong>richtungen.<br />
So wird e<strong>in</strong> möglichst aktueller Stand der Auskünfte gewährleistet. Hierzu äußerten<br />
sich die Personalverantwortlichen der Unternehmen bzw. die anderen Entscheidungsträger<br />
sehr aufgeschlossen.<br />
• Bei der Anwerbung muss die gesamte Familie e<strong>in</strong>bezogen werden. Ihr sollte <strong>in</strong> verschiedener<br />
H<strong>in</strong>sicht aktiv zur Seite gestanden werden, <strong>in</strong>dem Berufsoptionen des<br />
Partners aufgezeigt werden und e<strong>in</strong>e Unterkunft bereitgestellt oder zum<strong>in</strong>dest die<br />
Unterstützung bei der Suche angeboten wird. Zusätzlich ist die Forcierung der regionalen<br />
Ausstattung mit K<strong>in</strong>derbetreuungse<strong>in</strong>richtungen, welche die Berufstätigkeit<br />
beider Elternteile ermöglicht, sowie das Kommunizieren und die Aufrechterhaltung<br />
der angemessenen Bildungsmöglichkeiten <strong>in</strong> den Schulen vor Ort<br />
erforderlich.<br />
• Die verstärkte Berücksichtigung der gesamten Familie impliziert den Ausbau der<br />
Erwerbsmöglichkeiten für Frauen und die Überw<strong>in</strong>dung geschlechtsspezifischer<br />
Rollenmuster. Im größeren Rahmen ist diese Forderung bereits Teil der Strategie<br />
zur sozialen Vielfalt <strong>in</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Räumen</strong> (vgl. etwa Dax et al. 2009, S. 55).<br />
Letztendlich kann über diesen Weg die regionale Wertschöpfung gesteigert werden<br />
(vgl. Dax et al. 2009, S. 25).<br />
• Weiterbildungsmaßnahmen spielen e<strong>in</strong>e zunehmend wichtigere Rolle. Seitens der<br />
Unternehmen wird nicht nur gefordert, diese Maßnahmen während der Arbeitsoder<br />
Freizeit zu tätigen, sondern diese dienen ebenso der persönlichen Entwicklung<br />
und dem beruflichem Vorankommen. Da das Angebot an Weiterbildungsmöglichkeiten<br />
als eher schlecht e<strong>in</strong>gestuft wurde, müssen entsprechende Kurse angeboten<br />
und diese über diverse Informationsmedien verbreitet werden. Das Angebot<br />
muss hierbei den Anforderungen e<strong>in</strong>er hochqualifizierten Klientel erfüllen.<br />
Weiters ist zu beachten ke<strong>in</strong>en Bra<strong>in</strong> Waste zu betreiben, wobei dies <strong>in</strong> doppelter<br />
H<strong>in</strong>sicht geme<strong>in</strong>t ist: Zum e<strong>in</strong>en sollten nur den besonders Talentierten diese Mög-
Handlungsvorschläge<br />
- 133 -<br />
lichkeiten geboten werden, deren hierdurch ermöglichten beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten<br />
langfristig besonders profitabel ersche<strong>in</strong>en. Zum anderen muss<br />
darauf geachtet werden, jene Personen zu fördern, deren Lebensmittelpunkt längerfristig<br />
<strong>in</strong> der Region bleibt und – kapitalistisch ausgedrückt – das durch Weiterbildung<br />
<strong>in</strong>vestierte Humankapital maximal auszuschöpfen.<br />
• Das Image der Region muss professionell verbessert und überregional vermarktet<br />
werden. Bedeutend ist die aktive Übernahme dieses Images seitens der Bevölkerung<br />
(vgl. Brandt o.J., S. 4). Dabei ist jedoch nicht der heute <strong>in</strong> der EU vorherrschende<br />
„aggressive Regionalismus“ (vgl. Scheff 1999, S. 143) geme<strong>in</strong>t, der<br />
durch „die Überbetonung e<strong>in</strong>er regionalen Identität, die zu stark auf Traditionen<br />
und regionalen Besonderheiten basiert und zeitgenössische globale Werte weitgehend<br />
ausblendet“ (Dax et al. 2009, S. 37), der eher zu e<strong>in</strong>er Absonderung, dem<br />
Ausschluss bestimmter Gruppen oder der E<strong>in</strong>engung der sozialen Spielräume als zu<br />
e<strong>in</strong>er europäischen Integration führt. In e<strong>in</strong>er sich räumlich ausweitenden regionalen<br />
Konkurrenz um Hochqualifizierte müssen zeitgemäße und weltoffene Werte<br />
vermittelt werden. Die Etablierung e<strong>in</strong>es klaren und attraktiven Profils sowie der<br />
<strong>in</strong>terregionalen Abstimmung dieser regionalen Wesenszüge muss von e<strong>in</strong>er professionellen<br />
Vermarktung begleitet werden. Ziel ist es dabei, e<strong>in</strong> orig<strong>in</strong>äres, e<strong>in</strong>zigartiges<br />
Profil zu kreieren sowie dessen Akzeptanz und aktive Aufnahme seitens der<br />
Bevölkerung bewirken. Somit sollte e<strong>in</strong> Innen- und Außenmarket<strong>in</strong>g erfolgen. Die<br />
Etablierung e<strong>in</strong>es Images kann weiters auf die Region als Arbeitgeber (Arbeitgebermarke)<br />
bezogen werden (siehe Kerber 2009).<br />
• H<strong>in</strong>sichtlich der Lebensqualität <strong>in</strong> der Region sollte die bestehende Attraktivität,<br />
welche bestimmte Lifestyle-Gruppen anspricht, zwar gefördert werden, jedoch ist<br />
ebenso e<strong>in</strong>e Erweiterung der Lebensqualitätsmerkmale erforderlich, <strong>in</strong>dem e<strong>in</strong><br />
„städtisches“ Kulturangebot gefördert und somit e<strong>in</strong>e Zuwanderung „urbaner Typen“<br />
ermöglicht wird.<br />
• Die relativ schlechte Bewertung der Innovationsbereitschaft bzw. Offenheit gegenüber<br />
Veränderungen im Außerfern erfordert e<strong>in</strong> Umdenken. E<strong>in</strong>e progressive und<br />
dynamische E<strong>in</strong>stellung bzw. e<strong>in</strong> adäquates Flair stellen <strong>in</strong> den neuen regionalen<br />
Entwicklungsansätzen (kreative Milieus, lernende Regionen usw.) e<strong>in</strong>e grundlegende<br />
Voraussetzung dar.
Handlungsvorschläge<br />
- 134 -<br />
• Das regionale, hochqualifizierte, kreative Potenzial muss kont<strong>in</strong>uierlich gefördert<br />
werden. Dieses kann <strong>in</strong> Form der Vermittlung von überbetrieblichem Wissen und<br />
Humankapital erfolgen oder durch e<strong>in</strong>e bewusste, den regionalwirtschaftlichen Anforderungen<br />
und Nachfragen entsprechende, Lenkung der weiterführenden tertiären<br />
Ausbildungen geschehen. Für diesen Zweck kann der Aufbau neuartiger, dynamischer<br />
und die Innovationstätigkeit fördernde Kooperationsmuster dienlich se<strong>in</strong> (vgl.<br />
Scheff 1999, S. 144).<br />
• E<strong>in</strong> Beispiel für e<strong>in</strong>e Kooperation wäre die verstärkte Zusammenarbeit zwischen<br />
den Schulen, Unternehmen der Region sowie Berufsberatungs<strong>in</strong>stitute. Zwar besteht<br />
diese bereits, konzentriert sich jedoch auf die siebte und achte Schulstufe.<br />
Ebenso besteht e<strong>in</strong>e entsprechende, seitens der Arbeitskammer unterstützte Zusatzausbildung<br />
für Lehrer, mit dem Titel „Berufsorientierung und Lebenskunde“ (vgl.<br />
Internetquelle 12). E<strong>in</strong>e wachsende Zahl der Maturanten und somit auch Studenten<br />
erfordert jedoch zunehmend auch für diese Zielgruppe e<strong>in</strong>e äquivalente Beratung<br />
an allen höher bildenden Schulen. Zusätzlich können Kurzpraktika im Maturajahr<br />
angeboten werden (wie es bei e<strong>in</strong>em Unternehmen bereits der Fall ist). Dadurch<br />
können die angehenden Studenten das Berufsbild des angestrebten Studiums kennen<br />
lernen und ihre Entscheidung reflektieren.<br />
• Seitens der Unternehmen ist es nicht genug, auf e<strong>in</strong> Herankommen der Schulen zu<br />
warten. Wollen sie langfristig e<strong>in</strong> potenzielles Angebot an Fachkräften schaffen<br />
und sich dabei Kosten für spätere wesentlich aufwendigere Suchaktionen (Headhunt<strong>in</strong>g<br />
etc.) zum<strong>in</strong>dest teilweise ersparen, müssen sie aktiv auf alle höher bildenden<br />
Schulen zugehen, Projektideen e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen, attraktive Praktikamöglichkeiten<br />
schaffen und somit das Interesse potenzieller zukünftiger Bewerber schon früh<br />
wecken und durch Kontaktpflege b<strong>in</strong>den.<br />
• Dementsprechend ist e<strong>in</strong> weiteres Ziel, den Anteil jener Studenten zu erhöhen, dessen<br />
Entscheidungsgrundlage, neben persönlichen Interessen auch auf fundierte Informationsquellen,<br />
wie Praktika, Berufsberatung an den Schulen, Nachfrage auf<br />
dem Arbeitsmarkt usw. basiert.<br />
• Ferner muss die Verb<strong>in</strong>dungen zu Universitäten, Forschungs<strong>in</strong>stituten und Fachhochschulen<br />
neben den Großunternehmen auch von mittleren und kle<strong>in</strong>eren Unternehmen<br />
gefördert und kont<strong>in</strong>uierlich gepflegt werden. Beispielsweise können Stu-
Handlungsvorschläge<br />
- 135 -<br />
denten dualer Ausbildungs<strong>in</strong>stitute die Praxisteile <strong>in</strong> heimischen Betrieben absolvieren.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus ist der Aufbau e<strong>in</strong>es regionalen Wissens- und Bildungsnetzwerkes<br />
erforderlich, <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong> reger Austausch zwischen den Partnern Raum<br />
gegeben wird.<br />
• Vorstellbar wäre der Aufbau e<strong>in</strong>er Plattform, welche als B<strong>in</strong>deglied zwischen Maturanten/Studenten<br />
und den lokalen Unternehmen fungiert und somit den Kontakt<br />
auch bei räumlicher Abwesenheit aufrechterhält. Über diesen Weg können sowohl<br />
Praktika, als auch Berufse<strong>in</strong>stiege ermöglicht werden. Hierbei kann die Anlehnung<br />
an das bereits bestehende Modell im Salzkammergut, Projektträger ist das Technologiezentrum<br />
<strong>in</strong> Gmunden, e<strong>in</strong> Impulsgeber se<strong>in</strong> (vgl. Internetquelle 13).<br />
• E<strong>in</strong>e letzte, teils visionäre Möglichkeit ist das Anbieten tertiärer Ausbildungswege<br />
<strong>in</strong> der Region. Ansatzweise bestehen solche Modelle bereits <strong>in</strong> Form der an das<br />
BKH angegliederten Krankenpflegeschule mit Diplomabschluss. Zusätzlich s<strong>in</strong>d<br />
Außenstellen von Universitäten, Fachhochschulen oder Akademien, wie sie <strong>in</strong> anderen<br />
Regionen bereits bestehen, vorstellbar. Auf die Bedeutung dieser Strategie<br />
wurde bereits <strong>in</strong> der Diskussion neuer regionalen Entwicklungsansätze besprochen.<br />
Ausbildungs- und Kompetenzzentren können demnach als Innovationsmotoren<br />
fungieren (vgl. Dax et al. 2009, S. 24).
Counterurbanisierung<br />
- 136 -<br />
7 Counterurbanisierung<br />
Im Zuge des starken Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums der am Alpenrand gelegen<br />
Städte ist seit den 1980er Jahren e<strong>in</strong>e Suburbanisierung des Alpenrandes festzustellen.<br />
Aufgrund der hohen Umwelt-, Freizeit-, Wohnqualität und der ger<strong>in</strong>gen Bodenpreise ziehen<br />
es viele Stadtbewohner vor, <strong>in</strong> <strong>ländlichen</strong> Gebieten zu wohnen, der Arbeitsplatz h<strong>in</strong>gegen<br />
verbleibt <strong>in</strong> den Städten (vgl. Bätz<strong>in</strong>g 2003, S. 181). E<strong>in</strong> weiterer Schritt dieser<br />
Siedlungsentwicklung könnte die Erschließung abgelegener und <strong>in</strong> alp<strong>in</strong>en Höhenstufen<br />
bef<strong>in</strong>dlicher Gebiete se<strong>in</strong>. Dieser Prozess wurde erstmals von Berry (1976a) <strong>in</strong> den USA<br />
entdeckt und wird seit dem als Counterurbanisierung bezeichnet. Berry sieht hier<strong>in</strong> jedoch<br />
nicht nur e<strong>in</strong>e weitere Form der Siedlungsausdehnung sondern: „A turn<strong>in</strong>g po<strong>in</strong>t has been<br />
reached <strong>in</strong> the American urban experience. Counterurbanization has replaced urbanization<br />
as the dom<strong>in</strong>ant force shap<strong>in</strong>g the nation’s settlement patterns” (Berry 1976b, S. 17).<br />
Daher wird <strong>in</strong> diesem Kontext häufig von e<strong>in</strong>em population-turnaround gesprochen, <strong>in</strong><br />
dem frühere rural-urbane Wanderungen von urban-ruralen abgelöst werden. Die Wanderungsbewegung<br />
verläuft also <strong>in</strong> die entgegen gesetzte Richtung der bisherigen Wanderungsmuster.<br />
Die <strong>in</strong>dustriell geprägte Urbanisierung und die kurz darauf folgende Suburbanisierung,<br />
welche durch verkehrstechnische Neuerungen e<strong>in</strong>geleitet wurde, s<strong>in</strong>d Entwicklungen,<br />
welche sich <strong>in</strong> der Stadt bzw. <strong>in</strong> dessen direktem Umland abspielen. Die<br />
Counterurbanisierung erfolgt <strong>in</strong> <strong>Räumen</strong> fernab jeglicher städtischer Agglomerationen und<br />
wird als e<strong>in</strong> von der Stadt losgelöster Prozess angesehen. Diese Dynamik ist aber ke<strong>in</strong><br />
kont<strong>in</strong>uierlicher<br />
Prozess, sondern<br />
sie f<strong>in</strong>det wellenweise,<br />
<strong>in</strong> Abhängigkeit<br />
von politischen,<br />
ökonomischen<br />
sowie<br />
kulturellen und<br />
gesellschaftlichen<br />
Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
ab. In Abb. 7.1: Konzept der Urbanisationsphasen<br />
Abb. 7.1 ist er- Quelle: Geyer und Kontuly 1993, S. 165
Counterurbanisierung<br />
- 137 -<br />
kennbar, dass es sich hierbei um e<strong>in</strong>en Teilprozess der zyklischen Entwicklung und Bedeutung<br />
der Agglomerationen handelt. Im weiteren Verlauf soll auf diese Darstellung noch<br />
Bezug genommen werden.<br />
Folglich führt die Counterurbanisierung von e<strong>in</strong>em Status hoher Konzentration, zu dem<br />
e<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>geren Konzentration der Bevölkerung (Berry 1976, S.17). Detaillierter betrachtet<br />
bestehen hierbei zwei Formen: zum e<strong>in</strong>en existiert e<strong>in</strong>e Dezentralisierung, <strong>in</strong> der Wanderungen<br />
aus den Städten zu nahe gelegenen <strong>ländlichen</strong> Siedlungen (ke<strong>in</strong>e klassischen<br />
Suburbs) stattf<strong>in</strong>det. Die Verb<strong>in</strong>dung zu der Stadt bleibt durch e<strong>in</strong> Pendelverhalten bestehen.<br />
Zum anderen wird die Counterurbanisierung <strong>in</strong> Form der Dekonzentration vollzogen,<br />
der Wanderung aus Großstädten <strong>in</strong> andere Regionen, was häufig e<strong>in</strong>e Änderung des Lebensstils<br />
hervorruft bzw. die Abwanderung an sich e<strong>in</strong>e Konsequenz des Wunsches e<strong>in</strong>er<br />
anderen Lebensweise bedeutet (vgl. Woods 2005, S. 74).<br />
Ausgehend von den USA erfasste dieser Prozess Teile von Kanada, Australien sowie weite<br />
Teile Europas. Vor allem <strong>in</strong> Großbritannien, <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> peripheren <strong>ländlichen</strong> Regionen<br />
<strong>in</strong> Südwest England, Mittel-Wales und den nördlichen Penn<strong>in</strong>es wurde diese Entwicklung<br />
bereits früh erkannt (vgl. Woods 2005, S. 74). Ob dieses Phänomen auch <strong>in</strong> Österreich<br />
auftritt, ist bisher nicht vollständig geklärt. Zwar wurde dieser Prozess <strong>in</strong> den<br />
1980er Jahren, also rund zehn Jahre nach dem ersten Auftreten <strong>in</strong> den USA, neben anderen<br />
Staaten auch <strong>in</strong> Österreich beobachtet (vgl. Champion 2001, S. 152), jedoch handelt es sich<br />
Ste<strong>in</strong>icke zufolge um e<strong>in</strong>e abgeschwächte Form (vgl. Internetquelle 14), das heißt <strong>in</strong> den<br />
meisten Fällen um e<strong>in</strong>e Freizeitwanderung, geprägt durch den Ausbau von Freizeitwohnsitzen.<br />
Bätz<strong>in</strong>gs Sichtweise kann als Form e<strong>in</strong>er Dezentralisierung am Alpenrand und teilweise<br />
<strong>in</strong> die Alpen vordr<strong>in</strong>gend <strong>in</strong>terpretiert werden, da es sich meist um Pendlerwanderungen<br />
<strong>in</strong> die Agglomerationen handelt. Ob sich e<strong>in</strong>e Form der Counterurbanisierung auch<br />
<strong>in</strong> dem vorliegenden Untersuchungsraum nachweisen lässt, soll anschließend geklärt werden.<br />
Vorweg muss jedoch e<strong>in</strong>e Charakterisierung der Teilkomponenten dieses Prozesses<br />
erfolgen.<br />
Festzuhalten bleibt, dass e<strong>in</strong> Trend zu <strong>ländlichen</strong> Lebensstilen besteht. Den Wandel der<br />
Wahrnehmung ländlicher Räume spiegeln beispielsweise hohe Auflagen der (Hochglanz)Magaz<strong>in</strong>e<br />
LandLust oder Liebes Land wieder. In ihnen werden stark idealisierte,<br />
idyllische Bilder e<strong>in</strong>er gut situierten Klientel präsentiert (vgl. Redepenn<strong>in</strong>g 2009, S. 50).<br />
Diese Entwicklungen können somit als Teil der „back-to-the-land-Bewegung“ darstellen,<br />
welche jedoch im Gegensatz zu dem ausschließlichen „Wohnen“ im <strong>ländlichen</strong> Raum e<strong>in</strong>e
Counterurbanisierung<br />
- 138 -<br />
verstärkte Änderung der Lebensweise impliziert. Gegenläufig dazu wird derzeit zunehmend<br />
von e<strong>in</strong>er neuerlichen Umkehr der Wanderungsbewegungen zwischen Stadt und<br />
Land gesprochen.<br />
Durch die stark steigende Zahl an Arbeitsplätzen im F<strong>in</strong>anzwesen <strong>in</strong> Agglomerationen, bei<br />
gleichzeitigem Bedeutungsverlust der Landwirtschaft und zugleich Rationalisierungen im<br />
produzierenden Gewerbe und Dienstleistungsbereich <strong>in</strong> <strong>ländlichen</strong> Regionen, erfolgt e<strong>in</strong><br />
Bedeutungsgew<strong>in</strong>n der Städte. Durch neuerliche Zuwanderung kann man von e<strong>in</strong>er Re-<br />
Urbanisierung sprechen (vgl. Abb. 7.1). Die Stadt und der urbane Lebensstil wird von<br />
jungen Menschen „neu entdeckt“ und zusätzlich werden Innenstädte Erneuerungen unterzogen<br />
(vgl. Champion 2001, S. 152f).<br />
7.1 Ursachen der Counterurbanisierung<br />
Die Gründe für das E<strong>in</strong>setzen der Counterurbanisierung s<strong>in</strong>d sehr vielfältig und treten<br />
häufig <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation auf. Die folgende Aufstellung, auf Grundlage von Redepenn<strong>in</strong>g<br />
(2009, S. 49 nach Champion 1988, S. 256f), soll die wichtigsten potenziellen Ursachen<br />
verdeutlichen.<br />
• Ökonomische Rezession/Niedergang;<br />
• Städtische Standortnachteile, Urbanität als nachteilig empfunden (Sicherheit/Krim<strong>in</strong>alität,<br />
hohe Bevölkerungsdichte, Anonymität etc.);<br />
• Verstärkte Mobilität der Bevölkerung im physischen und sozialen S<strong>in</strong>n;<br />
• Sozio-ökonomische Veränderungen (flexible Arbeitsformen, Telework<strong>in</strong>g, Home<br />
Office);<br />
• Überw<strong>in</strong>dung ger<strong>in</strong>ger Kosten und Distanzen;<br />
• Politiken der Dezentralisierung, Bemühen ländlicher politischer Zielsetzungen regionsfremde<br />
Personen anzuziehen;<br />
• Entwicklung der Potenziale des <strong>ländlichen</strong> Raumes (<strong>in</strong>frastrukturelle Verbesserungen<br />
des Schul- und Gesundheitswesen sowie weiterer öffentlicher Dienste im <strong>ländlichen</strong><br />
Raum; Verbesserte Verkehrs- und Kommunikationstechnische Anb<strong>in</strong>dung);
Counterurbanisierung<br />
- 139 -<br />
• F<strong>in</strong>anzielle Unterstützung des Lebens <strong>in</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Räumen</strong> (Pendlerpauschalen)<br />
• Veränderte demographische Strukturen;<br />
• „Neue“ Präferenzen h<strong>in</strong>sichtlich der Wohnstandortwahl.<br />
7.2 Bevorzugte Räume und betroffene Bevölkerungsgruppen<br />
Generell gelten nicht verdichtete, naturnahe Räume als Ziel dieser Wanderungsbewegungen<br />
(vgl. Redepenn<strong>in</strong>g 2009, S. 48). Es konnte jedoch nachgewiesen werden, dass<br />
die Counterurbanisierung selektiv ist und nur gewisse Räume davon betroffen werden (vgl.<br />
Woods 2005, S. 79). Trotz der Ländlichkeit wird e<strong>in</strong>e entsprechende Erreichbarkeit der<br />
Agglomerationen gefordert, um dort das Gesundheitssystem, kulturelle Unterhaltungen<br />
usw. nutzen zu können. Andere Annehmlichkeiten wie E<strong>in</strong>kaufmöglichkeiten h<strong>in</strong>gegen<br />
spielen für diese Personen e<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle (vgl. Crump 2003, S. 196f). Löffler<br />
und Ste<strong>in</strong>icke (2004, S. 232) wiesen <strong>in</strong> ihren Erhebungen nach, dass vor allem touristisch<br />
geprägte und landschaftlich attraktive Gebiete bevorzugt werden, die den Zuwanderern<br />
durch vorhergehende Aufenthalte bereits bekannt waren. In diesem Fall handelt es sich vor<br />
allem um den Zuzug älterer Personen, welche aus dem Erwerbsleben bereits ausgeschieden<br />
s<strong>in</strong>d. Sie stellen e<strong>in</strong>en Typus der zuwandernden Bevölkerungsgruppe dar. E<strong>in</strong> weiter Typus<br />
konnte <strong>in</strong> Untersuchungen <strong>in</strong> britischen Fallbeispielen <strong>in</strong> Cotswolds, Berkshire <strong>in</strong> England<br />
und Gower <strong>in</strong> Wales nachgewiesen werden. Dort stammten zwei Drittel der Bewohner von<br />
e<strong>in</strong>er gut ausgebildeten, im Vergleich mit dem vorher genannten Typus relativ jungen<br />
Mittelklasse ab (vgl. Woods 2005, S. 86 nach Cloke und Phillips 1995). Diese Gruppe<br />
bevorzugt zwar e<strong>in</strong>e ländliche Lebensweise, trotzdem s<strong>in</strong>d sie als urban anzusehen (vgl.<br />
Mitchell 2004, S. 17f). Ähnliche Ergebnisse erbrachte auch die oben genannten Studie von<br />
Löffler und Ste<strong>in</strong>icke (2004, S. 232) <strong>in</strong> der Untersuchungsregion rund um den Lake Tahoe<br />
(Kalifornien). Sie bezeichnen dar<strong>in</strong> die Zuwanderer als „Vertreter der urbanen Gesellschaft“.<br />
Anhand dieses Beispiels konnten zusätzlich gravierende Folgen dieses Prozesses<br />
beobachtet werden. Aufgrund der zunehmend dichten Verbauung rund um den Lake Tahoe<br />
wird seit geraumer Zeit <strong>in</strong> die Höhe ausgewichen. Hierdurch weitet sich der Dauersiedlungsraum<br />
kont<strong>in</strong>uierlich <strong>in</strong> höhere Stufen des Gebirges, bis über 2.600 Meter, aus (vgl.<br />
Löffler und Ste<strong>in</strong>icke 2004, S. 232).
Counterurbanisierung<br />
- 140 -<br />
Der hohe Raumanspruch dieses Siedlungstypus trat bereits am Beg<strong>in</strong>n dieser, von den<br />
Städten ausgehender, Siedlungsbewegung e<strong>in</strong>. Mit der Absicht der engen Stadt zu entfliehen<br />
und des Wohnideals <strong>in</strong> Form des E<strong>in</strong>familienhauses, fand e<strong>in</strong> rasantes flächenhaftes<br />
Wachstum der Stadtumlandgebiete statt. Diesem Urban Sprawl versuchten britische Stadtplaner<br />
durch e<strong>in</strong>en um die Städte gezogenen Greenbelt, <strong>in</strong> dem Siedlungstätigkeiten nicht<br />
möglich waren, e<strong>in</strong>zudämmen. Zwar konnte dadurch e<strong>in</strong>e Suburbanisierung unterbunden<br />
werden, jedoch wurde e<strong>in</strong>e Counterurbanisierung der wegzugwilligen Stadtbewohner unbewusst<br />
e<strong>in</strong>geleitet (vgl. Woods 2005, S. 81).<br />
7.3 Effekte der Counterurbanisierung – Untersuchung anhand des Ausserferns<br />
Durch den Zuzug mehr oder weniger regionsfremder Gruppen werden die Strukturen <strong>in</strong><br />
den betroffenen Gebieten <strong>in</strong> verschiedener H<strong>in</strong>sicht bee<strong>in</strong>flusst und verändert. Art und<br />
Ausmaß dieser Umgestaltungen hängen maßgeblich von der zuwandernden Gruppe ab.<br />
Anhand dieser Effekte und den Vergleich aus anderen Studien soll im Folgenden untersucht<br />
werden, ob Ansätze e<strong>in</strong>er Counterurbanisierung auch <strong>in</strong> der vorliegenden Untersuchungsregion<br />
auftreten. Zusätzlich zu statistischen Analysen wurden 23 der 37 Geme<strong>in</strong>den<br />
des Bezirkes Reutte telefonisch kontaktiert. In diesen Gesprächen mit den Bürgermeistern<br />
oder Geme<strong>in</strong>desekretären wurde auf diese speziellen Zuwanderer h<strong>in</strong>sichtlich quantitativen<br />
Ausmaß und Alter bzw. Beruf dieser Personen e<strong>in</strong>gegangen.<br />
1 Bach 20 Lechaschau<br />
2 Berwang 21 Lermoos<br />
3 Biberwier 22 Musau<br />
4 Bichlbach 23 Namlos<br />
5 Breitenwang 24 Nesselwängle<br />
6 Ehenbichl 25 Pfafflar<br />
7 Ehrwald 26 Pflach<br />
8 Elbigenalp 27 P<strong>in</strong>swang<br />
9 Elmen 28 Reutte<br />
10 Forchach 29 Schattwald<br />
11 Gramais 30 Stanzach<br />
12 Grän 31 Steeg<br />
13 Häselgehr 32 Tannheim<br />
14 Heiterwang 33 Vils<br />
15 H<strong>in</strong>terhornbach 34 Vorderhornbach<br />
16 Holzgau 35 Wängle<br />
17 Höfen 36 Weißenbach<br />
18 Jungholz 37 Zöblen<br />
19 Kaisers<br />
Abb. 7.2: Geme<strong>in</strong>den des Bezirkes Reutte<br />
Quelle: eigene Darstellung
Counterurbanisierung<br />
- 141 -<br />
7.3.1 Immobilienpreise<br />
E<strong>in</strong> wesentlicher E<strong>in</strong>fluss der Zuwanderung liegt im Bereich der Siedlungsstruktur und des<br />
regionalen Immobilienmarktes. Der Zuzug führt häufig zu e<strong>in</strong>em Anstieg der Immobilienpreise,<br />
wodurch der Druck auf die heimische Bevölkerung steigt. Des Weiteren f<strong>in</strong>det, wie<br />
Anhand des Beispiels der Lake Tahoe <strong>in</strong> Kalifornien gezeigt wurde, e<strong>in</strong>e Ausweitung des<br />
Siedlungsraumes statt. Da e<strong>in</strong> ländliches, privates Ambiente bevorzugt wird, geschieht<br />
dieses <strong>in</strong> Form von Streusiedlungen.<br />
Im Außerfern zeigt sich e<strong>in</strong><br />
relativ hohes Preisniveau im<br />
regionalen Zentrum sowie <strong>in</strong><br />
den stark touristisch geprägten<br />
Geme<strong>in</strong>den Ehrwald und Lermoos<br />
und <strong>in</strong> der Exklave<br />
Jungholz (vgl. Abb. 7.3). Weite<br />
Teile des Lechtals h<strong>in</strong>gegen<br />
s<strong>in</strong>d von niedrigen Grundstückspreisen<br />
geprägt. Folglich<br />
sche<strong>in</strong>en vor allem die grenznahen<br />
Gebiete e<strong>in</strong>em höheren<br />
Druck bzw. e<strong>in</strong>er größeren<br />
Nachfrage unterworfen zu<br />
se<strong>in</strong>.<br />
Abb. 7.3: Grundstückpreise im Außerfern: 2009<br />
Quelle: Datengrundlage: Internetquelle 15; eigene Darstellung<br />
7.3.2 Zweitwohnsitze<br />
E<strong>in</strong>e besondere Form der Counterurbanisierung stellen Zweitwohnsitze dar, welche vor<br />
allem als Wochenend- und Ferienhäuser genutzt werden. Deren Ausweitung konzentriert<br />
sich auf touristisch geprägte Regionen, wie beispielsweise <strong>in</strong> W<strong>in</strong>tersportdest<strong>in</strong>ationen<br />
(vgl. Woods 2005, S. 88f). Da diese Wohnsitze nur zeitweilig bewohnt werden, ist e<strong>in</strong>e<br />
entsprechende Anpassung seitens der lokalen Wirtschaft <strong>in</strong> Form von Öffnungszeiten usw.<br />
zu erwarten. Die Folgen für die ansässige Bevölkerung können starke E<strong>in</strong>schränkungen des<br />
täglichen Lebens se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong> weiteres Konfliktpotenzial bergen sowohl große kulturelle Dif-
Counterurbanisierung<br />
- 142 -<br />
ferenzen als auch das Ziel der Erholung und der „Flucht“ vor dem alltäglichen Leben und<br />
der Stadt, welche e<strong>in</strong>er Integration <strong>in</strong> lokale Strukturen häufig nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>gen Ausmaß<br />
bed<strong>in</strong>gt (vgl. Woods 2005, S. 89).<br />
Abb. 7.4: Zweitwohnsitze im Außerfern: 2001<br />
Quelle: Kartengrundlage: ÖROK-Onl<strong>in</strong>e-Atlas; eigene Darstellung<br />
Im Bezirk Reutte weisen lediglich drei Geme<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>en vergleichsweise hohen Anteil an<br />
Zweitwohnsitzen auf. Zum e<strong>in</strong>en handelt es sich um die peripher gelegene Geme<strong>in</strong>de<br />
Kaisers, sowie Grän und Jungholz. In Anbetracht anderer bezirksnaher Geme<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d<br />
diese Anteile jedoch ger<strong>in</strong>g. In der Geme<strong>in</strong>de Lech am Arlberg im Westen an das Außerfern,<br />
handelt es sich beispielsweise bei rund 30% der Wohnsitze um Zweitwohnsitze. E<strong>in</strong><br />
noch höherer Wert wird <strong>in</strong> Saalbach-H<strong>in</strong>terglemm erzielt (ca. 40%). Diese Orte sche<strong>in</strong>en<br />
aufgrund ihrer touristischen Ausrichtung und Attraktivität e<strong>in</strong>e Klientel anzusprechen,<br />
welche regelmäßige Aufenthalte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em eigenen Wohnsitz vorzieht. In den Telefonaten<br />
mit den örtlichen Verantwortlichen wurde diesbezüglich e<strong>in</strong>e reservierte Haltung festgestellt.<br />
Sie würden das Ortsbild stören und s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Geme<strong>in</strong>den nicht gewünscht.<br />
Hierbei zeigt sich die Möglichkeit der E<strong>in</strong>flussnahme der lokalen Politik und räumlichen<br />
Planung auf Phänomene wie der Counterurbanisierung. Sie kann je nach Entwicklungsrichtungsziel<br />
solche Tendenzen verh<strong>in</strong>dern oder fördern. E<strong>in</strong>e strategische und langfristige<br />
Planung kann aus der Ausweisung bestimmter Siedlungen bestehen, <strong>in</strong> denen regionsfremde<br />
Personen gezielt angesiedelt bzw. hier Wohnungen, Häuser, Baugrund usw. zur
Counterurbanisierung<br />
- 143 -<br />
Verfügung gestellt werden (vgl. Woods 2005, S. 81). Über diesen Weg soll e<strong>in</strong>er Zersiedelung<br />
entgegengewirkt werden. Doch trotz dieser Maßnahmen bleiben die Effekte der<br />
beiden Prozesse der Zuwanderung und der Errichtung von Zweitwohnsitzen bestehen. Sie<br />
führen aufgrund der Siedlungstätigkeiten zu e<strong>in</strong>em erhöhten Raumanspruch, <strong>in</strong>folgedessen<br />
ehemals landwirtschaftlich genutzte Flächen verbraucht werden. Zusätzlich erfolgt neben<br />
der Erschließung bisher unbewohnter Areale e<strong>in</strong>e verstärkte Suburbanisierung dörflicher<br />
Siedlungen (vgl. Hill 2003, S. 108).<br />
7.3.3 Infrastrukturelle Ausstattung<br />
Weitere Konsequenzen der Siedlungserweiterungen im Zuge der Counterurbanisierung,<br />
schlagen sich <strong>in</strong> <strong>in</strong>frastrukturellen Erweiterungen der betreffenden Regionen nieder. Diese<br />
können beispielsweise aufgrund der hohen Freizeitansprüche der Zuwanderer zu e<strong>in</strong>em<br />
erhöhten Druck auf das lokale Angebot führen. Zum anderen wird durch das gesteigerte<br />
Pendelverhalten der Bedarf e<strong>in</strong>er verkehrstechnischen Erschließung abgelegener Gebiete<br />
erhöht. Diese Effekte resultieren <strong>in</strong> dem Ausbau entsprechender Infrastrukturen, wodurch<br />
wiederum e<strong>in</strong>e Belastung naturnaher Regionen erfolgt. Die Existenz ähnlicher Wirkungen<br />
kann <strong>in</strong> der vorliegenden Untersuchungsregion nicht mit Sicherheit festgestellt werden.<br />
Zwar f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong> Ausbau des Verkehrsnetzes statt, jedoch s<strong>in</strong>d davon vor allem Transitstrecken<br />
betroffen. E<strong>in</strong>e Ausweitung der Freizeit<strong>in</strong>frastruktur kann ebenso festgestellt<br />
werden, wie zum Beispiel der Ausbau von Liftanlagen oder der Errichtung e<strong>in</strong>er Burgenerlebniswelt<br />
oder e<strong>in</strong>es Radwegenetzes, diese ist jedoch primär touristischen Zwecken<br />
dienlich.<br />
7.3.4 Demographische Effekte<br />
E<strong>in</strong> besonderer Wesenszug der Counterurbanisierung ist das Wachsen kle<strong>in</strong>er Siedlungen<br />
durch den Zuzug von Außen, woh<strong>in</strong>gegen Agglomerationen e<strong>in</strong>en Bevölkerungsverlust<br />
erleiden. In dieser Analyse soll jedoch nur die Bevölkerungsdynamik der Untersuchungsregion<br />
betrachtet werden.<br />
In Abb. 7.5 wird die Bevölkerungsentwicklung der letzten 30 Jahre (1971-2001) dargestellt.<br />
Die wesentlichen Gew<strong>in</strong>ne s<strong>in</strong>d im Zentralraum Reutte sowie <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de<br />
Grän zu erkennen. Im ersten Fall ist e<strong>in</strong>e Suburbanisierung zu vermuten. Die abgelegenen
Counterurbanisierung<br />
- 144 -<br />
Seitentäler des Lechtals h<strong>in</strong>gegen haben <strong>in</strong> diesem Zeitraum e<strong>in</strong>en starken Bevölkerungsverlust<br />
verzeichnet.<br />
Abb. 7.5: Bevölkerungsentwicklung im Außerfern: 1971-2001<br />
Quelle: Kartengrundlage: ÖROK-Onl<strong>in</strong>e-Atlas; eigene Darstellung<br />
In Bezug auf die Wanderungsbilanz der Jahre 1991-2001 zeigt sich h<strong>in</strong>gegen e<strong>in</strong> differenziertes<br />
Bild (vgl. Abb. 7.6). Zwar ist wiederum e<strong>in</strong>e stark positive Wanderungsbilanz <strong>in</strong><br />
Teilen des Zentralraumes sowie der Geme<strong>in</strong>de Grän (15%) vorhanden, jedoch fallen zusätzlich<br />
die Geme<strong>in</strong>den Tannheim (13%), Berwang (10%), Ehrwald (10%) und Gramais<br />
(24%) auf. Gramais ist die kle<strong>in</strong>ste Geme<strong>in</strong>de Österreichs und muss daher als Sonderfall<br />
angesehen werden, da selbst absolut ger<strong>in</strong>ge Änderungen der Wanderungsbilanz e<strong>in</strong>en<br />
anteilsmäßig starken Unterschied bedeuten.
Counterurbanisierung<br />
- 145 -<br />
Abb. 7.6: Wanderungsbilanz im Außerfern: 1991-2001<br />
Quelle: Kartengrundlage: ÖROK-Onl<strong>in</strong>e-Atlas; eigene Darstellung<br />
H<strong>in</strong>sichtlich der selektiven Zuwanderung älterer Personen wird durch diesen Prozess der<br />
Altersdurchschnitt gehoben. Die Entstehung von „Rentnersiedlungen“ <strong>in</strong> ab- und hochgelegenen<br />
Regionen wird hierdurch jedoch nicht e<strong>in</strong>geleitet, da bestimmte, von Senioren<br />
häufig nachgefragte Infrastrukturen <strong>in</strong> abgelegenen <strong>Räumen</strong> nur schwer bereitgestellt werden<br />
können (vgl. Löffler und Ste<strong>in</strong>icke 2004, S. 236).<br />
Die Analyse der Altersstruktur kann durch den Anteil der älteren Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung<br />
erfolgen (vgl. Abb. 7.7). An dieser Stelle fallen vier Geme<strong>in</strong>den auf: zum<br />
e<strong>in</strong>en Namlos (21%) Gramais (18,3%) und Pfafflar (17,9) als Beispiele peripherer ländlicher<br />
Räume und zum anderen Ehrwald (16,3%), e<strong>in</strong>e touristisch geprägte Ortschaft, wobei<br />
die angrenzenden Geme<strong>in</strong>den Lermoos und Biberwier nur knapp unter dem Wert Ehrwalds<br />
liegen (ca. 15,3%).<br />
Anhand von Alterspyramiden können aber auch Aussagen über die Bevölkerungsstruktur<br />
getätigt werden (vgl. Abb. 7.8). Grundsätzlich ist die Form sehr ähnlich, lediglich das<br />
Segment der älteren Bevölkerung ist <strong>in</strong> der deutschen Region anteilig stärker vertreten.<br />
Dieser Umstand kann für e<strong>in</strong>e stärkere Zuwanderung älterer Personen <strong>in</strong> die betreffende<br />
Region sprechen.
Counterurbanisierung<br />
- 146 -<br />
Abb. 7.7: Der Anteil der über 60-Jährigen im Außerfern: 2001<br />
Quelle: Kartengrundlage: ÖROK-Onl<strong>in</strong>e-Atlas; eigene Darstellung<br />
Abb. 7.8: Vergleich der Alterspyramiden der NUTS-3-Regionen Außerfern – Garmisch-Partenkirchen: 2001<br />
Quelle: Tirol Atlas
Conclusio<br />
- 147 -<br />
7.4 Zusammenfassung der empirischen Forschungsergebnisse zur Counterurbanisierung<br />
Die erbrachten Untersuchungen lassen kaum auf das Auftreten e<strong>in</strong>er Counterurbanisierung<br />
<strong>in</strong> dem Bezirk Reutte schließen. Zwar ist e<strong>in</strong> gewisser Zuzug vorhanden, es handelt sich<br />
jedoch nach Aussagen der Geme<strong>in</strong>deverantwortlichen hauptsächlich um Pensionisten,<br />
deren Zuwanderungsgrund die Lebensqualität <strong>in</strong> der Region sei. E<strong>in</strong>zig die Geme<strong>in</strong>de Grän<br />
fällt <strong>in</strong> den Untersuchungen durch e<strong>in</strong>en starken Zuzug e<strong>in</strong>hergehend mit e<strong>in</strong>er vergleichsweise<br />
starken Zunahme an Zweitwohnsitzen auf. Darüber h<strong>in</strong>aus verzeichnete diese<br />
Geme<strong>in</strong>de zwischen 1991 und 2001 e<strong>in</strong>en Anstieg der ausländischen Bevölkerung um<br />
18%, was weit über dem Durchschnitt liegt (vgl. Internetquelle 16), womit der Trend unter-strichen<br />
werden kann. Weiters konnten Suburbanisierungstendenzen festgestellt werden,<br />
wobei hier zum e<strong>in</strong>en die umliegenden Geme<strong>in</strong>den von Reutte betroffen s<strong>in</strong>d und zu<br />
anderen grenznahe Ortschaften wie P<strong>in</strong>swang oder Ehrwald, welche sich im E<strong>in</strong>zugsgebiet<br />
deutscher Städte (Füssen bzw. Garmisch-Partenkirchen) bef<strong>in</strong>den.<br />
8 Conclusio<br />
Der Strukturwandel im <strong>ländlichen</strong> Raum stellt auch das Außerfern vor große Herausforderungen.<br />
Der demographische Wandel und die zunehmende Internationalisierung des Arbeitsmarktes<br />
begünstigen zumeist zentrale Räume woh<strong>in</strong>gegen ländlich, periphere Räume<br />
stark darunter leiden. Der Bezirk Reutte steuert auf e<strong>in</strong>e Überalterung zu. Gleichzeitig<br />
wurde e<strong>in</strong>e vergleichsweise ger<strong>in</strong>ge Studienpartizipation festgestellt und die lokalen Unternehmen<br />
s<strong>in</strong>d bereits heute auf e<strong>in</strong>e starke Rekrutierung regionsfremder Arbeitskräfte<br />
angewiesen. Aufgrund der Selektivität der Zuwanderung und <strong>in</strong>adäquater Rekrutierungsstrategien<br />
ergeben sich Engpässe <strong>in</strong> der Besetzung hochqualifizierter Arbeitsstellen.<br />
Desgleichen ergibt sich auf e<strong>in</strong>em größeren, regionalen Maßstab die Notwendigkeit h<strong>in</strong>sichtlich<br />
e<strong>in</strong>er qualifizierten Bevölkerung. E<strong>in</strong> aktives System, welches Entwicklungen<br />
schon vor dem flächendeckenden E<strong>in</strong>tritt erkennt und entsprechend handelt, wird durch e<strong>in</strong><br />
hohes Maß an Wissen, Kompetenz, Erfahrung, Kreativität und Lernfähigkeit charakterisiert<br />
(vgl. Meusburger 2004, S. 37). „Wissen als Ressource e<strong>in</strong>er regionalen Entwicklung“,<br />
wie es die neue Schweizer Regionalpolitik bezeichnet (vgl. Internetquelle 17), gilt als
Conclusio<br />
- 148 -<br />
wichtiges Ziel. Hierzu ist das Erkennen, Nutzen und Ausweiten des vorhandenen Wissens<br />
und der Qualifikation unbed<strong>in</strong>gt erforderlich.<br />
Es wurde gezeigt, dass die Young Potentials der Region e<strong>in</strong>e starke Mobilität aufweisen.<br />
Da diese Wanderung e<strong>in</strong>en elementaren Bestandteil der Humankapitalerweiterung darstellt,<br />
soll sie nicht verh<strong>in</strong>dert werden, sondern der Fokus auf das Bereitstellen entsprechender<br />
Rahmenbed<strong>in</strong>gungen gelegt werden, die e<strong>in</strong>e Zu- und Rückwanderung unterstützen<br />
bzw. verstärken.<br />
Die Rückkehr der Hochqualifizierten, e<strong>in</strong>e Bra<strong>in</strong> Circulation, konnte lediglich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
ger<strong>in</strong>gen Ausmaß festgestellt werden. Die Gründe hierfür bestehen aus drei Komponenten:<br />
die beruflichen Möglichkeiten <strong>in</strong> der Region, soziale B<strong>in</strong>dungen zu der Heimat- bzw. Studienregion<br />
und die Wahrnehmung und Beurteilung des regionalen Umfelds.<br />
Es konnte nachgewiesen werden, dass nicht der Arbeitsmarkt an sich als problematisch<br />
wahrgenommen wird, sondern die beruflichen Entfaltungsmöglichkeiten. In diesem Fall<br />
könnten sowohl betriebs<strong>in</strong>terne als auch –externe Weiterbildungsmöglichkeiten mit entsprechender<br />
Anerkennung und Nutzung dieser Humankapital<strong>in</strong>vestierung zu e<strong>in</strong>er verbesserten<br />
Bewertung führen.<br />
Diese E<strong>in</strong>schätzung des Arbeitsmarktes für Hochqualifizierte seitens der Studierenden<br />
erwies sich ansatzweise als zutreffend, da das obere Arbeitsmarktsegment <strong>in</strong> der Region<br />
teils stark spezialisiert ist und aufgrund generell ger<strong>in</strong>ger Fluktuation e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Nachfrage<br />
gegeben ist. E<strong>in</strong> Fachkräftemangel besteht h<strong>in</strong>gegen meist <strong>in</strong> Bezug auf spezifische<br />
Qualifikationen, oft <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit langjähriger Erfahrung. Die regionale Präferenz<br />
bestimmter Lifestyle-Typen führt häufig zu e<strong>in</strong>er erschwerten Besetzung entsprechender<br />
Stellen. Daher wird die Bedeutung des regionalen Potenzials, also die angehenden Akademiker,<br />
welche zwar im Zuge der Bildungsmobilität städtische Lebensweisen kennen<br />
lernen, e<strong>in</strong>er pr<strong>in</strong>zipiellen Rückkehr jedoch aufgeschlossen s<strong>in</strong>d, unterstrichen. Weiters<br />
erfordert e<strong>in</strong> Mangel an qualifiziertem Personal Rekrutierungswege abseits der gewohnten<br />
Strategien. Hierbei müssen kont<strong>in</strong>uierlich neue Wege gefunden werden, diese Gruppe<br />
gezielt zu erreichen. Die Universität und ihr Umfeld ist dabei e<strong>in</strong> zentraler Bestandteil.<br />
Gleichzeit kann die Investition <strong>in</strong> das eigene Humankapital e<strong>in</strong>en Teil des Fachkräftemangels<br />
decken und dadurch die Region unter Karrieregesichtspunkten aufwerten.<br />
Im H<strong>in</strong>blick auf das regionale Potenzial an Jungakademiker wird aufgrund ihrer Mobilität<br />
nach Schulabschluss sowohl e<strong>in</strong> früher E<strong>in</strong>griff während der Schulzeit als auch e<strong>in</strong>e stu-
Conclusio<br />
- 149 -<br />
dienbegleitende Strategie empfohlen. Auf Grundlage dieser Vorgehensweise kann den<br />
angehenden Studenten e<strong>in</strong>gehend der lokale Arbeitsmarkt und dessen Optionen näher gebracht,<br />
ihre vage Entscheidungsgrundlage bezüglich der Studienwahl ergänzt und durch<br />
fortwährenden Kontakt Aktualität der Erfordernisse und Möglichkeiten e<strong>in</strong>er Mitarbeit<br />
bzw. e<strong>in</strong>es Berufse<strong>in</strong>stieges <strong>in</strong> der Region gewährleistet werden.<br />
Neben den beruflichen Aspekten konnte bestimmten „weichen“ Faktoren e<strong>in</strong>e entscheidende<br />
Rolle beigemessen werden. Hierbei s<strong>in</strong>d vor allem soziale Kontakte zu dem<br />
Freundeskreis sowie die Wahrnehmung der Region betreffend des Images und der Bewertung<br />
verschiedener Infrastrukturen ausschlaggebend. Somit ist neben den Unternehmen<br />
auch die Regionalpolitik und –planung angesprochen, bereits bestehende Kampagnen weiterzuführen<br />
und zu entwickeln und vorgebrachte Handlungsvorschläge zu prüfen und gegebenenfalls<br />
zu implementieren. Als e<strong>in</strong> ausschlaggebender Faktor erwies sich der Lebenspartner.<br />
Dieser ist sowohl <strong>in</strong> sozial b<strong>in</strong>dender H<strong>in</strong>sicht als auch <strong>in</strong> Bezug auf den Beruf<br />
signifikant. Im S<strong>in</strong>ne der Humankapitaltheorie wird nicht lediglich die Ausschöpfung der<br />
Profite aufgrund der eigenen Ausbildung, sondern „die Maximierung des Haushaltsnutzen“<br />
(Janssen 2001, S. 109), also auch die der Qualifikation des Lebenspartners, gefordert.<br />
Im letzten Abschnitt der Arbeit wurde die Attraktivität der Region als Ziel e<strong>in</strong>er Counterurbanisierung<br />
untersucht. Zwar konnte dieser Prozess nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>gen Ausmaß festgestellt<br />
werden, jedoch bestätigte er die Selektivität der Zuwanderung. Da es sich dabei um<br />
e<strong>in</strong>e explorative Analyse handelt, würden diesbezüglich noch weitere Erhebungen von<br />
Nöten se<strong>in</strong>, um dieses Phänomen vertiefend <strong>in</strong> dem Außerfern zu untersuchen.<br />
Ebenso stellt die Untersuchung zu den bereits berufstätigen Absolventen des befragten<br />
Jahrgangs e<strong>in</strong>e stark ausweitbare Studie dar. Vor allem die wissenschaftliche Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit dieser Gruppe, welche selbstverständlich größer gefasst und h<strong>in</strong>sichtlich ihrer<br />
beruflichen, regionalen Mobilität e<strong>in</strong>gehender beschrieben werden muss, dürfte zu e<strong>in</strong>em<br />
weiterführenden Verständnis der Mobilitätsprozesse, bestehend aus den zugrunde liegenden<br />
Komponenten Studienwahl, anschließender Berufsantritt und Bezug zu der Heimatregion,<br />
dem Außerfern, führen.
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Abbildungsverzeichnis<br />
- 158 -<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
Abb. 1.1: Methodik .............................................................................................................. 12<br />
Abb. 2.1: Diszipl<strong>in</strong>äre E<strong>in</strong>ordnung ...................................................................................... 14<br />
Abb. 2.2: Mobilitätsformen des Wissens ............................................................................ 15<br />
Abb. 2.3: Qualifikationsformen ........................................................................................... 17<br />
Abb. 2.4: Constra<strong>in</strong>-Modell ................................................................................................. 20<br />
Abb. 2.5: Sozialrechtliche Struktur des Arbeitsplätze ......................................................... 22<br />
Abb. 2.6: Zentral-peripherer Lohngradient ......................................................................... 23<br />
Abb. 2.7: Angebots- und Nachfragekurve ........................................................................... 25<br />
Abb. 2.8: Veränderung des Humankapitals im Lebenszyklus ............................................. 31<br />
Abb. 3.1: Entwicklung des Bruttoregionalprodukts (BRP) <strong>in</strong> Österreich: 1995-2005 ........ 36<br />
Abb. 3.2: Erwerbsquote von Frauen <strong>in</strong> Österreich: 2001 .................................................... 37<br />
Abb. 3.3: Bildungsniveau – Hochschulabschluss <strong>in</strong> Österreich: 2001 ................................ 38<br />
Abb. 3.4: Bildungsniveau – Matura-Niveau und Hochschulabschluss im Alpenraum: 2001<br />
.......................................................................................................................... 39<br />
Abb. 3.5: Altersstruktur – Anteil der jungen Bevölkerung <strong>in</strong> Österreich: 2001 ................. 40<br />
Abb. 3.6: Demographischer Wandel anhand der aktuellen und prognostizierten Altersverteilung<br />
im Bezirk Reutte: 2001 und 2031 .................................................... 41<br />
Abb. 3.7: Studiumspartizipation <strong>in</strong> Österreich: 2001 .......................................................... 42<br />
Abb. 3.8: Entwicklung der Wohnbevölkerung <strong>in</strong> den Tiroler Bezirken nach Veränderungskomponenten:<br />
2001-2008 ................................................................................... 42<br />
Abb. 3.9: Wanderungsrate auf NUTS-3 Ebene im Alpenraum: 2002-2005 ....................... 43<br />
Abb. 3.10: Kumuliertes Wanderungssaldo im Bezirk Reutte: 2003-2008 .......................... 44<br />
Abb. 3.11: Kumuliertes Wanderungssaldo der grenzüberschreitenden Wanderungen im<br />
Bezirk Reutte: 2003-2008…………...………...………………..……………..44<br />
Abb. 4.1: Rücklauf der Onl<strong>in</strong>e-Umfrage an der jeweiligen Universität: 2009.................... 51<br />
Abb. 5.2: Altersverteilung der Außerferner Studierenden: 2009 ........................................ 57<br />
Abb. 5.1: Studienfortschritt der Außerferner Studierenden: 2009 ...................................... 57<br />
Abb. 5.3: Häufigkeit der Studienrichtungen der Außerferner Studierenden: 2009 ............. 58<br />
Abb. 5.4: Vergleich der regionalen Herkunft der Außerferner Studierenden mit der Wohnbevölkerung:<br />
2001 .............................................................................................. 59<br />
Abb. 5.5: Zusammenhang zwischen Bildungsniveau der Eltern und Studiumspartizipation<br />
der Außerferner Studierenden: 2009 ................................................................... 60<br />
Abb. 5.6: Image der Region unter den Außerferner Studierenden: 2009 ............................ 62<br />
Abb. 5.7: Beurteilung der regionalen Infrastruktur durch Außerferner Studierende: 2009 64<br />
Abb. 5.8: Soziale B<strong>in</strong>dungen nach Geschlecht der Außerferner Studierenden: 2009 ......... 65
Abbildungsverzeichnis<br />
- 159 -<br />
Abb. 5.9: Häufigkeit der Heimfahrten nach Studienfortschritt der Außerferner<br />
Studierenden: 2009 ......................................................................................... 66<br />
Abb. 5.10: Vere<strong>in</strong>stätigkeit <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Regionen des Bezirkes der Außerferner<br />
Studierenden: 2009 ......................................................................................... 67<br />
Abb. 5.11: Informationsquellen zu Studienmöglichkeiten der Außerferner Studierenden:<br />
2009 .................................................................................................................. 68<br />
Abb. 5.12: Ausschlaggebende Kriterien für die Wahl des jeweiligen Studiums der Außerferner<br />
Studierenden: 2009 ................................................................................ 69<br />
Abb. 5.13: E<strong>in</strong>schätzung der Arbeitsmöglichkeiten im Außerfern entsprechend der eigenen<br />
Qualifikation der Außerferner Studierenden: 2009 .......................................... 70<br />
Abb. 5.14: E<strong>in</strong>schätzung der Arbeitsmöglichkeiten <strong>in</strong> der Region nach Studienrichtung der<br />
Außerferner Studierenden: 2009 ...................................................................... 71<br />
Abb. 5.15: Praktikumstätigkeit der Außerferner Studierenden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Außerferner Unternehmen:<br />
2009 ................................................................................................... 72<br />
Abb. 5.16: Informationsquellen der Außerferner Studierenden zu Praktika: 2009 ............. 73<br />
Abb. 5.17: Abhängigkeit der beruflichen Zukunft der Außerferner Studierenden von deren<br />
Praktika <strong>in</strong> regionalen Unternehmen: 2009 ...................................................... 74<br />
Abb. 5.19: Bedeutung der Vere<strong>in</strong>barkeit von Beruf und Familie der Außerferner<br />
Studierenden: 2009 ......................................................................................... 75<br />
Abb. 5.18: Beurteilung beruflicher Aspekte <strong>in</strong> der Region durch die Außerferner<br />
Studierenden: 2009 ......................................................................................... 75<br />
Abb. 5.20: Beurteilung der Berufschancen des Partners der Außerferner Studierenden im<br />
Außerfern: 2009 ................................................................................................ 76<br />
Abb. 5.21: Gründe für die Wahl der beruflichen Zukunft im Außerfern der Außerferner<br />
Studierenden: 2009 ........................................................................................... 77<br />
Abb. 5.22: Rückkehrbereitschaft <strong>in</strong> Abhängigkeit der sozialen B<strong>in</strong>dung zum Freundeskreis<br />
der Außerferner Studierenden: 2009 ................................................................ 78<br />
Abb. 5.23: Rückkehrbereitschaft <strong>in</strong> Abhängigkeit der Häufigkeit der Heimfahrten der<br />
Außerferner Studierenden: 2009 .................................................................... 78<br />
Abb. 5.24: Gründe gegen die Wahl der beruflichen Zukunft im Außerfern der Außerferner<br />
Studierenden: 2009 ........................................................................................... 79<br />
Abb. 5.25: Vergleich des Images unter den Außerferner Studierenden h<strong>in</strong>sichtlich der<br />
regionalen Wahl der beruflichen Zukunft: 2009 ............................................ 80<br />
Abb. 5.26: Wichtigkeit der fehlenden Karrieremöglichkeit der Außerferner Studierenden <strong>in</strong><br />
Abhängigkeit der E<strong>in</strong>schätzung der Nachfrage der eigenen Qualifikation: 2009<br />
.......................................................................................................................... 80<br />
Abb. 5.27: Rückkehrbereitschaft der Außerferner Studierenden <strong>in</strong> Abhängigkeit von der<br />
Beurteilung beruflicher Aspekte: 2009 ............................................................. 81<br />
Abb. 5.28: Rückkehrbereitschaft der Außerferner Studierenden <strong>in</strong> Abhängigkeit der beruflichen<br />
Möglichkeiten des Partners: 2009 .......................................................... 82
Abbildungsverzeichnis<br />
- 160 -<br />
Abb. 5.29: Rückkehrbereitschaft der Außerferner Studierenden <strong>in</strong> Abhängigkeit des ...........<br />
Geschlechts: 2009 ............................................................................................... 82<br />
Abb. 5.30: Rückkehrbereitschaft der Außerferner Studierenden <strong>in</strong> Abhängigkeit der<br />
Herkunftsregion: 2009 .................................................................................... 83<br />
Abb. 5.31: Rückkehrbereitschaft der Außerferner Studierenden <strong>in</strong> Abhängigkeit ihres<br />
Studiums: 2009 ............................................................................................... 84<br />
Abb. 5.32: Rückkehrbereitschaft der Außerferner Studierenden <strong>in</strong> Abhängigkeit des ...........<br />
Fortschritts im Studium: 2009 .......................................................................... 85<br />
Abb. 5.33: Rückkehr<strong>in</strong>tention der Außerferner Studierenden: 2009 .................................. 86<br />
Abb. 5.34: Rückkehr<strong>in</strong>tention der Außerferner Studierenden <strong>in</strong> Abhängigkeit der ................<br />
e<strong>in</strong>geschätzten Nachfrage der eigenen Qualifikation: 2009 ............................. 86<br />
Abb. 5.35: Die Rückkehr der Außerferner Studierenden begünstigende Änderungen<br />
<strong>in</strong> der Region: 2009………………………………………………………….. 87<br />
Abb. 5.36: Grundgesamtheit und durchgeführte Telefon<strong>in</strong>terviews nach Geschlecht: 2009<br />
........................................................................................................................ 88<br />
Abb. 5.37: Qualifikation der befragten BRG-Absolventen: 2009 ....................................... 89<br />
Abb. 5.38: Gegen e<strong>in</strong>e Rückkehr der befragten BRG-Absolventen sprechende Gründe:<br />
2009 .................................................................................................................. 95<br />
Abb. 5.39: Rückkehrgründe der <strong>in</strong> der Region lebenden befragten BRG-Absolventen: 2009<br />
.......................................................................................................................... 96<br />
Abb. 5.40: Bewertung der Kreativität und Offenheit gegenüber Innovationen im Außerfern<br />
durch die befragten BRG-Absolventen: 2009 .................................................. 98<br />
Abb. 5.41: Bewertung der Infrastruktur im Außerfern durch die Befragten BRG-<br />
Absolventen: 2009……………………………..……………………………99<br />
Abb. 5.42: Rangfolge der entscheidenden Kriterien e<strong>in</strong>er Wanderung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e beliebige<br />
Region: 2009………...……………………………..………………………..101<br />
Abb. 5.43: Push-Pull-Modell auf Grundlage der Onl<strong>in</strong>e-Befragung und Telefon<strong>in</strong>terviews<br />
...................................................................................................................... 113<br />
Abb. 5.44: Wanderungsbee<strong>in</strong>flussende Faktoren .............................................................. 114<br />
Abb. 7.1: Konzept der Urbanisationsphasen ..................................................................... 136<br />
Abb. 7.2: Geme<strong>in</strong>den des Bezirkes Reutte ........................................................................ 140<br />
Abb. 7.3: Grundstückpreise im Außerfern: 2009 .............................................................. 141<br />
Abb. 7.4: Zweitwohnsitze im Außerfern: 2001 ................................................................. 142<br />
Abb. 7.5: Bevölkerungsentwicklung im Außerfern: 1971-2001 ....................................... 144<br />
Abb. 7.6: Wanderungsbilanz im Außerfern: 1991-2001 ................................................... 145<br />
Abb. 7.7: Der Anteil der über 60-Jährigen im Außerfern: 2001 ....................................... 146<br />
Abb. 7.8: Vergleich der Alterspyramiden der NUTS-3-Regionen Außerfern – Garmisch-<br />
Partenkirchen: 2001 .......................................................................................... 146
Tabellenverzeichnis<br />
- 161 -<br />
Tabellenverzeichnis<br />
Tab. 1: Kategorisierung ländlicher Räume .......................................................................... 45<br />
Tab. 2: Untersuchte Unternehmen im Außerfern: 2009 ...................................................... 54<br />
Tab. 3: Geschlechtsproportion der Außerferner Studierenden: 2009 ................................. 56<br />
Tab. 4: Studienorte der Außerferner Studierenden: 2009.................................................... 58<br />
Tab. 5: Verteilung der Praktika der Außerferner Studierenden auf Unternehmen: 2009 .... 72<br />
Tab. 6: Wohnort der befragten BRG-Absolventen: 2009.................................................... 91<br />
Tab. 7: Abhängigkeit der Rückkehr der befragten BRG-Absolventen von der Ausbildung:<br />
2009 ....................................................................................................................... 92<br />
Informantenverzeichnis<br />
[1] Klaus Witt<strong>in</strong>g, Leiter des AMS Reutte.<br />
[2] Dr. Wernder Rumpf, Direktor des BRG Reutte Feb. 2001-Feb. 2010.<br />
[3] Dr. Re<strong>in</strong>hart Schretter, Geschäftsführer Schretter & Cie, Präsident der Industriellen<br />
Vere<strong>in</strong>igung Tirol.<br />
[4] Dipl.-Kffr. (FH) Pfurtscheller Elisabeth, Controll<strong>in</strong>g Architekt Walch.<br />
[5] Dipl.-BW (FH) Nadja Henrich, Personalmanagement und Organisation Raiffeisenbank<br />
Reutte.<br />
[6] Dipl.-Psych. Detlef Bartsch, Leiter Human Ressource der Plansee Group.<br />
[7] Anton Selb, Geschäftsführer Koch Records.<br />
[8] Dr. Dietmar Baron, Verwaltungsdirektor Bezirkskrankenhaus Reutte.
Anhang<br />
- 162 -<br />
Anhang<br />
Onl<strong>in</strong>e-Fragegogen
Anhang<br />
- 163 -
Anhang<br />
- 164 -
Anhang<br />
- 165 -<br />
Fragenkatalog - Telefon-Interview<br />
Studium<br />
1. Was hast du Studiert?<br />
Studienfach: _______________<br />
Kategorie:<br />
Geisteswissenschaft<br />
Wirtschaftswissenschaft<br />
Naturwissenschaft<br />
Technische Wissenschaft<br />
Rechtswissenschaft<br />
Theologie<br />
Lehramt<br />
2. Wodurch wurde de<strong>in</strong>e Studienwahl bee<strong>in</strong>flusst?<br />
persönliches Interesse<br />
e<strong>in</strong>schlägige Praktika<br />
Schulisches Umfeld<br />
Berufschancen auf dem Arbeitsmarkt (standortungebunden)<br />
Berufschancen auf dem Außerferner Arbeitsmarkt<br />
familiäre Gründe (z.B. Mitarbeit im Familienbetrieb, Übernahme des Betriebes)<br />
sonstige:___________________________________<br />
___________________________________<br />
___________________________________
Anhang<br />
- 166 -<br />
3. Wo hast du Studiert<br />
Innsbruck<br />
L<strong>in</strong>z<br />
Wien<br />
Graz<br />
Leoben<br />
Klagenfurt<br />
Ausland (gesamtes Studium)<br />
sonstiger Ort:____________<br />
4. Welchen höchsten Abschlusstitel hast du durch de<strong>in</strong> Studium erworben?<br />
Mag<br />
Dr<br />
Dipl. Ing.<br />
sonstiger:____<br />
5. Gab es während de<strong>in</strong>es Studiums e<strong>in</strong>en studienrelevanten Kontakt mit dem Außerfern?<br />
ja<br />
Praktika<br />
Sem<strong>in</strong>ar-/Diplomarbeiten<br />
weitere Kontakte:_____________________________________<br />
_____________________________________<br />
ne<strong>in</strong><br />
Aktuelle Situation<br />
6. Wo wohnst du derzeit?<br />
Ort:______________<br />
E<strong>in</strong>wohner:________<br />
Kategorie: Stadt<br />
Markt<br />
Dorf<br />
Staat/Bundesland:____________<br />
7. Wo arbeitest du derzeit?<br />
am Wohnort<br />
sonstiger Ort:____________(Entfernung vom Wohnort:____km)<br />
8. Entspricht den derzeitiger Beruf de<strong>in</strong>em Studienprofil?<br />
ja<br />
ne<strong>in</strong>
Anhang<br />
- 167 -<br />
9. Wie groß war de<strong>in</strong> Suchradius nach Jobangeboten bei der Arbeitssuche unmittelbar nach<br />
dem Studium?<br />
Studienort und unmittelbare Umgebung<br />
Bundeslandweit<br />
Österreichweit<br />
über die Grenzen Österreichs h<strong>in</strong>weg<br />
10. Hast du auch explizit im Außerfern nach Arbeitsmöglichkeiten gesucht?<br />
ja<br />
ne<strong>in</strong><br />
11. Lebensmittelpunkt:<br />
Wenn aktueller Lebensmittelpunkt außerhalb des Bezirks:<br />
a. Was war der ausschlaggebende Grund nicht im Außerfern arbeitstätig zu werden?<br />
fehlende Arbeitsmöglichkeit<br />
zu ger<strong>in</strong>ge Karrierechancen<br />
mangelhafte Infrastruktur<br />
prov<strong>in</strong>zieller Charakter<br />
persönliche B<strong>in</strong>dungen am Studienort oder anderem Ort<br />
ke<strong>in</strong> Interesse am Außerfern<br />
b. Hattest du während der Arbeitsplatzsuche Stellenangebote im Außerfern?<br />
ja<br />
ne<strong>in</strong><br />
c. Wenn ja, warum hast du sie/es nicht angenommen?<br />
„Konkurrenzangebot“ war <strong>in</strong>teressanter<br />
Ich wollte etwas Neues kennen lernen<br />
Ich wollte nicht <strong>in</strong>s Außerfern zurückziehen<br />
andere Gründe:_______________________________________<br />
_______________________________________<br />
_______________________________________<br />
_______________________________________<br />
_______________________________________<br />
d. Hast du zwischen Abschluss des Studiums und jetzigem Lebensmittelpunkt im<br />
Außerfern gelebt?<br />
ja<br />
ne<strong>in</strong>
Anhang<br />
- 168 -<br />
Wenn aktueller Lebensmittelpunkt im Bezirk:<br />
e. Was war der ausschlaggebende Grund <strong>in</strong> das Außerfern zurückzukehren?<br />
gute Berufsaussichten/konkretes Angebot<br />
soziale Gründe (Familie, Freunde, Partner)<br />
Lebensqualität<br />
Andere:___________________________________________<br />
___________________________________________<br />
___________________________________________<br />
Zukünftige Situation<br />
Wenn außerhalb der Region:<br />
12. Ist die Rückkehr <strong>in</strong> das Außerfern <strong>in</strong> Aussicht?<br />
ja, durchaus<br />
möglicherweise<br />
eher nicht<br />
ne<strong>in</strong>, auf ke<strong>in</strong>en Fal<br />
13. Bestehen für de<strong>in</strong>e Qualifikation entsprechende Arbeitsmöglichkeiten im Außerfern?<br />
ja<br />
ne<strong>in</strong><br />
weiß nicht<br />
14. Unter welchen Bed<strong>in</strong>gungen würdest du <strong>in</strong> das Außerfern zurückkehren?<br />
bessere Arbeitsmarktsituation<br />
höherer Verdienst<br />
bessere Weiterbildungsmöglichkeiten<br />
bessere verkehrtechnische Erschließung an die nächstgelegenen Zentren (München,<br />
Innsbruck, Kempten, Stuttgart)<br />
städtischere Lebensweise und E<strong>in</strong>stellungen der Bewohner<br />
vielseitigeres Freizeitangebot<br />
vielseitigeres Kulturangebot<br />
bessere K<strong>in</strong>derbetreuung<br />
sonstiges:___________________________________________<br />
___________________________________________<br />
___________________________________________<br />
___________________________________________<br />
Wenn <strong>in</strong>nerhalb der Region:<br />
15. Planst du die kommende Zeit (mittelfristig gesehen) im Außerfern zu bleiben?<br />
ja<br />
ja, aber ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Wegzug tendenziell nicht abgeneigt<br />
eher nicht; ich suche bereits nach e<strong>in</strong>em Arbeitsplatz außerhalb der Region<br />
ne<strong>in</strong>
Anhang<br />
- 169 -<br />
16. Lebt de<strong>in</strong> Partner <strong>in</strong> der Region?<br />
ja<br />
ne<strong>in</strong><br />
stammt aus dem Außerfern<br />
wegen mir zugezogen<br />
hat schon da gelebt<br />
ich b<strong>in</strong> S<strong>in</strong>gle<br />
a. Wenn ja, bestehen für die Ausbildung de<strong>in</strong>es Lebenspartners passende Arbeitsmöglichkeiten<br />
im Außerfern?<br />
ja, ist bereits im Außerfern arbeitstätig<br />
pr<strong>in</strong>zipiell ja<br />
ne<strong>in</strong><br />
Beide Gruppen<br />
17. Welches s<strong>in</strong>d für dich die wichtigsten Kriterien bei e<strong>in</strong>em Umzug <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e andere Region?<br />
(Ordne nach ihrer Wichtigkeit)<br />
1 Besserer Verdienst<br />
5 Karriere<br />
4 Familienfreundlichkeit der Zielregion<br />
2 Lebensqualität der Zielregion<br />
3 sonstiges Kriterium:_______ ________________<br />
_______________________<br />
B<strong>in</strong>dung an das Außerfern<br />
18. Wie stark ist de<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>dung an das Außerfern<br />
sehr stark<br />
stark<br />
mittelmäßig<br />
schwach<br />
ke<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>dung<br />
19. Welches s<strong>in</strong>d die wesentlichen Gründe für die B<strong>in</strong>dung?<br />
Freunde<br />
Familie<br />
Familienunternehmen<br />
Lebenspartner<br />
Erholung<br />
sonstiges:___________________________________________<br />
___________________________________________<br />
___________________________________________
Anhang<br />
- 170 -<br />
Bewertung des Außerferns<br />
20. Wie ausgeprägt ist der Spielraum für Kreativität und Innovationen im Außerfern?<br />
kaum Spielraum gegeben<br />
im Vergleich eher schlecht sturheit, neuem wird reserviert gegenüber gestanden<br />
mittelmäßig<br />
gut<br />
sehr offene E<strong>in</strong>stellung<br />
21. Wie beurteilst du das Angebot folgender Bereiche auf e<strong>in</strong>er Skala von 1-5(6?)?<br />
__ Freizeit/Naherholung<br />
__ Kultur<br />
__ öffentlicher Verkehr <strong>in</strong>nerhalb der Region<br />
__ Anb<strong>in</strong>dung durch Verkehrs<strong>in</strong>frastruktur nach Außen (Straße und Schiene)<br />
__ Bildungsmöglichkeiten für K<strong>in</strong>der<br />
__ K<strong>in</strong>derbetreuung<br />
__ Weiterbildungsmöglichkeiten<br />
22. Wie wichtig ist für dich die Vere<strong>in</strong>barkeit von Beruf und Familie?<br />
sehr wichtig<br />
wichtig<br />
eher unwichtig<br />
nicht relevant<br />
Zusätzliche Angaben<br />
23. Angaben zur Person:<br />
a. Geschlecht<br />
W<br />
M<br />
b. Herkunftsregion:<br />
Reutte und Umgebung<br />
Lechtal<br />
Tannheimer Tal<br />
Zwischentoren<br />
außerhalb des Außerferns