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Fünftes und sechstes Forum Menschenwürdige Wirtschaftsordnung ...

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Akademie für Politische Bildung Tutzing<br />

punkt liegt dabei auf dem chinesischen Kulturkreis <strong>und</strong> den Entwicklungen in Festland-<br />

China. Der chinesische Kulturkreis hat in historischer Perspektive auf die nationalen<br />

kulturellen Ausprägungen der gesamten Region stark prägend gewirkt <strong>und</strong> war in jüngerer<br />

Zeit in besonderem Maße über die wirtschaftlich sehr erfolgreiche Gruppe der<br />

„Auslandschinesen“ gerade in Südostasien präsent.3<br />

2 Konfuzianismus <strong>und</strong> wirtschaftliche Entwicklung<br />

Auch wenn ein breites Spektrum von spezifischen Faktoren die kulturelle Prägung der<br />

verschiedenen nationalen (<strong>und</strong> subnationalen) Einheiten der hier thematisierten Region<br />

determiniert hat, so scheint doch dem Konfuzianismus eine besondere Rolle zuzukommen.<br />

Die konfuzianische Ethik hat das soziale, politische <strong>und</strong> damit auch das ökonomische<br />

Leben der herrschenden Eliten in Ost- <strong>und</strong> Südostasien über (z. T. viele) Jahrh<strong>und</strong>erte<br />

hinweg entscheidend geprägt. Wird jedoch das zentrale gemeinsame Element<br />

der ost- <strong>und</strong> südostasiatischen Kulturen im Konfuzianismus gesehen, so stellt sich die<br />

Frage, wieso sich ausgerechnet dieses Element positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung<br />

der letzten Jahrzehnte hätte auswirken sollen. Denn zentrale Schriften wie auch<br />

Interpretationen der konfuzianischen Lehre sind in hohem Maße von Misstrauen <strong>und</strong><br />

Geringschätzung gegenüber wirtschaftlichem Handeln geprägt. Wirtschaftliches Handeln<br />

<strong>und</strong> materielles Gewinnstreben im Besondern wird als gr<strong>und</strong>sätzlich „gemeines“ Verhalten<br />

betrachtet. Der „Edle“ dagegen pflegt die Moral <strong>und</strong> strebt nach Bildung – nicht<br />

nach ökonomischen Profiten.4<br />

Aber auch jüngere Interpretationen sprechen dem Konfuzianismus keineswegs eine<br />

wachstumsfördernde Rolle zu. Im Gegenteil. In Europa sind wahrscheinlich die kritischen<br />

Analysen Hegels <strong>und</strong> Herders am bekanntesten sowie die Interpretation Max Webers,<br />

der im Konfuzianismus <strong>und</strong> der durch ihn unterstützten patrimonial-despotischen Staatsform<br />

sowie der personalistisch-netzwerkorientierten Gesellschaftsordnung das zentrale<br />

Hindernis für die Ausbildung eines gewerblichen Kapitalismus in China sah.5 Ganz<br />

ähnlich ist aber auch die Einschätzung einiger der einflussreichsten Intellektuellen<br />

Chinas im ausgehenden 19. <strong>und</strong> frühen 20. Jahrh<strong>und</strong>ert, die im Konfuzianismus den Inbegriff<br />

reaktionärer Erstarrung sahen. Das Werk von Lu Xun (1881 bis 1936), einem der<br />

wichtigsten <strong>und</strong> einflussreichsten Schriftsteller in den Jahren des dynastischen Niedergangs<br />

<strong>und</strong> des nachfolgenden nationalen Neufindungsprozesses, ist geprägt von umfassender<br />

Kritik des Konfuzianismus <strong>und</strong> dessen Behinderung dynamischer Fortentwicklung<br />

in der chinesischen Gesellschaft:<br />

„Chinese culture is a culture of serving one’s masters who are triumphant at the cost of<br />

the misery of the multitude. […] There is a favorite technique of those who know the old<br />

3 Vgl. Redding (1990); Weidenbaum, Hughes (1996).<br />

4 Vgl. Schleichert (1980).<br />

5 Vgl. Weber (1991).<br />

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