ckkehr: Aufbau und Theologie der Apostelgeschichte im Kontext des ...

Abkehr von der Rückkehr 417
Vorwort (Lk 1.1–4) Vorwort (Apg 1.1–3)
Kindheitserzählung (Lk 1.5–2.52)
Einleitung (Apg 1.4–12) Einleitung (Lk 3.1–4.12)
A: In Galiläa (Lk 4.14–9.50) C’: In Jerusalem (Apg 8.4–11.18)
B: Von Galiläa nach Jerusalem B’: In Judäa und Samaria
(Lk 9.51–19.27) (Apg 8.4–11.18)
C: In Jerusalem (Lk 19.28–24.53) D: Bis zum Ende der Erde
(Apg 11.19–28.31)
Das Evangelium nahm zwar in Galiläa seinen Ausgang. Jerusalem markierte
jedoch in der Krisis den zentralen Wurzelgrund und Wendepunkt des
Heilsgeschehens, sodass die Basileia-Botschaft nicht an ihren Ausgangspunkt
zurückkehren darf. In Galiläa hatte Jesus bereits selbst erfolgreich für seine Sache
geworben. Galiläa wird in Apg 9.31 daher nur summarisch nachgetragen. Hier
wurde die Basileia-Botschaft zuerst verkündet, der Norden Israels bildet keinen
weißen Fleck auf der Missionslandkarte.
Das macht verständlich, warum die Missionierung Galiläas im Programm in
Apg 1.8 nicht angesprochen wird. Nach dem Wirken der Zeugen in Jerusalem
musste nur noch in Judäa und Samaria das Evangelium verkündet werden, um es
in ganz Israel zu verbreiten. Eine Rückkehr nach Galiläa wäre redundant, ein nostalgisches
Verkriechen in der anfänglichen Heimat der Basileia-Botschaft. Statt
dessen muss das Evangelium über die Grenzen hinaus, bis an das Ende der Welt
getragen werden. Apg 9.31 markiert nach Paulus’ Bekehrung bereits eine erste
Zäsur in einer Mission, die sich auf Israel beschränkt. Mit Petrus’ Wirken in Judäa
sowie der Küstenregion und der sich anschließenden Heidenmission schuf Lukas
den Übergang zu einer Verkündigung, die diese engen Grenzen sprengt.
E. Die Neuinterpretation der Diaspora
Der Evangelist wandte sich jedoch nicht nur gegen eine Rückkehr nach
Galiläa, sondern auch gegen eine Sammlung der Christen in Jerusalem, am
Ausgangspunkt der Gemeindegeschichte. Er nahm damit eine Neuinterpretation
des alttestamentlichen Diasporakonzeptes vor. An die Stelle der heilvollen
Rückkehr trat die Zerstreuung. Das Zitat aus Jes 49.6 in Apg 1.8 und 13.47 berührt
den Kern der lukanischen Theologie. Die Heilsbotschaft wurde auf die Völker ausgedehnt
und blieb nicht länger allein Israel vorbehalten. Dieser Ansatz zeigt sich
und Apostelgeschichte (EHS.T 545; Frankfurt am Main u.a.: Lang, 1995) 138–9, der sich
konsequent an den geographischen Aufriss in Apg 1.8 hält und einen dreiteiligen Aufbau der
Apostelgeschichte – zwischen Vorgeschichte und Epilog – präsentiert, der mit der Struktur
des Lukasevangeliums korrespondiert, in den Abgrenzungen aber gegenüber dem hier
vorgestellten Vorschlag abweicht (Lk 1.1–2.52; 3.1–9.50; 9.51–19.44; 19.45–24.51; 24.52–24.53; Apg
1.1–2.41; 2.42–8.1a; 8.1b–12.25; 13.1–28.15; 28.16–31).