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Gr<strong>und</strong>gesetzes eine von selbstrefere n-<br />
tiellen politischen Eliten entworfene<br />
europäische Verfassung nicht bindend<br />
sein: „Der Verfassungsvertrag verstärkt<br />
den Staatscharakter der Union, freilich<br />
verfassungswidrig, weil ein Verfassungsvertrag,<br />
den die Staatsorgane der<br />
Völker … schließen, kein Volk konstituieren<br />
kann“ (303). Ohne eine nationale<br />
Identität verstärkt sich vielmehr die<br />
Distanz der Obrigkeit zu den Untertanen,<br />
<strong>und</strong> die von den Befürwo rtern des<br />
Entwurfs propagierte Bürgernähe ist<br />
eine Lüge. Unklar bleibt allerdings<br />
noch, wie die <strong>als</strong> Alternative vorg e-<br />
schlagene ‚kleine Einheit Rousseaus’<br />
(322) legitim in die Tat umgesetzt werden<br />
könnte.<br />
Joachim Starbatty erinnert mit seinen<br />
Anmerkungen zur Geburtsst<strong>und</strong>e der<br />
EZB nachdrücklich an die bis heute<br />
gebliebene Gefahr einer politisch verlockenden<br />
Instrumentalisierung der Stabilitätspolitik<br />
nach französischem Vorbild.<br />
Offenbar entspricht die Komposition<br />
dieser Fes tschrift der Biographie Nöllings<br />
<strong>als</strong> ein gewagter, aber gelungener<br />
Grenzgang von charakterstarkem Sachverstand<br />
im Dickicht der alltäglichen<br />
Politpragmatik. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />
lohnt sich selbst ein Blick in die wissenschaftlich<br />
red<strong>und</strong>anten Teile, denn er<br />
öffnet die Augen für die unser Land<br />
maßgeblich in Mitleidenschaft ziehende<br />
Diskrepanz zwischen juristischem oder<br />
ökonomischen Sachverstand einerseits<br />
<strong>und</strong> politischem Kalkül andererseits.<br />
Wilhelm Nölling selbst ist dabei, um es<br />
mit J. Starbatty zu sagen, offenbar den<br />
Weg von Thomas Beckett (535) gegangen,<br />
ohne aber glücklicherweise wie<br />
dieser das Martyrium erleiden zu müssen.<br />
So sollte dieser Band im Ga nzen die<br />
Augen <strong>öffnen</strong> für die Aktualität des<br />
Vorbildes persönlicher Integrität <strong>und</strong><br />
Fachkompetenz allen parteitaktischen<br />
Versuchungen zum Trotz. Die von Nölling<br />
<strong>und</strong> von diesem Sammelband ausgehende<br />
Provokation bringt deshalb<br />
Hans-Ulrich Klose mit Blick auf den<br />
Jubilar auf den Punkt: „Er meinte es<br />
ernst“ (5).<br />
Elmar Nass<br />
Staat<br />
Ist mit unserem Staat noch ‚Staat zu<br />
machen‘? Die Frage steht in der Tat<br />
angesichts der unterschiedlichen <strong>und</strong><br />
widersprüchlichen Anfragen, die an den<br />
Staat gestellt werden, im Raum. Die<br />
einen fordern den schlanken Staat, die<br />
anderen beklagen seine Schwäche. Die<br />
Entscheidung <strong>hier</strong>über ist keineswegs<br />
nur für einen Staatstheoretiker interessant,<br />
sondern insofern mit ihr gr<strong>und</strong>legende<br />
Weichenstellungen für das<br />
Selbstverständnis unserer Gesellschaft<br />
insgesamt vorgenommen werden, ist die<br />
Problematik für unser gesamtes Gemeinwesen<br />
von entscheidender Bedeutung.<br />
Ein konstruktiver Diskussionsbeitrag<br />
<strong>hier</strong>zu, der Wege zur Lösung der<br />
Problematik weist, liegt vor mit:<br />
Paul Kirchhof: Der Staat – eine Erneuerungsaufgabe<br />
(Herder Spektrum,<br />
Bd. 5555), Herder: Freiburg i.Br./<br />
Basel/Wien 2005. 124 S.<br />
Der Autor, Direktor des Instituts für<br />
Finanz- <strong>und</strong> Steuerrecht an der Univers i-<br />
tät Heidelberg <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esverfassungsrichter<br />
a. D., zeigt auf, daß es keine<br />
Alternative zum Staat gibt <strong>und</strong> verbindet<br />
damit zugleich richtungsweisende Lösungsansätze<br />
für folgende Bereiche:<br />
Erneuerung des demokratischen Staates<br />
auf der Basis der Freiheitsrechte der<br />
Bürger, Wertorientierung für den weltanschaulich<br />
neutralen Staat aus der<br />
Gesellschaft, Maßstäbe für den modernen<br />
Finanzstaat, Chancen eines europa<strong>und</strong><br />
weltoffenen Staates.<br />
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