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die allseits bekannten Thesen von Norbert<br />
Blüm zum Sozi<strong>als</strong>taat – ohne eine<br />
Klärung des Begriffs sozialer Gerechtigkeit,<br />
das in sich widersprüchliche<br />
‚Sowohl-<strong>als</strong> -auch’ von Wolfgang Clement<br />
zwischen grünsozialer Loyalität<br />
<strong>und</strong> ökonomischer Vernunft, das von<br />
Björn Engholm hingeworfene Potpourri<br />
aus Weltethos <strong>und</strong> einer wie auch immer<br />
damit zu vereinbarenden kulturellen<br />
Identität, die Allgemeinplätze von Heide<br />
Simonis zur Europäischen Union ohne<br />
irgendeine politische Botschaft von<br />
Belang oder die offensichtlich kontrafaktischen<br />
Beschwörungsformeln von<br />
Hans Eichel zum vermeintlichen deutschen<br />
Konsolidierungskurs. Dennoch<br />
stößt der Leser neben solcher Red<strong>und</strong>anz<br />
<strong>und</strong> neben den angenehm herzlichen<br />
Grußadressen an den Jubilar auf<br />
hochkarätige Beiträge vor allem zur<br />
europäischen Währungsunion <strong>und</strong> zum<br />
laufenden Einigungsprozeß, durch die<br />
eine entsprechend selektierte Lektüre<br />
des Bandes auch für den fachinteressierten<br />
Leser zum Gewinn wird.<br />
Herauszuheben ist dazu etwa der Beitrag<br />
von Klaus von Dohnanyi zu den Ereignissen<br />
im Jahr 1968 <strong>und</strong> ihren Folgen<br />
für die deutsche Bildungslandschaft. Die<br />
vermeintlich nur in diesen Revolten<br />
errungene Emanzipation von autoritären<br />
Bevorm<strong>und</strong>ungen jeder Art wird <strong>hier</strong> <strong>als</strong><br />
Mythos entlarvt. Ja mehr noch, von<br />
Dohnanyi macht vor allem die grünen<br />
Schwärmereien <strong>und</strong> die Folgen der so<br />
genannten antiautoritären Erziehung für<br />
den Niedergang des deutschen Hochschulwesens<br />
<strong>und</strong> insgesamt für die Bildungskrise<br />
verantwortlich.<br />
Mit den Utopien eines Weltsozi<strong>als</strong>taats<br />
räumt Angelika Emmerich-Fritsche –<br />
systematisch begründet <strong>und</strong> an Praxisfeldern<br />
belegt – unverhohlen auf. Auf<br />
der Gr<strong>und</strong>lage eines kantischen Objektivismus<br />
trennt sie sauber zwischen negativen<br />
Abwehrrechten <strong>und</strong> sozialen Anspruchsrechten,<br />
um von da aus die Implementierbarkeit<br />
positiver Freiheit (in<br />
Gestalt sozi<strong>als</strong>taatlich garantierter Ansprüche)<br />
an kulturell gewachsene Pfadabhängigkeiten<br />
zu binden. Zwar wird<br />
die Vorzugswürdigkeit ihrer Argumentation<br />
etwa gegenüber einem naturrechtlichen<br />
Objektivismus nicht deutlich,<br />
dennoch ist die vorgeschlagene Bindung<br />
solidarischer Rechtspflichten an einen<br />
objektiven Begriff der Menschenwürde<br />
ein innovativer Diskussionsbeitrag auch<br />
für die offene Legitimationsfrage des<br />
Sozi<strong>als</strong>taats.<br />
Den facettenreichen „Mißbrauch des<br />
Sachverstandes im Dienste der Parteip o-<br />
litik“ (172) zeigt Hans-Hermann Hartwich<br />
am Beispiel der sogenannten<br />
‚Hartz-Kommission’ vor der letzten<br />
B<strong>und</strong>estagswahl auf. Die schon intuitiv<br />
richtige Vermutung, daß Sachargumente<br />
oft dem tagespolitischen Kalkül untergeordnet<br />
werden, findet <strong>hier</strong> eine systematische<br />
<strong>und</strong> deshalb jeden Demokraten<br />
um so mehr beunruhigende Bestätigung.<br />
Immerhin Anstöße zu einer verbesserten<br />
Wettbewerbsfähigkeit Europas legen<br />
Rolf Hasse <strong>und</strong> Marek Mora in dem<br />
einzigen englischsprachigen Beitrag vor,<br />
wenn diese auch recht plakativ aneinandergereiht<br />
sind. Interessant, wenn auch<br />
nicht neu, ist <strong>hier</strong> der Vorschlag, daß die<br />
Effizienz durch eine verstärkte Motivation<br />
zur Eigenverantwortung erhöht<br />
werden sollte. Damit werden offenbar<br />
die in der Konzeption sozialer Marktwirtschaft<br />
bereits betonten Tugenden<br />
mit ihrer ökonomischen Relevanz ins<br />
Gedächtnis gerufen. Eine mit dem Dynamit<br />
juristischer Schärfe gezündetes<br />
Feuerwerk gegen die Legitimität des<br />
Konventsentwurfs einer ‚Verfassung für<br />
Europa’ brennt Karl Albrecht Schachtschneider<br />
ab. Solange nicht ein europäisches<br />
Volk existiert – <strong>und</strong> davon sind<br />
wir weit entfernt – kann danach zumindest<br />
aus Sicht der b<strong>und</strong>esdeutschen<br />
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