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Da ein Staat nicht ohne die Menschen zu denken ist, die ihn letztlich mit Leben erfüllen, zieht sich konsequenterweise die entscheidende Fragestellung nach der Zuordnung von Einzelnem und Gesellschaft wie ein roter Faden durch wichtige Teile des Buches. Ausgangspunkt bildet dabei die der Verfassung zugrundeliegende Menschenwürde, aus der die Freiheitsrechte des Individuums resultieren. Sie sind wesentlicher Inhalt der Staatsverfassung. Doch auf dieser Grundlage allein kann kein Gemeinwesen bestehen, da Gemeinwohl sich nicht nach dem Motto verwirklicht: ‚Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht.‘ Daher macht Verf. sehr deutlich, wie wichtig es für das Überleben eines Staates ist, daß seine Bürger ihre Freiheitsrechte auch wahrnehmen und so aus freien Stücken Bindungen eingehen. Würden beispielsweise die Menschen nicht von ihrem Recht zur Familie Gebrauch machen und auf diese Weise Verantwortung für Partner und Kinder übernehmen, könnte keine Gesellschaft überleben. „Das Freiheitsrecht gewährt hier nicht Freiheit vom Staat oder vom Einfluß anderer, sondern Freiheit durch andere, es ereignet sich nur in der Verantwortlichkeit oder rechtlichen Ve rpflichtungen Dritter.“ (S. 17) Bereits an diesem Punkt deutet sich an, daß der Staat von Voraussetzungen lebt, die er selbst nicht garantieren kann: Er ist auf die Freiheitsbereitschaft und Demokratiewilligkeit seiner Bürger, die sich in Familie, Vereinen, Verbänden usw. engagieren, angewiesen, ohne dies erzwingen zu können, weil dies gegen die verfassungsmäßig garantierte Freiheit und die staatliche Neutralität in weltanschaulichen Fragen verstieße. Doch das kann nicht heißen, daß der Staat sich nicht um diese Voraussetzungen seiner selbst zu kümmern bräuchte. Vielmehr muß er – wie Verf. sehr eingängig herausarbeitet – Sorge dafür tragen, daß ein ethische Fundament wachsen und sich festigen kann. Insofern hier den Religionen und den Kirchen eine maßgebliche Rolle zukommt, muß der Staat auch sie im Blick haben, denn Religion ist „freiheitserheblich“ (S. 39). Indem der Staat der Religion und den Kirchen Freiheitsräume zur Entfaltung in der Gesellschaft sichert, ohne hier selbst Inhalte vorzugeben, erweist er sich als Garant seiner Freiheitsvoraussetzungen. Doch über den nationalen Rahmen hinaus sind diese Überlegungen auch im größeren, europäischen Kontext relevant, wie die Diskussion um den Gottesbezug in der Präambel der Europäischen Verfassung deutlich macht. Identität findet Europa als freiheitliche Gemeinschaft nur, wenn der christliche Gedanke der Menschenwürde nicht als Sondergut ohne Mehrheitsfähigkeit deklariert wird. Der Staat ist Rechtsstaat. Erst durch die Einbettung in die Rechtsgemeinschaft und den Schutz durch die Staatsorgane werden die vorstaatlichen Freiheitsrechte des Individuums auch verbindlich und einklagbar. Doch das allein trägt keine Gesellschaft, da liberale Freiheitsrechte noch keine Teilhabe garantieren. So hat der Mensch auch „Anspruch darauf, nicht existentiell und kulturell zu verhungern“ (S. 71). So muß neben den Rechtsstaat, der den Menschen in seiner Freiheit sieht, der Sozialstaat treten, der auch die Hilfsbedürftigen nicht übersieht. Geld spielt hier eine entscheidende Rolle: Es ist nicht nur die ökonomische Basis individueller Freiheit, sondern auch das wichtigste Handlungsmittel des Staates. Dieses Handlungsmittel gewinnt der Staat durch Steuern, wobei allerdings unbedingt zu beachten ist, daß nicht blindlings die bloße Leistungsfähigkeit besteuert wird, sondern deren 78

Zuwachs, den der Staat erst durch die von ihm geordnete und garantierte Rechts - und Marktgemeinschaft ermö g- licht. Wer von Letzteren profitiert, hat durch seine Steuern zu deren Erhalt beizutragen. Als ausgewiesener Steuerexperte warnt Kirchhof davor, Steuern als politisches Lenkungsinstrument zu mißbrauchen, das nur dazu führt, Kapitelströme fehlzulenken und damit die Grundlage der Steuern schwächt. Die Relevanz der Überlegungen Kirchhofs sind mehr als evident. Sein Buch zeichnet zudem aus, daß es in nachahmenswert prägnanter Weise zugleich die Problematik darlegt und Lösungsansätze aufweist. Der gut lesbare Band bietet dem Leser hilfreiche Orientierungen in einer komplexen Fragestellung, indem Verf. zu den einzelnen Problemfeldern zunächst die Grundlagen darlegt, um darauf aufbauend aufzuzeigen, worin die im Titel angesprochene „Erneuerungsaufgabe“ des Staates besteht. Kurzum: eine Pflichtlektüre für jeden interessierten Bürger – für den Sozialethiker zumal. Alexander Saberschinsky Wirtschaftsethik Das vorliegende Buch enthält eine Reihe einschlägiger Publikationen aus dem langjährigen Wirken des Finanz- und Währungspolitikers Wolfgang Schmitz, dessen besonderes Interesse den Fragen der Wirtschaftsethik und besonders der Ordnungsethik gehört. Wolfgang Schmitz, Wirtschaftsethik als Ordnungsethik – In ihrem Anspruch an Sozial -, Konjunktur- und Währungspolitik, hrsg. von J. Hanns Pichler und Stefan W. Schmitz, Berlin (Duncker und Humblot) 2004, 301 S. Unter dem Einfluß von Johannes Messner geht Schmitz dabei von den existentiellen Zwecken des Menschen aus: Dieser könne seine Lebensaufgaben nur in einer Gesellschaft verwirklichen, die durch eine funktionsfähige Wirtschafts - und Sozialordnung gekennzeichnet ist. In diesem Sinn weist die Ordnungsethik jene Wege, die für die maßgebenden Institutionen wie Regierung, Parlament, Notenbank, Parteien und Verbände sich aus ethischer, ökonomischer und politischer Einsicht und Sachkenntnis erg e- ben. Am Beispiel der sozialen Gerechtigkeit, in den Fragen der sozialen Funktion des Wettbewerbs, in der Familienpolitik, der Konjunktur- und Budgetpolitik und im besonderen im Bereich der Währungspolitik konfrontiert Schmitz die ethischen Herausforderungen mit den gegebenen ökonomischen und sozialen Fakten. Die Währungsethik (über die Schmitz auch an den Universitäten Wien und Innsbruck gelehrt hat) ist für ihn eine tragende Säule der Wirtschaftsethik . Besondere Kenntnisse und Erfahrungen weist Schmitz in der internationalen Währungspolitik auf. Für die Währungspolitik und Währungsethik hat Schmitz neue Akzente gesetzt und sich auch im internationalen Bereich vielfach betätigt. Der Autor analysiert auch die Währungspolitik einzelner Staaten: So stellt er am Beispiel Deutschlands dessen deutliche Unabhängigkeit der Notenbank und das Staatsfinanzierungsverbot heraus. Aus seiner großen Erfahrung und seiner umfassenden Kenntnisse in der Währungspolitik und Währungsethik sind die Beiträge des Autors zur rechtlichen und zur verfassungsrechtlichen Absicherung der Währung von besonderer Bedeutung und Aktualität. Aus währungsethischer Sicht nimmt die Frage der Stabilität des Geldwertes bei Schmitz einen hervorragenden Rang ein. Das Buch zeigt die Früchte einer vierzigjährigen wissenschaftlichen Arbeit (wobei nur ein kleiner Teil der Publikationen des Autors 79

Da ein Staat nicht ohne die Menschen zu<br />

denken ist, die ihn letztlich mit Leben<br />

erfüllen, zieht sich konsequenterweise<br />

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Gesellschaft wie ein roter Faden durch<br />

wichtige Teile des Buches. Ausgangspunkt<br />

bildet dabei die der Verfassung<br />

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der die Freiheitsrechte des Individuums<br />

resultieren. Sie sind wesentlicher Inhalt<br />

der Staatsverfassung.<br />

Doch auf dieser Gr<strong>und</strong>lage allein kann<br />

kein Gemeinwesen bestehen, da Gemeinwohl<br />

sich nicht nach dem Motto<br />

verwirklicht: ‚Wenn jeder an sich denkt,<br />

ist an alle gedacht.‘ Daher macht Verf.<br />

sehr deutlich, wie wichtig es für das<br />

Überleben eines Staates ist, daß seine<br />

Bürger ihre Freiheitsrechte auch wahrnehmen<br />

<strong>und</strong> so aus freien Stücken Bindungen<br />

eingehen. Würden beispielsweise<br />

die Menschen nicht von ihrem Recht<br />

zur Familie Gebrauch machen <strong>und</strong> auf<br />

diese Weise Verantwortung für Partner<br />

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Gesellschaft überleben. „Das Freiheitsrecht<br />

gewährt <strong>hier</strong> nicht Freiheit vom<br />

Staat oder vom Einfluß anderer, sondern<br />

Freiheit durch andere, es ereignet sich<br />

nur in der Verantwortlichkeit oder rechtlichen<br />

Ve rpflichtungen Dritter.“ (S. 17)<br />

Bereits an diesem Punkt deutet sich an,<br />

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ist auf die Freiheitsbereitschaft <strong>und</strong><br />

Demokratiewilligkeit seiner Bürger, die<br />

sich in Familie, Vereinen, Verbänden<br />

usw. engagieren, angewiesen, ohne dies<br />

erzwingen zu können, weil dies gegen<br />

die verfassungsmäßig garantierte Freiheit<br />

<strong>und</strong> die staatliche Neutralität in<br />

weltanschaulichen Fragen verstieße.<br />

Doch das kann nicht heißen, daß der<br />

Staat sich nicht um diese Voraussetzungen<br />

seiner selbst zu kümmern bräuchte.<br />

Vielmehr muß er – wie Verf. sehr eingängig<br />

herausarbeitet – Sorge dafür<br />

tragen, daß ein ethische F<strong>und</strong>ament<br />

wachsen <strong>und</strong> sich festigen kann. Insofern<br />

<strong>hier</strong> den Religionen <strong>und</strong> den Kirchen<br />

eine maßgebliche Rolle zukommt,<br />

muß der Staat auch sie im Blick haben,<br />

denn Religion ist „freiheitserheblich“ (S.<br />

39).<br />

Indem der Staat der Religion <strong>und</strong> den<br />

Kirchen Freiheitsräume zur Entfaltung<br />

in der Gesellschaft sichert, ohne <strong>hier</strong><br />

selbst Inhalte vorzugeben, erweist er<br />

sich <strong>als</strong> Garant seiner Freiheitsvoraussetzungen.<br />

Doch über den nationalen<br />

Rahmen hinaus sind diese Überlegungen<br />

auch im größeren, europäischen Kontext<br />

relevant, wie die Diskussion um den<br />

Gottesbezug in der Präambel der Europäischen<br />

Verfassung deutlich macht.<br />

Identität findet Europa <strong>als</strong> freiheitliche<br />

Gemeinschaft nur, wenn der christliche<br />

Gedanke der Menschenwürde nicht <strong>als</strong><br />

Sondergut ohne Mehrheitsfähigkeit<br />

deklariert wird.<br />

Der Staat ist Rechtsstaat. Erst durch die<br />

Einbettung in die Rechtsgemeinschaft<br />

<strong>und</strong> den Schutz durch die Staatsorgane<br />

werden die vorstaatlichen Freiheitsrechte<br />

des Individuums auch verbindlich <strong>und</strong><br />

einklagbar. Doch das allein trägt keine<br />

Gesellschaft, da liberale Freiheitsrechte<br />

noch keine Teilhabe garantieren. So hat<br />

der Mensch auch „Anspruch darauf,<br />

nicht existentiell <strong>und</strong> kulturell zu verhungern“<br />

(S. 71). So muß neben den<br />

Rechtsstaat, der den Menschen in seiner<br />

Freiheit sieht, der Sozi<strong>als</strong>taat treten, der<br />

auch die Hilfsbedürftigen nicht übersieht.<br />

Geld spielt <strong>hier</strong> eine entscheidende<br />

Rolle: Es ist nicht nur die ökonomische<br />

Basis individueller Freiheit, sondern<br />

auch das wichtigste Handlungsmittel des<br />

Staates. Dieses Handlungsmittel gewinnt<br />

der Staat durch Steuern, wobei allerdings<br />

unbedingt zu beachten ist, daß<br />

nicht blindlings die bloße Leistungsfähigkeit<br />

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