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Day & Night Festival Nena Mike Mazur im Porträt ... - PIGmagazin

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MAGAZIN | KOLUMNE<br />

Und jetzt Sport!<br />

Die Revolution lebt!<br />

Brot und Spiele. Fußball als Opium fürs Volk. Irgendwie hat das <strong>im</strong>mer<br />

funktioniert. „Das war einmal“, sagt Dr. L. Eder. Die Demonstrationen<br />

rund um den Confederations Cup in Brasilien sind nach Meinung unseres<br />

Sportchefs das Beste, was dem Fußball widerfahren konnte.<br />

Sepp und seine Spießgesellen haben mit allem<br />

gerechnet, aber wahrlich nicht damit. In<br />

einem fußballverrückten Land, vielleicht dem<br />

fußballverrücktesten überhaupt, protestieren die<br />

Menschen gegen die Weltmeisterschaft <strong>im</strong> kommenden<br />

Jahr. Und das, obwohl zeitgleich der Confederations<br />

Cup über die Bühne geht. Der Baum<br />

brennt lichterloh. Und ich liebe es! Denn die Menschen<br />

in Rio de Janeiro, São Paulo und Recife tun<br />

damit der ganzen Welt einen großen Gefallen. Ihre<br />

Proteste zeugen nicht nur von der demokratischen<br />

Reife eines Landes, welches bis in die 1980er noch<br />

von einer faschistischen Militärdiktatur unterjocht<br />

wurde. Endlich erhebt sich eine Demokratie gegen<br />

die zutiefst antidemokratische Fifa-Mafia. Was<br />

Südafrika 2010 und auch Deutschland 2006 sich<br />

nicht trauten, übern<strong>im</strong>mt nun das Land des fünfmaligen<br />

Weltmeisters.<br />

Ich ziehe meinen Hut vor dem brasilianischen<br />

Volk. Diejenigen Funktionäre und ehemaligen<br />

Stars – vor allem Pelé und Firlefranz –, die sich<br />

und den Fußball vor langer Zeit schon verkauft<br />

haben, können sich keinen Re<strong>im</strong> darauf machen.<br />

Sepp Blatter rechnete mit einem schnellen Ende<br />

der Proteste, da der Fußball „stärker als die Unzufriedenheit<br />

der Menschen“ sei. Nur hat sich der<br />

Fifa-Präsident dabei schwer geirrt, denn die Brasilianer<br />

haben erkannt, dass das größte Sportereignis<br />

unseres Planeten <strong>im</strong> kommenden Jahr nicht das<br />

ihre sein wird. Milliarden für die WM statt Gelder<br />

für Bildung, dazu korrupte Strukturen in der Politik.<br />

Die Kritik an der eigenen Regierung wirft auch<br />

einen großen Schatten auf die Fifa.<br />

Strikte Auflagen und Regeln <strong>im</strong> Sinne der Sponsoren,<br />

überteuerte Eintrittspreise und wie schon<br />

vor drei Jahren in Südafrika die Zwangsräumung<br />

von Wohnungen für milliardenschwere Stadien,<br />

die nach der WM leer stehen, lassen die Fußball-<br />

WM – einst Sport der Massen und Armen – <strong>im</strong>mer<br />

mehr zu einem Spektakel der Privilegierten<br />

verkommen. Und geschmiert wird dabei, was das<br />

Zeug hält! Dass sich das ausgebeutete Volk irgendwann<br />

einmal wehrt, kann nicht wirklich verwundern.<br />

Aber selbst der friedliche Hinweis der Demonstranten<br />

auf die Missstände <strong>im</strong> Lande wird<br />

nicht geduldet. Mit dem brachialen Einsatz von<br />

Knüppeln, Tränengas und Gummigeschossen ist<br />

die Machtelite bestrebt, den Status Quo aufrecht zu<br />

erhalten. Komme, was wolle!<br />

Was die Fifa um ihren führenden Apparatschik<br />

aber bis ins Mark getroffen<br />

hat, ist die Solidarität<br />

PIG-Sportexperte Dr. L.<br />

Eder legt gerne den Finger<br />

in die Wunde. Nicht nur<br />

sportlich – auch gesellschaftlich<br />

& politisch.<br />

der brasilianischen Nationalmannschaft<br />

mit ihren<br />

revoltierenden Bürgern.<br />

„Die Seleção ist das Volk“,<br />

sagte Brasiliens Nationaltrainer Luiz Felipe Scolari<br />

angesichts der Ereignisse in seiner He<strong>im</strong>at. „Wir<br />

sind das Volk“, haben 1989 in Leipzig auch hunderttausende<br />

Demonstranten gerufen. Ein paar<br />

Tage später war die Mauer gefallen. Und ein Diktator<br />

gestürzt, der den Sport stets als Propagandamittel<br />

eingesetzt hatte.<br />

Wenn also ein Umsturz in einem Staat möglich ist,<br />

wieso dann nicht auch in einem Verband, der nachweislich<br />

den Weltfußball seit Jahrzehnten für seine<br />

Zwecke missbraucht? Helden wie Bradley Manning,<br />

Julian Assange oder Edward Snowden, die<br />

allesamt die Wahrheit kund tun, werden mundtot<br />

gemacht. Stattdessen darf der Fifa-Lügenapparat<br />

nach Belieben walten. Aber nicht mehr lange, da<br />

bin ich mir sicher. Die Ereignisse in Brasilien sind<br />

nämlich das Beste, was dem Fußball widerfahren<br />

konnte. Die Revolution lebt! •<br />

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