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Fünftes und sechstes Forum Menschenwürdige Wirtschaftsordnung ...

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Akademie für Politische Bildung Tutzing<br />

verwaltungs- <strong>und</strong> marktwirtschaftlicher Ordnungselemente, Korruption befördernder,<br />

partikularistischer Sozialstrukturen etc. hätte dieser ökonomische Aufschwung eigentlich<br />

nie stattfinden dürfen.<br />

Einen tragfähigen Erklärungsansatz bietet dagegen aber anscheinend eine spezifische<br />

Mischung von stark <strong>und</strong> gering ausgeprägten konfuzianischen Werten (vgl. Tabelle), die<br />

Hofstede <strong>und</strong> Bond in den meisten der modernen ost- <strong>und</strong> südostasiatischen „Wirtschaftsw<strong>und</strong>er-Kulturen“<br />

als kulturprägend identifizieren konnten.32 Es gab also tatsächlich<br />

kulturelle Gemeinsamkeiten, die diese Gesellschaften zum Zeitpunkt ihrer<br />

„Wirtschaftsw<strong>und</strong>er-Phasen“ teilten. Bemerkenswert ist dabei insbesondere die Gruppe<br />

der konfuzianischen Werte, die nur in geringer Ausprägung als der ökonomischen Entwicklung<br />

förderlich angesehen werden können. Genau diese Werte waren in den verschiedenen<br />

Kulturen erst kurz vor Anheben ihrer „Wirtschaftsw<strong>und</strong>er“ massiv erschüttert<br />

worden (Weltkrieg, Koreakrieg, Globalisierung) <strong>und</strong> hatten somit erst kurz zuvor den<br />

Weg für eine neue „Wertemischung“ frei gegeben.<br />

Tabelle:<br />

Konfuzianische Werte mit positiver Rückkopplung auf wirtschaftliche Entwicklung<br />

Starke Ausprägung/Beachtung<br />

Beharrlichkeit, Ausdauer<br />

Statusorientierte Ordnung der Beziehungen<br />

zwischen Individuen<br />

Sparsamkeit<br />

Schamgefühl<br />

Geringe Ausprägung/Beachtung<br />

Persönliche Standfestigkeit<br />

Bedürfnis, das „Gesicht“ zu wahren<br />

Hochschätzung der Tradition<br />

Erwiderung von Grüßen, Gefälligkeiten,<br />

Geschenken<br />

Quelle: Hofstede, Bond (1988).<br />

Es steht somit im Raum, ob es nicht tatsächlich eine ost- <strong>und</strong> südostasiatische Alternative<br />

zu dem Weber’schen Satz von kulturellen Gr<strong>und</strong>werten <strong>und</strong> sozio-ökonomischen Institutionen<br />

gibt, die – wenn auf der Ebene der Herrschaftsideologie akkommodierende<br />

Strukturen vorherrschen (vgl. Festland-China vor <strong>und</strong> nach 1978!) <strong>und</strong> das notwendige<br />

Marktumfeld (mit Kaufkraft unterlegte Nachfrage) gegeben ist – die ökonomische Entwicklung<br />

vorantreiben <strong>und</strong> zur Entfaltung dynamischer kapitalistisch-marktwirtschaftlicher<br />

Strukturen führen können. Tatsächlich entsteht derzeit eine neue Literatur, die<br />

genau dies zu belegen versucht. Rühle33 zeichnet so z. B. das Bild einer neuen Form des<br />

Kapitalismus, die sich im chinesischen Kulturkreis herausbildet <strong>und</strong> – entgegen dem<br />

Weber’schen Postulat – die von diesem so heftig kritisierten Kulturelemente nicht<br />

einfach überschreibt, sondern zur Ausbildung eines alternativen Systems kapitalistischer<br />

Ökonomie einsetzt.34 Es scheint sich ein neuer Konsens herauszukristallisieren: Komplementär<br />

zur gr<strong>und</strong>legenden ökonomischen Analyse gibt es tragfähige kulturelle<br />

Erklärungsansätze für die Dynamik des Kapitalismus in Asien: culture matters!<br />

32 Vgl. Hofstede, Bond (1988).<br />

33 Vgl. Rühle (im Druck).<br />

34 Ähnlich auch Brink (2010).<br />

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