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Fünftes und sechstes Forum Menschenwürdige Wirtschaftsordnung ...

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Akademie für Politische Bildung Tutzing<br />

mal“ des Menschen. Am Gestaltungsauftrag ändert sich jedoch nichts, wenn man die<br />

Würde des Menschen als begriffliche Zuschreibung im Sinne einer kulturellen Errungenschaft<br />

versteht, die durchaus global verfügbar ist <strong>und</strong> für diese Interpretation des<br />

Menschenbildes wirbt. Ich möchte daher methodisch einen derart metaphysikfreien,<br />

pragmatischen Begründungsansatz vorschlagen: Unsere lebenspraktischen Erfahrungen<br />

mit den weltweit feststellbaren Verstößen gegen Menschenwürde sind so eindringlich<br />

<strong>und</strong> vielschichtig, dass sich der philosophische Teil 1 eigentlich von selbst erledigt. Um<br />

es mit Theodor Adorno zu formulieren: Im Angesicht von Auschwitz erübrigt es sich,<br />

nach philosophischen Begründungen der Menschenwürde zu fragen.10<br />

Wenn man diese Gr<strong>und</strong>überlegungen auf unseren Themenbereich der Unternehmensethik<br />

bezieht will, so folgt aus Art. 1 GG <strong>und</strong> vergleichbaren Festlegungen unmittelbar<br />

eine Befassung mit dem Gestaltungsauftrag (Teil 2): Die praktische Ausgestaltung der<br />

Arbeitsverhältnisse darf weder national noch global gegen die Idee der Menschenwürde<br />

verstoßen. Wie immer man diese auch inhaltlich konkret ausgestalten mag, es geht im<br />

Kern darum, ein bestimmtes Mindestmaß an Möglichkeiten zur Selbstbestimmung des<br />

Menschen im Arbeitsprozess nicht zu unterschreiten. Gerade eine Disziplin wie die<br />

Betriebswirtschaftslehre – bzw. die Managementlehre – muss in diesem Sinne einen<br />

begrifflichen Bezug zum Thema „Würde“ herstellen können, indem sie Grenzen fremdbestimmten<br />

Handelns in Unternehmungen zieht, den Menschen nicht zum bloßen Objekt<br />

in Form eines beliebig disponiblen „Produktionsfaktors“ werden lässt. Sonst würde dies,<br />

scharf formuliert, nicht verfassungskonform sein. Erst recht gälte das dann für die Unternehmensethik<br />

als F<strong>und</strong>ament der Lehre von der Unternehmensführung, da sie sich mit<br />

den tragenden Werten <strong>und</strong> Normen dieses Faches explizit beschäftigt.<br />

Unser Thema, so möchte ich einleitend festhalten, ist damit also kein philosophisches,<br />

sondern ein eminent praktisches <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentales. Ich möchte mich dabei im Übrigen<br />

bewusst beschränken auf den Aspekt der Menschenwürde, obwohl man dazu kritisch<br />

anmerken könnte, dass die Frage der Würde damit „anthropozentrisch“ verkürzt wird.<br />

Denn letztlich geht es nicht nur um den Menschen, sondern auch ganz allgemein um die<br />

Würde der belebten <strong>und</strong> der unbelebten Natur, die man durch wirtschaftliches Handeln<br />

beeinträchtigt sehen kann.11 Aber lassen wir uns in einem ersten Schritt wenigstens diese<br />

naheliegende Frage nach der Würde des Menschen im unternehmerischen Handlungszusammenhang<br />

aufwerfen; das Problem eines würdevollen Umganges mit der belebten<br />

<strong>und</strong> der unbelebten Natur wirft methodisch eine ganz Reihe weiterer Fragen auf, denen<br />

ich im hier verfügbaren Rahmen nicht nachgehen kann.12<br />

10 Vgl. Adorno in seiner „Negativen Dialektik“, Adorno (1996).<br />

11 Vgl. zu einer umfassenden Bestimmung von Naturethiken Meyer-Abich (1986) oder Krebs (2007).<br />

12 Man muss vor allem den genuin anthropozentrisch entwickelten Begriff der Würde auf die Natur<br />

übertragen <strong>und</strong> dieser dann entweder (a) ein „Recht an sich“ zuschreiben, was letztlich wieder nur<br />

anthropozentrisch begründet werden kann, oder (b) die Legitimation bestimmter „Stellvertreter“<br />

begründen, die als Sachwalter der Interessen von Bäumen, Tieren, Landschaften auftreten, aber in<br />

dieser Eigenschaften auch nur wiederum „anthropozentrisch“ argumentieren können.<br />

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